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Die Verteilung der Weisheit

4.5
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Kwaku Ananse betrachtete die Welt und kam zum Schluss, das die Menschen mit der ihnen von Gott gegebenen Weisheit sehr unüberlegt und verschwenderisch umgingen. So entschloss sich Kwaku Ananse, die Weisheit einzusammeln und für spätere Zeiten aufzuheben.

Kwaku Ananse machte sich also auf den Weg durch die Welt und sammelte jedes kleinste Stückchen Weisheit ein. Er tat sie vorsichtig in einen grossen Kürbis und füllte ihn bis zum Rand. Vorsichtig legte Kwaku Ananse den Deckel darauf und band ihn gut fest.

Dann begann Kwaku Ananse darüber nachzudenken, wo er den Kürbis mit der Weisheit aufbewahren könnte. Kwaku Ananse kam zu dem Entschluss, den Kürbis mit der Weisheit auf die höchste Palme zu tragen und dort zwischen den Zweigen zu verstecken. Er würde den Kürbis gut festbinden, und dort oben wäre er so versteckt, dass ihn niemand sehen könnte. Es würde auch niemand annehmen, dass die ganze Weisheit der Welt sich auf einer Kokospalme befinden könnte.

Kwaku Ananse band sich also den Kürbis vor den Bauch, hing sich ein langes Seil über die Schulter und begann, langsam die Palme hinaufzuklettern. Da der Kürbis sehr gross und sehr schwer war, musste sich Kwaku Ananse ordentlich anstrengen. Vorsichtig setzt er Bein vor Bein und kletterte die schwankende Palme immer höher. Er merkte plötzlich, dass sich das Band, mit dem er den Kürbis vor seinem Bauch angebunden hatte, lockerte. So hielt er den Kürbis mit zwei seiner Arme fest. Nun war das Klettern aber noch schwieriger geworden. Er entschloss sich, eine Rastpause einzuschalten.

Plötzlich blickte er hinunter zum Fuss der Palme und sah dort seinen jüngsten Sohn, der sich vor Lachen den Bauch hielt. Da wurde er zornig und rief hinunter: „Warum lachst Du Deinen Vater aus, der sich so anstrengt, die ganze Weisheit der Welt in Sicherheit zu bringen, Sohn?“

Da lachte der Junge noch mehr und rief zu Kwaku Ananse hinauf: „Sage mir, Vater, wenn Du die ganze Weisheit der Welt in Sicherheit bringen willst, warum trägst Du sie dann vor dem Bauch und nicht auf dem Rücken? Das wäre doch viel einfacher und bequemer!“

Kwaku Ananse wurde über die frechen Worte seines Sohnes so böse, dass er ohne zu überlegen einen Arm vom Kürbis nahm, die Hand zur Faust ballte und ihm drohte.

Ehe Kwaku Ananse jedoch noch ein Wort sagen konnte, fühlte er, dass der Kürbis unter dem Band durchglitt. Mit einem Arm konnte er den Kürbis nicht mehr halten, und dieser stürzte in die Tiefe. Er prallte auf den harten Boden auf und zerbrach in tausend Stücke.

Kwaku Ananse blickte wie erstarrt hinunter und sah, wie die ganze Weisheit der Welt in kleinen Bächen davonfloss und begann, langsam in der Erde zu versickern.

Von allen Seiten kamen die Menschen herbeigelaufen und hielten grosse und kleine Holzschalen oder Kürbisse in der Hand. Manche hatten in der Eile auch nur ein Blatt abgerissen oder auch nur einen Suppenlöffel mitgebracht.

Sie alle versuchten, so viel von der ausfliessenden Weisheit zu erwischen, wie sie nur auffangen konnten. Kwaku Ananse aber, der langsam begann, die Palme hinunterzuklettern, wusste, dass für ihn selbst kaum ein Restchen übrigbleiben würde.

So ist es geschehen, dass die Weisheit in der Welt so ungleich verteilt ist. Die einen haben viel davon und die anderen viel zu wenig.

Quelle:
(afrikanisches Märchen)

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