Einst lebte in Pandjab der Teppichweber Saragatta. Er webte langsam, er webte sorgsam, er webte ein ganzes Jahr an einem Teppich. Der aber war so schön, dass er ihn mit Leichtigkeit für teures Geld auf dem Markt verkaufen konnte. Doch weil er drei Frauen ernähren musste, seine Mutter, seine Frau und seine Tochter, darum reichte das Geld nie aus und er blieb ein armer Mann. Saragatta aber ertrug sein Los geduldig, denn er hatte Freude an seiner Arbeit.
Doch eines Tages ging sein Webstuhl entzwei und er konnte nicht mehr weben. Einen neuen Webstuhl zu kaufen dafür fehlte ihm das Geld, und den alten instand setzen konnte er auch nicht. „Was bleibt mir übrig“ ,seufste Saragatta, „ich muss mir selber einen neuen Webstuhl bauen.“ So machte er sich auf die Suche nach geeignetem Holz.
Lange wanderte er umher und betrachtete die verschiedenen Bäume. Endlich fand er am Meeresstrand einen hohen Buchsbaum. Das ist genau der rechte, freute er sich, und er griff zum Beil, um den Baum zu fällen. Da hörte er eine Stimme: Halt ein, Saragatta! Der Weber hielt inne und fragte:“ Wer bist du?“ Ich bin der Geist des Waldes. Dieser Baum ist mein Haus. Warum willst du ihn fällen? Ich brauche Holz für einen neuen Webstuhl, sagte der Weber. Könntest du dir nicht einen anderen Baum nehmen? Dieser Baum ist mein Haus, sprach der Geist des Waldes. Ich lebe hier seit langer Zeit. Vom Meer her weht immer einen kühle Brise, selbst in der größten Hitze. Aber woher nehme ich dann hartes Holz für einen neuen Webstuhl? fragte Saragatta. Das weiß ich nicht , erwiderte der Geist des Waldes. Aber verschone meinen Baum und ich werde dir einen Wunsch erfüllen. Gut , sagte Saragatta. Aber erst muss ich mich darüber beraten mit meiner Mutter, meiner Frau und meiner Tochter. Dann geh, sagte der Geist des Waldes, aber lass dich nicht verwirren!
Der Weber kehrte in seine Hütte zurück und erzählte, was ihm begegnet war, und dann fragte er die Frauen, was er sich wünschen solle.
Als erste nahm die Mutter das Wort: „Wünsche dir, mein Junge ein langes Leben in Gesundheit für uns alle. Ist man erst so alt wie ich, weíß man, nichts ist wünschenswerter als lange gesund zu leben.“ Ach, rief die Tochter, zu was ist Gesundheit und ein langes Leben gut, wenn man in Armut lebt und unbeachtet. Wünsche dir, ein Maharadscha zu sein. Dann hätten wir schöne Kleider und kostbaren Schmuck und könnten den stattlichsten Jünglingen den Kopf verdrehen.
Nein, nein, die Frau des Webers schüttelte den Kopf, du weißt nicht, wie ein Maharadscha lebt. Gewiss hat er viele Pflichten und Sorgen. Bleib bei dem Leben, das du gewohnt bist. Aber wünsche dir, dass der Geist des Waldes uns jeden Tag so einen Teppich macht, wie du ihn in einem Jahr zustande bringst. Dann sind wir reich und können uns kaufen, was das Herz begehrt.
Langsam ging der Weber zum Meerufer zurück. Was sollte er sich wünschen? Höre mich, Geist des Waldes, rief er, als er unter dem Buchsbaum stand. Höre meinen Wunsch. Verlange von mir, was immer du willst! Bring meinen alten Webstuhl in Ordnung! So soll es sein, sprach der Geist des Waldes.
Saragatta kehrte in seine Hütte zurück. Mutter, Frau und Tochter jammerten um die Wette und schmipften, dass er ein rechter Dummkopf sei. Der Weber aber setzte sich an seinen Webstuhl und fing an zu weben. Er webte langsam, er webte sorgsam, er webte ein ganzes Jahr an einem Teppich.
Und er hatte Freude an seiner Arbeit.
(Nordindien)