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Wo war’s, wo war’s nicht, es war auf der Welt ein Paar. Die hatten einen Sohn. Sie nannten ihn Rosa. Und weil sie sehr arm waren, musste Rosa fortgehen in einen Dienst.
Wie er ging und wanderte, fand er ein Kreuz am Wege. Vor dem kniete er hin, bat Gott, er möchte ihm auf seinem Wege beistehen, möchte ihm Glück verleihen.
Als er sich dort ordentlich ausgebetet hatte, machte er sich auf, in die weite Welt hinein, ins Ungewisse.
Er mochte schon eine Weile gewandert sein, als er am Rande eines Waldes ein Schloss traf. Er wollte hineingehen, doch die Türen waren verschlossen; es ging nicht. Er schaute sich nach allen Seiten um, ob er vielleicht jemanden auf dem Hof erblicken würde. Doch traun, da war keine Menschenseele.
Auf einmal gewahrte er neben der Tür eine Glocke. Er zögerte nicht lange, zog sie an. Auf den Glockenton hin kam ein grosser Teufel heraus, Plutodromo, denn das war nämlich des Teufels Schloss.
»Was suchst du hier, he?«
»Gott zum Grusse! Ich bin nämlich gekommen, einen Dienst zu suchen, wenn ich einen finden könnte,« sagte Rosa zum Plutodromo.
»Gut, du kannst bei mir bleiben; ich nehme dich an. Drei Tage hat das Jahr. Wenn du es bestehst, bekommst du auch Lohn,« sagte der Teufel.
Von hundert Worten ist eins auch das letzte: Rosa trat beim Teufel in Dienst.
Jener Teufel hatte eine Tochter, die hiess Viola. Ein schönes, wirklich schönes Mädchen war sie; nur das war schade bei ihr, dass sie immer in einem besudelten-beschmudelten Kleide herumging. Diesem Mädchen gefiel Rosa sehr; und Rosa konnte auch nichts weiter dagegen sagen, denn er hatte Viola auch beim ersten Anblick lieb gewonnen. Und noch am selben Tage abends redete jene Viola Rosa an:
»Hör, du Rosa, weisst du, was mein Vater mit dir vorhat? Er hat drei Tatoschpferde; die wird er dir in Hut geben. Du sollst sie auf eine grosse Goldwiese hinaus führen. Dann wird er dir eine grosse, hundert Zentner schwere Eisenstange geben, die du nicht einmal aufheben kannst; damit sollst du die Pferde in Zucht halten. Du siehst schon, das wird kein gutes Ende mit dir nehmen. Aber hör auf mein Wort, und es wird sich alles zum Guten wenden. Morgen in der Frühe rufe mich, hörst du? Doch vergiss es nicht!«
Rosa wurde es leichter ums Herz, dass Viola ihm so gut zuredete und ihm zu helfen versprochen hatte.
Er legte sich nieder, doch schlafen konnte er nicht, er dachte an den morgigen Tag. Kaum war anderntags die Dämmerung angebrochen, da erhob er sich und ging hinaus auf den Hof.
Der Teufel erwartete ihn schon. Er sprach zu Rosa:
»Na, komm mit mir in den Stall; ich werde dir die drei Pferde zeigen, die ich dir in Hut gebe.«
Damit gingen sie in den Stall.
»Siehst du, hier sind die drei wilden Fohlen und diese Eisenstange; wenn du sie damit so zähmst, dass sie werden wie die Lämmer, dann werde ich mit dir zufrieden sein.«
Rosa beschaute die Eisenstange; doch das Blut erstarrte ihm, als er sah, wie gross sie war. In der Hast konnte er garnichts anderes denken als: wer könnte diese Stange in die Höhe heben! solch einen Menschen gibt es ja garnicht!
Als der Teufel ihm die Tagesarbeit aufgegeben hatte, ging er ins Haus. Sowie die Tür zugeklappt war, trat gleich Viola herzu.
Rosa war da ganz verraten und verkauft, denn er konnte die Stange durchaus nicht bewegen.
»Viola, Viola, was soll ich tun? Ich kann das nicht bestehen!«
Entgegnete ihm Viola: »Komm her, küsse meine linke Hand!«
Rosa tat’s.
»Na, jetzt probier’s mit der Stange!«
Rosa konnte schon den grossen Eisenstab rücken.
»Na, komm, jetzt küsse meine rechte Hand!«
Rosa küsste sie. Die Stange konnte er schon hochheben.
»Komm, küsse meine eine Wange!«
Alles ging Rosa ganz nach Wunsch. Er küsste des Mädchens Antlitz; die Eisenstange konnte er schon mit einer Hand tragen.
»Küsse die andere auch!« sprach Viola. Und jetzt spielte Rosa nur so mit der Stange, wie wenn’s eine Peitsche geworden wäre.
Dann ging Viola wieder hinein, dass sie drinnen nichts merkten. Und Rosa ging frohen Muts in den Stall, stieg zu Pferde und trieb sie auf die Goldwiese.
Dort draussen schlug er die Pferde so mit der Eisenstange, dass kaum mehr Leben in ihnen war. Und abends kamen sie fast halbtot heim.
Der Teufel und seine Frau erwarteten Rosa mit den Pferden im Tor. »Ob er sie wohl heimbringen wird?« Sie nahmen fast sicher an, dass Rosa mit den Pferden nicht fertig werden würde.
Plötzlich sehen sie, wie die drei wilden Fohlen daher kommen, so zum Umsinken, als ob sie schon auf dem letzten Loch pfiffen, und Rosa wirklich ganz obenauf wie nur einer, schlägt einem nach dem andern mit der Eisenstange eins auf.
Der Teufel und seine Frau schäumten vor Wut, dass sie ihre Pferde so hatten zu Grunde richten lassen. Doch sie konnten nichts machen.
Rosa band die Pferde an; dann ging er hinein zum Nachtmahl. Während des Nachtmahls schlich Viola zu ihm hinaus und sagte ihm: »Morgen mache es ebenso wie heute; dann wird dir kein Leid geschehen.«
Rosa war so guten Muts, dass er fast die halbe Nacht pfiff und sang.
Morgens, als er aufgestanden war, trug ihm der Teufel Plutodromo wieder auf, die drei wilden Fohlen auf die Goldwiese hinauszuführen, dort sollte er sie den ganzen Tag weiden. Und mit der Eisenstange sollte er sie zähmen.
Rosa schüttelte nur den Kopf »hm, hm, wird gemacht, gut.« Aber er wartete nur drauf, dass der Teufel hineinging. Viola lauerte schon dort beim Fenster. Als sie sah, dass ihr Vater hineingegangen war, huschte sie hinaus zu Rosa.
»Rosa, komm, küsse meine eine Hand!«
Rosa konnte gleich wieder die Stange bewegen.
»Meine andere Hand!«
Rosa konnte sie schon wieder aufheben.
»Küsse meine eine Wange!« – »Die andere!«
Kurz und gut, Rosa konnte wieder so mit ihr spielen wie am Tage vorher.
Dann ging er in den Stall, führte die Pferde auf die Goldwiese. Mit der Eisenstange streichelte er sie so, dass sie schier zusammenbrachen. Auch gegen Abend, als er heimgekommen war, patschte er sie zum Schluss noch alle drei auf den Bug vor des Teufels Augen.
Dem Teufel barst schier das Herz, als er sah, dass dieser Rosa seine Töchter – denn die drei wilden Fohlen waren seine Töchter – so zu Grunde richtete. Die drei Fohlen waren so gemartert worden, dass kaum noch Leben in ihnen war.
Auch seine Frau sagte ihm: »Gib sie ihm am dritten Tag nicht mehr in die Hand; gib ihm lieber eine andere Arbeit, denn von unsern Töchtern bleibt keine am Leben, wie der sie mit der Eisenstange vornimmt.«
Der Teufel trug Rosa auch nicht mehr auf, die Pferde zu weiden. Als er anderntags in der Frühe vor ihm stand, sagte er ihm, er habe zwei Schlösser, zwischen den beiden Schlössern sei ein Teich; wenn er zwischen den beiden Schlössern eine Brücke machen könnte, aus Gold, so könnte er begehren, was er wollte, und damit sei dann das Jahr zu Ende.
Rosa vollbrachte das auch mit Violas Hilfe. Ja, aber wie denn? Ich weiss es nicht, ich hab’s nicht gesehen, denn ich habe just zu der Zeit im Schuppen geschlafen; kurz und gut, Rosa war in einem Tage auch damit fertig.
Da sagte ihm der Teufel Plutodromo: »Hier die vielen Schätze, du kannst nehmen, so viel du brauchst; dein Jahr ist um.«
Doch Viola flüsterte Rosa heimlich zu, er solle sich keinesfalls mit dem Geld oder etwas einlassen; am besten wär’s, wenn sie entflöhen, denn hier würde es kein gutes Ende nehmen. Am besten wär’s, wenn er jenes Fohlen fortführte, das am Ende des Stalles faul da liegt; das könnte sie auch in eine Peitsche verwandeln; wenn sie sich draufsetzten, könnten sie fort, soweit das Auge sieht!
So geschah’s auch. Anderntags in der Dämmerung setzen sich Rosa und Viola auf das Pferd, eilen schnell von dannen, fliegen wie ein Vogel.
Wie sie fliegen, wie sie fliegen, fühlt Viola, dass ihr Antlitz brennt. Spricht sie zu Rosa:
»Hör, mein Gesicht brennt! Sicher haben sie gemerkt, dass wir fortgelaufen sind; jetzt kommen sie hinter uns her!«
Rosa schaute zurück, und wirklich kam des Teufels Frau.
»Schnell! Werde du zu einer Kirche und ich zum Eremiten! Und wenn sie fragt, ob wir nicht so und so ein junges Paar hier vorbeigehen sahen, sprich, vor dreihundert Jahre sei diese Kirche erbaut, seitdem hätten wir niemanden gesehen.«
So geschah’s auch. Rosa wurde zur Kirche und Viola zum Eremiten. Kam des Teufels Frau. Sie sprach zum Eremiten:
»Sagt, mein Lieber, habt Ihr nicht einen jungen Mann und ein Mädchen vorbeigehen sehen? So und so sahen sie aus.«
Drauf antwortete der Eremit: »Schon dreihundert Jahre sind’s, seit die Kirche hier steht und ich auch hier bin; doch seitdem sah ich niemanden vorübergehen.«
Die alte Frau musste umkehren, ob sie wollte, ob nicht. Vergebens war sie gegangen; sie hatte niemanden erwischt.
Die Kirche verwandelte sich danach wieder in Rosa zurück und der Eremit in Viola, und sie zogen weiter. Das Pferd lief mit ihnen, wie es nur konnte; es schonte seine Beine nicht. Plötzlich brannte Violas andere Wange auch.
»Schau nur zurück; sie kommen wieder hinter uns her!«
Wahrhaftig, des Teufels Frau hatte sie zu Hause erspäht, sie hatte gesehen, wie sie gingen, sie rannte ihnen wiederum nach.
Sogleich wurde Rosa zu einer Schenke und Viola zum Wirt, mitten in einer grossen Puszta.
Die Teufelin wunderte sich sehr, dass sie sie so schnell aus den Augen verloren hatte. Sie ging zum Wirt hin:
»Sagt, mein Lieber, könnt Ihr mir nicht sagen, ob hier ein junger Mann und ein Mädchen vorüber gegangen sind?«
Erwiderte drauf der Wirt: »Ja, gewiss, Liebchen!«
»Und wann denn?«
»Das werden wohl schon fünfzig Jahre her sein, als ich auch noch jung war.«
»O, so lange her soll das nicht sein, erst heute!«
»Nun, heute habe ich sie nicht gesehen.«
So wurde des Teufels Frau mit leeren Worten abgespeist.
Und jene machten sich auf; das kleine Pferd lief mit ihnen wie das Kalb mit Peter Dobsos.
Sie mochten schon ziemlich weit sein, da sagte Viola zu Rosa:
»Jetzt brennen mir beide Wangen. Sicherlich hat sich dieser Hund von einem Vater auf die Jagd nach uns gemacht. Werde du zum Teich und ich zur Goldente; mich kann er nicht herauslocken, fürchte nichts!«
So geschah’s auch. Rosa wurde zum Teich, Viola zur Goldente, schwamm dort, tauchte mitten im Teich.
Der Teufel Plutodromo erkannte sie. Er ging ans Ufer des Teiches und lockte die Ente. »Entchen, Entchen, duck, duck, duck!« Er streute ihr auch Korn hin; aber die Ente war so schlau, dass sie sich nicht greifen liess.
Da sah der Teufel ein, dass er so zu nichts kommen würde, er zog sich aus und ging in den Teich. Doch als er: schon mittendrin war, schwamm die Ente hinaus, der Teich trocknete ein, und der Teufel hatte das Nachsehen, und so musste er ohne was heimkehren. Er kriegte zu Hause von seiner Frau solche Schelte, dass ich sie um alles in der Welt nicht hätte haben mögen. Wie mag das erst sein, wenn des Teufels Frau zankt, wenn man doch schon unserer Frauen Gezanke nicht aushalten kann!
Na also, kurz und gut, der Teufel bekam’s zu Hause mit dem Pinselstiel, und Rosa und Viola zogen weiter. Kurze Zeit darauf langten sie bei jenem Dorf an, wo Rosa geboren war. Dort sprach Viola zu Rosa:
»Nun, ich kann schon nicht mehr gehen. Ich bleibe hier am Ende des Dorfes. Du geh nach Hause; doch küsse niemanden zu Hause, denn dann vergisst du mich.«
Rosa beteuerte ihr immer wieder, wie um alles in der Welt sollte er jemanden küssen, und wie könnte er seine liebe Viola vergessen, die ihm das Leben, wer weiss wie oft, gerettet! Dann küssten sie sich; Viola blieb dort beim Ende des Dorfes, und Rosa ging geradewegs heim.
Als er in das kleine Tor getreten war, freute er sich so sehr, dass er daheim war, dass er in seiner Freude alle küsste. Und so vergass er wirklich Viola.
Die arme Viola! Sie wartete auf ihn am Ausgang des Dorfes lange, Tag aus, Tag ein, wartete nur, wartete nur; doch Rosa kam nicht, sie zu holen. Da merkte sie, dass er sie vergessen hatte.
Sie fasste sich ein Herz, warum sollte sie vergebens auf ihn warten? sie ging ins Dorf hinein, sich als Magd zu verdingen. Aber zufällig wurde sie just an Rosas Haus gewiesen; denn dort hatten sie in der Tat eine gute Magd gebraucht. Viola war schön und war auch kräftig; Rosas Mutter dingte sie auf der Stelle.
Viola merkte erst, dass sie in Rosas Hause war, als sie Rosa erblickte; doch sie sprach nicht zu ihm, und er erkannte sie nicht.
Einstmals, eines Abends, als Viola sich in der Küche hingelegt hatte, ging Rosa hinaus zu ihr. Er dachte, sie wäre so eine Magd wie die andern. Doch er konnte mit ihr nicht weiter kommen, Viola liess ihn immer wieder die Tür zumachen; denn so oft er sie auch zuschloss, immer ging sie wieder hinter ihm auf. So ging’s bis zum Morgen, bis Rosa die Küche verlassen musste.
Nun hatte Rosa damals auch noch zwei Brüder. Die gewannen Viola auch lieb. Sie gingen auch zu ihr hinaus, aber jenen ging es auch so wie Rosa, einen liess sie unaufhörlich das Schornsteinloch zustopfen und den andern das Feuer schüren.
Am dritten Tag fragte Rosa seine Brüder: »Habt ihr’s mit ihr zu was gebracht?«
Jene erzählten ihm, dass sie’s wahrlich zu nichts gebracht hätten.
Das brachte Rosa auf einen Gedanken. Wenn weder er noch seine Brüder dem Mädchen anstanden, so gehörte sie sicher jemandem an, der nachts zu ihr kam. Er beschloss aufzupassen.
So geschah’s auch. Anderntags legte sich Rosa nachts nicht schlafen; er kniete bei der Stubentür, am Schlüsselloch hin und beobachtete Viola von da aus.
Plötzlich sieht er, wie zwei prächtige, weisse Tauben aus Violas Busen fliegen und sich schnäbeln. Viola wehrte ihnen mit der Hand und sprach:
»Hsch, hsch, küsst euch nicht! Durch den Kuss vergass auch Rosa Viola.«
Das hörte Rosa; gleich kam ihm in den Sinn, was er Viola versprochen, und dass er sie wirklich vergessen hatte. Er ging gleich in die Küche, bat Viola um Verzeihung, und sie verzieh ihm gern. Dann umarmten und küssten sie sich.
Und anderen Tags wurden sie eins, sie wurden getraut und hielten solch eine Hochzeit, dass der Wein jedem auf die Ferse rann. Er rinnt auch heute noch, wenn noch welcher da ist.
Rosa und Viola leben auch jetzt noch, wenn sie seither nicht auf irgend eine Weise gestorben sind.
Wie er ging und wanderte, fand er ein Kreuz am Wege. Vor dem kniete er hin, bat Gott, er möchte ihm auf seinem Wege beistehen, möchte ihm Glück verleihen.
Als er sich dort ordentlich ausgebetet hatte, machte er sich auf, in die weite Welt hinein, ins Ungewisse.
Er mochte schon eine Weile gewandert sein, als er am Rande eines Waldes ein Schloss traf. Er wollte hineingehen, doch die Türen waren verschlossen; es ging nicht. Er schaute sich nach allen Seiten um, ob er vielleicht jemanden auf dem Hof erblicken würde. Doch traun, da war keine Menschenseele.
Auf einmal gewahrte er neben der Tür eine Glocke. Er zögerte nicht lange, zog sie an. Auf den Glockenton hin kam ein grosser Teufel heraus, Plutodromo, denn das war nämlich des Teufels Schloss.
»Was suchst du hier, he?«
»Gott zum Grusse! Ich bin nämlich gekommen, einen Dienst zu suchen, wenn ich einen finden könnte,« sagte Rosa zum Plutodromo.
»Gut, du kannst bei mir bleiben; ich nehme dich an. Drei Tage hat das Jahr. Wenn du es bestehst, bekommst du auch Lohn,« sagte der Teufel.
Von hundert Worten ist eins auch das letzte: Rosa trat beim Teufel in Dienst.
Jener Teufel hatte eine Tochter, die hiess Viola. Ein schönes, wirklich schönes Mädchen war sie; nur das war schade bei ihr, dass sie immer in einem besudelten-beschmudelten Kleide herumging. Diesem Mädchen gefiel Rosa sehr; und Rosa konnte auch nichts weiter dagegen sagen, denn er hatte Viola auch beim ersten Anblick lieb gewonnen. Und noch am selben Tage abends redete jene Viola Rosa an:
»Hör, du Rosa, weisst du, was mein Vater mit dir vorhat? Er hat drei Tatoschpferde; die wird er dir in Hut geben. Du sollst sie auf eine grosse Goldwiese hinaus führen. Dann wird er dir eine grosse, hundert Zentner schwere Eisenstange geben, die du nicht einmal aufheben kannst; damit sollst du die Pferde in Zucht halten. Du siehst schon, das wird kein gutes Ende mit dir nehmen. Aber hör auf mein Wort, und es wird sich alles zum Guten wenden. Morgen in der Frühe rufe mich, hörst du? Doch vergiss es nicht!«
Rosa wurde es leichter ums Herz, dass Viola ihm so gut zuredete und ihm zu helfen versprochen hatte.
Er legte sich nieder, doch schlafen konnte er nicht, er dachte an den morgigen Tag. Kaum war anderntags die Dämmerung angebrochen, da erhob er sich und ging hinaus auf den Hof.
Der Teufel erwartete ihn schon. Er sprach zu Rosa:
»Na, komm mit mir in den Stall; ich werde dir die drei Pferde zeigen, die ich dir in Hut gebe.«
Damit gingen sie in den Stall.
»Siehst du, hier sind die drei wilden Fohlen und diese Eisenstange; wenn du sie damit so zähmst, dass sie werden wie die Lämmer, dann werde ich mit dir zufrieden sein.«
Rosa beschaute die Eisenstange; doch das Blut erstarrte ihm, als er sah, wie gross sie war. In der Hast konnte er garnichts anderes denken als: wer könnte diese Stange in die Höhe heben! solch einen Menschen gibt es ja garnicht!
Als der Teufel ihm die Tagesarbeit aufgegeben hatte, ging er ins Haus. Sowie die Tür zugeklappt war, trat gleich Viola herzu.
Rosa war da ganz verraten und verkauft, denn er konnte die Stange durchaus nicht bewegen.
»Viola, Viola, was soll ich tun? Ich kann das nicht bestehen!«
Entgegnete ihm Viola: »Komm her, küsse meine linke Hand!«
Rosa tat’s.
»Na, jetzt probier’s mit der Stange!«
Rosa konnte schon den grossen Eisenstab rücken.
»Na, komm, jetzt küsse meine rechte Hand!«
Rosa küsste sie. Die Stange konnte er schon hochheben.
»Komm, küsse meine eine Wange!«
Alles ging Rosa ganz nach Wunsch. Er küsste des Mädchens Antlitz; die Eisenstange konnte er schon mit einer Hand tragen.
»Küsse die andere auch!« sprach Viola. Und jetzt spielte Rosa nur so mit der Stange, wie wenn’s eine Peitsche geworden wäre.
Dann ging Viola wieder hinein, dass sie drinnen nichts merkten. Und Rosa ging frohen Muts in den Stall, stieg zu Pferde und trieb sie auf die Goldwiese.
Dort draussen schlug er die Pferde so mit der Eisenstange, dass kaum mehr Leben in ihnen war. Und abends kamen sie fast halbtot heim.
Der Teufel und seine Frau erwarteten Rosa mit den Pferden im Tor. »Ob er sie wohl heimbringen wird?« Sie nahmen fast sicher an, dass Rosa mit den Pferden nicht fertig werden würde.
Plötzlich sehen sie, wie die drei wilden Fohlen daher kommen, so zum Umsinken, als ob sie schon auf dem letzten Loch pfiffen, und Rosa wirklich ganz obenauf wie nur einer, schlägt einem nach dem andern mit der Eisenstange eins auf.
Der Teufel und seine Frau schäumten vor Wut, dass sie ihre Pferde so hatten zu Grunde richten lassen. Doch sie konnten nichts machen.
Rosa band die Pferde an; dann ging er hinein zum Nachtmahl. Während des Nachtmahls schlich Viola zu ihm hinaus und sagte ihm: »Morgen mache es ebenso wie heute; dann wird dir kein Leid geschehen.«
Rosa war so guten Muts, dass er fast die halbe Nacht pfiff und sang.
Morgens, als er aufgestanden war, trug ihm der Teufel Plutodromo wieder auf, die drei wilden Fohlen auf die Goldwiese hinauszuführen, dort sollte er sie den ganzen Tag weiden. Und mit der Eisenstange sollte er sie zähmen.
Rosa schüttelte nur den Kopf »hm, hm, wird gemacht, gut.« Aber er wartete nur drauf, dass der Teufel hineinging. Viola lauerte schon dort beim Fenster. Als sie sah, dass ihr Vater hineingegangen war, huschte sie hinaus zu Rosa.
»Rosa, komm, küsse meine eine Hand!«
Rosa konnte gleich wieder die Stange bewegen.
»Meine andere Hand!«
Rosa konnte sie schon wieder aufheben.
»Küsse meine eine Wange!« – »Die andere!«
Kurz und gut, Rosa konnte wieder so mit ihr spielen wie am Tage vorher.
Dann ging er in den Stall, führte die Pferde auf die Goldwiese. Mit der Eisenstange streichelte er sie so, dass sie schier zusammenbrachen. Auch gegen Abend, als er heimgekommen war, patschte er sie zum Schluss noch alle drei auf den Bug vor des Teufels Augen.
Dem Teufel barst schier das Herz, als er sah, dass dieser Rosa seine Töchter – denn die drei wilden Fohlen waren seine Töchter – so zu Grunde richtete. Die drei Fohlen waren so gemartert worden, dass kaum noch Leben in ihnen war.
Auch seine Frau sagte ihm: »Gib sie ihm am dritten Tag nicht mehr in die Hand; gib ihm lieber eine andere Arbeit, denn von unsern Töchtern bleibt keine am Leben, wie der sie mit der Eisenstange vornimmt.«
Der Teufel trug Rosa auch nicht mehr auf, die Pferde zu weiden. Als er anderntags in der Frühe vor ihm stand, sagte er ihm, er habe zwei Schlösser, zwischen den beiden Schlössern sei ein Teich; wenn er zwischen den beiden Schlössern eine Brücke machen könnte, aus Gold, so könnte er begehren, was er wollte, und damit sei dann das Jahr zu Ende.
Rosa vollbrachte das auch mit Violas Hilfe. Ja, aber wie denn? Ich weiss es nicht, ich hab’s nicht gesehen, denn ich habe just zu der Zeit im Schuppen geschlafen; kurz und gut, Rosa war in einem Tage auch damit fertig.
Da sagte ihm der Teufel Plutodromo: »Hier die vielen Schätze, du kannst nehmen, so viel du brauchst; dein Jahr ist um.«
Doch Viola flüsterte Rosa heimlich zu, er solle sich keinesfalls mit dem Geld oder etwas einlassen; am besten wär’s, wenn sie entflöhen, denn hier würde es kein gutes Ende nehmen. Am besten wär’s, wenn er jenes Fohlen fortführte, das am Ende des Stalles faul da liegt; das könnte sie auch in eine Peitsche verwandeln; wenn sie sich draufsetzten, könnten sie fort, soweit das Auge sieht!
So geschah’s auch. Anderntags in der Dämmerung setzen sich Rosa und Viola auf das Pferd, eilen schnell von dannen, fliegen wie ein Vogel.
Wie sie fliegen, wie sie fliegen, fühlt Viola, dass ihr Antlitz brennt. Spricht sie zu Rosa:
»Hör, mein Gesicht brennt! Sicher haben sie gemerkt, dass wir fortgelaufen sind; jetzt kommen sie hinter uns her!«
Rosa schaute zurück, und wirklich kam des Teufels Frau.
»Schnell! Werde du zu einer Kirche und ich zum Eremiten! Und wenn sie fragt, ob wir nicht so und so ein junges Paar hier vorbeigehen sahen, sprich, vor dreihundert Jahre sei diese Kirche erbaut, seitdem hätten wir niemanden gesehen.«
So geschah’s auch. Rosa wurde zur Kirche und Viola zum Eremiten. Kam des Teufels Frau. Sie sprach zum Eremiten:
»Sagt, mein Lieber, habt Ihr nicht einen jungen Mann und ein Mädchen vorbeigehen sehen? So und so sahen sie aus.«
Drauf antwortete der Eremit: »Schon dreihundert Jahre sind’s, seit die Kirche hier steht und ich auch hier bin; doch seitdem sah ich niemanden vorübergehen.«
Die alte Frau musste umkehren, ob sie wollte, ob nicht. Vergebens war sie gegangen; sie hatte niemanden erwischt.
Die Kirche verwandelte sich danach wieder in Rosa zurück und der Eremit in Viola, und sie zogen weiter. Das Pferd lief mit ihnen, wie es nur konnte; es schonte seine Beine nicht. Plötzlich brannte Violas andere Wange auch.
»Schau nur zurück; sie kommen wieder hinter uns her!«
Wahrhaftig, des Teufels Frau hatte sie zu Hause erspäht, sie hatte gesehen, wie sie gingen, sie rannte ihnen wiederum nach.
Sogleich wurde Rosa zu einer Schenke und Viola zum Wirt, mitten in einer grossen Puszta.
Die Teufelin wunderte sich sehr, dass sie sie so schnell aus den Augen verloren hatte. Sie ging zum Wirt hin:
»Sagt, mein Lieber, könnt Ihr mir nicht sagen, ob hier ein junger Mann und ein Mädchen vorüber gegangen sind?«
Erwiderte drauf der Wirt: »Ja, gewiss, Liebchen!«
»Und wann denn?«
»Das werden wohl schon fünfzig Jahre her sein, als ich auch noch jung war.«
»O, so lange her soll das nicht sein, erst heute!«
»Nun, heute habe ich sie nicht gesehen.«
So wurde des Teufels Frau mit leeren Worten abgespeist.
Und jene machten sich auf; das kleine Pferd lief mit ihnen wie das Kalb mit Peter Dobsos.
Sie mochten schon ziemlich weit sein, da sagte Viola zu Rosa:
»Jetzt brennen mir beide Wangen. Sicherlich hat sich dieser Hund von einem Vater auf die Jagd nach uns gemacht. Werde du zum Teich und ich zur Goldente; mich kann er nicht herauslocken, fürchte nichts!«
So geschah’s auch. Rosa wurde zum Teich, Viola zur Goldente, schwamm dort, tauchte mitten im Teich.
Der Teufel Plutodromo erkannte sie. Er ging ans Ufer des Teiches und lockte die Ente. »Entchen, Entchen, duck, duck, duck!« Er streute ihr auch Korn hin; aber die Ente war so schlau, dass sie sich nicht greifen liess.
Da sah der Teufel ein, dass er so zu nichts kommen würde, er zog sich aus und ging in den Teich. Doch als er: schon mittendrin war, schwamm die Ente hinaus, der Teich trocknete ein, und der Teufel hatte das Nachsehen, und so musste er ohne was heimkehren. Er kriegte zu Hause von seiner Frau solche Schelte, dass ich sie um alles in der Welt nicht hätte haben mögen. Wie mag das erst sein, wenn des Teufels Frau zankt, wenn man doch schon unserer Frauen Gezanke nicht aushalten kann!
Na also, kurz und gut, der Teufel bekam’s zu Hause mit dem Pinselstiel, und Rosa und Viola zogen weiter. Kurze Zeit darauf langten sie bei jenem Dorf an, wo Rosa geboren war. Dort sprach Viola zu Rosa:
»Nun, ich kann schon nicht mehr gehen. Ich bleibe hier am Ende des Dorfes. Du geh nach Hause; doch küsse niemanden zu Hause, denn dann vergisst du mich.«
Rosa beteuerte ihr immer wieder, wie um alles in der Welt sollte er jemanden küssen, und wie könnte er seine liebe Viola vergessen, die ihm das Leben, wer weiss wie oft, gerettet! Dann küssten sie sich; Viola blieb dort beim Ende des Dorfes, und Rosa ging geradewegs heim.
Als er in das kleine Tor getreten war, freute er sich so sehr, dass er daheim war, dass er in seiner Freude alle küsste. Und so vergass er wirklich Viola.
Die arme Viola! Sie wartete auf ihn am Ausgang des Dorfes lange, Tag aus, Tag ein, wartete nur, wartete nur; doch Rosa kam nicht, sie zu holen. Da merkte sie, dass er sie vergessen hatte.
Sie fasste sich ein Herz, warum sollte sie vergebens auf ihn warten? sie ging ins Dorf hinein, sich als Magd zu verdingen. Aber zufällig wurde sie just an Rosas Haus gewiesen; denn dort hatten sie in der Tat eine gute Magd gebraucht. Viola war schön und war auch kräftig; Rosas Mutter dingte sie auf der Stelle.
Viola merkte erst, dass sie in Rosas Hause war, als sie Rosa erblickte; doch sie sprach nicht zu ihm, und er erkannte sie nicht.
Einstmals, eines Abends, als Viola sich in der Küche hingelegt hatte, ging Rosa hinaus zu ihr. Er dachte, sie wäre so eine Magd wie die andern. Doch er konnte mit ihr nicht weiter kommen, Viola liess ihn immer wieder die Tür zumachen; denn so oft er sie auch zuschloss, immer ging sie wieder hinter ihm auf. So ging’s bis zum Morgen, bis Rosa die Küche verlassen musste.
Nun hatte Rosa damals auch noch zwei Brüder. Die gewannen Viola auch lieb. Sie gingen auch zu ihr hinaus, aber jenen ging es auch so wie Rosa, einen liess sie unaufhörlich das Schornsteinloch zustopfen und den andern das Feuer schüren.
Am dritten Tag fragte Rosa seine Brüder: »Habt ihr’s mit ihr zu was gebracht?«
Jene erzählten ihm, dass sie’s wahrlich zu nichts gebracht hätten.
Das brachte Rosa auf einen Gedanken. Wenn weder er noch seine Brüder dem Mädchen anstanden, so gehörte sie sicher jemandem an, der nachts zu ihr kam. Er beschloss aufzupassen.
So geschah’s auch. Anderntags legte sich Rosa nachts nicht schlafen; er kniete bei der Stubentür, am Schlüsselloch hin und beobachtete Viola von da aus.
Plötzlich sieht er, wie zwei prächtige, weisse Tauben aus Violas Busen fliegen und sich schnäbeln. Viola wehrte ihnen mit der Hand und sprach:
»Hsch, hsch, küsst euch nicht! Durch den Kuss vergass auch Rosa Viola.«
Das hörte Rosa; gleich kam ihm in den Sinn, was er Viola versprochen, und dass er sie wirklich vergessen hatte. Er ging gleich in die Küche, bat Viola um Verzeihung, und sie verzieh ihm gern. Dann umarmten und küssten sie sich.
Und anderen Tags wurden sie eins, sie wurden getraut und hielten solch eine Hochzeit, dass der Wein jedem auf die Ferse rann. Er rinnt auch heute noch, wenn noch welcher da ist.
Rosa und Viola leben auch jetzt noch, wenn sie seither nicht auf irgend eine Weise gestorben sind.
[Ungarn: Elisabet Róna-Sklarek: Ungarische Volksmärchen]