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Hans holt sich eine Frau

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Es waren einmal drei Brüder. Die zwei älteren waren ordentliche und kluge Burschen und hatten beide ein Handwerk erlernt; der jüngste aber, der Hans, war so dumm wie Bohnenstroh und zu nichts zu gebrauchen. Er lümmelte vom Morgen bis zum Abend nur im Hause herum und aß rein aus Langerweile jeden Tag einen Brotlaib auf, ganz zu schweigen von den vollen Tellern, die er zu Mittag verschlang. Aber man ließ den Hans ohne viel Aufhebens eben machen; denn er war doch ein gutmütiger Kerl. Als nun die beiden älteren ihre Gesellenzeit hinter sich hatten und Meister geworden waren, wollten sie heiraten und sich in der Fremde eine Frau suchen. Da sagte die Mutter: „Nehmt nur auch gleich den Hans mit, denn allein kommt der doch nie zu einem Weib.“ Die Brüder hatten aber keine Lust, den dummen Hans auf die Reise mitzunehmen. Weil’s die Mutter aber unbedingt haben wollte, ließen sie ihn endlich doch mitgehen. Sie verlangten aber, daß er ihnen überall und immer folgen müsse. Ja, das wolle er ganz gewiß tun, versprach Hans.

Nachdem sie eine Zeitlang gewandert waren, kamen sie in ein Dorf und wollten dort im Wirtshaus einkehren, weil sie wußten, daß der Wirt eine hübsche heiratsfähige Tochter hatte. Ehe sie eintraten, sagte darum der Älteste zu Hans: „Mach uns da drin ja keine Schande! Und iß nicht so viel wie zu Hause! Wenn ich an den Tischfuß klopfe, so ist dies das Zeichen, daß du aufhören sollst! Verstanden?“ – „Ja“, sagte Hans, „ich will gut achtgeben und mich danach richten.“

Als sie nun in der Wirtsstube beim Essen saßen und Hans die Linsensuppe sich schmecken ließ, schlug der Hund, der unter den Tisch gekrochen war, mit dem Schwanz an einen der Tischfüße. Da meinte Hans, sein Bruder habe ihm das verabredete Zeichen gegeben, legte den Löffel weg und aß keinen Schub mehr, so sehr auch die Wirtin und ihre Tochter ihn dazu nötigten. Auch seine Brüder forderten ihn auf, er solle doch noch mehr essen. Aber Hans meinte, sie sagten nur so, damit die Wirtin nichts von dem geheimen Zeichen merken solle. Er hatte aber wahrhaftig so wenig gegessen, daß ihm der Magen wie ein zorniger Hund knurrte. Und das wurde von Stunde zu Stunde schlimmer. Seine Brüder schwatzten und schäkerten mit dem Mädchen, und ihm wurde allmählich ganz schummerig vor den Augen. Als sie endlich gute Nacht gesagt hatten und in ihre Schlafkammer hinaufstiegen, sagte Hans: „Brüder, ich halte es nicht mehr aus vor Hunger; ich muß noch etwas zu essen haben.“ Da lachten sie und verspotteten ihn dazuhin noch, weil er sich von dem Hund hatte täuschen lassen. Wenn er’s aber gar nicht mehr aushalten könne vor Hunger, sagten sie, so solle er in die Küche gehen, dort stehe noch eine ganze Schüssel voll Linsen. Da ging Hans in die Küche hinunter, fand auch richtig die Linsenschüssel und aß sie mit der Hand rein aus. Dann kam er zu seinen Brüdern zurück und wollte sich am Bettuch die Hände und den Mund abwischen. „Du Igel! Was fällt dir denn ein? Geh erst an den Brunnen und wasche dich!“ sagten sie. Da ging Hans in den Hof und fand am Brunnen einen Krug, der mit Wasser gefüllt war. Er steckte eine Hand hinein und spülte sie darin ab. Weil er sie aber zur Faust geballt hatte, konnte er sie nicht mehr herausbringen; kam deshalb mitsamt dem Krug zu den Brüdern gelaufen und klagte seine Not. „O du ewige Einfalt!“ sagten sie; „so zerschlag ihn doch am Brunnen, dann wirst du deine Hand schon wieder herausbringen!“ Hans tat, wie sie ihm befohlen; ging abermals zum Brunnen und schlug den Krug an den Steintrog, daß die Scherben klirrten. Da kam die schöne Wirtstochter aus dem Hause gelaufen, um zu sehen, was geschehen war. Hans aber nicht faul, faßte sie mit seinen starken Armen und trug sie schnell fort, zum Dorf hinaus, sie mochte schreien und sich wehren so sehr sie auch wollte.

Als er zu Hause ankam, trat er in die Stube und sagte: „Mutter, da hab‘ ich eine Frau!“ Da konnte sich die Mutter über ihren Hans und seine schöne Braut nicht genug wundern. Dann stieg Hans zu seiner Schlafkammer hinauf, und das Mädchen mußte mit ihm gehen und sich neben ihn legen. Er schnarchte aber so schrecklich, daß der Armen angst und bange wurde, und sie dachte: „Ach, wär‘ ich nur schon wieder aus dem Haus und bei meiner Mutter! Wie mach‘ ich’s nur, daß ich von hier fortkomme?“ Endlich, als auch die alte Mutter fest schlief, stand sie leise auf und schlich sich aus der Kammer. Sie suchte durch die Scheune und den Stall aus dem Hause zu kommen. Erst aber band sie die Ziege los, führte sie in die Kammer und legte sie neben den schnarchenden Hans ins Bett. Dann machte sie, daß sie fortkam.

Als die Mutter früh am andern Morgen aufwachte, rief sie: „Hans! Lieber Hans! Bist du schon wach?“ Hans rieb sich die verschlafenen Augen und sagte: „Jaaa, Mutter.“ – „Hast du auch deine Frau noch?“ -„Ich will mal fühlen!“ sagte er und langte zur Seite. „ja, Mutter, ich hab‘ sie noch! Da liegt sie neben mir. Aber … aber sie ist voller rauher Haare!“ – „Ach, du Narr!“, rief die Mutter, „das kommt dir nur so vor!“ – „Nein, Mutter“, sagte Hans, „ich habe noch einmal gefühlt; sie ist über und über voller Zotteln!“ – „Ach, Hans, du bist nicht recht gescheit! Fühl‘ nur auch recht!“ entgegnete die Mutter. Da fühlte Hans noch einmal und sagte: „Ach, liebe Mutter, sie hat auch ein Horn!“ – „Um Gottes willen!“ rief da die Mutter. „Es wird doch nicht der Teufel sein!“ -„Ach, Mutter, sie hat sogar zwei Hörner!“ jammerte Hans und war ganz ratlos und verzweifelt. Da stand die Mutter auf, zündete ein Licht an und ging zu Hans in die Kammer. Da sah sie, daß es die Ziege war, die neben Hans im Bett lag, nahm sie am Halsband und führte sie wieder in den Stall hinunter. Hans aber sagte, er wolle sich’s zur Warnung dienen lassen und es kein zweites Mal versuchen, sich eine Frau zu holen, wenn ihm schon die erste gleich wieder davongelaufen sei.

Quelle:
(Schwäbische Volksmärchen – Franz Georg Brustgi)

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