Es war einmal ein alter Mann und eine alte Frau, die hatten keine Kinder, und eines Tages ging die Alte auf das Feld und brach sich einen Korb voll Bohnen, und als sie damit fertig war, sah sie in den Korb und sprach: »ich wollte, daß alle Bohnen zu lauter kleinen Kindern würden.« Kaum hatte sie das gesagt, so sprang eine ganze Schaar von kleinen Kindern aus dem Korbe und tanzte um sie herum. Eine solche Familie erschien aber der Alten doch zu groß, und sie sprach daher: »ich wollte, daß ihr wieder zu Bohnen würdet.« Kaum hatte sie das gesagt, so kletterten die Kinder in den Korb zurück und wurden wieder zu Bohnen bis auf ein kleines Knäblein, das die Alte mit sich nach Hause nahm. Das war aber so klein, daß man es nur klein Pfefferkorn nannte, doch war es dabei so lieb und herzig, daß alle Welt es gern hatte.
Eines Tages kochte die Alte ihre Suppe, und klein Pfefferkorn kletterte an dem Kessel hinauf und blickte hinein, um zu erfahren, was gekocht würde, aber er versah es dabei und fiel in die siedende Brühe, und brühte sich darin zu Tode. Erst als Essenszeit war, bemerkten die Alten, daß er fehle, und nun suchten sie überall vergebens nach ihm, um ihn zum Essen zu rufen. Endlich setzten sie sich ohne den Kleinen zu Tisch; als sie aber die Suppe aus dem Kessel in die Schüssel schütteten, da schwamm der Leichnam von Klein-Pfefferkorn darauf.
Da fingen der Alte und die Alte zu jammern an und riefen: »lieb Pfefferkorn ist tot, lieb Pfefferkorn ist tot.«
Als das die Taube hörte, riß sie sich die Federn aus und rief:
»Lieb Pfefferkorn ist tot,
Der Alte und die Alte jammern.«
Als der Apfelbaum sah, daß sich die Taube die Federn ausriß, fragte er sie, »warum sie das tue«, und als er das erfahren, schüttelte er alle seine Äpfel ab.
Wie nun der Brunnen, welcher neben ihm floß, die Äpfel fallen sah, fragte er den Baum, »warum er sich die Äpfel abschüttle«, und dieser antwortete:
»Lieb Pfefferkorn ist tot,
Der Alte und die Alte jammern,
Die Taube hat sich die Federn ausgerissen.
Lieb Pfefferkorn ist tot.«
Als das der Brunnen hörte, da strömte er vor Schmerz all sein Wasser aus.
Als die Magd der Königin zum Brunnen kam, um Wasser zu schöpfen, da fand sie keins, und fragte den Brunnen, »warum er kein Wasser habe«, und dieser antwortete:
»Lieb Pfefferkorn ist tot,
Der Alte und die Alte jammern,
Die Taube hat sich die Federn ausgerissen,
Der Apfelbaum hat sich die Äpfel abgeschüttelt.
Lieb Pfefferkorn ist tot.«
Da ließ die Magd vor Schmerz ihren Krug fallen, und als sie die Königin fragte, »warum sie den Krug zerbrochen habe«, sagte sie:
»Lieb Pfefferkorn ist tot,
Der Alte und die Alte jammern,
Die Taube hat sich die Federn ausgerissen,
Der Apfelbaum hat sich die Äpfel abgeschüttelt,
Der Brunnen hat all sein Wasser ausgegossen.
Lieb Pfefferkorn ist tot.«
Da schlug sich die Königin vor Schmerz so stark mit dem Arm auf die Brust, daß dieser davon entzwei brach, und als der König das erfuhr und sie fragte, »wie es zugegangen sei«, sprach sie:
»Lieb Pfefferkorn ist tot,
Der Alte und die Alte jammern,
Die Taube hat sich die Federn ausgerissen,
Der Apfelbaum hat sich die Äpfel abgeschüttelt,
Der Brunnen hat all sein Wasser vergossen,
Die Magd hat ihren Krug zerbrochen.
Lieb Pfefferkorn ist tot.«
Als das der König hörte, ward er so betrübt, daß er seine Krone vom Haupte riß und sie auf die Erde warf, daß sie in tausend Stücke zersprang, und als sein Volk ihn fragte, warum er das getan, rief er:
»Lieb Pfefferkorn ist tot,
Der Alte und die Alte jammern,
Die Taube hat sich die Federn ausgerissen,
Der Apfelbaum hat sich alle Äpfel abgeschüttelt,
Der Brunnen hat all sein Wasser vergossen,
Die Magd hat ihren Krug zerbrochen,
Die Königin hat ihren Arm gebrochen,
Und ich König habe meine Krone verloren.
Lieb Pfefferkorn ist tot.«
[Griechenland: Johann Georg von Hahn: Griechische und Albanesische Märchen]