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Die Heirat mit der Hexe

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Ein Sohn sehr reicher Aeltern hatte sich in eine arme aber sehr schöne Dienstmagd von unbekannter Herkunft verliebt und trug ihr die Heirat an. Sie willigte ein, stellte ihm jedoch die Bedingung, dass er sie nie beim Kerzenlicht ansehen dürfe. Er gelobte diese Bedingung zu erfüllen und die Heirat ging vor sich. Seine Frau aber war eine Angane oder Hexe und er wusste es nicht; das that jedoch dem ehlichen Glücke und Frieden keinen Abbruch.
Nach einiger Zeit wurde er neugierig zu erfahren, warum ihm seine Frau verboten habe, sie beim Kerzenlichte zu besehen. In einer Nacht, als sie schlief, zündete er ein Licht an und sah ihr in’s Gesicht; da er aber mit der Kerze zu nahe kam, träufelte ihr ein wenig geschmolzenen Wachses auf die Wange und sie erwachte. Er blies das Licht schnell aus, sie aber weinte und schrie vor Zorn und machte ihm die heftigsten Vorwürfe, die er schweigend ertrug. Endlich schwieg auch sie wieder und er schlief ein.
Als er am Morgen erwachte, fand er seine Frau nicht mehr; neben dem Bette aber stand ein Paar Schuhe mit eisernen Sohlen. Darin lag ein Zettel mit den Worten: »Geh‘, bis diese Sohlen zerrissen sind und du wirst mich noch nicht finden!« Da ärgerte er sich gewaltig und schwor im Zorne nicht zu rasten, bevor er sie nicht gefunden hätte.
Er ging und kam nach einiger Zeit auf eine Anhöhe, von der er in ein kleines Thal niedersah. Dort sassen zwei Männer bei einem Haufen von Geräthschaften, welche sie unter sich vertheilten. Er sah ihnen eine Weile zu und bemerkte, dass sie heftig zu streiten anfingen. Da stieg er nieder und fragte, warum sie stritten. Der Eine erwiederte: »Es ist unser Vater gestorben und nun theilen wir uns in das Erbe. Da sind aber zwei wichtige Dinge, nämlich dieser Mantel, welcher denjenigen, der ihn anlegt, unsichtbar macht und dieser Stuhl: wer sich darauf setzt, darf nur wünschen, dass er da oder dort sei und er ist dort.« Dann aber fuhren die zwei Brüder fort unter sich zu zanken und konnten nicht einig werden. Da sagte er zu ihnen: »Hört, meine lieben Freunde, es thut mir weh, euch, die ihr doch Brüder seid, so zanken zu sehen. Lasst mir das Schiedsrichteramt und ich will’s euch beiden recht machen.« Dessen waren sie zufrieden; er aber sagte: »Vorerst glaube ich gar nicht, dass dieser alte Plunder eine so merkwürdige Eigenschaft haben soll, ich möcht‘ es doch mit dem Mantel versuchen.« Da legte er den Mantel um und fragte: »Seht ihr mich?« »Nein«, riefen sie – aber sie hatten es noch kaum gerufen, da sass er mit dem Wunsche zu seiner Frau zu kommen, schon auf dem Stuhle und flog davon wie der Wind. »Kehr‘ um! kehr‘ um!« riefen die beiden Brüder voll Schrecken, aber er war schon zu weit weg und hörte ihren Ruf nicht mehr.
In kurzer Zeit befand er sich vor einem grossen Schlosse; es war Nacht, das Schloss aber war auf das Prächtigste beleuchtet, aus den Zimmern erscholl Musik und es wurde ihm klar, dass da ein grosses Fest gefeiert werde. Er nahm den Mantel ab und liess ihn unten auf dem Stuhle zurück; dann ging er über die Stiege hinauf und wollte eintreten, aber der Pförtner wies ihn zurück. »Was ist denn dies für ein Fest?« fragte er. »Mein Herr hält morgen Hochzeit mit einer schönen Braut«, sagte der Pförtner, »er hat heute abends alle seine Freunde eingeladen und es geht fröhlich zu. Aber so ein hergelaufener Kerl, wie Ihr, darf nicht hinein; seht zu, dass Ihr weiter kommt!«
Nun wusste er genug. »Da bist du noch gerade zu rechter Zeit gekommen,« sagte er zu sich selbst und ging wieder über die Stiege herab. Unten legte er sich den Mantel um, ergriff einen Besen und ging wieder hinauf. Da stand noch der Pförtner an der Thüre, er aber schlug ihn mit dem Besen so auf den Kopf, dass der arme Mann schreiend entfloh. Sodann ging er in den Tanzsaal und sah da seine Frau am Arme ihres neuen Bräutigams unter einer Menge vornehmer Herrn und festlich gekleideter Damen. Er sah eine Weile zu; dann aber schlug er mit dem Besen bald auf seine Frau, bald auf ihren Bräutigam. Da entstand grosser Schrecken; sie liefen alle den Thüren zu und warfen im Gedränge Tische und Stühle um. Auch seine Frau wollte fliehen, er aber hielt sie am Kleide fest, bis alle fort waren; dann sagte er: »Kennst du mich?« Zitternd erwiederte sie: »Ich sehe ja nichts, aber deine Stimme scheint die meines rechten Herrn und Gemals zu sein.« Da nahm er den Mantel ab, sie erkannte ihn und warf sich um Verzeihung flehend vor ihm nieder. »Willst du wieder meine Frau sein und getreulich bei mir bleiben?« fragte er sie. Sie versprach es, dann nahm er den Mantel wieder um, führte sie über die Stiege herab und setzte sich mit ihr auf den Stuhl. In kurzer Zeit waren sie wieder zu Hause und lebten nun in Frieden und Eintracht miteinander. Stuhl und Mantel aber stellte er den Eigenthümern wieder zurück; »denn«, dachte er sich, »es ist doch nicht Recht, dass ich sie behalte.« –

[Italien: Christian Schneller: Märchen und Sagen aus Wälschtirol]

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