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Das Federkleid des Prinzen

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Es war einmal eine Prinzessin, die verlobt war. Aber das konnte ihre Stiefmutter nicht leiden.
Sie redete darüber mit dem König und meinte, daß sie Angst habe, daß der Bräutigam die Prinzessin verführen könne. Der König hörte sich das an, und alsbald beschloß er, für die Prinzessin ein Haus auf einem Holm draußen im Meer zu bauen. Und dann wollten sie eine Floßbrücke zu ihr hinüberlegen, und wenn die an Land gezogen war, konnte keiner zu der Prinzessin kommen. Sie kam also auf den Holm und bekam noch ein Mädchen mit, das ihr Dienste leisten sollte. Die eigene Tochter der Königin aber blieb zu Hause. Alles ging so heimlich vor sich, daß der Bräutigam nicht erfuhr, wo seine Braut geblieben war.Aber schließlich bekam er es doch zu wissen. Und er machte sich eine Federgewand, so daß er zu ihr fliegen kann, und kommt nun auch dort hinüber, so oft er will. Jedesmal, wenn nun die Stiefmutter die Prinzessin auf dem Holm besucht, ist sie so vergnügt, und da kommt die Mutter auf den Gedanken, daß irgend etwas nicht stimmt. Nun soll die Stiefschwester acht Tage lang auf dem Holm bleiben, um zu beobachten, ob der Bräutigam die Prinzessin nicht doch besucht. Sie ist auch draußen und hört, wie er angeflogen kommt und gegen die Fensterscheiben klopft. Dann kehrt sie wieder nach Hause zurück und erzählt alles. Es wird nun beschlossen, daß diese Zusammenkünfte unterbunden werden sollen. Als sie nun wieder auf den Holm kommt, hat sie ein Messer mit, und da sie die genaue Zeit weiß, zu der er immer kommt, setzt sie sich hin, um aufzupassen, und will ihr Messer in die Flügel stoßen und sie dann abschneiden, so daß er abstürzt. Aber die Prinzessin traute ihrer Stiefschwester nicht und beobachtete sie sehr genau und war auch an dem Tag in der Nähe, zu dem der Prinz wieder kommen sollte. Als er nun angeflogen kam, holte die Schwester wohl mit dem Messer aus, aber der Prinz war auf der Hut und bekam die Flügel zu fassen, so daß er nicht abstürzte, und sie bekamen, so gut es eben ging, das Federkleid zusammengenäht, so daß er von dort fortkommen konnte. Das schlimmste aber war, daß sie kein Wort miteinander reden konnten, ohne daß die Schwester es hörte. Und jetzt war er sich nicht ganz sicher, ob das Federkleid nicht dort beschädigt worden war und ob er dann damit lebend über das Meer käme. Aber dann wollte er ihr ein Zeichen geben. Wenn er hinübergekommen sei, würde das Meer vor ihren Fenstern klar sein, käme er aber nicht hinüber, würde es blutigrot werden.
Das hörte die Schwester. Und als sie noch am selben Abend nach Hause kam und alles erzählt hatte, fingen sie schnell zu schlachten an und ließen einen ganzen Bottich voll blut laufen und gossen ihn dann vor den Fenstern ins Meer, so daß am nächsten Morgen alles blutigrot war. Das machten sie, um vorzutäuschen, daß er ertrunken sei. Jetzt konnte er ja nicht mehr zu ihr kommen. Aber er hatte ihr drei Ringe geschenkt. Den einen für ihren Leib, den anderen für ihren Arm und den dritten für ihren Finger. Und er hatte ihr gesagt, daß der Ring um den Leib zerspringen würde, wenn er mit seiner Liebsten Verlobung feiert. Und wenn er mit ihr aß, sollte der Ring an ihrem Arm zerspringen. Der am Finger aber würde bersten, wenn er mit seiner Braut tanzte. Nun dachte die Prinzessin so bei sich und sagte das auch zu ihrem Mädchen: „Es ist gar nicht gesagt, daß er ertrunken ist. Das mit dem Blut kann Betrug sein.“ Dann beschlossen sie, die Eltern und ihre Stiefschwester zu einem Fest auf den Holm zu laden. Dabei wollte sich die Prinzessin dann ganz fröhlich und vergnügt anstellen. Aber sobald alle am Tisch saßen, wollten sie und ihr Mädchen ihre Sachen packen und sich über die Floßbrücke an Land stehlen und die anderen dort sitzen lassen. Anders hätten sie ja niemals an Land kommen können. Es wurde nun alles so gemacht. Die Gäste kamen, und die Prinzessin schenkte ihnen ein und setzte ihnen das Essen vor, während das Mädchen dafür sorgte, daß sie ihre Sachen in Ordnung bekamen. Als sie merkte, daß sie anfingen fröhlich zu werden, liefen sie auf die Floßbrücke und hinüber aufs Land. Dann zogen sie sie wieder ein und ließen die anderen sitzen. Und vielleicht sitzen sie immer noch da. Jetzt wechselten sie ihre Sachen und zogen sich Männerkleidung an. Und dann gingen sie zum Schloß, von dem er stammte, und gab sich als Jäger aus. Ihr alter Bräutigam hatte sich nun wieder verlobt und wollte bald Hochzeit feiern. Dazu brauchten sie viel Wild und hatten daher auch Jäger nötig. Sie wurden also auf dem Hof angestellt und gingen auf Jagd. Sie hatte immer soviel Glück dabei, daß einige Leute meinten, sie müßten Frauenschützen sein, das sollte ja nun untersucht werden. Es wurde vorgeschlagen, Erbsen auf die Treppe zu streuen, die zu der oberen Kammer führte, in der sie schliefen. Und wenn die Jäger nun darauf treten würden und ausrutschten, würden sie, wenn es Frauen wären, sich gegenseitig umfassen und zu schreien beginnen. Wären es aber Männer, würden sie einfach weiterlaufen. Diesen Plan hatte ein kleiner Junge gehört. Der ging zu ihnen und erzählte ihnen daß die Leute glaubten, sie seien Frauenschützen. „Aber ihr könnt ja eure Pantoffel in die Hand nehmen und auf bloßen Füßen laufen“, sagte er, „dann gleitet ihr nicht aus.“ Sie dankten dem Jungen für den Rat und gingen barfuß. Auf diese Weise wurden die Lügen gestraft, die sie für Frauenschützen gehalten hatten.
Als der Verlobungstag kam, zersprang der Ring, den die Prinzessin um ihren Leib trug.
Dann sollte gegessen werden, und da sprang der Ring den sie um ihren Arm trug und flog auf den Teller des Bräutigams. Da griff er danach und sagte: „Der gehört mir!“
Als sie nun tanzen wollte, sprang der Ring an ihrem Finger, aber den behielt sie selbst.
Der sprang genau in dem Augenblick, als seine Braut mit ihm tanzte, und da merkte er es und sah, wer den Ring hatte. Da sagte er, daß er jetzt wisse, wer sie sei, nämlich seine vergangene Verlobte. Darauf sagte er der anderen Lebewohl und nahm nun seine erste Braut wieder zu sich. Und sie heirateten und lebten herrlich und in Frieden.
*
Sven Grundvigt Dänemark

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