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Rotbäckchen

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Am Rande eines dunklen und unheimlichen Waldes, nahe einem kleinen Dorf wohnte ein Mädchen. Es war ein liebes Kind und immer wenn es sich freute, bekam es rote Wangen. Daher nannten es die Dorfbewohner Rotbäckchen.

Im dunklen Forst hauste die böse Hexe Wetter. Sie war als Herrscherin über das Unwetter berüchtigt. Ihre Untertanen waren der Sturm, Nebel, Regen, Blitz und Donner. Gemeinsam hausten sie in einer alten Burg inmitten großer, dicker Bäume. Im Winter beherbergte das alte Gemäuer noch die Schneekönigin und den Eisprinzen aus dem hohen Norden. Die Hexe feierte oft mit ihren Gehilfen und brachte dann Sturm, Regen und Nebel über das Land, denen vielmals Blitz, Donner, Schnee und Eis folgten.
Besonders im Herbst und im Winter konnten die Bewohner der kleinen Waldsiedlung ihre Häuser kaum verlassen. Fast jeder Tag brachte ihnen schlechtes Wetter. Entweder stürmte es oder der Regen peitschte ihnen ins Gesicht. Am gruseligsten war der Nebel, der einen undurchsichtigen Schleier über die Landschaft legte und den dunklen Wald unheimlich erscheinen ließ. Deshalb blieben die Menschen diesem geheimnisvollen Ort stets fern. Keiner traute sich in das Reich der Hexe. Das ärgerte die Königin des Unwetters natürlich sehr, da sie mit den Dorfbewohnern gern ihren Schabernack trieb. Daher ersann sie einen teuflischen Plan.
Eines Tages machte sie sich mit ihren Gehilfen auf den Weg ins Dorf und forderte die Dörfler auf, ihr am nächsten Tag ein hübsches, junges Mädchen zu schicken, das als Haushälterin und Köchin in der Burg arbeiten sollte. Falls sie dieser Aufforderung nicht nachkämen, dann würde sie solch ein Unwetter über das Dorf hereinbrechen lassen, dass kein Haus mehr in der Siedlung wiederzuerkennen wäre.
„Der Sturm wird alle Dächer abdecken und der Regen solange herniederprasseln, bis der kleine Bach euer Dorf überflutet. Ich gebe euch eine Frist bis morgen um die Mittagsstunde. Sollte bis dahin die Jungfer nicht auf der Burg erscheinen, werdet ihr eure Entscheidung bereuen!“
Die Dorfbewohner erschraken fürchterlich und wussten nicht, was sie machen und wen sie schicken sollten.
Da meldete sich Rotbäckchen und sagte: „Ich gehe zur Hexe und werde die Arbeit verrichten.“

Am nächsten Tag trat die Kleine ihren Dienst bei der Königin des Unwetters an. Diese freute sich und das Mädchen musste sogleich die Burg saubermachen und Essen für alle kochen.
So vergingen drei Jahre. Rotbäckchen wurde größer und verlangte schließlich von der Hexe einen angemessenen Lohn für ihre Arbeit.
Diese lachte. „Sei zufrieden, dass ich dir nicht nach deinem Leben trachte. Und jetzt mach dich schleunigst wieder an deine Arbeit.“
„Das ist schon ein gerechter Lohn“, antwortete die Jungfer.

Gleich darauf ging sie in das Zimmer vom Nebel und machte im Ofen ein großes Feuer, so dass sich der Raum aufheizte. Als der Nebel hereinkam, löste er sich durch die Wärme im Nu auf. Zurück blieben nur noch ein paar Wassertropfen.
Auch bei dem Eisprinzen und der Schneekönigin heizte Rotbäckchen den großen Kachelofen ein und beide kalten Freunde der Wetterhexe schmolzen in kurzer Zeit zu Wasser.

Dem Donner bereitete das Mädchen einen schmackhaften Tee und versetzte diesen mit etwas Pfeffer. Die Wirkung ließ nicht lange auf sich warten. Der Krachmacher lief umgehend zum Brunnen, um seinen riesigen Durst zu löschen. Dabei beugte er sich über den Rand. Rotbäckchen lief hinzu und gab ihm einen Schubs, dass er mit einem lauten Plumps hineinfiel. Da er nicht schwimmen konnte, ertrank der Donner.

Als das Mädchen damit fertig war, schöpfte es einen großen Eimer voll Wasser und ging damit ins Zimmer vom Blitz. Dieser saß am Fenster und schaute heraus. Da nahm Rotbäckchen den Wassereimer und kippte das Nass über ihn und löschte somit sein Blitzfeuer.

Nachdem Blitz, Donner, Eis und Schnee sowie der Nebel besiegt waren, lief das Mädchen in den Stall und holte einen großen Sack. Damit rannte es in das Zimmer des Sturmes. Doch statt den Müll hineinzustopfen, schupste Rotbäckchen den Sturm vom Stuhl, stülpte ihm den Stoffsack über und band diesen zu. Es gab eine große Flamme, als der eingeschnürte Sturm im brennenden Kamin landete.
„Jetzt fehlt nur noch der Regen. Was mache ich nur mit ihm?“, fragte sich Rotbäckchen.
Zunächst musste Essen gekocht werden.
Als sie den Ofen so richtig angeheizt hatte, rief sie den Regen. Dieser war ein kleiner Feinschmecker. Rotbäckchen bot ihm an, aus einem Topf zu kosten. Sogleich nahm der Regen einen Löffel und beugte sich über das Gefäß. Schnell schnappte Rotbäckchen den Topf und zog ihn blitzschnell von der Feuerstelle. Bevor der nasse Bösewicht bemerkte, was das Mädchen getan hatte, war es zu spät. Zischend landete er auf der Herdplatte und löste sich im Nu in Wasserdampf auf.
So hatte Rotbäckchen alle Freunde der Wetterhexe ausgeschaltet.
Nun konnte der liebe Petrus seine Jahreszeiten wieder ohne die ewigen Störungen der alten Wetterhexe und ihrer bösartigen Freunde auf der Erde gestalten.
Jetzt blieb für Rotbäckchen nur noch die Herrscherin des Unwetters selbst unschädlich zu machen.

Plötzlich wurde es unheimlich hell. Die Sonne strahlte vom Himmel. Sofort lief die Hexe herbei und rief nach ihren Untertanen. Doch sie erhielt keine Antwort. Da trat Rotbäckchen zu ihr und sprach: „Sie sind alle tot.“
„Das kann nicht sein!“, schrie die Alte und suchte jeden Raum der Burg ab. Als sie niemanden fand, schrie sie laut auf, schnappte ihren Hexenbesen und flog davon.
Rotbäckchen kehrte wieder ins Dorf zurück. Die Bewohner bewunderten den Mut des Mädchens, denn seit dieser Zeit scheint im Dorf oft die Sonne. Die Hexe wurde nie mehr gesehen.

Quelle: Friedrich Buchmann

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