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Kranich Janos

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Es war einmal auf der Welt ein König, der hatte eine Tochter. Dieses Mädchen sah all ihr Lebtag niemals jemanden. Indessen, damit sie sich die Zeit irgendwie vertreibe, liess ihr Vater einen grossen, goldenen Kranich machen und darin Musik, dass sie sich damit unterhalten sollte, wenn ihr der Sinn danach stände.
Als der Goldschmied den Goldkranich machte, sah ihn ein Soldat. Er erkundigte sich, was das würde. Der Meister erwiderte, dass solch lustige Musik darinnen werden sollte für des Königs Tochter.
Abends, als schon alle schliefen, dachte sich der Soldat etwas aus, schlüpfte in den Goldkranich.
Schon anderntags in der Frühe wurde der Kranich zum König gebracht und wurde sogleich in des Mädchens Zimmer aufgestellt. Das Mädchen freute sich sehr darüber, sie wusste sich vor Freude garnicht zu lassen.
Der Soldat wartete nur die Nacht ab. Als er merkte, dass Ruhe war und vom Stundenschlagen wusste, dass Mitternacht da war, kroch er aus dem Kranich, ging geradewegs zum Mädchen in das Bett. Und dort taten sie, was sie taten, kurz und gut, nicht lange darauf bekam die Prinzessin einen Knaben.
Der Prinzessin war die Sache sehr peinlich. Wohin sollte sie nun mit dem Knaben? Sie fasste sich ein Herz, liess eine Goldlade machen, da hinein legte sie den Knaben und dazu viel Geld und ein Schwert. Damit liess sie ihn in die Donau setzen.
Die Lade schwamm fort; irgendwo weiter unten fing sie ein Fischer auf. Der hatte just eben ein Kind bekommen. »Na, Mutter,« sagte der Fischer, »ein Kind haben wir schon, nun sind’s zwei, na, schadet nichts! Wenn Gott ihn herführte, wollen wir ihn auch aufziehen!« Und sie liessen die beiden Kleinen zusammen taufen.
Als die Knaben schon gross waren, gerieten sie oftmals aneinander; das rechte Kind schalt das andere: »Was willst du denn eigentlich, du Windgebrachter, Wassergetragener, du!« Das schmerzte den Knaben sehr, er ging hin zu seinem Vater, fragte ihn, ob es wahr sei, was der andere Junge sage. Sein Vater oder vielmehr der Fischer, bestätigte es: »Wirklich, du bist nicht mein Kind, ich habe dich nur in einer Lade aus der Donau aufgefischt.«
Da grämte sich der Knabe. Seines Bleibens war nicht länger in des Fischers Haus, er dankte ihnen für ihre Güte; damit machte er sich auf, zog in die Welt hinaus.
Zuerst gelangte er in eine grosse Stadt. Dort blieb er auf der Strasse vor einem Palast mit strahlenden Fenstern stehen. Er dachte bei sich: »Was mag dort sein, dass solch ein Glanz dort ist? Ei, wie gern möchte ich dort hineingelangen!« Kaum hatte er das ausgesprochen, wie wenn ihm Flügel gewachsen wären, war er plötzlich im Fenster. Dort im Zimmer zog sich gerade eine wunderschöne, junge Frau aus. Sie erblickte den Kranich-Janos: »Komm her, mein Liebster, ins Bett! Wir wollen zusammen schlafen!« so rief sie. Doch Kranich-Janos erwiderte, dass er nicht käme. Er war schon sehr müde und matt von dem Weg; die junge Frau bat ihn so lange, bis er sich ins Bett legte. Kranich-Janos legte zwischen beide ein Schwert. Es war so, wie wenn es nicht dort gewesen wäre; sie wurden schnell miteinander fertig.
Morgens begann die Frau den Burschen auszufragen, woher er sei; denn sie sah, dass er schön und von edler Art war. Kranich-Janos sagte ihr, dass er es selbst nicht wisse; doch er habe in seiner Tasche einen Brief, daraus könne man es erfahren. Soviel wisse er, sagte er, dass ihn ein Fischer in einer Lade aufgegriffen habe.
Die Frau las den Brief durch, dann erbleichte sie und legte ihn aus der Hand. »Weh mir, was habe ich getan!« schluchzte sie laut.
»Nun, was hast du getan?« fragte Kranich-Janos.
»So wisse, dass ich deine Mutter bin!«
»Das habe ich nicht gewusst! Nun denn, wenn wir solche Sünde begangen haben, so lass uns zum Papst gehen. Doch vielleicht ist dort für uns auch keine Vergebung.«
Sie wanderten zum Papst. Dem Kranich-Janos trugen sie zur Sühne auf, dass er sieben Jahre und sieben Augenblicke lang auf den Knieen Wasser zur Wurzel eines trockenen Haselnussstrauches tragen sollte. Die Mutter bestraften sie damit, dass sie sie in einer Kirche einschlossen und den Schlüssel zur Kirche ins Meer warfen.
Als Kranich-Janos Zeit erfüllt war, die sieben Jahre und sieben Augenblicke, da erblühte der Haselnussstrauch, und er war entsühnt. Da wanderte er fort, seine Mutter aufzusuchen. Doch sie sagten ihm, dass sie in einer Kirche eingeschlossen sei, und den Schlüssel hätten sie ins Meer geworfen.
Geradewegs ging er dorthin. Er blies in eine Pfeife; die Fische kamen sogleich herbei und übergaben ihm auch den Schlüssel. Er öffnete die Kirche, suchte seine Mutter; doch er fand niemanden: auf dem Altar flatterte eine schöne, weisse Taube. Das war seine Mutter; sie war jetzt auch selig.
Er ging heim, verheiratete sich, wurde so glücklich, dass …! Er lebt jetzt noch, wenn er nicht gestorben ist.

[Ungarn: Elisabet Róna-Sklarek: Ungarische Volksmärchen.]

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