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(1)
Prinzeßchen Waldtraut spielte am allerliebsten im Walde Verstecken. Da waren so schöne dichte Büsche und hohe Farnkräuter und dicke Baumstämme, hinter denen es sich so verbergen konnte, daß niemand es fand.
Einmal aber war es beim Verstecken so weit in den Wald hineingeraten, daß es sich nicht mehr darin zurechtfand. Es rief seine Gespielinnen, aber es war so weit weg, daß diese es nicht hörten. In seiner Angst lief es immer weiter und weiter, und der Wald wurde immer dunkler, und die Nacht kam immer näher, und Prinzeßchen war schon ganz müde und matt. Und hungrig war es von dem vielen laufen auch geworden und durstig erst recht von der großen Hitze und niemand war da, der seinen Hunger stillen und seinen Durst löschen konnte.
Da legte es sich unter ein grünes, schönes Farnkraut ins weiche Moos und fing bitterlich an zu weinen, denn es meinte, nun müßte es verhungern und verdursten und elend umkommen. Wie es da lag und schluchzte, da stand auf einmal bei ihm ein kleines, altes Großmütterchen, das hatte ein Kleid von lauter grünen Sternen und hielt auf seinem langen, dünnen Arm ein kleines Brot hoch empor. „Weine nur nicht,“ sagte es zu Prinzeßchen, „sieh, ich bin eine alte Frau und habe auch einmal so ein kleines Mädchen gehabt, wie du bist, aber das ist schon lange, lange tot. Nun werde ich ja wohl bald sterben, aber du bist noch jung und sollst noch leben. Ich habe da noch ein Brot, es ist freilich mein letztes, aber ich will dirs gern geben; um mich ists ja nicht schade, wenn ich verhungere. Da nimm und iß dich satt.“ Und damit legte es sein Brot ihm in den Schoß und verschwand. Wie Prinzeßchen noch ganz erstaunt dasaß, kam ein kleines, graues Männchen angehumpelt, das hatte graue Haare und einen langen grauen Bart und einen harten, ledernen, grauen Mantel und in der Hand ein graues Becherchen und sagte: „Weine nur nicht, Prinzeßchen, ich habe dein Weinen gehört und bringe dir hier ein Becherchen mit Wasser. Es ist freilich mein letztes Tröpfchen. Aber dir will ichs schon schenken; ich bin ein alter Mann was schadet es, wenn ich verdurste? Aber du bist jung und sollst leben. Da nimm und trink dich satt.“ Und damit stellte es sein Becherchen neben Prinzeßchen; „und wenn du dich satt getrunken und gegessen hast, dann geh nur immer jenem silbernen Stern nach siehst du ihn? Dort oben steht er dann kommst du wieder zurück in deines Vaters Schloß.“ Damit verschwand er.
O wie dankbar war Prinzeßchen! Nun aß es sein Brötchen und trank sein Wässerchen und dann lief es schnell dem Stern nach und kam nach Hause.
Als aber der Waldkönig und die Waldkönigin hörten, wie es Prinzeßchen gegangen war, da sagten sie beide: „Das gute graue Männchen und das liebe alte Großmütterchen, die dich gespeist und getränkt haben, sollten nicht verhungern und verdursten.
Und Prinzeßchen nahm ein silbernes Becherchen mit wunderschönem, kristallklarem Wasser und eine goldene Stange, auf der ein schönes Brot steckte und lief mit seinen Dienern und Mägden in den Wald zurück. Da fanden sie das alte Großmütterchen schon fast verhungert; Prinzeßchen aber gab ihr das Brot und die goldene Stange dazu und sagte: „Du sollst nicht Hungers sterben; so oft du diese goldene Stange in die Erde steckst, soll ein Brötchen oben dran sein, damit du dich satt essen kannst dein Leben lang.“
Und dann fanden sie auch das alte Männchen, das war auch schon am Verdursten. Aber Prinzeßchen gab ihm das silberne Becherchen, und so oft ers auf die Erde stellte, war immer ein Tröpfchen des reinsten Wassers drin, so daß er nicht du dürsten brauchte sein Leben lang.
Und nun leben die beiden Alten immer noch, und wenn ihr durch den Wald geht, dann könnt ihr das Großmütterchen Sternenmoos sehen, das sein Brötchen auf goldener Stange hoch hält und nicht weit davon das alte graue Männchen Becherflechte mit seinem silbernen Becher und seinem Wassertröpfchen drin.
Einmal aber war es beim Verstecken so weit in den Wald hineingeraten, daß es sich nicht mehr darin zurechtfand. Es rief seine Gespielinnen, aber es war so weit weg, daß diese es nicht hörten. In seiner Angst lief es immer weiter und weiter, und der Wald wurde immer dunkler, und die Nacht kam immer näher, und Prinzeßchen war schon ganz müde und matt. Und hungrig war es von dem vielen laufen auch geworden und durstig erst recht von der großen Hitze und niemand war da, der seinen Hunger stillen und seinen Durst löschen konnte.
Da legte es sich unter ein grünes, schönes Farnkraut ins weiche Moos und fing bitterlich an zu weinen, denn es meinte, nun müßte es verhungern und verdursten und elend umkommen. Wie es da lag und schluchzte, da stand auf einmal bei ihm ein kleines, altes Großmütterchen, das hatte ein Kleid von lauter grünen Sternen und hielt auf seinem langen, dünnen Arm ein kleines Brot hoch empor. „Weine nur nicht,“ sagte es zu Prinzeßchen, „sieh, ich bin eine alte Frau und habe auch einmal so ein kleines Mädchen gehabt, wie du bist, aber das ist schon lange, lange tot. Nun werde ich ja wohl bald sterben, aber du bist noch jung und sollst noch leben. Ich habe da noch ein Brot, es ist freilich mein letztes, aber ich will dirs gern geben; um mich ists ja nicht schade, wenn ich verhungere. Da nimm und iß dich satt.“ Und damit legte es sein Brot ihm in den Schoß und verschwand. Wie Prinzeßchen noch ganz erstaunt dasaß, kam ein kleines, graues Männchen angehumpelt, das hatte graue Haare und einen langen grauen Bart und einen harten, ledernen, grauen Mantel und in der Hand ein graues Becherchen und sagte: „Weine nur nicht, Prinzeßchen, ich habe dein Weinen gehört und bringe dir hier ein Becherchen mit Wasser. Es ist freilich mein letztes Tröpfchen. Aber dir will ichs schon schenken; ich bin ein alter Mann was schadet es, wenn ich verdurste? Aber du bist jung und sollst leben. Da nimm und trink dich satt.“ Und damit stellte es sein Becherchen neben Prinzeßchen; „und wenn du dich satt getrunken und gegessen hast, dann geh nur immer jenem silbernen Stern nach siehst du ihn? Dort oben steht er dann kommst du wieder zurück in deines Vaters Schloß.“ Damit verschwand er.
O wie dankbar war Prinzeßchen! Nun aß es sein Brötchen und trank sein Wässerchen und dann lief es schnell dem Stern nach und kam nach Hause.
Als aber der Waldkönig und die Waldkönigin hörten, wie es Prinzeßchen gegangen war, da sagten sie beide: „Das gute graue Männchen und das liebe alte Großmütterchen, die dich gespeist und getränkt haben, sollten nicht verhungern und verdursten.
Und Prinzeßchen nahm ein silbernes Becherchen mit wunderschönem, kristallklarem Wasser und eine goldene Stange, auf der ein schönes Brot steckte und lief mit seinen Dienern und Mägden in den Wald zurück. Da fanden sie das alte Großmütterchen schon fast verhungert; Prinzeßchen aber gab ihr das Brot und die goldene Stange dazu und sagte: „Du sollst nicht Hungers sterben; so oft du diese goldene Stange in die Erde steckst, soll ein Brötchen oben dran sein, damit du dich satt essen kannst dein Leben lang.“
Und dann fanden sie auch das alte Männchen, das war auch schon am Verdursten. Aber Prinzeßchen gab ihm das silberne Becherchen, und so oft ers auf die Erde stellte, war immer ein Tröpfchen des reinsten Wassers drin, so daß er nicht du dürsten brauchte sein Leben lang.
Und nun leben die beiden Alten immer noch, und wenn ihr durch den Wald geht, dann könnt ihr das Großmütterchen Sternenmoos sehen, das sein Brötchen auf goldener Stange hoch hält und nicht weit davon das alte graue Männchen Becherflechte mit seinem silbernen Becher und seinem Wassertröpfchen drin.
[P. u. A. Blau „Wies wispert und wuspert im grünen Wald“ – Waldmärchen ]