1
(1)
Es war einmal ein englischer Arzt namens Gulliver, der ein außergewöhnliches Abenteuer erlebte. Nachdem er in Bristol an Bord der „Antilope“ gegangen war, die nach Ostindien segelte, fiel er während eines heftigen Sturms ins Wasser. Das Schiff ging mit Mann und Maus unter. Gulliver hielt sich an einem Brett fest und kämpfte die ganze Nacht gegen die Wellen. Erst bei Tagesanbruch beruhigte sich die See endlich und der Arzt wurde von der Strömung an einen einsamen Strand gespült. Völlig erschöpft, aber froh, dass er noch lebte, fiel er sofort in einen tiefen Schlaf. Die Sonne stand bereits hoch, als er erwachte, er öffnete die Augen einen Spalt weit und wollte den Arm heben, um sich vor dem Sonnenlicht zu schützen. Doch seine Hand ließ sich nicht bewegen – sie wurde festgehalten. Auch den anderen Arm konnte er nicht rühren, als er versuchte den Kopf zu heben, bemerkte er, dass seine Haare am Boden befestigt waren. Die Beine steckten ebenfalls fest. Er nahm ein undeutliches Stimmengeschwirr um sich herum wahr, doch weil er ja nur den Himmel sehen konnte, begriff er nicht, was vor sich ging. Plötzlich bewegte sich etwas Lebendiges auf seinem Bein, stieg herauf zur Brust und gelangte zum Kinn. Gulliver versuchte, nach unten zu schauen und bemerkte voller Verwunderung einen winzigen Mann vor sich. Er war sehr malerisch angezogen, vielleicht fünfzehn Zentimeter groß und von oben bis unten mit einem Bogen und Pfeilen bewaffnet. Mit einer gewaltigen Anstrengung gelang es Gulliver, den rechten Arm zu befreien, so dass er sich auf die Seite drehen konnte. Jetzt sah er, dass eine riesige Menge winziger Männer ihn mit Stricken am Boden festgebunden hatten. Er nahm das kleine Wesen vor sich in die Hand und versuchte, nachdem er auch den anderen Arm befreit hatte, ihm mit einer Geste zu erklären, dass er sehr durstig war. Der kleine Mann ließ einen schrillen Pfiff los und kurz darauf kamen Wagen an, die mit Fässern voll köstlichem Wein beladen waren. Gulliver leerte mehr als fünfzig davon. Dann gaben sie ihm auch Brote, die so groß waren wie Schrotkügelchen. Während der ganzen Zeit hielt Gulliver vorsichtig den Soldaten, der aussah wie ein Kommandant, als Geisel in der Hand. Jetzt hatten sowohl Gulliver als auch die kleinen Männer begriffen, dass keiner von ihnen böse Absichten hegte. Der Arzt musste sehr aufpassen, dass er niemand zerquetschte, wenn er sich bewegte. Die kleinen Männer gaben ihm durch Gesten zu verstehen, dass er aufstehen und mit ihnen kommen solle.
Es war ein Miniaturland, das Gulliver zu sehen bekam: Bäume, Flüsse, alles stand im Verhältnis zu den merkwürdigen kleinen Wesen. Sie gelangten in eine Stadt und Gulliver, der sich sehr vorsichtig bewegte, wurde zu einem Turm geführt, wo ihn scheinbar sehr wichtige Personen erwarteten. Und wirklich war unter ihnen der Kaiser. Mit einem großen Lautsprecher sprachen sie von Turm aus mehrfach das Wort: „Liliput“ aus. Gulliver verstand, dass dies der Name des seltsamen Landes war, in dem er sich befand. Man brachte ihn in der Nähe des Turms in einem Gebäude unter, das den Liliputanern riesig vorkommen musste. Der Arzt ließ sich einen Fuß anketten, er wusste ja, dass er sich im Notfall befreien konnte. In den folgenden Tagen erholte sich Gulliver vom Schrecken des Schiffsbruchs; er war froh, noch zu leben, wenn auch in einer so ungewöhnlichen Lage. Die Liliputaner besorgten ihm zu essen, was er nur wollte. Nach und nach gelang es ihnen, sich miteinander zu verständigen, indem sie große Schilder benutzten, auf die Gulliver und einige Gelehrte abwechselnd große Buchstaben schrieben, jeder in seiner Sprache. Die Beziehungen zum Kaiser von Liliput waren gut, jeden Tag kam eine riesige Menge herbei, um Gulliver zu bestaunen und jeder brachte Lebensmittel als Geschenk mit. Eines Tages wollte Gulliver allen imponieren, indem er mit einem Pistolenschuss in die Luft abfeuerte. Das machte großen Eindruck, doch auch Gulliver konnte nicht ahnen, dass sich von jetzt an sein Schicksal ändern sollte. Gulliver hatte vom Schiffbruch den Degen, die Pistole, seine Uhr, ein kleines Tagebuch, sein Rasiermesser, ein paar Münzen und einen alten Kamm retten können. Der Kaiser wollte wissen, wie Gulliver diese Gegenstände gebrauchte. Besonders verblüfft war er, als er sah, wie Gulliver mit einem einzigen Degenhieb eine ganze Gruppe von Bäumen fällte. Jetzt, wo er anfing ihre Sprache zu verstehen, lernte Gulliver viel über die Gewohnheiten der Liliputaner und er verstand auch, warum viele von ihnen bewaffnet waren.
Jenseits des Meeres gab es eine Insel namens Blefuscu, deren Bewohner seit langer Zeit Feinde der Liliputaner waren. Schon oft hatte Liliput die Attacken Blefuscus abgewehrt. Eines Tages kam plötzlich ein Bote des Kaisers angerannt und bat Gulliver, sich sofort zum kaiserlichen Palast zu begeben, weil der Kaiser ihn sprechen müsse. Natürlich erwartete Gulliver ihn im Hof des Palastes, da er wegen seiner Größe nicht eintreten konnte. Der Kaiser erklärte ihm, dass der Krieg unmittelbar bevorstehe, denn einige Spione haben ihm berichtet, dass die Flotte von Blefuscu bereit war, in See zu stechen und Liliput anzugreifen. Er fragte daher Gulliver, ob er bereit sei, den Lilputanern zu helfen, sich gegen diesen Angriff zu verteidigen. Der sagte zu, stellte aber zwei Bedingungen. Die erste war, dass es keine Opfer geben dürfe, die zweite, dass der Kaiser ihm im Falle eines Sieges helfen sollte, in diese Welt zurückzukehren, aus der er gekommen war.
Gulliver ließ sich darauf erklären, wo Blefuscu genau lag und wo sich der Hafen befand. Dann bat er, mit einem Lot die Tiefe des Meers auszumessen, das die Insel umgab. Als er erfuhr, dass ihm das Wasser an den tiefsten Punkten nur bis zur Taille reichte, also nicht mehr als zwölf liliputanische Meter tief war, begann er, einen Angriffsplan auszuarbeiten. Er wartete einen Tag ab, an dem ein lichter Nebel das Meer bedeckte und gelangte zum Hafen von Blefuscu, indem er zu Fuß durchs Wasser ging. Dort riss er aus Entsetzen der kleinen Inselbewohner die Ankertaue der Schiffe heraus, mit denen sie Liliput angreifen wollten. Nachdem die Schiffe ins offene Meer gezogen hatten, versenkte er sie. Jetzt war Liliput sicher! Gulliver glaubte, auf diese Weise alle Probleme gelöst zu haben, aber er wusste nicht, dass der Kaiser sein Versprechen, ihn freizulassen, nicht halten würde. Tatsächlich entschloss sich der Kaiser, nachdem er ihm einen schwarzen Hut geschenkt hatte, der von vierundzwanzig Schneidern genäht war, ihm nicht beim Verlassen der Insel zu helfen. Gulliver war für den Kaiser zu wertvoll geworden, der jetzt sogar davon träumte, Blefuscu zu unterwerfen. Aber der Kommandant der Wachen, der ihn zuerst am Strand gefunden hatte, sagte zu Gulliver: „Wenn du nicht tust, was er will, lässt der Kaiser dich vergiften!“ Dieses Mal bekam Gulliver wirklich Angst. Das Gift war eine Waffe, vor der er sich nicht verteidigen konnte. Daher entschloss er sich zur Flucht. Eines Nachts lud er alle Sachen auf ein Schiff, zog es hinter sich her und durchquerte auf diese Weise erneut das Meer bis Blefuscu. Dort angekommen, verlangte er sogleich, den König der Insel zu sprechen, dem er den Grund seines Tuns erklärte: „Solange ich euch beschütze, kann Liliput euch niemals angreifen! Dafür müsst ihr mir helfen, in meine Welt zurückzukehren.“ Dem König von Blefuscu kam es vor wie ein Wunder: Nachdem seine Flotte zerstört war, wendete sich das Geschick zu seinen Gunsten!
Gulliver war in Blefuscu willkommen, und als er um Hilfe bat, stellten ihm alle zur Verfügung. Als erstens verlangte Gulliver, die Inselküste abzusuchen. Sie sollten ihm sagen, ob sich irgendein Stück vom Meer angespültes Strandgut finden ließ. Die Suche hatte schließlich ein unverhofftes Ergebnis. In der Nähe eines Felsens, der übers Meer ragte, fanden sie den Rumpf eines Beibootesim Sand begraben, das ein Sturm ans Meer geworfen hatte. Gulliver eilte sofort herbei, um es zu sehen, und stellte fest, dass es ihm vielleicht gelingen könnte, es nach langer Arbeit und mit Unterstützung der Bewohner von Blefuscu wiederherzustellen. Mit den winzigen Bäumen von Blefuscu dauerte es Monate, um das Boot zu reparieren….bis dann der große Tag kam.
Eine ganze Woche schleppten Heerscharen von Blefuscanern Wasser und Essen zum Boot. Als Gulliver sich zur Abreise entschloss, winkten ihm tausende winzige Taschentüchlein. Nach einigen kräftigen Ruderstößen war Blefuscu nur noch ein kleiner Punkt am Horizont. Tag für Tag ruderte Gulliver, bis er feststellte, dass das Boot auch ohne zu rudern schnell vorankam. Eine starke Strömung trieb es an, während ein geheimnisvoller Nebel aufs Meer sank. Schließlich lichtete sich der Nebel wie durch einen Zauber und Gulliver sah Möwen am Himmel: Es waren ungewöhnliche Möwen, die nicht so winzig waren wie die liliputanischen.
Endlich war er in seine Welt zurückgekehrt.
Es war ein Miniaturland, das Gulliver zu sehen bekam: Bäume, Flüsse, alles stand im Verhältnis zu den merkwürdigen kleinen Wesen. Sie gelangten in eine Stadt und Gulliver, der sich sehr vorsichtig bewegte, wurde zu einem Turm geführt, wo ihn scheinbar sehr wichtige Personen erwarteten. Und wirklich war unter ihnen der Kaiser. Mit einem großen Lautsprecher sprachen sie von Turm aus mehrfach das Wort: „Liliput“ aus. Gulliver verstand, dass dies der Name des seltsamen Landes war, in dem er sich befand. Man brachte ihn in der Nähe des Turms in einem Gebäude unter, das den Liliputanern riesig vorkommen musste. Der Arzt ließ sich einen Fuß anketten, er wusste ja, dass er sich im Notfall befreien konnte. In den folgenden Tagen erholte sich Gulliver vom Schrecken des Schiffsbruchs; er war froh, noch zu leben, wenn auch in einer so ungewöhnlichen Lage. Die Liliputaner besorgten ihm zu essen, was er nur wollte. Nach und nach gelang es ihnen, sich miteinander zu verständigen, indem sie große Schilder benutzten, auf die Gulliver und einige Gelehrte abwechselnd große Buchstaben schrieben, jeder in seiner Sprache. Die Beziehungen zum Kaiser von Liliput waren gut, jeden Tag kam eine riesige Menge herbei, um Gulliver zu bestaunen und jeder brachte Lebensmittel als Geschenk mit. Eines Tages wollte Gulliver allen imponieren, indem er mit einem Pistolenschuss in die Luft abfeuerte. Das machte großen Eindruck, doch auch Gulliver konnte nicht ahnen, dass sich von jetzt an sein Schicksal ändern sollte. Gulliver hatte vom Schiffbruch den Degen, die Pistole, seine Uhr, ein kleines Tagebuch, sein Rasiermesser, ein paar Münzen und einen alten Kamm retten können. Der Kaiser wollte wissen, wie Gulliver diese Gegenstände gebrauchte. Besonders verblüfft war er, als er sah, wie Gulliver mit einem einzigen Degenhieb eine ganze Gruppe von Bäumen fällte. Jetzt, wo er anfing ihre Sprache zu verstehen, lernte Gulliver viel über die Gewohnheiten der Liliputaner und er verstand auch, warum viele von ihnen bewaffnet waren.
Jenseits des Meeres gab es eine Insel namens Blefuscu, deren Bewohner seit langer Zeit Feinde der Liliputaner waren. Schon oft hatte Liliput die Attacken Blefuscus abgewehrt. Eines Tages kam plötzlich ein Bote des Kaisers angerannt und bat Gulliver, sich sofort zum kaiserlichen Palast zu begeben, weil der Kaiser ihn sprechen müsse. Natürlich erwartete Gulliver ihn im Hof des Palastes, da er wegen seiner Größe nicht eintreten konnte. Der Kaiser erklärte ihm, dass der Krieg unmittelbar bevorstehe, denn einige Spione haben ihm berichtet, dass die Flotte von Blefuscu bereit war, in See zu stechen und Liliput anzugreifen. Er fragte daher Gulliver, ob er bereit sei, den Lilputanern zu helfen, sich gegen diesen Angriff zu verteidigen. Der sagte zu, stellte aber zwei Bedingungen. Die erste war, dass es keine Opfer geben dürfe, die zweite, dass der Kaiser ihm im Falle eines Sieges helfen sollte, in diese Welt zurückzukehren, aus der er gekommen war.
Gulliver ließ sich darauf erklären, wo Blefuscu genau lag und wo sich der Hafen befand. Dann bat er, mit einem Lot die Tiefe des Meers auszumessen, das die Insel umgab. Als er erfuhr, dass ihm das Wasser an den tiefsten Punkten nur bis zur Taille reichte, also nicht mehr als zwölf liliputanische Meter tief war, begann er, einen Angriffsplan auszuarbeiten. Er wartete einen Tag ab, an dem ein lichter Nebel das Meer bedeckte und gelangte zum Hafen von Blefuscu, indem er zu Fuß durchs Wasser ging. Dort riss er aus Entsetzen der kleinen Inselbewohner die Ankertaue der Schiffe heraus, mit denen sie Liliput angreifen wollten. Nachdem die Schiffe ins offene Meer gezogen hatten, versenkte er sie. Jetzt war Liliput sicher! Gulliver glaubte, auf diese Weise alle Probleme gelöst zu haben, aber er wusste nicht, dass der Kaiser sein Versprechen, ihn freizulassen, nicht halten würde. Tatsächlich entschloss sich der Kaiser, nachdem er ihm einen schwarzen Hut geschenkt hatte, der von vierundzwanzig Schneidern genäht war, ihm nicht beim Verlassen der Insel zu helfen. Gulliver war für den Kaiser zu wertvoll geworden, der jetzt sogar davon träumte, Blefuscu zu unterwerfen. Aber der Kommandant der Wachen, der ihn zuerst am Strand gefunden hatte, sagte zu Gulliver: „Wenn du nicht tust, was er will, lässt der Kaiser dich vergiften!“ Dieses Mal bekam Gulliver wirklich Angst. Das Gift war eine Waffe, vor der er sich nicht verteidigen konnte. Daher entschloss er sich zur Flucht. Eines Nachts lud er alle Sachen auf ein Schiff, zog es hinter sich her und durchquerte auf diese Weise erneut das Meer bis Blefuscu. Dort angekommen, verlangte er sogleich, den König der Insel zu sprechen, dem er den Grund seines Tuns erklärte: „Solange ich euch beschütze, kann Liliput euch niemals angreifen! Dafür müsst ihr mir helfen, in meine Welt zurückzukehren.“ Dem König von Blefuscu kam es vor wie ein Wunder: Nachdem seine Flotte zerstört war, wendete sich das Geschick zu seinen Gunsten!
Gulliver war in Blefuscu willkommen, und als er um Hilfe bat, stellten ihm alle zur Verfügung. Als erstens verlangte Gulliver, die Inselküste abzusuchen. Sie sollten ihm sagen, ob sich irgendein Stück vom Meer angespültes Strandgut finden ließ. Die Suche hatte schließlich ein unverhofftes Ergebnis. In der Nähe eines Felsens, der übers Meer ragte, fanden sie den Rumpf eines Beibootesim Sand begraben, das ein Sturm ans Meer geworfen hatte. Gulliver eilte sofort herbei, um es zu sehen, und stellte fest, dass es ihm vielleicht gelingen könnte, es nach langer Arbeit und mit Unterstützung der Bewohner von Blefuscu wiederherzustellen. Mit den winzigen Bäumen von Blefuscu dauerte es Monate, um das Boot zu reparieren….bis dann der große Tag kam.
Eine ganze Woche schleppten Heerscharen von Blefuscanern Wasser und Essen zum Boot. Als Gulliver sich zur Abreise entschloss, winkten ihm tausende winzige Taschentüchlein. Nach einigen kräftigen Ruderstößen war Blefuscu nur noch ein kleiner Punkt am Horizont. Tag für Tag ruderte Gulliver, bis er feststellte, dass das Boot auch ohne zu rudern schnell vorankam. Eine starke Strömung trieb es an, während ein geheimnisvoller Nebel aufs Meer sank. Schließlich lichtete sich der Nebel wie durch einen Zauber und Gulliver sah Möwen am Himmel: Es waren ungewöhnliche Möwen, die nicht so winzig waren wie die liliputanischen.
Endlich war er in seine Welt zurückgekehrt.
Quelle: Ein Märchen aus England