An einem kalten Wintertag schlich der Fuchs hungrig durch die verschneite Landschaft. Sein Magen knurrte und er überlegte schon seit Stunden, wie er an etwas Essbares kommen könnte. Schließlich kam er auch an einem Hof vorbei. So manches Huhn hatte er schon dort gestohlen.
„Die Ernte des Bauern war gut“, dachte er, „und seine Speisekammer ist bestimmt gefüllt mit den besten Dingen!“ Und das Wasser lief ihm im Maul zusammen. Doch dann fiel sein Blick auf den Wachhund, der vor der Eingangstüre lag.
„Wie komm ich nur an diesem dummen Hund vorbei?“, fragte er sich und schließlich überlegte er sich eine List.
Er schlich so nahe er konnte an den Hund heran und sprach dann, bemüht möglichst freundlich und erbärmlich zu klingen: „Oh, lieber Freund, wie geht es dir heute?“ Der Hund hob den Kopf und war sehr erstaunt seinen Feind vor sich stehen zu sehen.
„Verschwinde, oder ich rufe meinen Herrn und der zieht dir das Fell über die Ohren!“, knurrte er.
„Aber mein Lieber“, sagte der Fuchs ruhig, „ist es denn bei euch Sitte, einen der freundlich ist fort zu jagen?“
„So? Und was ist mit dem Huhn, das du letzten Sommer gestohlen hast?“, fragte der Hund misstraurisch.
„Ach das!“, meinte der Fuchs und nach dem er etwas überlegt hatte, fügte er hinzu: „Eben deshalb, mein lieber Freund, bin ich gekommen. Ich bereue all meine Taten und möchte sie bei deinem Herrn wieder gut machen.“
Einen Moment lang verschluge es dem Hund vor Staunen die Sprache, nach dem er sich wieder etwas gefangen hatte, meinte er:
„Das alles willst du wieder gut machen?“
„Aber natürlich! Für jedes einzelne Huhn das ich gestohlen habe, will ich bezahlen, bei deinem Herrn, aber vorallem bei dir, dem Wachsamsten und Klügsten hier am Hof.“, schmeichelte der Fuchs.
„Nun“, stotterte der Hund, „dann werde ich meinen Herrn holen!“
„Tu das“, sagte der Fuchs, „aber würde ich nicht einen erbärmlichen Anschein machen? Schon seit Tagen habe ich nichts Ordentliches mehr zu fressen gehabt. Soll ich so halbverhungert vor deinen Herrn treten, als so unwürdige Erscheinung?“
„Mmmh“, sagte der Hund nachdenklich. „Nun denn, dann werde ich dich zuerst in die Speisekammer führen, damit du fressen kannst, bevor du deinen Dienst ableistest.“
„Das ist gut!“, rief der Fuchs, während ihm schon das Wasser im Mund zusammen lief.
„Und nachher bringe ich dich zu meinem Herrn.“, sagte der Hund.
„Ja, nachher.“, sagte der Fuchs.
So brachte der Hund den Fuchs in die Speisekammer, wo dieser so viel hinunter schlang, wie er nur konnte. Bald war er über die Maßen satt und zufrieden.
„So und nun lass uns gehen.“, bellte der Hund.
„Wohin?“, fragte der Fuchs und tat, als wüsste er nicht zu gut, was der Hund meinte.
„Na zu meinem Herrn“, sagte der Hund.
„Ich hab es mir überlegt.“, sagte der Fuchs und lief schnell bei der Türe hinaus.
„Aber … aber was ist denn jetzt mit dem Dienst, den du leisten wolltest?“, rief der Hund.
„Ach den!“, lachte der Fuchs. „Den erledige ich später – irgendwann. Nächsten Sommer vielleicht, na wie wär’s?“ Und er verschwand hinter dem nächsten Hügel.
Quelle: Ineya