Sie erwiderte ihm, sie hätte sie mit den Goldstücken gekauft, die sie in einem verfaulten Gegenstande beim Sumpfe gefunden hätte, und zeigte ihm den Schuh, den sie in den Winkel geworfen. Als ihr Mann die Goldstücke in dem Schuh sah, sagte er ihr, sie solle rasch in den Getreideverschlag gehen, um sich zu verbergen, denn – so spiegelte er ihr vor, alle Vögel des Himmels seien herabgekommen, um der Menschheit die Augen auszustechen. Aus Furcht ging sie hinein. Er aber rief die Hühner zusammen und brachte sie auf den Verschlag, indem er ihnen einige Weizenkörner vorwarf, damit sie sie aufpickten und die Frau durch das Geräusch davon von der Wahrheit seiner Behauptung überzeugt würde und drinnen bliebe. (Der Mann hatte aber dies Mittel erfunden, um sie zu entfernen, damit sie nicht sähe, wenn er das Geld versteckte.) Hierauf versteckte er das Geld an einem sichern Orte. Aber wie sehr er es auch verheimlichte, es kam doch unter die Leute, und sie verklagten ihn beim Kadi, der ihn zu sich berief und ihn fragte, wo er das Geld habe. Als er leugnete, rief der Kadi seine Frau und stellte ihr dieselbe Frage. Sie war noch immer in großer Furcht, dass die Vögel ihr die Augen ausfressen könnten; und wie sie nun den Kadi ansah, der zufällig auf einem Auge blind war, da ward ihr Sinn verwirrt, und sie antwortete ihm: »Die Vögel des Himmels sind herabgekommen, um der Menschheit die Augen auszufressen; und dir haben sie schon das eine Auge gefressen«. Dadurch gewann der Kadi die Überzeugung, dass diese Frau verrückt sei, und er entließ sowohl sie als auch ihren Mann, und das Geld behielt der Mann.
Quelle:
(Gustav Meyer: Albanische Märchen)