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Reist man von Klobouk nach Wsetin, so kommt man in das Dorf Lidecko, das in einem angenehmen Thale liegt. Zu beiden Seiten steigen hohe Hügel empor, und neben dem Thalweg eilt murmelnd ein Bach nach Wsetin. Hinter Lidecko, erblickt man links auf der Anhöhe große Steine, die in einer Reihe aufgehäuft, und von denen viele zwei Klafter hoch sind. Diese Steine ziehen sich in gleicher Richtung mit dem Wege dahin; ähnlich finden sich auf der andern Seite, auf der Anhöhe rechts, gleichfalls in einer Reihe, obwohl Zahl und Größe der Steine hier geringer ist. Es fällt Jedem auf, daß es in der ganzen Umgegend, wenigstens so weit das Auge reicht, keine solche Steine giebt. Sind auch die Hügel hoch und mit Bäumen bewachsen, entgeutliche Felsen sieht man nirgend. Weiter jedoch giebt es deren, und zwar Felsen, die verdienen, daß man sie betrachtet. Geht man nämlich über die Brücke, die über des Thalbach gebaut ist, so führt ein Weg rechts nach waldigen Bergen zu Hirtenhütten. Auf diesem Wege kommt man an eine Stelle im Wald, wo die merkwürdigen Felsen stehen. Mitten aus dem Wald erheben sie sich, wildschön, so sonderbar gestaltet, daß es scheint, als wüchsen aus den Felsen Menschenköpfe hervor, manchmal so nah‘ an einander, daß das Kinn des einen Kopfes die Stirn und Nase des andern bilden. Auch unter den Felsen links vom Wege ist gleich Anfangs einer mit Menschenkopf, aus dem ein Paar Hörner in die Höhe ragen. Woher die Felsen rühren, das will ich Euch erzählen.
Einst war im Wirthshause zu Lidecko Musik. Damals musicirten sie noch mit Sackpfeife und Hackbrett, und fehlte auch gebranntes Wasser, so waren die Leute doch fröhlich. Als es auf Zwölf ging, trat ein unbekannter Gast in die Stube, und nachdem er den schwarzen Mantel abgelegt, in den er gehüllt gewesen, sah er eine Weile in der Stube umher. Seine schwarzen Brauen über zwei funkelnden Augen und sein schwarzer Schnurbart verlieh ihm ein stattliches Aussehen; die grüne Jacke und der Spitzhut mit der Feder ließen vermuthen, daß er ein Waidmann sei. Nebst andern Mädchen war auch Käthchen da, eine vaterlose Waise, die bloß eine alte Mutter hatte. Da sie ein hübsches kleines Haus, Acker und Wiese besaß, dabei fromm, eingezogen lebte und hübsch war, so hätte sie mancher Bursche gern geheirathet. Auf Käthchen richtete jetzt der Unbekannte seine Blicke. Er machte sich an sie, schwatzte ihr beim Tanze wer weiß was alles vor, und da er sich stattlich ausnahm, vergaffte sie sich in ihn. Er versprach ihr auch, sie bald zu besuchen; doch sagte er, sein Geschäft, das eines Jägers, erlaubte ihm nur, um Mitternacht oder dann und wann um Mittag zu kommen. Dann nahm er seinen Mantel, warf den Musikanten einige Zwanziger hin, und entfernte sich kurz nach Mitternacht.
Der Unbekannte besuchte Käthchen wirklich. Er nannte sich Ladimil. Allein seine späten Besuche gefielen Käthchens Mutter nicht, die ihnen immer beiwohnte. Sie schöpfte Verdacht, weil sein Auge so unruhig umherrollte, weil er sich weder beim Kommen noch Gehen mit Weihwasser besprengte, und wenn sie mit Käthchen zum Abschied ihm Gottes Segen wünschte, immer wild davon schoß. Es war einst wieder nach eilf in der Nacht, als Ladimil erschien, und die Mutter um Käthchens Hand bat. Gegen eine halbe Stunde weigerte sich die Alte unter verschiedenen Ausflüchten; endlich, da er nicht aufhörte zu bitten, sprach sie zu ihm: »Nun gut, ich will Euch meine Tochter geben, aber blos unter einer Bedingung. Erfüllt Ihr die nicht, und nicht in der Frist, die ich Euch bestimme, wird aus der Hochzeit nichts.« Da erhob sich der Bräutigam vom Stuhle, als wollt‘ er sagen: »Hier bin ich, rede! Ich erfülle, was Du begehrst.« Die Alte sprach also in der Absicht, die Hochzeit zu vereiteln: »Wenn Ihr noch heut‘ Nacht eine Brücke über unser Thal wölbt von einer Anhöhe zur andern, bekommt Ihr meine Tochter; wenn nicht, bekommt Ihr meine Tochter niemals!« »Es gilt die Wette!« versetzte der Bräutigam mit wildem Lachen, und eilte zur Thüre hinaus. Als er draußen war, stampfte er auf die Erde, daß das ganze Thal erzitterte und sieh! auf sein Stampfen erschien eine ungeheure Menge verkappter Gesellen, und alle stellten sich im Kreise um ihn her. Er befahl ihnen, sie sollten sich hurtig rings zerstreuen, und sämmtliche Hähne in der Umgegend erwürgen, und wenn sie dies gethan hätten, ihm zu Hilfe eilen und aus der nächsten Nähe Steine zum Bau einer Brücke zutragen. Sie flogen auseinander und erwürgten alle Hähne. Dies hatte der Höllenbräutigam – denn es war der Teufel selbst – zu dem Zwecke befohlen, damit kein Hahn krähe, bevor die Brücke nicht fertig wäre; denn die Hähne haben, wie bekannt, große Macht über den Teufel, und machen allen Streichen ein Ende, die er um Mitternacht auszuführen pflegt. Als die Hähne erwürgt waren, eilten die höllischen Gesellen ihrem Bruder zu Hilfe. Weil sich aber keine Steine in der Nähe befanden, mußten sie erst zu jener Stelle im Walde; dort brachen sie Steine von riesiger Größe, und trugen sie pfeilgeschwind ihrem Cameraden zu, der mit unglaublicher Schnelligkeit Stein zu Stein fügte, auf den Hügeln zu beiden Seiten des Thals den Grund legte, und schon die Bogen zu wölben begann. Allein in Lidecko lebte damals ein uraltes Mütterchen, das auch einen Hahn besaß. Weil es jedoch wußte, daß der schwarze Versucher gegen die Hähne gewaltig ergrimmt sei, seitdem ihm die Versuchung am heiligen Petrus mißlungen, fürchtete es sich, der Hahn könnte in des Teufels Krallen gerathen, und es selbst könnte dessen Macht unterliegen; darum steckte es den Hahn immer unter einen Trog, an dem bewußten geheimen Ort, wo ihn kein Teufel suchen mochte. So geschah’s, daß jener Hahn einzig und allein am Leben blieb, als die höllische Rotte auszog, um sämmtliche Hähne in der Umgegend zu erwürgen. Inzwischen rückte die zwölfte Stunde heran. Der Teufel hatte schon viele Bogen fertig, und sicher hätte er bis Eins die ganze Brücke zu Stande gebracht, und sich des armen, unschuldigen Käthchens bemeistert; doch da krähte auf einmal jener Hahn unter dem Trog an dem bewußten geheimen Ort, und sieh! augenblicklich stürzten die ungeheuren Felsen krachend nieder. Die Bogen, die sich bereits hoch in der Luft über das Thal wölbten, die Pfeiler, Alles, Alles brach donnernd zusammen.
Daher rühren die Felsen im Walde, die Steine auf den Höhen bei Lidecko – das sind die Ueberbleibsel jenes Brückenbaues! Der Teufel, der sich damals um Käthchen bewarb, ward Stein, zur Mahnung für alle Verführer, und sein Kopf mit Hörnern ist noch heutigen Tags zu schauen. Von seinen Gehilfen entkamen nur jene, die eben in der Luft schwebten; die übrigen, die in dem Walde Steine brachen, wurden gleichfalls Stein, und ihre Köpfe sind dort noch immer zu gewahren.
Einst war im Wirthshause zu Lidecko Musik. Damals musicirten sie noch mit Sackpfeife und Hackbrett, und fehlte auch gebranntes Wasser, so waren die Leute doch fröhlich. Als es auf Zwölf ging, trat ein unbekannter Gast in die Stube, und nachdem er den schwarzen Mantel abgelegt, in den er gehüllt gewesen, sah er eine Weile in der Stube umher. Seine schwarzen Brauen über zwei funkelnden Augen und sein schwarzer Schnurbart verlieh ihm ein stattliches Aussehen; die grüne Jacke und der Spitzhut mit der Feder ließen vermuthen, daß er ein Waidmann sei. Nebst andern Mädchen war auch Käthchen da, eine vaterlose Waise, die bloß eine alte Mutter hatte. Da sie ein hübsches kleines Haus, Acker und Wiese besaß, dabei fromm, eingezogen lebte und hübsch war, so hätte sie mancher Bursche gern geheirathet. Auf Käthchen richtete jetzt der Unbekannte seine Blicke. Er machte sich an sie, schwatzte ihr beim Tanze wer weiß was alles vor, und da er sich stattlich ausnahm, vergaffte sie sich in ihn. Er versprach ihr auch, sie bald zu besuchen; doch sagte er, sein Geschäft, das eines Jägers, erlaubte ihm nur, um Mitternacht oder dann und wann um Mittag zu kommen. Dann nahm er seinen Mantel, warf den Musikanten einige Zwanziger hin, und entfernte sich kurz nach Mitternacht.
Der Unbekannte besuchte Käthchen wirklich. Er nannte sich Ladimil. Allein seine späten Besuche gefielen Käthchens Mutter nicht, die ihnen immer beiwohnte. Sie schöpfte Verdacht, weil sein Auge so unruhig umherrollte, weil er sich weder beim Kommen noch Gehen mit Weihwasser besprengte, und wenn sie mit Käthchen zum Abschied ihm Gottes Segen wünschte, immer wild davon schoß. Es war einst wieder nach eilf in der Nacht, als Ladimil erschien, und die Mutter um Käthchens Hand bat. Gegen eine halbe Stunde weigerte sich die Alte unter verschiedenen Ausflüchten; endlich, da er nicht aufhörte zu bitten, sprach sie zu ihm: »Nun gut, ich will Euch meine Tochter geben, aber blos unter einer Bedingung. Erfüllt Ihr die nicht, und nicht in der Frist, die ich Euch bestimme, wird aus der Hochzeit nichts.« Da erhob sich der Bräutigam vom Stuhle, als wollt‘ er sagen: »Hier bin ich, rede! Ich erfülle, was Du begehrst.« Die Alte sprach also in der Absicht, die Hochzeit zu vereiteln: »Wenn Ihr noch heut‘ Nacht eine Brücke über unser Thal wölbt von einer Anhöhe zur andern, bekommt Ihr meine Tochter; wenn nicht, bekommt Ihr meine Tochter niemals!« »Es gilt die Wette!« versetzte der Bräutigam mit wildem Lachen, und eilte zur Thüre hinaus. Als er draußen war, stampfte er auf die Erde, daß das ganze Thal erzitterte und sieh! auf sein Stampfen erschien eine ungeheure Menge verkappter Gesellen, und alle stellten sich im Kreise um ihn her. Er befahl ihnen, sie sollten sich hurtig rings zerstreuen, und sämmtliche Hähne in der Umgegend erwürgen, und wenn sie dies gethan hätten, ihm zu Hilfe eilen und aus der nächsten Nähe Steine zum Bau einer Brücke zutragen. Sie flogen auseinander und erwürgten alle Hähne. Dies hatte der Höllenbräutigam – denn es war der Teufel selbst – zu dem Zwecke befohlen, damit kein Hahn krähe, bevor die Brücke nicht fertig wäre; denn die Hähne haben, wie bekannt, große Macht über den Teufel, und machen allen Streichen ein Ende, die er um Mitternacht auszuführen pflegt. Als die Hähne erwürgt waren, eilten die höllischen Gesellen ihrem Bruder zu Hilfe. Weil sich aber keine Steine in der Nähe befanden, mußten sie erst zu jener Stelle im Walde; dort brachen sie Steine von riesiger Größe, und trugen sie pfeilgeschwind ihrem Cameraden zu, der mit unglaublicher Schnelligkeit Stein zu Stein fügte, auf den Hügeln zu beiden Seiten des Thals den Grund legte, und schon die Bogen zu wölben begann. Allein in Lidecko lebte damals ein uraltes Mütterchen, das auch einen Hahn besaß. Weil es jedoch wußte, daß der schwarze Versucher gegen die Hähne gewaltig ergrimmt sei, seitdem ihm die Versuchung am heiligen Petrus mißlungen, fürchtete es sich, der Hahn könnte in des Teufels Krallen gerathen, und es selbst könnte dessen Macht unterliegen; darum steckte es den Hahn immer unter einen Trog, an dem bewußten geheimen Ort, wo ihn kein Teufel suchen mochte. So geschah’s, daß jener Hahn einzig und allein am Leben blieb, als die höllische Rotte auszog, um sämmtliche Hähne in der Umgegend zu erwürgen. Inzwischen rückte die zwölfte Stunde heran. Der Teufel hatte schon viele Bogen fertig, und sicher hätte er bis Eins die ganze Brücke zu Stande gebracht, und sich des armen, unschuldigen Käthchens bemeistert; doch da krähte auf einmal jener Hahn unter dem Trog an dem bewußten geheimen Ort, und sieh! augenblicklich stürzten die ungeheuren Felsen krachend nieder. Die Bogen, die sich bereits hoch in der Luft über das Thal wölbten, die Pfeiler, Alles, Alles brach donnernd zusammen.
Daher rühren die Felsen im Walde, die Steine auf den Höhen bei Lidecko – das sind die Ueberbleibsel jenes Brückenbaues! Der Teufel, der sich damals um Käthchen bewarb, ward Stein, zur Mahnung für alle Verführer, und sein Kopf mit Hörnern ist noch heutigen Tags zu schauen. Von seinen Gehilfen entkamen nur jene, die eben in der Luft schwebten; die übrigen, die in dem Walde Steine brachen, wurden gleichfalls Stein, und ihre Köpfe sind dort noch immer zu gewahren.
[Tschechien: Joseph Wenzig: Westslawischer Märchenschatz]