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Vom Mäusepelz

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Es lebten einst ein Mann und eine Frau, die nur eine einzige Tochter hatten. Die Frau war sehr, sehr krank und sollte bald sterben.Sie forderte von ihrem Manne, daß er nach ihrem Tode keine andere heiraten dürfte, es sei denn, er fände eine, die aussähe wie ihre Tochter. „Aber wenn ich eine solche Frau nicht finden kann, was wird dann?“
„Wenn du eine, wie sie ist, nicht findest, so wirst du dich mit ihr (der Tochter) verheiraten.“ Also gut, die Frau starb, man beerdigte sie. Seither war eine ganze Anzahl von Wochen ins Land gegangen. Der Vater machte sich reisefertig, fuhr im Lande umher, suchte eine Frau, doch umsonst.Er kehrte wieder nach Hause zurück und sagte zu seiner Tochter: „Nun werde ich mich mit dir verheiraten!“ Aber sie begann zu weinen:„Wie kann es wohl sein, daß ich meinen Vater heiraten soll.

Der Vater befahl ihr, zur Mutter auf den Friedhof zu gehen und sich mit ihr zu beraten. sie folgte seinem Rat, ging auf den Friedhof, trat an das Grab ihrer Mutter und weinte herzergreifend, Ihre Mutter hört das:weshalb weinst du, mein Kind?“ „Der Vater will sich mit mir verheiraten!“ „Gehe zu ihm und sage ihm, er soll dir zuvor ein Kleid wir die Nacht machen lassen, erst dann wirst du ihn heiraten.“ Die Tochter kehrte zu ihrem Vater zurück und berichtete, was die Mutter geheißen hatte. Also gut. Der Vater reiste im Ausland herum, aber er konnte einen wie die Nacht schwarzen Stoff nirgendwo erwerben. Er reiste weiter und immer weiter umher und erwischte mit Mühe etwas. Schließlich brachte er den Stoff und ließ für sie ein Kleid schneidern.

„Hier, hast du das gewünschte Kleid, jetzt werde ich dich aber heiraten.“
„Nein, ich muß mich nochmals mit meiner Mutter beraten!“ Sie ging zum Grab der Mutter, die ihr gebot, nicht zu heiraten, bevor ihr der Vater nicht ein Kleid anfertigen ließe, das wie der Tag war. Als sie dann dieses Kleid besaß, verlangte sie, daß der Vater ihr noch ein Kleid wie die Sonne und eins wie der Mond schneidern ließ. Und zum Schluß sollte er ihr einen kurzen Pelz aus Mäusefellen beschaffen. Er befahl also, in allen Pferde – und Kuhställen und in allen Vorwerken Mäusefallen aufzustellen. Man fing die Mäuse, und der Vater ließ sie für einen Mäusepelz nähen. Die Tochter lief ein letztes Mal zum Grab ihrer Mutter. Die Mutter gab ihr einen Knäuel Seide:

„Nimm dieses Knäuel“, sagte sie, „fasse das eine Fadenende und laß das Knäuel rollen.
Gehe dorthin, wo sich dieses Knäuel hinbewegen wird. Es wird zu einer mächtigen Eiche rollen. In dieser Eiche wirst du ungewöhnlich schöne Zimmer vorfinden.
Du wirst dort alles haben, und dein Vater wird nicht wissen, wo er dich suchen soll.“
Die Tochter nahm also dieses Knäuel und ließ es rollen. Das Knäuel rollte und rollte und stieß schließlich an eine Eiche, die sich sogleich öffnete. Dort fand sie ein Schloß mit vielen Nebengelassen, fand auch die Kleider, die ihr der Vater beschafft hatte, fand alles.
Sie hatte zu trinken, sie hatte zu essen, sie konnte schlafen. Dort verbrachte sie drei ganze Tage. Dann erschien ihr aber die Mutter und sprach: „Was sitzt du hier so untätig in dieser Eiche? Du mußt unbedingt hinausgehen. Gehe durch diesen Wald ein kleines Stück weiter, du kommst dann an den Waldrand, gleich hinter dem Wald liegt ein Herrenhof. Gehe auf diesen Herrenhof und bitte, daß man dich dort in den Dienst nimmt. Zieh dir deinen Mäusepelz an und nichts anderes. Sollte es dort keine Stellung für dich geben, so bitte die Herrschaft, daß sie dich umsonst und nur fürs Essen nimmt. Auf diesem Gutshof leben drei erwachsenen junge Herren, drei Kavaliere, und einer von ihnen wird dich heiraten.“

Also gut, sie zog sich ihren kurzen Mäusepelz an und ging. Sie verdingte sich auf diesem Herrenhof als Herdmagd. Sie wurde dem Koch beigegeben, daß sie ihm zur Hand ging.
Man lachte über sie, aber sie blieb und bat sich nur aus, jeden Sonntag in die Kirche zu gehen.
Am ersten Sonntag befahl ihr der Herr, ihm Wasser für die Waschschüssel zu bringen.
Sie brachte das Wasser, verschüttete aber etwas auf dem Fußboden. Dafür schlug sie der Herr mit seinem Handtuch.„Ach du! Tolpatsch, hast mir meinen Fußboden besudelt! Geh schon, geh in die Kirche!“ Der Koch lachte sie nur aus: „Ach du! Schmutzfink, worin willst du denn in die Kirche gehen? Hast doch nichts anderes als deinen häßlichen Mäusepelz!“
Aber sie bat, unbedingt in die Kirche gehen zu dürfen, also erlaubte er es ihr, doch er trug den anderen Mädchen auf, aufzupassen, wo sie sich hinstellen und was sie tun würde. Sie aber lief zur Eiche.

Dort stand eine Wanne mit Badewasser bereit. Sie wusch sich gründlich und zog dann das Kleid „wie die Nacht“ an. Danach kam eine Kutsche, um sie abzuholen. Sie stieg ein und fuhr zur Kirche. Dort kniete sie am größten Kirchenportal nieder.Viele Herrschaften fanden sich in der Kirch ein, und alle blickten zu ihr hin. Was ist das denn für eine? Sie hatten sie noch nie gesehen. Sie fragten den Kutscher, woher sie käme, und der antwortete, sie wäre aus Handtuchwalde hierher verschlagen worden. Wieder ging das Mädchen die ganze Woche lang in dem Mäusepelz umher, heizte die Küchenherde und war immer verschmutzt und verdreckt. Am Sonntag sollte sie wieder Wasser für die Waschschüssel bringen und verschüttete es wieder auf den Fußboden.

Da versetzte ihr der Herr einen Schlag mit der Waschschüssel. Vom Koch bekam sie aber die Erlaubnis, in die Kirche zu gehen. Sie eilte zur Eiche, zog sich das Kleid „wie die Sonne“ an und fuhr zur Kirche. Die Leute wunderten sich, wer sie wohl sei, denn in der ganzen Gegend hatte noch niemand von ihnen eine solche Dame zu sehen bekommen!
Sie fragten den Kutscher, und der antwortete, sie sei aus Schüsselheim hierher verschlagen.
Nach dem Gottesdienst stieg sie in die Kutsche und fuhr davon. Die Herren wunderten sich, daß über sie nichts zu erfahren war. Sie gefiel ihnen über die Maßen.

Am dritten Sonntag befahl ihr der Herr, ihm beim Steifelausziehen zu helfen, aber sie schaffte es nicht, ihm die Stiefel von den Füßen zu ziehen, sondern fiel dabei mit einem Schwung zu Boden; da versetzte er ihr einen Tritt mit dem Stiefel. Hernach ging sie in die Kirche in dem Kleid „wie der Mond“. Die Herren fragten erneut, woher sie käme. und der Kutscher antwortete, die wäre aus Stiefelhausen hierher verschlagen. Da berieten sich die Herren, was zu tun sei, um einen der feinen Schnabelschuhe von ihrem Fuß zu bekommen, damit sie ein Zeichen von ihr in ihren Händen hätten. Sie nahmen daher eine Kanne mit Pech und gossen dieses an einer Stelle aus, die sie unausweichlich überschreiten mußte. Als sie, ohne das Pech zu bemerken, über diese Stelle schritt, blieb einer ihrer Schnabelschuhe am Pech kleben.

Sich danach zu bücken, schämte sie sich, sie stieg in die Kutsche und fuhr davon.
Die jungen Herren aus dem Herrenhof nahmen diesen Schuh aber an sich, fragten und prüften überall, wem dieser Schuh passte. Doch alle ihre Bemühungen waren vergeblich, kein Damenfuß aus der Umgegend wollte in diesen Schuh passen. Sie versuchten es weiter, riefen alle Mädchen zusammen und ließen ihnen unter viel Gekicher den Schuh anprobieren.
Doch auch dies führte zu nichts. Letztendlich riefen sie die Herdmagd:
„Vielleicht gehört der Schuh ihr!“ Sie lachten bei diesem Gedanken. Da kam sie, die Herdmagd, beschmutzt in ihrem Mäusepelz, und sie lachte: Eh, das ist doch nicht für meinen Fuß!“

Aber es half ihr nichts, sie mußte den Schuh anprobieren, und siehe da, der Schuh paßte genau auf ihren Fuß. Da gestand sie alles. Der älteste der jungen Herren wollte sie heiraten. Sie führte ihn zu der Eiche, zog sich sehr hübsch an, und dann fuhren sie beide zur Trauung, danach aber nach Hause zu ihrem Vater – und damit Schluß.
*
Quelle: Kowerska. Z. A., O mysim kozuszku
„Wisla“ 1898 Jozwow/ Lublin

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