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Wo war’s, wo war’s nicht, jenseit der Glasberge war’s, diesseit des Operenzmeeres war’s, war’s oder war’s nicht, vielleicht war’s auch nicht wahr. Wer’s nicht glaubt, gehe von hinnen, wer’s glaubt, der sage es nur, damit ich ihm diesen Weinkrug an den Kopf schmeissen kann.
Also, es war einmal auf der »Welt ein König, der hatte drei Söhne. Einstmals ging er mit seinen drei Söhnen hinaus in den Wald, Reisig sammeln. Als es dunkelte, und sie sich schon zur Ruhe anschickten, sagte er zu seinen drei Söhnen:
»Nun, meine Söhne, jetzt legt euch schlafen; aber morgen früh sollt ihr erzählen, was ihr geträumt habt!«
Die Burschen waren schon sehr schläfrig, sie sagten drauf nur: »jawohl!«
Sie legten sich nieder, schliefen. Plötzlich, so gegen Mitternacht erwacht der Jüngste und sieht von weitem ein kleines Licht. Er konnte nicht schlafen, dachte, er wird hingehen und nachsehen, was das dort für ein Licht ist.
So geschah’s auch; er verliess das Lager und ging dem Lichte nach. Als er dort anlangt, sieht er, dass im Wipfel eines Baumes eine Kerze brennt, die leuchtete so weit. Er schaut sie lange an, plötzlich spricht die Kerze zu ihm:
»Hör, guter Freund! Schneide eine dünne, biegsame Espengerte; dort zwei Schritte neben dir ist die Mitternacht, binde sie, dass sie nicht mucksen kann, und wenn du das vollbracht, schneide noch eine Gerte; damit binde die Morgendämmerung, die ist auch gleich dort. Dann, wenn du das getan hast, suche eine sehr lange Espengerte, schneide sie ab und reiche sie mir!«
Der jüngste Königssohn, der sonst auch Schuster- Knabe genannt wurde, sperrte nur den Mund auf, als er hörte, wie die Kerze auf dem Baumwipfel sprach. So etwas hatte er noch nie gehört, noch gesehen. Was blieb ihm anderes übrig? Er fesselte der Reihe nach Mitternacht und Morgendämmerung so, wie ihm geheissen war; dann schnitt er eine furchtbar lange Espengerte ab, glättete sie und langte sie hinauf zum Baumwipfel. Kaum hatte er sie hinaufgereicht, so lief die Kerze auf der Gerte geradewegs hinunter auf seine Hand, von dort auf seinen Nacken, dort drehte sie sich ein paarmal herum, und plötzlich wurde eine Schlange aus ihr. Dann sprach sie zu dem Schuster-Knaben:
»Nun, jetzt geh dahin, wohin ich meinen Kopf neige. Bald werden wir bei einer Burg anlangen; dort wohnt mein Vater und meine Mutter; dahin gehen wir. Was immer sie dir geben werden wollen, weil du mich heimgetragen hast, nimm nichts anderes an als nur das elende Fohlen und den schlechten Sattel!«
Der Knabe ging hopp, nur gezwungen, nicht gern dahin, wohin die Schlange den Kopf neigte. Er wartete nur immer, wann sie ihn packen würde! Doch nach kurzer Zeit erreichten sie die Burg. Drinnen schliefen sie noch fest. Der Schuster-Knabe pochte sie wach.
»Steht auf, ich bringe hier eure Tochter!«
Da kamen sie auch flugs heraus, trugen die kleine Schlange hinein, herzten sie, küssten sie, denn sie war ja ihre Tochter. Dann sagten sie zum Schuster-Knaben:
»Nun, mein Sohn, also du hast unsere Tochter erlöst! Was geben wir dir nun dafür? Wieviel Scheffel Gold, wieviel Scheffel Silber?«
Sprach der Schuster-Knabe:
»Ich brauche weder Silber noch Gold! Gebt das Fohlen her, das sich immer auf dem Misthaufen herumwälzt, und jenen schlechten Sattel, der schon zehn Jahre auf dem Hühnerstallboden liegt. Nichts anderes begehre ich!«
Spricht drauf der König:
»Was hättest du wohl von jenem elenden Fohlen und von jenem hühnerverdreckten Sattel? Was könntest du damit erlangen? Du würdest damit nur ausgelacht werden!«
»Das gilt mir gleich, erlauchter König, wenn man mich auch auslacht,« sagte der Schuster-Knabe, »gebt es mir nur!«
Der König wollte durchaus nicht. Er redete nur immer hin und her, dass es so und so nicht gut wäre, wozu das? … Doch der Schuster-Knabe sagte, dass er dann lieber ohne etwas heimginge, er brauche nichts anderes.
Schliesslich sagte der König:
»Na, gut denn, ich gebe es dir; doch du wirst sehen, dieses Pferd wird dich ums Leben bringen.«
»So mag es mich ums Leben bringen, gebt es nur her!« sprach der Schuster-Knabe.
Er bekam dann das Pferd und auch den Sattel. Am Ende des Gartens war Torf, den stiess er um, steckte das Pferd und den Sattel darunter, deckte alles beides gut zu; dann ging er durch den Wald zurück zu seinem Nachtlager. Unterwegs band er auch noch Mitternacht und Morgendämmerung los, und als er beim Ruheplatz anlangte, schliefen die andern noch; es war noch dunkel, und er legte sich auch nieder.
Als der Morgen gekommen war, fragte ihr Vater sie:
»Nun, also was habt ihr geträumt?«
Der erste erzählte, dass ihn der Stier verfolgt habe und er nicht laufen konnte, der zweite, dass er kein Reisig mehr im Walde zu sammeln brauchte. Der dritte, der Schuster-Knabe, sagte, er würde es nicht erzählen.
So etwas hatte der König noch nicht gehört; er wurde schrecklich zornig, nahm einen derben, grossen Stock und sprach zu seinem Sohn:
»Wenn du es nicht erzählst, schlage ich dich so wie die grosse Trommel, du Hund! Bin ich etwa nicht dein Vater?«
Doch er konnte dem Schuster-Knaben wohl bange machen, seinen Traum erzählte er aber doch nicht. Jener packte auch den Stock und schlug wie das Hagelwetter seinen Sohn, und der hub an zu brüllen wie ein Löwe, ich höre es schier jetzt noch. Doch der Knabe hätte um die Welt nicht gesprochen.
Und wie der König so seinen Sohn schlägt, kommt in einer Kutsche ein anderer König daher, hört, wie der Knabe kreischt, bleibt auf der Strasse stehen und sagt:
»Hört mal, Freund, schlagt jenen Knaben nicht! Ich habe keinen, verkauft ihn, ich kaufe ihn ab.«
Doch der alte Mann war beim Schlagen so in Hitze geraten, dass er die Rede nicht hörte.
Rief er ihm noch einmal zu:
»Freund, schlagt jenen Knaben nicht, verkauft ihn, ich gebe hundert Gulden für ihn!«
Jetzt hatte der König es gehört, hielt sogleich mit Schlagen inne. Und er erzählte, was für ein böses Kind das sei, wie ungehorsam, nicht einmal seinen Traum erzähle es!
Sprach drauf der fremde König:
»Nun, darum zu schlagen lohnt nicht; doch wenn Ihr wollt, kaufe ich Euern Sohn, ich gebe hundert Gulden für ihn.«
Die Unterhandlung dauerte nicht lange, der Schuster-Knabe stieg auf den Wagen und fuhr zum Hofe des fremden Königs. Der hatte zu Hause eine Tochter, die war ebenso alt wie der Schuster-Knabe; sie spielten auch tagelang zusammen.
Einstmals nahm der König den Knaben vor:
»Komm her, erzähle, was du geträumt hattest!«
Der Schuster-Knabe machte sich aber auch nicht mehr daraus als bei seinem Vater.
»Wahrlich, das sage ich nicht, und wenn Ihr mich aufhängen lasst!«
»Nicht?!« sagte der König, »nun, das wirst du noch bereuen!«
Damit liess er die Maurer rufen, befahl ihnen, aus Stein ein Haus zu bauen, in dem gerade ein Mensch Platz habe, und den Schuster-Knaben einzumauern. Jene gehorchten, machten sich auf der Stelle ans Einmauern.
Hörte die Königstochter, des Schuster-Knaben Spielgefährtin, von der Sache; sie ging hin zu den Maurern und bat sie schön, sie sollten ihn nur so einmauern, dass ein Stein immer herausginge; denn sie liebte den Schuster-Knaben sehr. Und so geschah’s auch. Ein Stein ging immer aus der Mauer heraus; die Königstochter zog den heraus, wenn sie dem armen Schuster-Knaben Essen brachte.
Die Zeit verging; der Schuster-Knabe war schon sehr lange in der Mauer; die Königstochter war auch gross geworden; doch des Essentragens war sie noch nicht überdrüssig geworden.
Einstmals kommt zu ihnen der Sohn des Nachbarkönigs, des Königs Olenburis, und spricht also zum König:
»Morgen schicke ich hierher zu Euch drei Fohlen, ein einjähriges, ein zweijähriges und ein dreijähriges; wenn Ihr mir nicht von jedem sagen könnt, wie alt es ist, überziehe ich Euch mit Krieg!«
Darüber erschrak der König sehr; er wusste nicht, was tun. Kommt Mittag heran, trägt die Königstochter dem Schuster-Knaben das Essen hin; aber sie war sehr bekümmert. Das sah, wer Augen hatte, und der Schuster-Knabe merkte es auch.
»Mein süsses Lieb, schöne Prinzessin,« sprach er zu ihr, »wie kommt’s, dass du bisher immer so fröhlich das Essen brachtest und jetzt so traurig bist?«
»Ach, mein süsses Herz, mein schönes Lieb,« sagte das Mädchen, »du kannst nichts dabei helfen!«
»Warum denn nicht, vielleicht doch!« redete der Schuster-Knabe ihr zu.
»Also der Sohn des Königs Olenburis ist zu uns gekommen, dass ihn das Feuer fresse! und sagte meinem Vater, drei Fohlen schicke er her; wenn sie nicht zu sagen wüssten, welches das ein-, zwei- und dreijährige wäre, dann wehe unserm Leben, dann würde er uns mit Krieg überziehen!«
»Na, das ist noch nicht schlimm!« sagte der Schuster-Knabe. »Stellt auf dem Hof drei Tröge auf; in den einen tut vorjährigen Hafer, in den zweiten zweijährigen, in den dritten dreijährigen. Welches Fohlen aus einem der Tröge frisst, ist ebenso viele Jahre alt wie der Hafer darin. Doch lass deinen Vater ja nicht wissen, mein süsses Herz, mein schönes Lieb, dass ich dir diesen Rat gegeben habe; sprich, als ob du das ganze geträumt hättest.«
So geschah’s auch. Das Mädchen erzählte voller Freude, was ihr geträumt habe. Und da, war auch Freude über Freude.
Sie stellten sogleich die Tröge hinaus, schütteten in jeden andern Hafer und erwarteten den Sohn des Königs Olenburis mit den Fohlen. Er kam auch bald, führte die wunderschönen drei braunen Fohlen mit sich. Wie sie den Hafer erblickten, war kein Halten mehr, sie gingen schnurstracks auf die Tröge los. Das einjährige Fohlen los auf den vorjährigen Hafer, das zweijährige auf den zweijährigen, das dreijährige auf den dreijährigen. Der König wies nun aber dem Sohn des Königs Olenburis, dies ist so alt und das so alt! Und so war’s auch richtig; denn alle waren so alt, wie er gesagt hatte. Da sprach der Sohn des Königs Olenburis:
»Dein Glück, dass du das erraten hast! Doch morgen werde ich einen Stock schicken, wenn du nicht sagen kannst, welches Ende von der Wurzel und welches vom Wipfel stammt, überziehe ich dein Land mit Krieg!«
Da war wieder grosser Kummer. Die Königstochter bringt wieder das Essen, aber sie war geradeso traurig wie vordem. Spricht zu ihr der Schuster-Knabe:
»Mein süsses Herz, mein schönes Lieb, bist du schon wieder so traurig? Was drückt dich?«
»Ach, unser Kummer ist wieder gross,« sprach das Mädchen. »Der Sohn des Königs Olenburis sagte meinem Vater, er würde ihm einen Stock schicken; wenn er nicht zu sagen wisse, welches Ende von der Wurzel und welches vom Wipfel ist, würde er uns mit Krieg überziehen.«
»Na, das ist noch nicht schlimm!« sagte der Schuster-Knabe. »Nehmt einen Bottich, füllt ihn mit Wasser. Steckt den Stock ins Wasser; welches Ende schneller den Boden berührt, das ist das Wurzelende. Doch verrate mich deinem Vater nicht; denn es wäre aus mit mir, wüsste er, dass ich lebe. Sprich nur so, als ob du das auch geträumt hättest.«
Geht das Mädchen, erzählt ihrem Vater, was ihr geträumt habe. Der griff danach wie ein hungriges Huhn nach dem Rotz, er tat, wie seine Tochter gesagt hatte. Kam auch jetzt zum zweitenmal glücklich aus der Patsche.
Doch der Sohn des Königs Olenburis gab nicht Ruhe. Am dritten Tag schleuderte er eine zwölf Zentner schwere Keule in des Königs Hof; durch einen seiner Leute aber liess er künden, wenn nicht noch an diesem Tag während des Nachtmahls jemand sie zurückschleudere und ihm den Becher aus der Hand schiesse, wäre es aus mit dem ganzen Reich. Da gab’s aber jetzt einen Schreck! Der alte König kam schier von Sinnen, war ganz ausser sich. Wer sollte das jetzt vollbringen? Er alt und hilflos noch dazu!
Doch da war seine Tochter. Sie hatte gerade sehr traurig dem Schuster-Knaben das Nachtmahl gebracht, als er zu ihr gesprochen hatte:
»Ei, ei, mein schönes Herzlieb, was ist denn los, dass du wiederum so traurig bist?«
Da erzählte ihm das Mädchen, was der Sohn des Königs Olenburis hatte sagen lassen. Sprach der Schuster-Knabe:
»Das ist schon eine etwas schwierige Sache, aber wenn du geschickt bist, wird alles gut. Geh, erzähle deinem Vater alles, dass hier ein Bursche eingemauert sei, wenn er den herauslasse, würde er ihm das Reich retten.«
Das Mädchen gehorchte, ging hinein zu ihrem Vater, erzählte ihm alles der Reihe nach. Doch der König erinnerte sich kaum noch daran, so lange war’s schon her, seit er den Schuster-Knaben hatte einmauern lassen. Er sagte seiner Tochter:
»Na, gut, jener Bursche soll herausgelassen werden; doch wenn er nicht Wort hält, sterbe er zwei Tode!«
Mehr bedurfte der Bursche nicht, nur dass sie ihn hinausliessen! Er ging zu der Zwölfzentner-Keule hin, versuchte sie aufzuheben. Doch es gelang nicht sehr. Er raffte sich auf, ass sich ordentlich satt, und alsogleich wirbelte er sie auf seinem kleinen Finger wie die Frauen die Spindel. Als die Zeit des Nachtmahls herangekommen war, packte er sie und warf sie so auf des Königs Olenburis Haus, dass sogleich eine Mauer einstürzte. Dann zog er eine rostige Flinte vor, und gerade, als der Sohn des Königs Olenburis seinen Becher zum Munde führte, schoss er ihn ihm so aus der Hand, als ob er nicht dort gewesen wäre. Drauf sagte sogar der Sohn des Königs Olenburis, wer auch immer dem alten König zu Hilfe gekommen wäre, einen sichern Arm und ein gutes Auge müsse der wohl haben.
Der alte König war vor dem Krieg gerettet; er sah auch, was für ein schöner, wackerer Bursche dieser Schuster-Knabe war, dachte nicht weiter darüber nach, gab ihn mit seiner Tochter zusammen und schenkte ihm schnurstracks die Hälfte seines Reiches.
Kaum war die Hochzeit vorüber, etwa drei Tage danach, ging er zum Hofe des Schlangenkönigs, sich das elende Fohlen und den Sattel zu holen. Er fand es dort unter dem Torf, wie er es zugedeckt hatte. Er hatte drei Säcke Semmel und drei Eimer Wein mitgenommen, das gab er dem Fohlen zu essen und zu trinken. Als das kleine Pferd den letzten Schluck getan hatte, da rüttelte es sich, und aus ihm wurde solch ein goldhaariges Pferd, dass es auf der weiten Welt kein schöneres gab. Nun legte der Schuster-Knabe ihm den Sattel auf; doch kaum hatte der des Pferdes Rücken berührt, da wurde er so schön wie ein neuer. Dann schwang er sich auf das schöne Pferd und ritt heim in sein eigenes Reich.
Zu Hause wählte er etwa elf Burschen aus, die gerade so waren wie er, versah sie auch mit solchen Kleidern wie er hatte, gab jedem ein Pferd und machte sich auf, den Sohn des Königs Olenburis zu besuchen. Der war noch von früher her zornig auf ihn; denn er hatte erfahren, dass er die Zwölfzentnerkeule zurückgeschleudert hatte, und hatte sich vorgenommen, ihn zu verderben, wenn’s möglich wäre.
Ritten und ritten die elf Burschen mit dem Schuster-Knaben, langten bald am Ziel an. Im Tor erwartete sie der Sohn des Königs Olenburis. Als sie dort anlangten, sprach der Königssohn:
»Wer von euch ist der Schuster-Knabe? Er komme her!«
Ja freilich! aber sie hatten schon zusammen verabredet, dass niemand verraten sollte, wer von ihnen der Schuster-Knabe sei; er ging auch nicht selbst hin, denn der Sohn des Königs Olenburis hätte ihn auf der Stelle getötet. Der Königssohn sah, dass auch nicht ein einziger sich rückte und rührte; da liess er die Sache und lud sie ein, zur Nacht einzukehren und nicht draussen zu frieren.
Dort war eine Alte, die kam jeden Tag zum fegen an den Hof, die sprach zum Sohn des Königs Olenburis:
»Erlauchter Prinz, überlasse die Sache nur mir, ich werde schon herausbekommen, welcher der Schuster- Knabe ist. Abends werde ich mich im Zimmer verstecken, und wenn ich ihn erkannt habe, schneide ich eine Ecke von seinem Rockende ab; am andern Morgen kannst du ihn dann sehr leicht erkennen!«
So geschah’s auch. Die Alte stahl sich unter die Burschen, verbarg sich unter dem Bett; von da aus spähte sie nach dem Schuster-Knaben. Als sie erfahren hatte, welcher es war, nahm sie ihre Scheere und schnitt ein Stück von seinem Rock ab. Die Burschen ahnten auch noch nicht, dass der Hund im Garten war. Anderntags wie sie aufstehen und auch der Schuster- Knabe sich ankleidet, da sieht er, dass sein Rock gestutzt ist. Er fragt die andern, ob ihrer auch so wäre, doch natürlich waren ihre ganz unversehrt. Da wusste er gleich, was die Glocke geschlagen, er schnitt auch von den andern Röcken ein ebensolches Stück ab. Als der Sohn des Königs Olenburis sie ansah, war er starr, denn sie waren auch jetzt alle gleich. Er wurde darüber so zornig, dass er die Alte an einen Rossschweif binden liess, weil sie ihn so schimpflich hinters Licht geführt hatte.
Der Schuster-Knabe sah, dass hier wahrlich nicht viel für sie zu holen war; er zog heim und die elf Burschen auch. Unterwegs fand er ein schmieriges Hemd und eine schmierige Gatya, legte sie an und wurde davon noch siebenmal stärker.
So waren zwei Wochen verflossen; wer anders kommt da zum Besuch ins Haus des Schuster-Knaben als der Sohn des Königs Olenburis! Der Schuster- Knabe schlief gerade, als jener ankam, und die Prinzessin sass draussen auf der Bank. Sie war so schön, dass der Sohn des Königs Olenburis sie liebgewann. Er sprach zu ihr:
»Hör, mein schönes Herzlieb, ich bin dein, du bist mein! Jetzt schläft dein Mann, wie könnte ich ihm den Garaus machen?«
Die Prinzessin war mittlerweile auch anders geworden; sie liebte ihren Mann nicht sehr; sie sprach:
»Ich werde sein schmieriges Hemd und seine schmierige Gatya herausholen; wenn du die anlegst, wirst du siebenmal stärker werden und kannst ihm dann leicht den Garaus machen.«
So geschah’s auch. Sie brachte das schmierige Hemd und die schmierige Gatya heraus; der Sohn des Königs Olenburis legte sie an, nahm ein Schwert in die Hand und stellte sich beim Bett des Schuster-Knaben auf.
»Na, du Hund, wenn du so ruhmreich bist, so komm und messe dich mit mir!«
Davon erwachte der Schuster-Knabe. Er schaute sich um, doch er fand sein schmieriges Kleid nicht. Spricht er zum Sohne des Königs Olenburis:
»Jetzt kannst du mich töten, wenn du willst. Doch wenn du mich tötest, so hacke mich klein wie Wurstfleisch; dann binde das in einen Sack und hänge es meinem Pferd um den Hals.«
So geschah’s auch. Sie töteten den armen Schuster- Knaben, hackten ihn klein, banden sein Fleisch in einen Sack und hängten es seinem Pferde um den Hals. Das Pferd jagten sie davon, dass es ginge, wohin sein Auge sah.
Die Frau und des Olenburis Sohn taten sich zusammen und lebten miteinander.
Jedoch das goldhaarige Pferd war klug. Als sie es fortgejagt hatten, wandte es sich schnurstracks heim zum Hofe des Schlangenkönigs. Als es in den Hof trat, wusste der Schlangenkönig auf der Stelle, dass dort der arme Schuster-Knabe war. Er blies auf einer Pfeife. Auf den Pfeifenton wimmelte es nur so vor ihm von dem vielen Gewürm, und zuletzt kam die hundertfünfzigjährige Kröte.
»Hier bin ich, Herr!« sprach die Kröte, »womit kann ich dienen?«
»Löte diesen Leib zusammen!«
Machte sich die Kröte dran, eins – zwei hatte sie den Schusterknaben zusammengelötet. Und als der Atem geholt hatte, sagte er nur:
»Ach, wie fest habe ich geschlafen!«
»Jawohl,« sprach der Schlangenkönig; »ich hatte dir gesagt, du solltest jenes Pferd nicht mitnehmen, denn es bringt den Tod, und es hat auch den Tod gebracht, denn du warst so klein zerschnitten wie Mohn. Doch das Pferd gebe ich dir nicht wieder, denn es würde dir wieder schlecht mit ihm ergehen; geh, suche dir irgendwo einen Dienst. Damit du wieder etwas hast, gebe ich dir den Halfter, verschaffe dir ein Pferd dazu.«
Machte sich der arme Schuster-Knabe auf, allein für sich wie mein Finger. Unterwegs traf er einen Bettler. Er fragte ihn:
»Wohin gehst du, armer Bettler?«
»Ich gehe zum Markt, mein Herr!«
»Wo ist denn Markt?« fragte der Schuster-Knabe.
»Nun, beim Schwiegervater des Sohnes des Königs Olenburis, weisst du das denn nicht auch?«
»Das erfahre ich wirklich jetzt erst.«
Doch dem Schuster-Knaben kam ein Gedanke; er sprach zum Bettler:
»Hör, mein Freund! Wenn du auf das hörst, was ich dir sage, kann ein reicher Mann aus dir werden.«
Der Bettler war zu allem bereit.
»Weisst du was,« sagte der Schuster-Knabe, »hier ist dieser Halfter, wirf ihn mir über den Kopf, dann wird ein wunderschönes Pferd aus mir werden; aber fürchte dich nicht, sondern setze dich auf mich und führe mich zum Markte. Ich werde so lange springen, so lange schön tun, bis mich der Sohn des Königs Olenburis sieht. Der wird dann schon kommen und auf mich bieten. Wenn er nach dem Preis fragt, sag ihm nur: soviel Gold, wie zu beiden Seiten mir bis zum Rist reicht. Er wird mich sicher kaufen, das Geld aber soll alles dein sein.«
Jeder schaut auf das, was er versteht, der Bettler griff zu auf die schönen Worte hin. Er warf dem Schuster-Knaben den Halfter über den Kopf, da wurde aus ihm ein so schönes Pferd, dass man auf ihm einen Vogel hätte fangen können. Dann ritt der Bettler zum Markt. Das Pferd tänzelte, sprang, hob die Füsse, neigte den Hals im Bogen, und es währte nicht lange, da erblickte es auch der Sohn des Königs Olenburis. Er ging hin zum Bettler:
»Freund, was kostet das Pferd?«
»Soviel Gold, wie zu beiden Seiten ihm bis zum Rist reicht!« sagte der Bettler.
Gehandelt wurde garnicht; der Sohn des Königs Olenburis bezahlte es im selben Augenblick und führte das Pferd nach Hause.
Kaum war der Sohn des Königs Olenburis zu Hause angelangt, kaum war das schöne Pferd im Stall angebunden worden, sprach die Frau zu ihrem Mann:
»Höre, mein Sohn! Ich fürchte mich vor diesem Pferd; das ist der Schuster-Knabe, mein angetrauter Mann. Schaff ihn aus dem Wege, denn er sinnt nichts gutes!«
Die Frau dachte: lang geborgt ist nicht geschenkt; darum sprach sie so.
Beim Sohn des Königs Olenburis gehörte nicht viel dazu, dass ihm bange wurde; er liess das schöne Pferd sofort hinausführen und totschlagen.
Als der Bursche dem armen Schuster-Knaben – denn er war das Pferd – das Beil in die Stirn hieb, sprang ein Knochen aus dem Kopf, und anderntags war daraus ein herrlicher Birnbaum gewachsen. Birnen wie meine Faust hingen dran. Wie wenn ich sie jetzt noch sehe!
Anderntags sagten sie der Königin, ob sie schon das Neueste wisse: ein Birnbaum sei auf dem Hof gewachsen, und solche Birnen seien dran, dass man schon anfinge, von ihrer Schönheit zu reden. Die Königin wusste sofort: nun, der Schuster-Knabe ist nicht tot, ein Birnbaum ist aus ihm geworden. – Sie liess ihn in derselben Minute fällen. Der Baum wurde bis auf den letzten Span ins Feuer gebracht.
Eine Magd sammelte die Späne in einen Korb; schon hatte sie gerade den letzten ergriffen, da warf sie kurz entschlossen einen Splitter in den Weiher, und der verwandelte sich plötzlich in eine Goldente.
Die Königin starb fast vor Schreck, als sie das sah; denn sie hatte von ihrem Fenster alles gesehen, was die Magd gemacht hatte.
Sie ging zu ihrem Mann.
»Hört, wenn Ihr an Gott glaubt, so schafft schon einmal diesen Schuster-Knaben aus der Welt! Ich will nicht immer hier in Ängsten leben, wo der ist; schon ist er eine Goldente geworden; dort schwimmt er im Weiher.«
Der Sohn des Königs Olenburis ging zum Teich, kleidete sich am Ufer aus, legte auch das schmierige Hemd und die schmierige Gatya ab, dann heidi! hinein in den Teich nach der Ente, die er fast greifen konnte. Schon hatte er sie in der Hand, als die Ente untertauchte und geradewegs ans Ufer schwamm, zum schmierigen Hemd und zur schmierigen Gatya. Den Sohn des Königs Olenburis durchschauderte es:
»Nun, jetzt oder niemals ist’s aus mit mir!«
Die Goldente rüttelte sich, wurde der Schuster- Knabe aus ihr; er warf sich hurtig das schmierige Gewand um, dann sprach er zum Sohne des Königs Olenburis:
»Na, du Hund, du hast mich umgebracht, hast meine Gemahlin verführt, jetzt ist’s aus mit dir, komm heraus!«
Den Sohn des Königs Olenburis überlief Schauder über Schauder. Er stieg aus dem Wasser heraus und sprach zum Schuster-Knaben:
»Wenn du mich schon tötest, so hacke mich so klein wie Wurstfleisch, binde es in einen Sack und hänge ihn meinem Pferd um den Hals!«
Er glaubte, wenn sie ihn um den Hals des Pferdes hängen, würde er auch wieder aufleben so wie der Schuster-Knabe; aber weit gefehlt.
Der Schuster-Knabe zerhackte ihn, tat ihn in einen Sack, hing ihn dem Pferd um den Hals, aber so, dass er bis zum Boden herunterhing. Dann jagte er das Pferd von dannen. Trug ihn das Pferd, trug ihn, bis es ihn mitsamt dem Sack zertreten hatte. Und dann hielten die Hunde ihr Mittagsmahl daraus.
Die Königin wurde eine Bettlerin. Die Magd jedoch, die den Span ins Wasser geworfen hatte, heiratete der Schuster-Knabe; sie wurden König und Königin und wurden gar glücklich miteinander, und wenn sie seitdem nicht gestorben wären, so lebten sie vielleicht auch heute noch.
Aus ist’s gewesen, weiter ist’s nichts gewesen, vielleicht ist’s auch nicht wahr gewesen!
Also, es war einmal auf der »Welt ein König, der hatte drei Söhne. Einstmals ging er mit seinen drei Söhnen hinaus in den Wald, Reisig sammeln. Als es dunkelte, und sie sich schon zur Ruhe anschickten, sagte er zu seinen drei Söhnen:
»Nun, meine Söhne, jetzt legt euch schlafen; aber morgen früh sollt ihr erzählen, was ihr geträumt habt!«
Die Burschen waren schon sehr schläfrig, sie sagten drauf nur: »jawohl!«
Sie legten sich nieder, schliefen. Plötzlich, so gegen Mitternacht erwacht der Jüngste und sieht von weitem ein kleines Licht. Er konnte nicht schlafen, dachte, er wird hingehen und nachsehen, was das dort für ein Licht ist.
So geschah’s auch; er verliess das Lager und ging dem Lichte nach. Als er dort anlangt, sieht er, dass im Wipfel eines Baumes eine Kerze brennt, die leuchtete so weit. Er schaut sie lange an, plötzlich spricht die Kerze zu ihm:
»Hör, guter Freund! Schneide eine dünne, biegsame Espengerte; dort zwei Schritte neben dir ist die Mitternacht, binde sie, dass sie nicht mucksen kann, und wenn du das vollbracht, schneide noch eine Gerte; damit binde die Morgendämmerung, die ist auch gleich dort. Dann, wenn du das getan hast, suche eine sehr lange Espengerte, schneide sie ab und reiche sie mir!«
Der jüngste Königssohn, der sonst auch Schuster- Knabe genannt wurde, sperrte nur den Mund auf, als er hörte, wie die Kerze auf dem Baumwipfel sprach. So etwas hatte er noch nie gehört, noch gesehen. Was blieb ihm anderes übrig? Er fesselte der Reihe nach Mitternacht und Morgendämmerung so, wie ihm geheissen war; dann schnitt er eine furchtbar lange Espengerte ab, glättete sie und langte sie hinauf zum Baumwipfel. Kaum hatte er sie hinaufgereicht, so lief die Kerze auf der Gerte geradewegs hinunter auf seine Hand, von dort auf seinen Nacken, dort drehte sie sich ein paarmal herum, und plötzlich wurde eine Schlange aus ihr. Dann sprach sie zu dem Schuster-Knaben:
»Nun, jetzt geh dahin, wohin ich meinen Kopf neige. Bald werden wir bei einer Burg anlangen; dort wohnt mein Vater und meine Mutter; dahin gehen wir. Was immer sie dir geben werden wollen, weil du mich heimgetragen hast, nimm nichts anderes an als nur das elende Fohlen und den schlechten Sattel!«
Der Knabe ging hopp, nur gezwungen, nicht gern dahin, wohin die Schlange den Kopf neigte. Er wartete nur immer, wann sie ihn packen würde! Doch nach kurzer Zeit erreichten sie die Burg. Drinnen schliefen sie noch fest. Der Schuster-Knabe pochte sie wach.
»Steht auf, ich bringe hier eure Tochter!«
Da kamen sie auch flugs heraus, trugen die kleine Schlange hinein, herzten sie, küssten sie, denn sie war ja ihre Tochter. Dann sagten sie zum Schuster-Knaben:
»Nun, mein Sohn, also du hast unsere Tochter erlöst! Was geben wir dir nun dafür? Wieviel Scheffel Gold, wieviel Scheffel Silber?«
Sprach der Schuster-Knabe:
»Ich brauche weder Silber noch Gold! Gebt das Fohlen her, das sich immer auf dem Misthaufen herumwälzt, und jenen schlechten Sattel, der schon zehn Jahre auf dem Hühnerstallboden liegt. Nichts anderes begehre ich!«
Spricht drauf der König:
»Was hättest du wohl von jenem elenden Fohlen und von jenem hühnerverdreckten Sattel? Was könntest du damit erlangen? Du würdest damit nur ausgelacht werden!«
»Das gilt mir gleich, erlauchter König, wenn man mich auch auslacht,« sagte der Schuster-Knabe, »gebt es mir nur!«
Der König wollte durchaus nicht. Er redete nur immer hin und her, dass es so und so nicht gut wäre, wozu das? … Doch der Schuster-Knabe sagte, dass er dann lieber ohne etwas heimginge, er brauche nichts anderes.
Schliesslich sagte der König:
»Na, gut denn, ich gebe es dir; doch du wirst sehen, dieses Pferd wird dich ums Leben bringen.«
»So mag es mich ums Leben bringen, gebt es nur her!« sprach der Schuster-Knabe.
Er bekam dann das Pferd und auch den Sattel. Am Ende des Gartens war Torf, den stiess er um, steckte das Pferd und den Sattel darunter, deckte alles beides gut zu; dann ging er durch den Wald zurück zu seinem Nachtlager. Unterwegs band er auch noch Mitternacht und Morgendämmerung los, und als er beim Ruheplatz anlangte, schliefen die andern noch; es war noch dunkel, und er legte sich auch nieder.
Als der Morgen gekommen war, fragte ihr Vater sie:
»Nun, also was habt ihr geträumt?«
Der erste erzählte, dass ihn der Stier verfolgt habe und er nicht laufen konnte, der zweite, dass er kein Reisig mehr im Walde zu sammeln brauchte. Der dritte, der Schuster-Knabe, sagte, er würde es nicht erzählen.
So etwas hatte der König noch nicht gehört; er wurde schrecklich zornig, nahm einen derben, grossen Stock und sprach zu seinem Sohn:
»Wenn du es nicht erzählst, schlage ich dich so wie die grosse Trommel, du Hund! Bin ich etwa nicht dein Vater?«
Doch er konnte dem Schuster-Knaben wohl bange machen, seinen Traum erzählte er aber doch nicht. Jener packte auch den Stock und schlug wie das Hagelwetter seinen Sohn, und der hub an zu brüllen wie ein Löwe, ich höre es schier jetzt noch. Doch der Knabe hätte um die Welt nicht gesprochen.
Und wie der König so seinen Sohn schlägt, kommt in einer Kutsche ein anderer König daher, hört, wie der Knabe kreischt, bleibt auf der Strasse stehen und sagt:
»Hört mal, Freund, schlagt jenen Knaben nicht! Ich habe keinen, verkauft ihn, ich kaufe ihn ab.«
Doch der alte Mann war beim Schlagen so in Hitze geraten, dass er die Rede nicht hörte.
Rief er ihm noch einmal zu:
»Freund, schlagt jenen Knaben nicht, verkauft ihn, ich gebe hundert Gulden für ihn!«
Jetzt hatte der König es gehört, hielt sogleich mit Schlagen inne. Und er erzählte, was für ein böses Kind das sei, wie ungehorsam, nicht einmal seinen Traum erzähle es!
Sprach drauf der fremde König:
»Nun, darum zu schlagen lohnt nicht; doch wenn Ihr wollt, kaufe ich Euern Sohn, ich gebe hundert Gulden für ihn.«
Die Unterhandlung dauerte nicht lange, der Schuster-Knabe stieg auf den Wagen und fuhr zum Hofe des fremden Königs. Der hatte zu Hause eine Tochter, die war ebenso alt wie der Schuster-Knabe; sie spielten auch tagelang zusammen.
Einstmals nahm der König den Knaben vor:
»Komm her, erzähle, was du geträumt hattest!«
Der Schuster-Knabe machte sich aber auch nicht mehr daraus als bei seinem Vater.
»Wahrlich, das sage ich nicht, und wenn Ihr mich aufhängen lasst!«
»Nicht?!« sagte der König, »nun, das wirst du noch bereuen!«
Damit liess er die Maurer rufen, befahl ihnen, aus Stein ein Haus zu bauen, in dem gerade ein Mensch Platz habe, und den Schuster-Knaben einzumauern. Jene gehorchten, machten sich auf der Stelle ans Einmauern.
Hörte die Königstochter, des Schuster-Knaben Spielgefährtin, von der Sache; sie ging hin zu den Maurern und bat sie schön, sie sollten ihn nur so einmauern, dass ein Stein immer herausginge; denn sie liebte den Schuster-Knaben sehr. Und so geschah’s auch. Ein Stein ging immer aus der Mauer heraus; die Königstochter zog den heraus, wenn sie dem armen Schuster-Knaben Essen brachte.
Die Zeit verging; der Schuster-Knabe war schon sehr lange in der Mauer; die Königstochter war auch gross geworden; doch des Essentragens war sie noch nicht überdrüssig geworden.
Einstmals kommt zu ihnen der Sohn des Nachbarkönigs, des Königs Olenburis, und spricht also zum König:
»Morgen schicke ich hierher zu Euch drei Fohlen, ein einjähriges, ein zweijähriges und ein dreijähriges; wenn Ihr mir nicht von jedem sagen könnt, wie alt es ist, überziehe ich Euch mit Krieg!«
Darüber erschrak der König sehr; er wusste nicht, was tun. Kommt Mittag heran, trägt die Königstochter dem Schuster-Knaben das Essen hin; aber sie war sehr bekümmert. Das sah, wer Augen hatte, und der Schuster-Knabe merkte es auch.
»Mein süsses Lieb, schöne Prinzessin,« sprach er zu ihr, »wie kommt’s, dass du bisher immer so fröhlich das Essen brachtest und jetzt so traurig bist?«
»Ach, mein süsses Herz, mein schönes Lieb,« sagte das Mädchen, »du kannst nichts dabei helfen!«
»Warum denn nicht, vielleicht doch!« redete der Schuster-Knabe ihr zu.
»Also der Sohn des Königs Olenburis ist zu uns gekommen, dass ihn das Feuer fresse! und sagte meinem Vater, drei Fohlen schicke er her; wenn sie nicht zu sagen wüssten, welches das ein-, zwei- und dreijährige wäre, dann wehe unserm Leben, dann würde er uns mit Krieg überziehen!«
»Na, das ist noch nicht schlimm!« sagte der Schuster-Knabe. »Stellt auf dem Hof drei Tröge auf; in den einen tut vorjährigen Hafer, in den zweiten zweijährigen, in den dritten dreijährigen. Welches Fohlen aus einem der Tröge frisst, ist ebenso viele Jahre alt wie der Hafer darin. Doch lass deinen Vater ja nicht wissen, mein süsses Herz, mein schönes Lieb, dass ich dir diesen Rat gegeben habe; sprich, als ob du das ganze geträumt hättest.«
So geschah’s auch. Das Mädchen erzählte voller Freude, was ihr geträumt habe. Und da, war auch Freude über Freude.
Sie stellten sogleich die Tröge hinaus, schütteten in jeden andern Hafer und erwarteten den Sohn des Königs Olenburis mit den Fohlen. Er kam auch bald, führte die wunderschönen drei braunen Fohlen mit sich. Wie sie den Hafer erblickten, war kein Halten mehr, sie gingen schnurstracks auf die Tröge los. Das einjährige Fohlen los auf den vorjährigen Hafer, das zweijährige auf den zweijährigen, das dreijährige auf den dreijährigen. Der König wies nun aber dem Sohn des Königs Olenburis, dies ist so alt und das so alt! Und so war’s auch richtig; denn alle waren so alt, wie er gesagt hatte. Da sprach der Sohn des Königs Olenburis:
»Dein Glück, dass du das erraten hast! Doch morgen werde ich einen Stock schicken, wenn du nicht sagen kannst, welches Ende von der Wurzel und welches vom Wipfel stammt, überziehe ich dein Land mit Krieg!«
Da war wieder grosser Kummer. Die Königstochter bringt wieder das Essen, aber sie war geradeso traurig wie vordem. Spricht zu ihr der Schuster-Knabe:
»Mein süsses Herz, mein schönes Lieb, bist du schon wieder so traurig? Was drückt dich?«
»Ach, unser Kummer ist wieder gross,« sprach das Mädchen. »Der Sohn des Königs Olenburis sagte meinem Vater, er würde ihm einen Stock schicken; wenn er nicht zu sagen wisse, welches Ende von der Wurzel und welches vom Wipfel ist, würde er uns mit Krieg überziehen.«
»Na, das ist noch nicht schlimm!« sagte der Schuster-Knabe. »Nehmt einen Bottich, füllt ihn mit Wasser. Steckt den Stock ins Wasser; welches Ende schneller den Boden berührt, das ist das Wurzelende. Doch verrate mich deinem Vater nicht; denn es wäre aus mit mir, wüsste er, dass ich lebe. Sprich nur so, als ob du das auch geträumt hättest.«
Geht das Mädchen, erzählt ihrem Vater, was ihr geträumt habe. Der griff danach wie ein hungriges Huhn nach dem Rotz, er tat, wie seine Tochter gesagt hatte. Kam auch jetzt zum zweitenmal glücklich aus der Patsche.
Doch der Sohn des Königs Olenburis gab nicht Ruhe. Am dritten Tag schleuderte er eine zwölf Zentner schwere Keule in des Königs Hof; durch einen seiner Leute aber liess er künden, wenn nicht noch an diesem Tag während des Nachtmahls jemand sie zurückschleudere und ihm den Becher aus der Hand schiesse, wäre es aus mit dem ganzen Reich. Da gab’s aber jetzt einen Schreck! Der alte König kam schier von Sinnen, war ganz ausser sich. Wer sollte das jetzt vollbringen? Er alt und hilflos noch dazu!
Doch da war seine Tochter. Sie hatte gerade sehr traurig dem Schuster-Knaben das Nachtmahl gebracht, als er zu ihr gesprochen hatte:
»Ei, ei, mein schönes Herzlieb, was ist denn los, dass du wiederum so traurig bist?«
Da erzählte ihm das Mädchen, was der Sohn des Königs Olenburis hatte sagen lassen. Sprach der Schuster-Knabe:
»Das ist schon eine etwas schwierige Sache, aber wenn du geschickt bist, wird alles gut. Geh, erzähle deinem Vater alles, dass hier ein Bursche eingemauert sei, wenn er den herauslasse, würde er ihm das Reich retten.«
Das Mädchen gehorchte, ging hinein zu ihrem Vater, erzählte ihm alles der Reihe nach. Doch der König erinnerte sich kaum noch daran, so lange war’s schon her, seit er den Schuster-Knaben hatte einmauern lassen. Er sagte seiner Tochter:
»Na, gut, jener Bursche soll herausgelassen werden; doch wenn er nicht Wort hält, sterbe er zwei Tode!«
Mehr bedurfte der Bursche nicht, nur dass sie ihn hinausliessen! Er ging zu der Zwölfzentner-Keule hin, versuchte sie aufzuheben. Doch es gelang nicht sehr. Er raffte sich auf, ass sich ordentlich satt, und alsogleich wirbelte er sie auf seinem kleinen Finger wie die Frauen die Spindel. Als die Zeit des Nachtmahls herangekommen war, packte er sie und warf sie so auf des Königs Olenburis Haus, dass sogleich eine Mauer einstürzte. Dann zog er eine rostige Flinte vor, und gerade, als der Sohn des Königs Olenburis seinen Becher zum Munde führte, schoss er ihn ihm so aus der Hand, als ob er nicht dort gewesen wäre. Drauf sagte sogar der Sohn des Königs Olenburis, wer auch immer dem alten König zu Hilfe gekommen wäre, einen sichern Arm und ein gutes Auge müsse der wohl haben.
Der alte König war vor dem Krieg gerettet; er sah auch, was für ein schöner, wackerer Bursche dieser Schuster-Knabe war, dachte nicht weiter darüber nach, gab ihn mit seiner Tochter zusammen und schenkte ihm schnurstracks die Hälfte seines Reiches.
Kaum war die Hochzeit vorüber, etwa drei Tage danach, ging er zum Hofe des Schlangenkönigs, sich das elende Fohlen und den Sattel zu holen. Er fand es dort unter dem Torf, wie er es zugedeckt hatte. Er hatte drei Säcke Semmel und drei Eimer Wein mitgenommen, das gab er dem Fohlen zu essen und zu trinken. Als das kleine Pferd den letzten Schluck getan hatte, da rüttelte es sich, und aus ihm wurde solch ein goldhaariges Pferd, dass es auf der weiten Welt kein schöneres gab. Nun legte der Schuster-Knabe ihm den Sattel auf; doch kaum hatte der des Pferdes Rücken berührt, da wurde er so schön wie ein neuer. Dann schwang er sich auf das schöne Pferd und ritt heim in sein eigenes Reich.
Zu Hause wählte er etwa elf Burschen aus, die gerade so waren wie er, versah sie auch mit solchen Kleidern wie er hatte, gab jedem ein Pferd und machte sich auf, den Sohn des Königs Olenburis zu besuchen. Der war noch von früher her zornig auf ihn; denn er hatte erfahren, dass er die Zwölfzentnerkeule zurückgeschleudert hatte, und hatte sich vorgenommen, ihn zu verderben, wenn’s möglich wäre.
Ritten und ritten die elf Burschen mit dem Schuster-Knaben, langten bald am Ziel an. Im Tor erwartete sie der Sohn des Königs Olenburis. Als sie dort anlangten, sprach der Königssohn:
»Wer von euch ist der Schuster-Knabe? Er komme her!«
Ja freilich! aber sie hatten schon zusammen verabredet, dass niemand verraten sollte, wer von ihnen der Schuster-Knabe sei; er ging auch nicht selbst hin, denn der Sohn des Königs Olenburis hätte ihn auf der Stelle getötet. Der Königssohn sah, dass auch nicht ein einziger sich rückte und rührte; da liess er die Sache und lud sie ein, zur Nacht einzukehren und nicht draussen zu frieren.
Dort war eine Alte, die kam jeden Tag zum fegen an den Hof, die sprach zum Sohn des Königs Olenburis:
»Erlauchter Prinz, überlasse die Sache nur mir, ich werde schon herausbekommen, welcher der Schuster- Knabe ist. Abends werde ich mich im Zimmer verstecken, und wenn ich ihn erkannt habe, schneide ich eine Ecke von seinem Rockende ab; am andern Morgen kannst du ihn dann sehr leicht erkennen!«
So geschah’s auch. Die Alte stahl sich unter die Burschen, verbarg sich unter dem Bett; von da aus spähte sie nach dem Schuster-Knaben. Als sie erfahren hatte, welcher es war, nahm sie ihre Scheere und schnitt ein Stück von seinem Rock ab. Die Burschen ahnten auch noch nicht, dass der Hund im Garten war. Anderntags wie sie aufstehen und auch der Schuster- Knabe sich ankleidet, da sieht er, dass sein Rock gestutzt ist. Er fragt die andern, ob ihrer auch so wäre, doch natürlich waren ihre ganz unversehrt. Da wusste er gleich, was die Glocke geschlagen, er schnitt auch von den andern Röcken ein ebensolches Stück ab. Als der Sohn des Königs Olenburis sie ansah, war er starr, denn sie waren auch jetzt alle gleich. Er wurde darüber so zornig, dass er die Alte an einen Rossschweif binden liess, weil sie ihn so schimpflich hinters Licht geführt hatte.
Der Schuster-Knabe sah, dass hier wahrlich nicht viel für sie zu holen war; er zog heim und die elf Burschen auch. Unterwegs fand er ein schmieriges Hemd und eine schmierige Gatya, legte sie an und wurde davon noch siebenmal stärker.
So waren zwei Wochen verflossen; wer anders kommt da zum Besuch ins Haus des Schuster-Knaben als der Sohn des Königs Olenburis! Der Schuster- Knabe schlief gerade, als jener ankam, und die Prinzessin sass draussen auf der Bank. Sie war so schön, dass der Sohn des Königs Olenburis sie liebgewann. Er sprach zu ihr:
»Hör, mein schönes Herzlieb, ich bin dein, du bist mein! Jetzt schläft dein Mann, wie könnte ich ihm den Garaus machen?«
Die Prinzessin war mittlerweile auch anders geworden; sie liebte ihren Mann nicht sehr; sie sprach:
»Ich werde sein schmieriges Hemd und seine schmierige Gatya herausholen; wenn du die anlegst, wirst du siebenmal stärker werden und kannst ihm dann leicht den Garaus machen.«
So geschah’s auch. Sie brachte das schmierige Hemd und die schmierige Gatya heraus; der Sohn des Königs Olenburis legte sie an, nahm ein Schwert in die Hand und stellte sich beim Bett des Schuster-Knaben auf.
»Na, du Hund, wenn du so ruhmreich bist, so komm und messe dich mit mir!«
Davon erwachte der Schuster-Knabe. Er schaute sich um, doch er fand sein schmieriges Kleid nicht. Spricht er zum Sohne des Königs Olenburis:
»Jetzt kannst du mich töten, wenn du willst. Doch wenn du mich tötest, so hacke mich klein wie Wurstfleisch; dann binde das in einen Sack und hänge es meinem Pferd um den Hals.«
So geschah’s auch. Sie töteten den armen Schuster- Knaben, hackten ihn klein, banden sein Fleisch in einen Sack und hängten es seinem Pferde um den Hals. Das Pferd jagten sie davon, dass es ginge, wohin sein Auge sah.
Die Frau und des Olenburis Sohn taten sich zusammen und lebten miteinander.
Jedoch das goldhaarige Pferd war klug. Als sie es fortgejagt hatten, wandte es sich schnurstracks heim zum Hofe des Schlangenkönigs. Als es in den Hof trat, wusste der Schlangenkönig auf der Stelle, dass dort der arme Schuster-Knabe war. Er blies auf einer Pfeife. Auf den Pfeifenton wimmelte es nur so vor ihm von dem vielen Gewürm, und zuletzt kam die hundertfünfzigjährige Kröte.
»Hier bin ich, Herr!« sprach die Kröte, »womit kann ich dienen?«
»Löte diesen Leib zusammen!«
Machte sich die Kröte dran, eins – zwei hatte sie den Schusterknaben zusammengelötet. Und als der Atem geholt hatte, sagte er nur:
»Ach, wie fest habe ich geschlafen!«
»Jawohl,« sprach der Schlangenkönig; »ich hatte dir gesagt, du solltest jenes Pferd nicht mitnehmen, denn es bringt den Tod, und es hat auch den Tod gebracht, denn du warst so klein zerschnitten wie Mohn. Doch das Pferd gebe ich dir nicht wieder, denn es würde dir wieder schlecht mit ihm ergehen; geh, suche dir irgendwo einen Dienst. Damit du wieder etwas hast, gebe ich dir den Halfter, verschaffe dir ein Pferd dazu.«
Machte sich der arme Schuster-Knabe auf, allein für sich wie mein Finger. Unterwegs traf er einen Bettler. Er fragte ihn:
»Wohin gehst du, armer Bettler?«
»Ich gehe zum Markt, mein Herr!«
»Wo ist denn Markt?« fragte der Schuster-Knabe.
»Nun, beim Schwiegervater des Sohnes des Königs Olenburis, weisst du das denn nicht auch?«
»Das erfahre ich wirklich jetzt erst.«
Doch dem Schuster-Knaben kam ein Gedanke; er sprach zum Bettler:
»Hör, mein Freund! Wenn du auf das hörst, was ich dir sage, kann ein reicher Mann aus dir werden.«
Der Bettler war zu allem bereit.
»Weisst du was,« sagte der Schuster-Knabe, »hier ist dieser Halfter, wirf ihn mir über den Kopf, dann wird ein wunderschönes Pferd aus mir werden; aber fürchte dich nicht, sondern setze dich auf mich und führe mich zum Markte. Ich werde so lange springen, so lange schön tun, bis mich der Sohn des Königs Olenburis sieht. Der wird dann schon kommen und auf mich bieten. Wenn er nach dem Preis fragt, sag ihm nur: soviel Gold, wie zu beiden Seiten mir bis zum Rist reicht. Er wird mich sicher kaufen, das Geld aber soll alles dein sein.«
Jeder schaut auf das, was er versteht, der Bettler griff zu auf die schönen Worte hin. Er warf dem Schuster-Knaben den Halfter über den Kopf, da wurde aus ihm ein so schönes Pferd, dass man auf ihm einen Vogel hätte fangen können. Dann ritt der Bettler zum Markt. Das Pferd tänzelte, sprang, hob die Füsse, neigte den Hals im Bogen, und es währte nicht lange, da erblickte es auch der Sohn des Königs Olenburis. Er ging hin zum Bettler:
»Freund, was kostet das Pferd?«
»Soviel Gold, wie zu beiden Seiten ihm bis zum Rist reicht!« sagte der Bettler.
Gehandelt wurde garnicht; der Sohn des Königs Olenburis bezahlte es im selben Augenblick und führte das Pferd nach Hause.
Kaum war der Sohn des Königs Olenburis zu Hause angelangt, kaum war das schöne Pferd im Stall angebunden worden, sprach die Frau zu ihrem Mann:
»Höre, mein Sohn! Ich fürchte mich vor diesem Pferd; das ist der Schuster-Knabe, mein angetrauter Mann. Schaff ihn aus dem Wege, denn er sinnt nichts gutes!«
Die Frau dachte: lang geborgt ist nicht geschenkt; darum sprach sie so.
Beim Sohn des Königs Olenburis gehörte nicht viel dazu, dass ihm bange wurde; er liess das schöne Pferd sofort hinausführen und totschlagen.
Als der Bursche dem armen Schuster-Knaben – denn er war das Pferd – das Beil in die Stirn hieb, sprang ein Knochen aus dem Kopf, und anderntags war daraus ein herrlicher Birnbaum gewachsen. Birnen wie meine Faust hingen dran. Wie wenn ich sie jetzt noch sehe!
Anderntags sagten sie der Königin, ob sie schon das Neueste wisse: ein Birnbaum sei auf dem Hof gewachsen, und solche Birnen seien dran, dass man schon anfinge, von ihrer Schönheit zu reden. Die Königin wusste sofort: nun, der Schuster-Knabe ist nicht tot, ein Birnbaum ist aus ihm geworden. – Sie liess ihn in derselben Minute fällen. Der Baum wurde bis auf den letzten Span ins Feuer gebracht.
Eine Magd sammelte die Späne in einen Korb; schon hatte sie gerade den letzten ergriffen, da warf sie kurz entschlossen einen Splitter in den Weiher, und der verwandelte sich plötzlich in eine Goldente.
Die Königin starb fast vor Schreck, als sie das sah; denn sie hatte von ihrem Fenster alles gesehen, was die Magd gemacht hatte.
Sie ging zu ihrem Mann.
»Hört, wenn Ihr an Gott glaubt, so schafft schon einmal diesen Schuster-Knaben aus der Welt! Ich will nicht immer hier in Ängsten leben, wo der ist; schon ist er eine Goldente geworden; dort schwimmt er im Weiher.«
Der Sohn des Königs Olenburis ging zum Teich, kleidete sich am Ufer aus, legte auch das schmierige Hemd und die schmierige Gatya ab, dann heidi! hinein in den Teich nach der Ente, die er fast greifen konnte. Schon hatte er sie in der Hand, als die Ente untertauchte und geradewegs ans Ufer schwamm, zum schmierigen Hemd und zur schmierigen Gatya. Den Sohn des Königs Olenburis durchschauderte es:
»Nun, jetzt oder niemals ist’s aus mit mir!«
Die Goldente rüttelte sich, wurde der Schuster- Knabe aus ihr; er warf sich hurtig das schmierige Gewand um, dann sprach er zum Sohne des Königs Olenburis:
»Na, du Hund, du hast mich umgebracht, hast meine Gemahlin verführt, jetzt ist’s aus mit dir, komm heraus!«
Den Sohn des Königs Olenburis überlief Schauder über Schauder. Er stieg aus dem Wasser heraus und sprach zum Schuster-Knaben:
»Wenn du mich schon tötest, so hacke mich so klein wie Wurstfleisch, binde es in einen Sack und hänge ihn meinem Pferd um den Hals!«
Er glaubte, wenn sie ihn um den Hals des Pferdes hängen, würde er auch wieder aufleben so wie der Schuster-Knabe; aber weit gefehlt.
Der Schuster-Knabe zerhackte ihn, tat ihn in einen Sack, hing ihn dem Pferd um den Hals, aber so, dass er bis zum Boden herunterhing. Dann jagte er das Pferd von dannen. Trug ihn das Pferd, trug ihn, bis es ihn mitsamt dem Sack zertreten hatte. Und dann hielten die Hunde ihr Mittagsmahl daraus.
Die Königin wurde eine Bettlerin. Die Magd jedoch, die den Span ins Wasser geworfen hatte, heiratete der Schuster-Knabe; sie wurden König und Königin und wurden gar glücklich miteinander, und wenn sie seitdem nicht gestorben wären, so lebten sie vielleicht auch heute noch.
Aus ist’s gewesen, weiter ist’s nichts gewesen, vielleicht ist’s auch nicht wahr gewesen!
[Ungarn: Elisabet Róna-Sklarek: Ungarische Volksmärchen]