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Es war einmal ein Mann, dem war seine Frau gestorben, und er hatte nur ein kleines Mädchen, das hieß Maria.
Maria ging in die Schule zu einer Frau, bei der sie nähen und stricken lernte. Wenn sie nun Abends nach Hause ging, sagte ihr die Frau immer: »Grüße auch deinen Vater recht schön von mir.« Und weil sie ihn so freundlich grüßen ließ, so dachte der Mann: »Das wäre eine Frau für mich,« und heirathete die Frau. Als sie aber verheirathet waren, wurde die Frau recht unfreundlich gegen die arme Maria, denn so sind die Stiefmütter von jeher gewesen, und konnte sie zuletzt gar nicht mehr leiden. Da sagte sie zu ihrem Mann: »Das Mädchen ißt uns so viel Brod, wir müssen sie los werden.« Aber der Mann sagte: »Tödten will ich mein Kind nicht!« Da sprach die Frau: »Nimm sie morgen mit auf’s Feld, und laß sie dort alleine stehen, daß sie den Weg nach Hause nicht mehr findet.«
Den andern Tag rief der Mann seine Tochter und sagte zu ihr: »Wir wollen über Land gehen und unser Essen mitnehmen.« Da nahm er einen großen Laib Brod mit, und sie machten sich auf den Weg. Maria aber war schlau, und hatte sich die Taschen mit Kleie angefüllt. Wie sie nun hinter dem Vater herging, warf sie von Zeit zu Zeit ein Häufchen Kleie auf den Weg. Als sie viele Stunden weit gegangen waren, kamen sie an einen steilen Abhang; da ließ der Mann einen Laib Brod hinunter fallen, und rief: »Ach, Maria, das Brod ist hinuntergefallen!« – »Vater,« sprach Maria, »ich will hinunter steigen und es holen.« Da ging sie den Abhang hinunter und holte das Brod; als sie aber wieder herauf kam, war der Mann fortgegangen und Maria war allein. Da sing sie an zu weinen, denn sie war sehr weit weg von Haus, an einem ganz fremden Ort. Als sie aber an die Häufchen Kleie dachte, faßte sie wieder Muth, und indem sie immer der Kleie nachging, kam sie endlich spät in der Nacht wieder nach Haus. »Ach, Vater!« sprach sie, »warum habt ihr mich allein gelassen?« Der Mann tröstete sie und sprach so lange bis er sie beruhigt hatte. Die Stiefmutter aber war sehr zornig, daß Maria den Weg zurück gefunden hatte, und nach einiger Zeit sagte sie wieder zu ihrem Mann, er solle Maria über Land führen, und sie dann im Wald allein lassen. Den nächsten Morgen rief der Mann wieder seine Tochter, und sie machten sich auf den Weg. Der Vater trug wieder einen Laib Brod, Maria aber vergaß Kleie mitzunehmen. Als sie nun im Walde waren, an einem noch tieferen und steileren Abhang, ließ der Vater wieder das Brod fallen, und Maria mußte hinuntersteigen es zu holen. Als sie aber wieder herauf kam, war der Mann fortgegangen und sie war allein. Da fing sie an bitterlich zu weinen und lief lange umher, aber sie gerieth nur tiefer in den dunkeln Wald. Es wurde Abend, da sah sie auf einmal ein Licht, und als sie darauf zuging, kam sie an ein Häuschen, darin war ein Tisch gedeckt und es standen sieben Betten darin; Menschen waren aber keine da. Das Haus gehörte aber sieben Räubern. Da versteckte sich Maria hinter einen Backtrog und bald kamen die Räuber nach Haus. Sie aßen und tranken, und legten sich dann zu Bett. Den nächsten Morgen zogen sie aus, ließen aber den jüngsten Bruder da, damit er das Essen koche, und das Haus rein mache. Als sie fort waren, ging der jüngste Bruder auch fort, um Einkäufe zu machen. Da kam Maria hinter dem Backtrog heraus, und räumte das ganze Haus auf, kehrte die Stube und zuletzt setzte sie den Kessel auf’s Feuer um die Bohnen zu kochen. Dann versteckte sie sich wieder hinter den Backtrog. Als der jüngste Räuber nach Hause kam, war er sehr erstaunt. Alles so sauber zu finden, und als seine Brüder kamen, erzählte er, was ihm begegnet sei. Die waren alle sehr verwundert, und konnten sich gar nicht denken, wie es zugegangen sei. Den nächsten Tag blieb nun der zweite Bruder zurück. Er that, als ob er auch fortginge, kam aber gleich zurück, und sah Maria, die wieder hervorgekommen war, um das Haus in Ordnung zu bringen. Maria erschrak sehr, als sie den Räuber erblickte; »ach,« bat sie, »tödtet mich nicht, um Gotteswillen!« »Wer bist du denn?« frug der Räuber. Da erzählte sie ihm von ihrer bösen Stiefmutter, und wie ihr Vater sie im Wald verlassen habe, und wie sie seit zwei Tagen hinter dem Backtrog versteckt gewesen sei. »Du mußt keine Angst vor uns haben,« sagte der Räuber. »Bleibe bei uns, sei unsere Schwester, und koche, nähe und wasche für uns.« Als die anderen Brüder nach Hause kamen, waren sie es zufrieden, und so blieb denn Maria bei den sieben Räubern, führte ihnen das Hauswesen und war immer still und fleißig. Eines Tags, als sie am Fenster saß und nähte, kam eine arme Frau vorbei, und bat sie um ein Almosen. »Ach!« sprach Maria, »ich habe nicht viel, denn ich bin selbst ein armes, unglückliches Mädchen; aber was ich habe, will ich euch geben.« »Warum bist du denn so unglücklich?« frug das Bettelweib. Da erzählte ihr Maria, wie sie von Hause fort und dahin gekommen sei. Die arme Frau ging hin, und erzählte der bösen Stiefmutter, daß Maria noch lebe. Als die Stiefmutter das hörte, war sie sehr zornig, und gab der Bettlerin einen Ring, den solle sie der armen Maria bringen. Der Ring aber war ein Zauberring. Nach 8 Tagen kam also die arme Frau wieder zu Maria, um sich ein Almosen zu holen, und als Maria ihr etwas gab, sprach sie: »Siehe, mein Kind, da habe ich einen schönen Ring; weil du so gut gegen mich bist, so will ich ihn dir schenken.« Maria nahm arglos den Ring, aber als sie ihn an den Finger steckte, fiel sie todt hin. Als nun die Räuber nach Hause kamen, und Maria am Boden fanden, waren sie sehr betrübt, und weinten bitterlich um sie. Dann machten sie einen schönen Sarg, legten Maria hinein, nachdem sie ihr die schönsten Schmucksachen angelegt hatten, legten auch noch viel Gold hinein, und setzten den Sarg auf einen mit Ochsen bespannten Karren. Damit fuhren sie in die Stadt. Als sie an das Schloß des Königs kamen, sahen sie, daß die Thür zum Stall weit offen stand. Da trieben sie die Ochsen an, daß sie den Karren in den Stall fuhren. Darüber wurden die Pferde unruhig, und fingen an sich zu bäumen und Lärm zu machen. Als der König den Lärm hörte, schickte er hinunter und ließ seinen Stallmeister fragen, was geschehen sei. Der Stallmeister antwortete, es sei ein Karren in den Stall gekommen und Niemand dabei, und auf dem Karren liege ein schöner Sarg. Da befahl der König, man solle den Sarg in sein Zimmer bringen und ließ ihn dort aufmachen. Als er aber das schöne todte Mädchen darin erblickte, fing er an bitterlich zu weinen, und konnte sich gar nicht davon trennen. Da ließ er vier große Wachskerzen bringen, und ließ sie an die vier Ecken des Sarges stellen und anzünden; dann schickte er alle Leute aus dem Zimmer, verriegelte die Thür, fiel neben dem Sarg auf die Kniee und vergoß heiße Thränen. Als es Zeit zum Essen war, schickte seine Mutter zu ihm, er solle kommen. Er antwortete aber nicht einmal, sondern weinte nur immer heftiger. Da kam die alte Königin selbst und klopfte an die Thür, und bat ihn doch aufzumachen, er aber antwortete nicht. Da schaute sie durch das Schlüsselloch, und als sie sah, daß ihr Sohn neben einer Leiche kniete, ließ sie die Thür aufbrechen. Aber als sie das schöne Mädchen erblickte, wurde sie selbst ganz gerührt, und beugte sich über Maria und nahm ihre Hand. Wie sie nun den schönen Ring sah, dachte sie, es wäre doch schade, den mitbegraben zu lassen und streifte ihn ab. Da wurde mit einem Mal die todte Maria wieder lebendig, und der junge König war hoch erfreut und sprach zu seiner Mutter: »Dieses Mädchen soll meine Gemahlin sein!« Da antwortete die alte Königin: »Ja, so soll es sein!« und umarmte Maria. Da wurde Maria die Frau des Königs, und Königin, und sie lebten herrlich und in Freuden bis an ihr glückliches Ende.
Maria ging in die Schule zu einer Frau, bei der sie nähen und stricken lernte. Wenn sie nun Abends nach Hause ging, sagte ihr die Frau immer: »Grüße auch deinen Vater recht schön von mir.« Und weil sie ihn so freundlich grüßen ließ, so dachte der Mann: »Das wäre eine Frau für mich,« und heirathete die Frau. Als sie aber verheirathet waren, wurde die Frau recht unfreundlich gegen die arme Maria, denn so sind die Stiefmütter von jeher gewesen, und konnte sie zuletzt gar nicht mehr leiden. Da sagte sie zu ihrem Mann: »Das Mädchen ißt uns so viel Brod, wir müssen sie los werden.« Aber der Mann sagte: »Tödten will ich mein Kind nicht!« Da sprach die Frau: »Nimm sie morgen mit auf’s Feld, und laß sie dort alleine stehen, daß sie den Weg nach Hause nicht mehr findet.«
Den andern Tag rief der Mann seine Tochter und sagte zu ihr: »Wir wollen über Land gehen und unser Essen mitnehmen.« Da nahm er einen großen Laib Brod mit, und sie machten sich auf den Weg. Maria aber war schlau, und hatte sich die Taschen mit Kleie angefüllt. Wie sie nun hinter dem Vater herging, warf sie von Zeit zu Zeit ein Häufchen Kleie auf den Weg. Als sie viele Stunden weit gegangen waren, kamen sie an einen steilen Abhang; da ließ der Mann einen Laib Brod hinunter fallen, und rief: »Ach, Maria, das Brod ist hinuntergefallen!« – »Vater,« sprach Maria, »ich will hinunter steigen und es holen.« Da ging sie den Abhang hinunter und holte das Brod; als sie aber wieder herauf kam, war der Mann fortgegangen und Maria war allein. Da sing sie an zu weinen, denn sie war sehr weit weg von Haus, an einem ganz fremden Ort. Als sie aber an die Häufchen Kleie dachte, faßte sie wieder Muth, und indem sie immer der Kleie nachging, kam sie endlich spät in der Nacht wieder nach Haus. »Ach, Vater!« sprach sie, »warum habt ihr mich allein gelassen?« Der Mann tröstete sie und sprach so lange bis er sie beruhigt hatte. Die Stiefmutter aber war sehr zornig, daß Maria den Weg zurück gefunden hatte, und nach einiger Zeit sagte sie wieder zu ihrem Mann, er solle Maria über Land führen, und sie dann im Wald allein lassen. Den nächsten Morgen rief der Mann wieder seine Tochter, und sie machten sich auf den Weg. Der Vater trug wieder einen Laib Brod, Maria aber vergaß Kleie mitzunehmen. Als sie nun im Walde waren, an einem noch tieferen und steileren Abhang, ließ der Vater wieder das Brod fallen, und Maria mußte hinuntersteigen es zu holen. Als sie aber wieder herauf kam, war der Mann fortgegangen und sie war allein. Da fing sie an bitterlich zu weinen und lief lange umher, aber sie gerieth nur tiefer in den dunkeln Wald. Es wurde Abend, da sah sie auf einmal ein Licht, und als sie darauf zuging, kam sie an ein Häuschen, darin war ein Tisch gedeckt und es standen sieben Betten darin; Menschen waren aber keine da. Das Haus gehörte aber sieben Räubern. Da versteckte sich Maria hinter einen Backtrog und bald kamen die Räuber nach Haus. Sie aßen und tranken, und legten sich dann zu Bett. Den nächsten Morgen zogen sie aus, ließen aber den jüngsten Bruder da, damit er das Essen koche, und das Haus rein mache. Als sie fort waren, ging der jüngste Bruder auch fort, um Einkäufe zu machen. Da kam Maria hinter dem Backtrog heraus, und räumte das ganze Haus auf, kehrte die Stube und zuletzt setzte sie den Kessel auf’s Feuer um die Bohnen zu kochen. Dann versteckte sie sich wieder hinter den Backtrog. Als der jüngste Räuber nach Hause kam, war er sehr erstaunt. Alles so sauber zu finden, und als seine Brüder kamen, erzählte er, was ihm begegnet sei. Die waren alle sehr verwundert, und konnten sich gar nicht denken, wie es zugegangen sei. Den nächsten Tag blieb nun der zweite Bruder zurück. Er that, als ob er auch fortginge, kam aber gleich zurück, und sah Maria, die wieder hervorgekommen war, um das Haus in Ordnung zu bringen. Maria erschrak sehr, als sie den Räuber erblickte; »ach,« bat sie, »tödtet mich nicht, um Gotteswillen!« »Wer bist du denn?« frug der Räuber. Da erzählte sie ihm von ihrer bösen Stiefmutter, und wie ihr Vater sie im Wald verlassen habe, und wie sie seit zwei Tagen hinter dem Backtrog versteckt gewesen sei. »Du mußt keine Angst vor uns haben,« sagte der Räuber. »Bleibe bei uns, sei unsere Schwester, und koche, nähe und wasche für uns.« Als die anderen Brüder nach Hause kamen, waren sie es zufrieden, und so blieb denn Maria bei den sieben Räubern, führte ihnen das Hauswesen und war immer still und fleißig. Eines Tags, als sie am Fenster saß und nähte, kam eine arme Frau vorbei, und bat sie um ein Almosen. »Ach!« sprach Maria, »ich habe nicht viel, denn ich bin selbst ein armes, unglückliches Mädchen; aber was ich habe, will ich euch geben.« »Warum bist du denn so unglücklich?« frug das Bettelweib. Da erzählte ihr Maria, wie sie von Hause fort und dahin gekommen sei. Die arme Frau ging hin, und erzählte der bösen Stiefmutter, daß Maria noch lebe. Als die Stiefmutter das hörte, war sie sehr zornig, und gab der Bettlerin einen Ring, den solle sie der armen Maria bringen. Der Ring aber war ein Zauberring. Nach 8 Tagen kam also die arme Frau wieder zu Maria, um sich ein Almosen zu holen, und als Maria ihr etwas gab, sprach sie: »Siehe, mein Kind, da habe ich einen schönen Ring; weil du so gut gegen mich bist, so will ich ihn dir schenken.« Maria nahm arglos den Ring, aber als sie ihn an den Finger steckte, fiel sie todt hin. Als nun die Räuber nach Hause kamen, und Maria am Boden fanden, waren sie sehr betrübt, und weinten bitterlich um sie. Dann machten sie einen schönen Sarg, legten Maria hinein, nachdem sie ihr die schönsten Schmucksachen angelegt hatten, legten auch noch viel Gold hinein, und setzten den Sarg auf einen mit Ochsen bespannten Karren. Damit fuhren sie in die Stadt. Als sie an das Schloß des Königs kamen, sahen sie, daß die Thür zum Stall weit offen stand. Da trieben sie die Ochsen an, daß sie den Karren in den Stall fuhren. Darüber wurden die Pferde unruhig, und fingen an sich zu bäumen und Lärm zu machen. Als der König den Lärm hörte, schickte er hinunter und ließ seinen Stallmeister fragen, was geschehen sei. Der Stallmeister antwortete, es sei ein Karren in den Stall gekommen und Niemand dabei, und auf dem Karren liege ein schöner Sarg. Da befahl der König, man solle den Sarg in sein Zimmer bringen und ließ ihn dort aufmachen. Als er aber das schöne todte Mädchen darin erblickte, fing er an bitterlich zu weinen, und konnte sich gar nicht davon trennen. Da ließ er vier große Wachskerzen bringen, und ließ sie an die vier Ecken des Sarges stellen und anzünden; dann schickte er alle Leute aus dem Zimmer, verriegelte die Thür, fiel neben dem Sarg auf die Kniee und vergoß heiße Thränen. Als es Zeit zum Essen war, schickte seine Mutter zu ihm, er solle kommen. Er antwortete aber nicht einmal, sondern weinte nur immer heftiger. Da kam die alte Königin selbst und klopfte an die Thür, und bat ihn doch aufzumachen, er aber antwortete nicht. Da schaute sie durch das Schlüsselloch, und als sie sah, daß ihr Sohn neben einer Leiche kniete, ließ sie die Thür aufbrechen. Aber als sie das schöne Mädchen erblickte, wurde sie selbst ganz gerührt, und beugte sich über Maria und nahm ihre Hand. Wie sie nun den schönen Ring sah, dachte sie, es wäre doch schade, den mitbegraben zu lassen und streifte ihn ab. Da wurde mit einem Mal die todte Maria wieder lebendig, und der junge König war hoch erfreut und sprach zu seiner Mutter: »Dieses Mädchen soll meine Gemahlin sein!« Da antwortete die alte Königin: »Ja, so soll es sein!« und umarmte Maria. Da wurde Maria die Frau des Königs, und Königin, und sie lebten herrlich und in Freuden bis an ihr glückliches Ende.
[Italien: Laura Gonzenbach: Sicilianische Märchen]