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Märchenbasar

Der Häuptling und seine Frauen

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Ein großer Häuptling hatte acht Frauen. Er legte bei der ersten seinen Stab nieder und gebot ihr, das niemandem zu sagen. Bei der zweiten legte er seine Keule ab. Auch ihr trug er auf, das niemandem zu verraten. Der dritten ließ er sein Wurfgeschoß, die vierte bekam seine Lanze, die fünfte sein Beil, die sechste sollte die Sterne bewahren, die siebente den Mond und die achte die Sonne. Allen hatte er streng verboten, mit jemandem darüber zu sprechen. Dann begab er sich auf die Jagd. Als er fort gegangen war, entbrannte ein Streit unter den Frauen, welche von ihnen am meisten geliebt werde. Jede behauptete von sich: „Geliebt werde nur ich!“ Schließlich konnte die erste Frau nicht mehr an sich halten und sprach: „Geliebt werde ich allein, denn seht, er hat seinen Stab, mit dem er immer ausgeht, bei mir niedergelegt.“ Die anderen riefen: „Zeige ihn uns, damit wir sehen, ob du wirklich geliebt wirst.“ Da führte sie die Frauen zu ihrem Haus und zeigte ihnen den Stab. Doch die anderen sagten: „Der Stab ist kein Liebesbeweis, er ist nicht viel wert.“ Das gleiche Urteil fällten sie über die Keule der zweiten Frau und über die Gaben, die der dritten, der vierten und der fünften Frau anvertraut worden waren. Als die sechste Frau aber die Sterne zeigte, waren die anderen sehr beeindruckt und sprachen: „Nun haben wir gesehen, dass du mehr geliebt wirst als wir.“ Die siebente Frau aber konnte das nicht hinnehmen und behauptete: „Die Sterne beweisen nichts. Bei mir hat er etwas viel Schöneres gelassen, um mir seine Liebe zu zeigen.“ Darauf rührte sie die Frauen in ihr Haus und zeigte ihnen den Mond. Als die Frauen ihn sahen, bewunderten sie die große Liebe des Häuptlings. Nun konnte es auch die achte Frau nicht mehr aushalten und sprach: „Das ist alles nichts. Weil ihr nicht wisst, was ich habe, denkt ihr, dass der Mond der größte Liebesbeweis ist. Doch ich werde mehr geliebt als ihr alle. Nur darf ich euch mein Geheimnis nicht preisgeben, denn ich versprach, es niemandem zu zeigen und mit keinem darüber zu sprechen. Aber soviel sei gesagt: Es ist sehr groß, es übertrifft alle eure Gaben, auch die Sterne und den Mond. Was ihr als wertvoll betrachtet, wird von meiner Gabe übertroffen.“ Da wurden die anderen Frauen sehr unruhig und drängten sie, ihnen doch das Geschenk des Häuptlings zu zeigen. Schließlich gab sie nach und ging zu ihrem Haus. Als sie mit den anderen Frauen dort ankam, öffnete sie die Tür. Alle sahen die Sonne und waren in höchstem Maße erstaunt. Doch sie konnten nicht lange verweilen, denn die Sonne begann sie zu verbrennen. Sie brannte so heiß, dass es der Frau nicht gelang, die Tür wieder zu schließen. Und so kam die Sonne aus dem Haus hervor. Als der Häuptling, der auf der Jagd war, auf einmal die große Hitze spürte, sandte er Boten zu seiner Frau und ließ ihr sagen, dass sie die Sonne wieder einschließen solle. Zorn packte ihn, dass seine Frauen die Anordnungen übertreten hatten, aber er vermochte nichts auszurichten, denn kein Mensch war imstande, die Sonne je wieder einzuschließen. Und so musste der Häuptling in der Sonnenglut sterben. Seit diesem Tage sind Sonne, Mond und Sterne nicht mehr bei den Menschen, sondern am Himmel.

Quelle:
(Sotho)

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