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Es war einmal ein Padischah, der hatte einen Sohn. Eines Tages zürnte der Padischah seinem Sohne und gab Befehl, ihn zu enthaupten. Da sprachen seine Wezire zu ihm: »O Padischah, vierzig Jahre haben nur einen Tag und du hast nur dieses ein Kind, tue es nicht, du könntest es bereuen.« Der Padischah begnügte sich also damit, seinen Sohn aus seinem Lande zu verbannen. Als seine Frau dies sah, sprach sie: »Wenn schon mein einziges Kind mich verlässt, so will auch ich nicht hier bleiben.« Hierauf verstiess der Padischah auch seine Frau, und Mutter und Sohn verliessen auf einmal die Stadt.
Als sie nun gingen und gingen, kamen sie zu einem Wasser und blieben vorläufig dort. Wie der Jüngling dort hin- und herstreifte, stiess er auf einen Stein, aber auf einen solchen, von dem das Auge, wenn man darauf schaute, geblendet wurde. Er nahm den Stein zu sich und sie wanderten weiter. Als sie eine lange Zeit gewandert waren, kamen sie eines Tages in eine Stadt, wo sie ein Haus mieteten und sich niederliessen.
Der Padischah jener Stadt hatte das Anzünden der Kerzen verboten, so dass dort in der Nacht niemand Licht machen durfte. Der Jüngling legte den Stein, den er gefunden, in sein Zimmer und der Glanz jenes Steines beleuchtete nicht bloss ihr Zimmer, sondern auch die ganze Stadt. Die Mutter hatte zwar den Sohn gemahnt, den Stein zu verbergen, denn wenn man diese Helle wahrnehme, so würde man sie ergreifen und sie könnten noch in grosse Gefahr geraten; allein der Jüngling hörte nicht auf seine Mutter, da sie doch keine Kerzen anzündeten und das Verbot nicht übertreten haben.
Zufällig schaute der Padischah in dieser Nacht zum Fenster hinaus und sah die grosse Helle. Er liess seinen Wezir rufen und fragte ihn, was diese grosse Helle zu bedeuten habe. Der Lala wusste nur so viel, dass dieser Glanz aus einem gewissen Hause ausstrahle. Sofort wurden Leute ausgeschickt, um der Sache auf den Grund zu kommen. Sie gingen hin, klopften an der Türe jenes Hauses an und sagten dem Jüngling, dass ihn der Padischah rufen lasse. Der Jüngling ging in den Seraj, wo der Padischah ihn fragte, wie er sich unterstehen konnte, das Verbot zu übertreten. Der Jüngling entschuldigte sich damit, dass er nichts getan, was dem Verbote zuwider wäre und dass der Glanz nicht von einer Kerze, sondern von einem bei ihm sich befindlichen Steine herrühre. »Bringe den Stein her« sagte ihm der Padischah. Der Jüngling ging um den Stein nach Hause, trug ihn dem Padischah hin, der ihn zu sich nahm und den Jüngling aus dem Palaste fortjagte. Der Jüngling war froh, dass er damit der Gefahr entronnen.
Als der Padischah den Stein seinem Wezir zeigte, sprach dieser zu ihm: »Mein Schah, fordere von dem Manne, der diesen Stein brachte, einen Sack voll Diamanten, denn wo dieser Stein gefunden wurde, dort muss noch viel dergleichen sein.« Sofort liess der Padischah den Jüngling holen und als er kam, forderte er von ihm einen Sack voll Diamanten. »Woher soll ich die Diamanten nehmen?« fragte der Jüngling. »Das ist deine Sache,« sprach der Padischah, »und wenn sie in vierzig Tagen nicht da sein werden, so lasse ich dir den Kopf abhauen.« Der Jüngling ging nachdenkend nach Hause und erzählte die Sache seiner Mutter, die zu ihm sprach: »Habe ich dir nicht gesagt, dass jener Stein uns noch viel Unglück bringen wird? Woher sollen wir so viel Diamanten nehmen?« Damit hub sie in ihrer Verzweiflung zu weinen an. Nachdem ein-zwei Tage so in Verzweiflung verstrichen waren, sagte sie zu ihrem Sohne: »Mit dem Weinen helfen wir uns nicht, wir müssen etwas tun.« »Ja, was sollen, was können wir denn auch tun?« fragte der Sohn. »Geh dorthin,« sprach seine Mutter, »wo du den Stein gefunden; wie, wenn du dort etwas findest?«
Der Jüngling setzte sich auf’s Pferd und ritt schnell zu jener Stelle hin. Als er dort hin- und hersuchte, erblickte er von Ferne einen grossen Berg. Er ging schnurstracks auf denselben zu und als er über jenen Berg gestiegen war, stand ein Seraj vor ihm. Als er in denselben eintrat, da sah er einen siebenköpfigen Drachen vor sich liegen. »Was suchte ich und auf was bin ich gestossen,« sagte der Jüngling. In seiner Wut riss er seinen Handschar hervor, hieb damit auf den Drachen ein und schnitt ihm mit einem Streiche sechs seiner Köpfe ab. »Schlag noch einmal auf mich zu, wenn du ein Mann bist,« sagte der Drache. Der Jüngling aber sprach: »Meine Mutter hat mich auch nur einmal geboren,« und verliess den Drachen, der sich in seinem Blute wälzte.
Plötzlich hörte er einen grossen Lärm aus dem Seraj und eine Stimme, welche rief: »Du hast meinen Feind getötet und gehst nun fort?« Der Jüngling kehrte zurück und sah, dass ihm ein Mädchen von strahlender Schönheit entgegen komme. Als er in ihre Nähe gelangte, sagte das Mädchen zu ihm: »O Jüngling, gerade zehn Jahre sind es, dass ich von diesem Drachen gefangen genommen wurde; jetzt gehöre ich dir, bringe mich, wohin du willst.« Der Jüngling sagte ihr, dass er jetzt andere Sorgen im Kopfe habe, allein das Mädchen flehte ihn so lange an, sie nicht dort zu lassen, bis der Jüngling nicht widerstehen konnte, sie auf’s Pferd setzte und zu seiner Mutter nach Hause brachte.
Als der Jüngling zu Hause wieder trauerte und sich abhärmte, fragte ihn das Mädchen, was sein Herz bedrücke. »Frag mich nicht,« sprach der Jüngling, »mir kann nur Allah helfen.« Das Mädchen quälte den Jüngling so lange, bis er ihr sein Leid klagte. Hierauf sagte das Mädchen: »Es ist wahrlich schade, wegen dieser Kleinigkeit so traurig zu sein, ich werde dir schon helfen; doch jetzt bin ich durstig, bring aus der Quelle einen Krug Wasser und lass mich einen guten Schluck daraus machen.« Der Jüngling dachte bei sich, dass er auch sie nur zu seinem Verdrusse mit sich gebracht habe; doch weil sie sein Gast war, nahm er den Krug, obzwar unwirsch, ging mit ihm zur Quelle, füllte ihn dort und brachte ihn zum Mädchen zurück. Das Mädchen legte ihre Kleider ab, sagte dem Jüngling, dass er sie mit jenem Wasser vom Kopfe bis zum Fusse begiesse. Der Jüngling nahm den Krug und als er das Mädchen damit begoss, wurde jede Stelle, wohin sich das Wasser ergoss, voll mit Diamanten. Der Jüngling erstaunte darüber und freute sich, »Jetzt scharre die Diamanten zusammen, fülle sie in einen Sack und trag ihn zum Padischah hin,« sprach das Mädchen. Der Jüngling tat also und brachte den grossen Schatz dem Padischah hin.
Nachdem sich der Jüngling wieder entfernt hatte, liess der Padischah den Wezir holen und zeigte ihm die vielen Diamanten. »Siehst du,« sagte der Wezir, »ich hatte recht. Jetzt fordere von ihm noch einen Sack Perlen.« »Woher soll der Jüngling diese nehmen?« sagte der Schah. »Wo er die Diamanten gefunden, dort wird er auch dies finden,« antwortete der Wezir, »tue nur, was ich dir sage.« Der Padischah liess den Jüngling abermals rufen und sagte ihm, er solle ihm einen Sack Perlen bringen. »Wo soll ich so viel Perlen hernehmen?« fragte der Jüngling. »Du hast vierzig Tage Zeit« sagte der Padischah, »wenn du sie nicht his dahin bringst, so lasse ich dich umbringen.« Was sollte der Jüngling tun. Er liess den Kopf hängen und kehrte traurig nach Hause. »Was fehlt dir?« fragte das Mädchen den Jüngling, als sie ihn so traurig zurükkehren sah, worauf er ihr die Sache erzählte. »Nun so geh,« sagte das Mädchen, »und hinter jenem Seraj, wo ich war, wirst du einen anderen Seraj antreffen; dort findest du, was du suchst.«
Der Jüngling bestieg wieder sein Pferd und machte sich auf den Weg. Er ritt und ritt so lange, bis er auf den anderen Seraj stiess. Auch dort tötete er einen Drachen, und als er ihn in seinem Blute sich wälzend verlassen wollte, wurde ihm auch hier nachgerufen. Er kehrte um und es erschien ein Mädchen, das noch schöner, als das andere war. Ziehen wir die Sache nicht in die Länge, er nahm auch dieses Mädchen mit sich nach Hause; auch sie verlangte von ihm einen Krug Wasser, und als er sie damit begoss, wurde alles voll mit Perlen. Der Jüngling raffte sie in einem Sacke zusammen und trug ihn zum Padischah hin. Der Padischah liess wieder seinen Wezir rufen, der ihm jetzt riet, vom Jüngling einen Sack Rubinen zu verlangen. Der Jüngling wurde wieder gerufen und als der Sultan von ihm die Rubinen verlangte, ging er wieder sehr traurig nach Hause. Als das zuerst gebrachte Mädchen die Sache erfuhr, sagte sie ihm, er solle sich wieder auf den Weg machen und über den zweiten Seraj hinausgehen, dann werde er einen dritten antreffen; in denselben soll er hineingehen und dort werde er das finden, was er braucht. Der Jüngling setzte sich also auf’s Pferd und ritt hin.
Er kam auch wirklich zu jenem Seraj, stiess auch dort auf einen Drachen, dem er den Kopf abhieb, brachte auch von dort ein Mädchen mit sich, welches von einer noch strahlenderen Schönheit war, als die vorigen. Nachdem er auch dieses mit Wasser begossen und sich alles in Rubinen verwandelt hatte, nahm er einen Sack voll davon und brachte ihn zum Padischah hin. Da sprach der Wezir des Padischah: »Nun siehst du, mein Schah; nun verlange vom Jüngling einen solchen Kiosk in die Mitte des Meeres, der nur aus Diamanten, Rubinen und Perlen erbaut sei.« Der Padischah zweifelte daran, dass der Jüngling imstande wäre, dies zu machen. Allein der Wezir gibt nicht nach, so dass der Padischah den Jüngling wieder rufen liess. Er teilt ihm seinen Wunsch mit und gab ihm zugleich eine Frist von vierzig Tagen dazu. Der Jüngling bereute es tief, dass er in diese Stadt gekommen und indem er zum Schöpfer flehte, kehrte er in sein Haus zurück.
Als ihn die Mädchen empfingen und sein besorgtes Gesicht sahen, fragten sie ihn nach dessen Ursache. Der Jüngling berichtete ihnen alles. Da sprach das älteste Mädchen zu ihm: »Mach dich auf den Weg, dort und dort wirst du zu einem Berge gelangen; auf jenen Berg geh hinauf und schrei von oben, aus allen deinen Leibeskräften: ›Hadschi Baba!‹, und wenn du darauf eine Stimme hörest, so sprich: ›Deine älteste Tochter verlangt ihren kleinsten Seraj; wenn du keine Antwort vernimmst, gib acht, dass du nicht noch einmal rufest, sonst ist’s aus mit dir.‹« Der Jüngling bestieg sein Pferd und begab sich schnurstracks dorthin, wohin ihn das Mädchen schickte. Als er auf jenen Berg ankam, rief er »Hadschi Baba!« aus allen Leibeskräften so sehr, dass davon die Erde erdröhnte. »Was willst du?« fragte ihn eine Stimme. »Deine älteste Tochter verlangt ihren kleinsten Seraj« antwortete er. Hierauf vernahm er folgende Antwort: »Ich habe ihn schon besorgt, noch ehe sie ihn verlangte.« Der Jüngling kehrte um und ritt nach Hause.
Am andern Morgen, als der Padischah sich aus seinem Bette erhob und zum Fenster hinausschaute, da wurde sein Auge so geblendet, dass er es sofort wieder schliessen musste. »Was mag denn das sein?« dachte er sich und nachdem er sich die Augen gerieben, klatschte er in die Hände und liess seinen Wesir rufen. Er fragte ihn, was mit seinen Augen geschehen, dass es ihm vor denselben so flimmert. »Der Edelstein-Kiosk in der Mitte des Meeres blendet dein Auge so sehr,« sprach der Wezir. Damit gingen sie und der König nahm alle Wezire und Paschas, so viel er nur hatte, mit sich hinüber in jenen Kiosk.
Während sie herumgehend den Kiosk besichtigten, sprach das Mädchen zum Jüngling, er solle auf jenen Berg zurückgehen und rufen, dass man den Kiosk zurücknehme. Der Jüngling setzte sich auf’s Pferd, ritt im Galopp auf den Berg und rief, dass man den Kiosk zurücknehme. Hierauf antwortete eine Stimme: »Wir haben ihn schon zurückgebracht.« Damit kehrte der Jüngling zurück und als er anlangte, da sah er, dass der Konak nicht mehr im Meere war; die darin befindlichen Leute mit dem Padischah ertranken im Wasser. Da sagte das Mädchen dem Jüngling: »Nun mein Schehzade, in dieser Stadt können wir nicht mehr bleiben, gehen wir.« Damit machte sich der Schehzade mit den drei Mädchen und seiner Mutter auf den Weg und sie gingen in die Vaterstadt des Jünglings.
Als sie nun so gingen und gingen, erblickten sie auf dem Wege einen lahmen Dew. Der Jüngling fuhr auf ihn los, um ihn zu töten, allein der Dew flehte ihn an, ihm nichts zu tun; er könnte ihm ja noch einmal nützlich werden. Auch die Mädchen redeten ihm zu, ihm nichts anzuhaben und so zogen sie mit dem Dew in die Heimatsstadt. Ausserhalb der Stadt liessen sie sich auf einem Platze nieder und das älteste Mädchen zauberte einen solchen Seraj auf jene Stelle hin, dass in keiner einzigen Stadt ein Padischah einen solchen Seraj hatte.
Als der Vater des Jünglings eines Tages aufstand und zum Fenster hinausschaute, erblickte er den Seraj. Er liess den Wezir holen und fragte ihn, was jener Seraj bedeute. Sofort schickte man Leute hin, um zu erfahren, was an der Sache ist; sie kamen mit der Meldung zurück, dass im Seraj Achmed der Fingerlose, der Sohn des Padischah wohne. Als der Padischah dies vernahm, ging er sogleich in jenen Seraj. Sein Sohn empfängt ihn mit grossen Ehren und grosser Freude und stellte ihm die drei Mädchen vor. Die Schönheit dieser Mädchen, dergleichen bis dahin auf der Welt noch nicht zu sehen war, fesselte den Padischah so sehr, dass er sich sofort in sie verliebte und als er später in seinen Palast zurückkehrte, zu seinem Wezir sagte: »Ich lasse den Jungen umbringen,« Sein Wezir wollte ihn beschwichtigen, indem er ihm sagte, dass er schon einmal seinem Sohne zürnte und ihn aus der Stadt verbannte, seitdem sind schon mehrere Jahre verflossen; wer weiss, wo er seitdem herumwanderte und wie viel er zu leiden hatte. Allein wie sehr ihn auch sein Wezir bat, seinem Sohn kein Leid zuzufügen, der Padischah blieb dabei, ihn töten zu lassen. »Nun wenn es so sein muss« sagte der Wezir »so lade ihn in deinen Seraj, vergifte seine Speisen, damit er davon sterbe.«
Sofort schickte der Padischah seine Leute zu ihm und liess ihn zu sich laden. Ehe der Jüngling hinging, zog das Mädchen einen Ring von ihrem Finger und gab ihn dem Jüngling mit den Worten: »Wenn du im Seraj angekommen bist, so berühre mit diesem Ringe, ohne dass es jemand wahrnimmt, die dir vorgesetzten Speisen.« Der Jüngling steckte den Ring an den Finger und ging in den Seraj seines Vaters. Dort sassen sie eine Weile im Gespräche mit einander, dann brachte man die Speisen. Die Speisen waren alle vergiftet, allein der Jüngling berührte sie, ehe er davon, kostete, unbemerkt mit seinem Ringe und verzehrte sie. Dann erhoben sie sich vom Tische und bald darauf entfernte er sich.
Als der Padischah sah, dass sein Sohn davon nicht gestorben, befragte er seinen Wezir. Dieser sagte ihm, er möge seinen Sohn noch einmal zu sich laden und mit ihm Tawla spielen, dabei sollen sie das Übereinkommen treffen, dass derjenige, der das Spiel verliere, gebunden werde. »Verliert dein Sohn, so fessele ihm die Arme und lasse ihn töten.« Der Padischah liess auch wirklich wieder seinen Sohn holen und als dieser kam und sie gegessen und getrunken hatten, sprach der Padischah: »Komm mein Sohn, spielen wir Tawla; doch wer von uns das Spiel verliert, der soll gebunden werden.« Sie setzten sich zum Spiel, der Padischah verlor. Den Jüngling verdross die Sache und da er nicht ahnte, dass sein Vater Böses gegen ihn im Schilde führe, so spielten sie wieder und sein Vater verlor abermals. Allein der Jüngling bat seinen Vater mit Ehrfurcht, noch einimal zu spielen und um seinem Vater einen Gefallen zu erweisen, liess er ihn gewinnen. Hierauf sprach der Vater zum Sohne: »Laut unserem Übereinkommen werde ich dich jetzt binden.« Der Jüngling widersetzte sich nicht, man band ihm mit einem ziemlich starken Stricke die Arme zusammen und als der Vater um den Henker schickte, gab der Jüngling am Stricke einen Ruck, worauf er zerriss.
Als der Padischah dies sah, sagte er, dass das Ganze nur Scherz wäre und er nur wissen wollte, ob sein Sohn Burschenkraft besitze. »Wenn dem so ist,« sprach der Jüngling, »so lass mich mit Eisenketten binden.« Der Padischah liess sofort eine Kette holen und den Jüngling damit fest binden, allein der Jüngling zerriss auch diese auf einen Ruck. Der Padischah ärgerte sich in Stillem darob gar sehr und zerbrach sich darüber den Kopf, wie er seinen Sohn denn doch umbringen könnte. Immer daran denkend, sprach er zu seinem Sohne: »Ich sehe, mein Sohn, dass du ein tüchtiger Junge bist, ich bin aber dein Vater und du könntest mir wohl sagen, worin das Geheimnis deiner Kraft liegt.« Der Jüngling, der nichts Böses ahnte, sagte, dass wenn man ihm aus seinem Haupte drei Haare ausreisse und damit seine Finger zusammenbinde, er nicht im Stande wäre, selbst ein Haar zu rühren. Der Padischah sagte, dass er es versuchen wolle, ob dem wirklich so sei und da sein Sohn einwilligte, so riss sich dieser drei Haare vom Kopfe und gab sie seinem Vater hin. Dieser band ihm damit seine Finger zusammen und er war wirklich nicht mehr im Stande sich zu rühren.
Sofort gab der Padischah den Befehl, seinem Sohne den Kopf abzuschlagen, allein der Henker weigerte sich, dies zu tun und lief davon. Der Padischah wusste nicht, was er anfangen soll; er kratzte daher seinem Sohne die Augen aus, steckte dieselben in seine Tasche und liess den Sohn in einen entfernt gelegenen trockenen Brunnen werfen. Der Jüngling hatte, wohin er auch ging, immer einen kleinen Hund an seiner Seite. Dieser Hund begleitete seinen Herrn auch bis zum Brunnen und blieb dort an seiner Seite.
Eine geraume Zeit war seitdem verstrichen, als der Padischah den Willen kundgab, jene Mädchen zu heiraten; allein diese liessen ihm sagen, dass sie nur dann kommen, wenn man vierzig Wagen um sie schicken wird, in denen je ein Mädchen sitzt und ausserdem noch vierzig leere Wagen, auf welche sie ihre Ausstattung aufladen wollen. Der Padischah erfüllte ihren Wunsch und schickte die gewünschten Wagen. Die Mädchen schnitten den vierzig Mädchen die Köpfe ab, legten diese in die leeren Wagen und schickten sie so zurück. Der Padischah war in der Meinung, dass die Ausstattung angekommen sei und sah anstatt dessen, dass die Leichname der getöteten Mädchen darin waren. Darüber erzürnt, begann der Padischah mit den Mädchen einen Kampf, die Mädchen aber brachten mit den lahmen Dew alle Männer, die er gegen sie sendete, um.
Unterdessen zog eine Karawane in der Nähe jenes Brunnens vorüber, in dem der Jüngling sich befand. Der Hund des Jünglings schleppte sich zur Karawane hin und da er sich an die Leute anschmiegte, warfen sie ihm ein Stück Brot hin. Der Hund nahm das Brot, lief damit zum Brunnen und warf es hinein; dann lief er wieder zur Karawane zurück und machte dies so dreimal. Als dies der Karawanenführer sah, sprach er: »Dieser Hund hat entweder Junge, oder es steckt etwas anderes dahinter.« Er ging dem Hunde nach und da er bemerkte, dass er das Brot in den Brunnen warf, ging er hin und horchte am Brunnen. Er hörte, wie der Jüngling rief: »Rettet mich aus dem Brunnen.«
Sofort liess er einen Strick hinab und rief dem Jüngling zu, sich an demselben festzuhalten. Der Jüngling rief zurück, dass ihm die Hände gefesselt sind, worauf man einen Mann hinunter liess, der den Jüngling herauf holte. Da erblickten sie einen blinden Jüngling vor sich, dem die Hände zusammengebunden waren. Auf ihre Frage erzählte er ihnen, dass der Feind mit ihm so verfahren. Da sprachen jene zu ihm: »Wenn wir dich von hier mit uns nehmen, so könnte man noch glauben, dass wir dir dies angetan haben und unsere Karawane könnte noch Plackereien haben. Er ist am besten, wenn du hier bleibst und zu Allah um Hilfe flehst. Damit gaben sie ihm Speise und Trank und liessen ihn dort. Der Jüngling bedankte sich bei ihnen und als er da Tag und Nacht sass und weinte, erschien eines Tages ein Pir vor ihm. Er betete für den Jüngling, nahm aus seiner Tasche zwei Augen hervor, setzte sie dem Jüngling ein und siehe da, der Jüngling gewann wieder sein Augenlicht zurück. Da war aber der Pir auch schon verschwunden«.
Der Jüngling ging nun geradeaus in seine Vaterstadt. Er ging in den Seraj zu seinem Vater und als er erfuhr, dass er mit den Mädchen Krieg führe, sprach er: »Mein Schah und Vater, in drei Tagen fange ich den Dew und bringe ihn dir her.« Der Vater freute sich darüber und versprach ihm, dass, wenn er dies tue, er ihm jeden Wunsch erfüllen werde. Unterdessen aber hatte dieser Dew alle Leute, die gegen ihn auszogen, getötet. Tags darauf bat der Jüngling den Padischah, ihm zu erlauben, dass er selbst sich ein Pferd und Schwert aussuche. Sein Schwert und Pferd war nähmlich dort im Seraj geblieben, als man ihm die Augen ausgestochen. Der Jüngling suchte sich unter sämtlichen Schwerten sein eigenes heraus; dann ging er in den Stall, wählte sich sein eigenes Ross heraus, setzte sich auf dasselbe und zog gegen den Dew.
Als die Mädchen sahen, dass ein Jüngling allein gegen sie herankam, sagten sie, dass der Padischah gewiss schon keine Männer habe und nur dieser einzige Bursche ihm übrig geblieben sein muss. Wie der Jüngling sich nun dem Dew näherte, wollte dieser sich auf ihn stürzen, doch als der Jüngling sein Schwert zog, blieb der Dew wie gebannt stehen. »Hast du mich wieder erkannt?« fragte ihn der Jüngling, und kehrte in den Seraj zurück. Der Padischah war sehr erfreut zu sehen, dass der Dew dem Jüngling keinen Schaden zufügte und auch die Mädchen ahnten, dass dies gewiss ihr Schehzade sein muss. Sie sagten dem Dew, dass er sich dem Jüngling am nächsten Tage, wenn dieser ihn wieder angreife, ganz ergeben solle.
Als es Morgen wurde, setzte sich der Dew wieder auf’s Pferd und zog gegen den Dew, der sich ihm ergab. Der Jüngling nahm den Dew und führte ihn vor den Padischah. Dieser erschrak vor dem Dew und schrie, er solle ihn nicht zu ihm hinbringen. »Wir haben ausgemacht, dass ich ihn fange, du aber ihn tötest,« sprach der Jüngling und damit liess er den Dew auf den Padischah los. Sofort packte der Dew den Padischah, riss ihn vom Throne, warf ihn zur Erde und tötete ihn; zu den Weziren aber sprach er: »Seht, dessen Sohn, ›Achmed der Fingerlose‹ hat mich hieher gebracht.« Die Wezire, die es ohnehin nicht gerne sahen, was der Padischah seinem Sohne getan, setzten den Jüngling sofort auf den Thron und machten ihn zum Padischah. Dieser liess dann sogleich die drei Mädchen und seine Mutter holen; die Mädchen nahm er sich zu Frauen und lebte bis zu seinem Tode glücklich mit ihnen.
Als sie nun gingen und gingen, kamen sie zu einem Wasser und blieben vorläufig dort. Wie der Jüngling dort hin- und herstreifte, stiess er auf einen Stein, aber auf einen solchen, von dem das Auge, wenn man darauf schaute, geblendet wurde. Er nahm den Stein zu sich und sie wanderten weiter. Als sie eine lange Zeit gewandert waren, kamen sie eines Tages in eine Stadt, wo sie ein Haus mieteten und sich niederliessen.
Der Padischah jener Stadt hatte das Anzünden der Kerzen verboten, so dass dort in der Nacht niemand Licht machen durfte. Der Jüngling legte den Stein, den er gefunden, in sein Zimmer und der Glanz jenes Steines beleuchtete nicht bloss ihr Zimmer, sondern auch die ganze Stadt. Die Mutter hatte zwar den Sohn gemahnt, den Stein zu verbergen, denn wenn man diese Helle wahrnehme, so würde man sie ergreifen und sie könnten noch in grosse Gefahr geraten; allein der Jüngling hörte nicht auf seine Mutter, da sie doch keine Kerzen anzündeten und das Verbot nicht übertreten haben.
Zufällig schaute der Padischah in dieser Nacht zum Fenster hinaus und sah die grosse Helle. Er liess seinen Wezir rufen und fragte ihn, was diese grosse Helle zu bedeuten habe. Der Lala wusste nur so viel, dass dieser Glanz aus einem gewissen Hause ausstrahle. Sofort wurden Leute ausgeschickt, um der Sache auf den Grund zu kommen. Sie gingen hin, klopften an der Türe jenes Hauses an und sagten dem Jüngling, dass ihn der Padischah rufen lasse. Der Jüngling ging in den Seraj, wo der Padischah ihn fragte, wie er sich unterstehen konnte, das Verbot zu übertreten. Der Jüngling entschuldigte sich damit, dass er nichts getan, was dem Verbote zuwider wäre und dass der Glanz nicht von einer Kerze, sondern von einem bei ihm sich befindlichen Steine herrühre. »Bringe den Stein her« sagte ihm der Padischah. Der Jüngling ging um den Stein nach Hause, trug ihn dem Padischah hin, der ihn zu sich nahm und den Jüngling aus dem Palaste fortjagte. Der Jüngling war froh, dass er damit der Gefahr entronnen.
Als der Padischah den Stein seinem Wezir zeigte, sprach dieser zu ihm: »Mein Schah, fordere von dem Manne, der diesen Stein brachte, einen Sack voll Diamanten, denn wo dieser Stein gefunden wurde, dort muss noch viel dergleichen sein.« Sofort liess der Padischah den Jüngling holen und als er kam, forderte er von ihm einen Sack voll Diamanten. »Woher soll ich die Diamanten nehmen?« fragte der Jüngling. »Das ist deine Sache,« sprach der Padischah, »und wenn sie in vierzig Tagen nicht da sein werden, so lasse ich dir den Kopf abhauen.« Der Jüngling ging nachdenkend nach Hause und erzählte die Sache seiner Mutter, die zu ihm sprach: »Habe ich dir nicht gesagt, dass jener Stein uns noch viel Unglück bringen wird? Woher sollen wir so viel Diamanten nehmen?« Damit hub sie in ihrer Verzweiflung zu weinen an. Nachdem ein-zwei Tage so in Verzweiflung verstrichen waren, sagte sie zu ihrem Sohne: »Mit dem Weinen helfen wir uns nicht, wir müssen etwas tun.« »Ja, was sollen, was können wir denn auch tun?« fragte der Sohn. »Geh dorthin,« sprach seine Mutter, »wo du den Stein gefunden; wie, wenn du dort etwas findest?«
Der Jüngling setzte sich auf’s Pferd und ritt schnell zu jener Stelle hin. Als er dort hin- und hersuchte, erblickte er von Ferne einen grossen Berg. Er ging schnurstracks auf denselben zu und als er über jenen Berg gestiegen war, stand ein Seraj vor ihm. Als er in denselben eintrat, da sah er einen siebenköpfigen Drachen vor sich liegen. »Was suchte ich und auf was bin ich gestossen,« sagte der Jüngling. In seiner Wut riss er seinen Handschar hervor, hieb damit auf den Drachen ein und schnitt ihm mit einem Streiche sechs seiner Köpfe ab. »Schlag noch einmal auf mich zu, wenn du ein Mann bist,« sagte der Drache. Der Jüngling aber sprach: »Meine Mutter hat mich auch nur einmal geboren,« und verliess den Drachen, der sich in seinem Blute wälzte.
Plötzlich hörte er einen grossen Lärm aus dem Seraj und eine Stimme, welche rief: »Du hast meinen Feind getötet und gehst nun fort?« Der Jüngling kehrte zurück und sah, dass ihm ein Mädchen von strahlender Schönheit entgegen komme. Als er in ihre Nähe gelangte, sagte das Mädchen zu ihm: »O Jüngling, gerade zehn Jahre sind es, dass ich von diesem Drachen gefangen genommen wurde; jetzt gehöre ich dir, bringe mich, wohin du willst.« Der Jüngling sagte ihr, dass er jetzt andere Sorgen im Kopfe habe, allein das Mädchen flehte ihn so lange an, sie nicht dort zu lassen, bis der Jüngling nicht widerstehen konnte, sie auf’s Pferd setzte und zu seiner Mutter nach Hause brachte.
Als der Jüngling zu Hause wieder trauerte und sich abhärmte, fragte ihn das Mädchen, was sein Herz bedrücke. »Frag mich nicht,« sprach der Jüngling, »mir kann nur Allah helfen.« Das Mädchen quälte den Jüngling so lange, bis er ihr sein Leid klagte. Hierauf sagte das Mädchen: »Es ist wahrlich schade, wegen dieser Kleinigkeit so traurig zu sein, ich werde dir schon helfen; doch jetzt bin ich durstig, bring aus der Quelle einen Krug Wasser und lass mich einen guten Schluck daraus machen.« Der Jüngling dachte bei sich, dass er auch sie nur zu seinem Verdrusse mit sich gebracht habe; doch weil sie sein Gast war, nahm er den Krug, obzwar unwirsch, ging mit ihm zur Quelle, füllte ihn dort und brachte ihn zum Mädchen zurück. Das Mädchen legte ihre Kleider ab, sagte dem Jüngling, dass er sie mit jenem Wasser vom Kopfe bis zum Fusse begiesse. Der Jüngling nahm den Krug und als er das Mädchen damit begoss, wurde jede Stelle, wohin sich das Wasser ergoss, voll mit Diamanten. Der Jüngling erstaunte darüber und freute sich, »Jetzt scharre die Diamanten zusammen, fülle sie in einen Sack und trag ihn zum Padischah hin,« sprach das Mädchen. Der Jüngling tat also und brachte den grossen Schatz dem Padischah hin.
Nachdem sich der Jüngling wieder entfernt hatte, liess der Padischah den Wezir holen und zeigte ihm die vielen Diamanten. »Siehst du,« sagte der Wezir, »ich hatte recht. Jetzt fordere von ihm noch einen Sack Perlen.« »Woher soll der Jüngling diese nehmen?« sagte der Schah. »Wo er die Diamanten gefunden, dort wird er auch dies finden,« antwortete der Wezir, »tue nur, was ich dir sage.« Der Padischah liess den Jüngling abermals rufen und sagte ihm, er solle ihm einen Sack Perlen bringen. »Wo soll ich so viel Perlen hernehmen?« fragte der Jüngling. »Du hast vierzig Tage Zeit« sagte der Padischah, »wenn du sie nicht his dahin bringst, so lasse ich dich umbringen.« Was sollte der Jüngling tun. Er liess den Kopf hängen und kehrte traurig nach Hause. »Was fehlt dir?« fragte das Mädchen den Jüngling, als sie ihn so traurig zurükkehren sah, worauf er ihr die Sache erzählte. »Nun so geh,« sagte das Mädchen, »und hinter jenem Seraj, wo ich war, wirst du einen anderen Seraj antreffen; dort findest du, was du suchst.«
Der Jüngling bestieg wieder sein Pferd und machte sich auf den Weg. Er ritt und ritt so lange, bis er auf den anderen Seraj stiess. Auch dort tötete er einen Drachen, und als er ihn in seinem Blute sich wälzend verlassen wollte, wurde ihm auch hier nachgerufen. Er kehrte um und es erschien ein Mädchen, das noch schöner, als das andere war. Ziehen wir die Sache nicht in die Länge, er nahm auch dieses Mädchen mit sich nach Hause; auch sie verlangte von ihm einen Krug Wasser, und als er sie damit begoss, wurde alles voll mit Perlen. Der Jüngling raffte sie in einem Sacke zusammen und trug ihn zum Padischah hin. Der Padischah liess wieder seinen Wezir rufen, der ihm jetzt riet, vom Jüngling einen Sack Rubinen zu verlangen. Der Jüngling wurde wieder gerufen und als der Sultan von ihm die Rubinen verlangte, ging er wieder sehr traurig nach Hause. Als das zuerst gebrachte Mädchen die Sache erfuhr, sagte sie ihm, er solle sich wieder auf den Weg machen und über den zweiten Seraj hinausgehen, dann werde er einen dritten antreffen; in denselben soll er hineingehen und dort werde er das finden, was er braucht. Der Jüngling setzte sich also auf’s Pferd und ritt hin.
Er kam auch wirklich zu jenem Seraj, stiess auch dort auf einen Drachen, dem er den Kopf abhieb, brachte auch von dort ein Mädchen mit sich, welches von einer noch strahlenderen Schönheit war, als die vorigen. Nachdem er auch dieses mit Wasser begossen und sich alles in Rubinen verwandelt hatte, nahm er einen Sack voll davon und brachte ihn zum Padischah hin. Da sprach der Wezir des Padischah: »Nun siehst du, mein Schah; nun verlange vom Jüngling einen solchen Kiosk in die Mitte des Meeres, der nur aus Diamanten, Rubinen und Perlen erbaut sei.« Der Padischah zweifelte daran, dass der Jüngling imstande wäre, dies zu machen. Allein der Wezir gibt nicht nach, so dass der Padischah den Jüngling wieder rufen liess. Er teilt ihm seinen Wunsch mit und gab ihm zugleich eine Frist von vierzig Tagen dazu. Der Jüngling bereute es tief, dass er in diese Stadt gekommen und indem er zum Schöpfer flehte, kehrte er in sein Haus zurück.
Als ihn die Mädchen empfingen und sein besorgtes Gesicht sahen, fragten sie ihn nach dessen Ursache. Der Jüngling berichtete ihnen alles. Da sprach das älteste Mädchen zu ihm: »Mach dich auf den Weg, dort und dort wirst du zu einem Berge gelangen; auf jenen Berg geh hinauf und schrei von oben, aus allen deinen Leibeskräften: ›Hadschi Baba!‹, und wenn du darauf eine Stimme hörest, so sprich: ›Deine älteste Tochter verlangt ihren kleinsten Seraj; wenn du keine Antwort vernimmst, gib acht, dass du nicht noch einmal rufest, sonst ist’s aus mit dir.‹« Der Jüngling bestieg sein Pferd und begab sich schnurstracks dorthin, wohin ihn das Mädchen schickte. Als er auf jenen Berg ankam, rief er »Hadschi Baba!« aus allen Leibeskräften so sehr, dass davon die Erde erdröhnte. »Was willst du?« fragte ihn eine Stimme. »Deine älteste Tochter verlangt ihren kleinsten Seraj« antwortete er. Hierauf vernahm er folgende Antwort: »Ich habe ihn schon besorgt, noch ehe sie ihn verlangte.« Der Jüngling kehrte um und ritt nach Hause.
Am andern Morgen, als der Padischah sich aus seinem Bette erhob und zum Fenster hinausschaute, da wurde sein Auge so geblendet, dass er es sofort wieder schliessen musste. »Was mag denn das sein?« dachte er sich und nachdem er sich die Augen gerieben, klatschte er in die Hände und liess seinen Wesir rufen. Er fragte ihn, was mit seinen Augen geschehen, dass es ihm vor denselben so flimmert. »Der Edelstein-Kiosk in der Mitte des Meeres blendet dein Auge so sehr,« sprach der Wezir. Damit gingen sie und der König nahm alle Wezire und Paschas, so viel er nur hatte, mit sich hinüber in jenen Kiosk.
Während sie herumgehend den Kiosk besichtigten, sprach das Mädchen zum Jüngling, er solle auf jenen Berg zurückgehen und rufen, dass man den Kiosk zurücknehme. Der Jüngling setzte sich auf’s Pferd, ritt im Galopp auf den Berg und rief, dass man den Kiosk zurücknehme. Hierauf antwortete eine Stimme: »Wir haben ihn schon zurückgebracht.« Damit kehrte der Jüngling zurück und als er anlangte, da sah er, dass der Konak nicht mehr im Meere war; die darin befindlichen Leute mit dem Padischah ertranken im Wasser. Da sagte das Mädchen dem Jüngling: »Nun mein Schehzade, in dieser Stadt können wir nicht mehr bleiben, gehen wir.« Damit machte sich der Schehzade mit den drei Mädchen und seiner Mutter auf den Weg und sie gingen in die Vaterstadt des Jünglings.
Als sie nun so gingen und gingen, erblickten sie auf dem Wege einen lahmen Dew. Der Jüngling fuhr auf ihn los, um ihn zu töten, allein der Dew flehte ihn an, ihm nichts zu tun; er könnte ihm ja noch einmal nützlich werden. Auch die Mädchen redeten ihm zu, ihm nichts anzuhaben und so zogen sie mit dem Dew in die Heimatsstadt. Ausserhalb der Stadt liessen sie sich auf einem Platze nieder und das älteste Mädchen zauberte einen solchen Seraj auf jene Stelle hin, dass in keiner einzigen Stadt ein Padischah einen solchen Seraj hatte.
Als der Vater des Jünglings eines Tages aufstand und zum Fenster hinausschaute, erblickte er den Seraj. Er liess den Wezir holen und fragte ihn, was jener Seraj bedeute. Sofort schickte man Leute hin, um zu erfahren, was an der Sache ist; sie kamen mit der Meldung zurück, dass im Seraj Achmed der Fingerlose, der Sohn des Padischah wohne. Als der Padischah dies vernahm, ging er sogleich in jenen Seraj. Sein Sohn empfängt ihn mit grossen Ehren und grosser Freude und stellte ihm die drei Mädchen vor. Die Schönheit dieser Mädchen, dergleichen bis dahin auf der Welt noch nicht zu sehen war, fesselte den Padischah so sehr, dass er sich sofort in sie verliebte und als er später in seinen Palast zurückkehrte, zu seinem Wezir sagte: »Ich lasse den Jungen umbringen,« Sein Wezir wollte ihn beschwichtigen, indem er ihm sagte, dass er schon einmal seinem Sohne zürnte und ihn aus der Stadt verbannte, seitdem sind schon mehrere Jahre verflossen; wer weiss, wo er seitdem herumwanderte und wie viel er zu leiden hatte. Allein wie sehr ihn auch sein Wezir bat, seinem Sohn kein Leid zuzufügen, der Padischah blieb dabei, ihn töten zu lassen. »Nun wenn es so sein muss« sagte der Wezir »so lade ihn in deinen Seraj, vergifte seine Speisen, damit er davon sterbe.«
Sofort schickte der Padischah seine Leute zu ihm und liess ihn zu sich laden. Ehe der Jüngling hinging, zog das Mädchen einen Ring von ihrem Finger und gab ihn dem Jüngling mit den Worten: »Wenn du im Seraj angekommen bist, so berühre mit diesem Ringe, ohne dass es jemand wahrnimmt, die dir vorgesetzten Speisen.« Der Jüngling steckte den Ring an den Finger und ging in den Seraj seines Vaters. Dort sassen sie eine Weile im Gespräche mit einander, dann brachte man die Speisen. Die Speisen waren alle vergiftet, allein der Jüngling berührte sie, ehe er davon, kostete, unbemerkt mit seinem Ringe und verzehrte sie. Dann erhoben sie sich vom Tische und bald darauf entfernte er sich.
Als der Padischah sah, dass sein Sohn davon nicht gestorben, befragte er seinen Wezir. Dieser sagte ihm, er möge seinen Sohn noch einmal zu sich laden und mit ihm Tawla spielen, dabei sollen sie das Übereinkommen treffen, dass derjenige, der das Spiel verliere, gebunden werde. »Verliert dein Sohn, so fessele ihm die Arme und lasse ihn töten.« Der Padischah liess auch wirklich wieder seinen Sohn holen und als dieser kam und sie gegessen und getrunken hatten, sprach der Padischah: »Komm mein Sohn, spielen wir Tawla; doch wer von uns das Spiel verliert, der soll gebunden werden.« Sie setzten sich zum Spiel, der Padischah verlor. Den Jüngling verdross die Sache und da er nicht ahnte, dass sein Vater Böses gegen ihn im Schilde führe, so spielten sie wieder und sein Vater verlor abermals. Allein der Jüngling bat seinen Vater mit Ehrfurcht, noch einimal zu spielen und um seinem Vater einen Gefallen zu erweisen, liess er ihn gewinnen. Hierauf sprach der Vater zum Sohne: »Laut unserem Übereinkommen werde ich dich jetzt binden.« Der Jüngling widersetzte sich nicht, man band ihm mit einem ziemlich starken Stricke die Arme zusammen und als der Vater um den Henker schickte, gab der Jüngling am Stricke einen Ruck, worauf er zerriss.
Als der Padischah dies sah, sagte er, dass das Ganze nur Scherz wäre und er nur wissen wollte, ob sein Sohn Burschenkraft besitze. »Wenn dem so ist,« sprach der Jüngling, »so lass mich mit Eisenketten binden.« Der Padischah liess sofort eine Kette holen und den Jüngling damit fest binden, allein der Jüngling zerriss auch diese auf einen Ruck. Der Padischah ärgerte sich in Stillem darob gar sehr und zerbrach sich darüber den Kopf, wie er seinen Sohn denn doch umbringen könnte. Immer daran denkend, sprach er zu seinem Sohne: »Ich sehe, mein Sohn, dass du ein tüchtiger Junge bist, ich bin aber dein Vater und du könntest mir wohl sagen, worin das Geheimnis deiner Kraft liegt.« Der Jüngling, der nichts Böses ahnte, sagte, dass wenn man ihm aus seinem Haupte drei Haare ausreisse und damit seine Finger zusammenbinde, er nicht im Stande wäre, selbst ein Haar zu rühren. Der Padischah sagte, dass er es versuchen wolle, ob dem wirklich so sei und da sein Sohn einwilligte, so riss sich dieser drei Haare vom Kopfe und gab sie seinem Vater hin. Dieser band ihm damit seine Finger zusammen und er war wirklich nicht mehr im Stande sich zu rühren.
Sofort gab der Padischah den Befehl, seinem Sohne den Kopf abzuschlagen, allein der Henker weigerte sich, dies zu tun und lief davon. Der Padischah wusste nicht, was er anfangen soll; er kratzte daher seinem Sohne die Augen aus, steckte dieselben in seine Tasche und liess den Sohn in einen entfernt gelegenen trockenen Brunnen werfen. Der Jüngling hatte, wohin er auch ging, immer einen kleinen Hund an seiner Seite. Dieser Hund begleitete seinen Herrn auch bis zum Brunnen und blieb dort an seiner Seite.
Eine geraume Zeit war seitdem verstrichen, als der Padischah den Willen kundgab, jene Mädchen zu heiraten; allein diese liessen ihm sagen, dass sie nur dann kommen, wenn man vierzig Wagen um sie schicken wird, in denen je ein Mädchen sitzt und ausserdem noch vierzig leere Wagen, auf welche sie ihre Ausstattung aufladen wollen. Der Padischah erfüllte ihren Wunsch und schickte die gewünschten Wagen. Die Mädchen schnitten den vierzig Mädchen die Köpfe ab, legten diese in die leeren Wagen und schickten sie so zurück. Der Padischah war in der Meinung, dass die Ausstattung angekommen sei und sah anstatt dessen, dass die Leichname der getöteten Mädchen darin waren. Darüber erzürnt, begann der Padischah mit den Mädchen einen Kampf, die Mädchen aber brachten mit den lahmen Dew alle Männer, die er gegen sie sendete, um.
Unterdessen zog eine Karawane in der Nähe jenes Brunnens vorüber, in dem der Jüngling sich befand. Der Hund des Jünglings schleppte sich zur Karawane hin und da er sich an die Leute anschmiegte, warfen sie ihm ein Stück Brot hin. Der Hund nahm das Brot, lief damit zum Brunnen und warf es hinein; dann lief er wieder zur Karawane zurück und machte dies so dreimal. Als dies der Karawanenführer sah, sprach er: »Dieser Hund hat entweder Junge, oder es steckt etwas anderes dahinter.« Er ging dem Hunde nach und da er bemerkte, dass er das Brot in den Brunnen warf, ging er hin und horchte am Brunnen. Er hörte, wie der Jüngling rief: »Rettet mich aus dem Brunnen.«
Sofort liess er einen Strick hinab und rief dem Jüngling zu, sich an demselben festzuhalten. Der Jüngling rief zurück, dass ihm die Hände gefesselt sind, worauf man einen Mann hinunter liess, der den Jüngling herauf holte. Da erblickten sie einen blinden Jüngling vor sich, dem die Hände zusammengebunden waren. Auf ihre Frage erzählte er ihnen, dass der Feind mit ihm so verfahren. Da sprachen jene zu ihm: »Wenn wir dich von hier mit uns nehmen, so könnte man noch glauben, dass wir dir dies angetan haben und unsere Karawane könnte noch Plackereien haben. Er ist am besten, wenn du hier bleibst und zu Allah um Hilfe flehst. Damit gaben sie ihm Speise und Trank und liessen ihn dort. Der Jüngling bedankte sich bei ihnen und als er da Tag und Nacht sass und weinte, erschien eines Tages ein Pir vor ihm. Er betete für den Jüngling, nahm aus seiner Tasche zwei Augen hervor, setzte sie dem Jüngling ein und siehe da, der Jüngling gewann wieder sein Augenlicht zurück. Da war aber der Pir auch schon verschwunden«.
Der Jüngling ging nun geradeaus in seine Vaterstadt. Er ging in den Seraj zu seinem Vater und als er erfuhr, dass er mit den Mädchen Krieg führe, sprach er: »Mein Schah und Vater, in drei Tagen fange ich den Dew und bringe ihn dir her.« Der Vater freute sich darüber und versprach ihm, dass, wenn er dies tue, er ihm jeden Wunsch erfüllen werde. Unterdessen aber hatte dieser Dew alle Leute, die gegen ihn auszogen, getötet. Tags darauf bat der Jüngling den Padischah, ihm zu erlauben, dass er selbst sich ein Pferd und Schwert aussuche. Sein Schwert und Pferd war nähmlich dort im Seraj geblieben, als man ihm die Augen ausgestochen. Der Jüngling suchte sich unter sämtlichen Schwerten sein eigenes heraus; dann ging er in den Stall, wählte sich sein eigenes Ross heraus, setzte sich auf dasselbe und zog gegen den Dew.
Als die Mädchen sahen, dass ein Jüngling allein gegen sie herankam, sagten sie, dass der Padischah gewiss schon keine Männer habe und nur dieser einzige Bursche ihm übrig geblieben sein muss. Wie der Jüngling sich nun dem Dew näherte, wollte dieser sich auf ihn stürzen, doch als der Jüngling sein Schwert zog, blieb der Dew wie gebannt stehen. »Hast du mich wieder erkannt?« fragte ihn der Jüngling, und kehrte in den Seraj zurück. Der Padischah war sehr erfreut zu sehen, dass der Dew dem Jüngling keinen Schaden zufügte und auch die Mädchen ahnten, dass dies gewiss ihr Schehzade sein muss. Sie sagten dem Dew, dass er sich dem Jüngling am nächsten Tage, wenn dieser ihn wieder angreife, ganz ergeben solle.
Als es Morgen wurde, setzte sich der Dew wieder auf’s Pferd und zog gegen den Dew, der sich ihm ergab. Der Jüngling nahm den Dew und führte ihn vor den Padischah. Dieser erschrak vor dem Dew und schrie, er solle ihn nicht zu ihm hinbringen. »Wir haben ausgemacht, dass ich ihn fange, du aber ihn tötest,« sprach der Jüngling und damit liess er den Dew auf den Padischah los. Sofort packte der Dew den Padischah, riss ihn vom Throne, warf ihn zur Erde und tötete ihn; zu den Weziren aber sprach er: »Seht, dessen Sohn, ›Achmed der Fingerlose‹ hat mich hieher gebracht.« Die Wezire, die es ohnehin nicht gerne sahen, was der Padischah seinem Sohne getan, setzten den Jüngling sofort auf den Thron und machten ihn zum Padischah. Dieser liess dann sogleich die drei Mädchen und seine Mutter holen; die Mädchen nahm er sich zu Frauen und lebte bis zu seinem Tode glücklich mit ihnen.
[Asien: Türkei. Märchen der Welt]