1
(1)
Es war einmal ein unverheiratheter Mann, dem trugen einige ein Mädchen, andere eine Wittwe und wieder andere eine von ihrem Mann Geschiedene zur Frau an. Da wußte er nicht welche er nehmen sollte, denn alle Drei waren an und für sich gut und schön, er ging daher zu einem Greise, um sich mit ihm zu berathen, ob es besser sei, ein Mädchen, eine Wittwe oder eine von ihrem Mann Geschiedene zu freien. Und der Greis erwiederte ihm: »Mein Sohn, ich kann dir darüber nichts sagen, aber gehe zu dem Allweisen (d.i. Salomon), er wird dir sagen können, was das Beste ist, dann komm und sage mir, was er dir gerathen hat.« Da ging der Mann hin an Salomons Hof, wo ihn die Diener fragten was er wolle, er antwortete: »zu dem Allweisen wolle er gehen.«
Da nahm ihn einer der Diener, führte ihn ein und sagte, mit der Hand auf ein Kind zeigend, das auf einem Stock im Hofe herum ritt: »Dort ist der Allweise!« Der Mann dachte verwundert: »Was soll das Kind mir sagen können! Weil ich aber einmal da bin, will ich hören, was es sagen wird.« Er ging dann auf Salomon näher zu, und als er ihn erreichte, blieb dieser ruhig mit seinem Steckenpferde stehen und fragte ihn was er wolle, worauf der Mann ihm Alles der Reihe nach sagte. Da antwortete ihm der Allweise: »Wenn du ein Mädchen nimmst, weißt du, wenn du eine Wittwe nimmst, weiß sie, wenn du eine von ihrem Mann Geschiedene nimmst, hüte dich vor meinem Pferde,« mit diesen Worten schwenkte er herum, schlug den Mann ein wenig mit dem Ende seines Stockes über die Füße, und fuhr fort wieder im Hof herum zu reiten. Da dachte der Mann bei sich: »Ich bin doch ein rechter Narr, als alter Mann zu einem Kinde zu kommen, daß es mir rathe, wie ich mich verheirathen soll!« dann machte er sich auf den Rückweg und ging zu dem Greise, um ihn darüber zur Rede zu stellen, zu wem er ihn um Rath geschickt habe. So wie er zum Greise gekommen war, erzählte er ihm schreiend und ungehalten Alles, wie es ihm beim Allweisen ergangen war, worauf jedoch der Greis sprach: »Ei mein Sohn, der Allweise hat nichts umsonst gesagt, denn wenn du ein Mädchen nimmst, weißt du, das heißt, sie wird glauben, daß du Alles besser verstündest als sie, und wird dir folgen, wie du willst; wenn du eine Wittwe nimmst, weiß sie, das heißt, sie war schon einmal verheirathet, und glaubt nun, sie wisse Alles und wird dir daher nicht folgen, sondern befehlen wollen; wenn du eine von ihrem Manne Geschiedene nimmst, so hüte dich vor meinem Pferd, indem er dir mit dem Stocke über die Füße fuhr,« das will sagen: »hüte dich, daß sie dich nicht so abbrühe, wie sie ihren ersten Mann abgebrüht hat.«
Da nahm ihn einer der Diener, führte ihn ein und sagte, mit der Hand auf ein Kind zeigend, das auf einem Stock im Hofe herum ritt: »Dort ist der Allweise!« Der Mann dachte verwundert: »Was soll das Kind mir sagen können! Weil ich aber einmal da bin, will ich hören, was es sagen wird.« Er ging dann auf Salomon näher zu, und als er ihn erreichte, blieb dieser ruhig mit seinem Steckenpferde stehen und fragte ihn was er wolle, worauf der Mann ihm Alles der Reihe nach sagte. Da antwortete ihm der Allweise: »Wenn du ein Mädchen nimmst, weißt du, wenn du eine Wittwe nimmst, weiß sie, wenn du eine von ihrem Mann Geschiedene nimmst, hüte dich vor meinem Pferde,« mit diesen Worten schwenkte er herum, schlug den Mann ein wenig mit dem Ende seines Stockes über die Füße, und fuhr fort wieder im Hof herum zu reiten. Da dachte der Mann bei sich: »Ich bin doch ein rechter Narr, als alter Mann zu einem Kinde zu kommen, daß es mir rathe, wie ich mich verheirathen soll!« dann machte er sich auf den Rückweg und ging zu dem Greise, um ihn darüber zur Rede zu stellen, zu wem er ihn um Rath geschickt habe. So wie er zum Greise gekommen war, erzählte er ihm schreiend und ungehalten Alles, wie es ihm beim Allweisen ergangen war, worauf jedoch der Greis sprach: »Ei mein Sohn, der Allweise hat nichts umsonst gesagt, denn wenn du ein Mädchen nimmst, weißt du, das heißt, sie wird glauben, daß du Alles besser verstündest als sie, und wird dir folgen, wie du willst; wenn du eine Wittwe nimmst, weiß sie, das heißt, sie war schon einmal verheirathet, und glaubt nun, sie wisse Alles und wird dir daher nicht folgen, sondern befehlen wollen; wenn du eine von ihrem Manne Geschiedene nimmst, so hüte dich vor meinem Pferd, indem er dir mit dem Stocke über die Füße fuhr,« das will sagen: »hüte dich, daß sie dich nicht so abbrühe, wie sie ihren ersten Mann abgebrüht hat.«
[Serbien: Vuk Stephanovic Karadzic: Volksmärchen der Serben]