Nun, der Vater kam zum König und sagte: »Gnädige Majestät, so und so, mein Sohn möchte Eure Tochter zur Ehefrau.« – »Was für ein Mensch ist er denn?« fragte der König. »Er ist weiter nichts als ein Kopf.« Da sagte der König zu ihm: »Wenn er mir bis morgen fünf lebende Füchse bringt, vielleicht gebe ich ihm dann meine Tochter.«
Der Vater kam nach Hause und sprach: »Es wird ja nichts draus, mein Junge.« – »Nun, warum denn nicht?« – »Weil der König bis morgen fünf lebendige Füchse haben will, vielleicht bekämest du dann die Tochter.« – »Ach, lieber Vater, wie ist es mir heiß, bring mich in den Flur«, bat darauf der Junge und blieb bis zum andern Morgen dort draußen.
Als sie am nächsten Morgen aufstanden, lagen schon fünf lebendige Füchse vor der Treppe, und der Junge sagte zu seinem Vater: »Bring jetzt die Füchse hin, Vater, und bitte um die Königstochter.«
Der Vater brachte die Füchse zum König und sprach: »Jetzt werd ich doch wohl die Tochter kriegen.« Da sagte der König: »Wenn dein Sohn mir bis morgen fünf lebendige Bären bringt.«
Der Vater kam nach Hause und sprach: »Es wird ja nichts draus.« – »Nun, warum denn nicht?« meinte der Junge. »Er will bis morgen fünf lebendige Bären haben.« Da bat der Junge wieder: »Lieber Vater, bring mich in den Flur, hier ist es zu heiß.« Und der Vater brachte ihn in den Flur.
Am andern Morgen, als sie aufstanden, lagen fünf lebendige Bären vor der Treppe. Da sagte er zu seinem Vater: »Lieber Vater, bring jetzt die Bären hin und bitt nur um das Mädchen.« Da brachte er sie hin und bat den König um seine Tochter. Der König sprach: »Nun, da er so ein Mann ist, der machen kann, was er will, laß ihn ein Schloß bauen, wie ich eins habe, dann darf er kommen und sich das Mädchen holen.«
Der Alte kam wieder zurück und sprach: »Es wird nichts draus, mein Junge.« – »Nun, warum denn nicht?« – »Du sollst bis morgen ein Schloß bauen, wie das seine ist, und darin soll alles sein, wie es ein Kaiser hat.« – »Bring mich in den Flur, lieber Vater«, bat der Junge. Da brachte er ihn wieder hinaus, und der Junge sagte beim Fortgehn: »Wenn ihr Gepolter hört, steht nicht auf und guckt, bleibt nur liegen!«
Da fingen auch schon die Arbeiter an, für ihn zu arbeiten, und der Vater sprach: »Was nur der Junge da draußen für einen sonderbaren Lärm macht, ich will einmal gucken!« Aber die Mutter sagte: »Hast du nicht gehört, was der Junge gestern abend gesagt hat: ‚Ihr sollt nicht gucken.’« Es verstrich eine Weile, und da sagte die Mutter: »Wir müßten doch einmal nachsehn.« Da entgegnete der Vater wieder: »Hast du vergessen, was der Junge gestern abend gesagt hat?« Auf diese Weise brachte der eine den andern davon ab, hinauszugehen und zu gucken.
Als sie am andern Morgen aufstanden und der Alte vor die Treppe ging, schlug er vor Schrecken lang hin, weil er sich in einem Schlosse fand, das von Gold und Silber strahlte.
Da sagte der Junge wieder zu seinem Vater: »Spann jetzt drei Hengste an, Vater.« Sie gingen hin, schirrten drei Hengste an, setzten den Jungen in den Wagen und fuhren hin, um die Braut aus dem Königsschloß zu holen. Und der König hielt sein Wort, das er gegeben hatte, und gab seine Tochter dem Jungen.
Und dann feierten sie Hochzeit und aßen und tranken dort. Die Braut aber hatte eine Stiefmutter. Am dritten Tag erschienen die Hochzeitsgäste. Sie aßen und tranken und hielten einen großen Ball. Die Braut ging auch hin und der Kopf. Der hatte so einen kleinen Korb, in dem er getragen wurde, der Kopf. Da sagte der Junge zu dem Mädchen: »Du weißt jetzt, wie ich bin, aber sage es auf keinen Fall. Ich komme nicht in den Saal, wo ihr seid, mich müßt ihr hier in dem andern Saal auf dem Fenster lassen. Aber sage es auf keinen Fall, wie ich bin. Wenn du es doch tust, so mache ich das Fenster hier entzwei und fliege als Taube nach dem Süden.«
Das Mädchen ging auf den Ball, da wurde sie von der Stiefmutter gefragt: »Nun, was für ein Mensch ist denn dein Ehegatte?« Da sagte das Mädchen: »Er ist so, wie ihr ihn seht, er ist nichts weiter als ein Kopf.« Da nahm sie das Mädchen auf die Seite, machte es betrunken und fragte es noch weiter aus; und das arme Mädchen erzählte in der Betrunkenheit:
»Seine Beine sind von Silber bis zu den Knien,
von Gold die Arme bis zu den Ellenbogen,
einen Stern trägt er auf dem Scheitel,
eine Sonne auf der Stirn
und einen Mond auf dem Hinterkopf;
wenn er spricht, wachsen ihm goldene Blumen aus Mund und Nase.«
Als der Junge das hörte, zerbrach er das Fensterglas und flog nach dem Süden.
Das Mädchen aber, als es aus der Betrunkenheit erwacht war, suchte ihren Bräutigam, der war jedoch verschwunden. Da reiste sie ihm nach und reiste sieben Jahr in einem hin.
Endlich kam sie an ein kleines Häuschen, ging hinein und sagte: »Guten Tag.« Die in der Hütte erwiderten ihren Gruß.
Da fragte sie: »Ist hier nicht so und so ein Reisender vorbeigekommen?« Die Leute in dem Häuschen antworteten: »Ja, das ist wohl richtig, aber es sind schon sieben Jahre her. Auf unsrem Dache hat er sich ausgeruht und ein Bündel heruntergeworfen, das wir einer Frau geben sollten.« Da gaben sie der jungen Frau das Bündel.
Danach ging sie wieder auf die Reise und reiste vierzehn Jahre. Da kam sie wieder an ein Häuschen, wo sie hineinging, grüßte, und ihr Gruß wurde erwidert. Wieder fragte sie: »Ist hier nicht so und so ein Reisender vorübergekommen?« – »Ja, das ist richtig, aber es sind schon vierzehn Jahre her. Hier auf dem Dach unsres Häuschens hat er sich ausgeruht und dieses Bündel heruntergeworfen, das wir einer Frau geben sollten.« In dem ersten Bündel war allerlei zu essen und zu trinken, was man sich nur wünschen konnte, und in dem andern waren Frauenkleider, wie sie das Herz begehrt.
Darauf rieten ihr die Leute in dem Häuschen: »Wenn du jetzt fortgehst, so wende dich zur Stadt, und wenn du an die erste Straßenkreuzung kommst, setz dich hin, da wirst du ihn sehen, er ist ein tüchtiger Jägersmann!« Das Mädchen tat, wie ihm gesagt war, und setzte sich bei der Straßenkreuzung nieder. Da sah sie ihn, wie er auf die Jagd ging, und sie begrüßte ihn und sprach: »Nun, wie ist’s jetzt mit uns, lieber Freund, wo ich dir von dort so weit nachgereist bin, wie ist’s zwischen uns?« Als sie der Junge sah, sprang er ihr an den Hals und sagte: »Liebes Mädchen, darüber kann ich nicht eher etwas sagen, als bis ich Briefe in alle Reiche herumgeschickt habe, welche Ehe zu halten ist, die neue oder die alte?«
Dann schickte er Briefe in der Welt herum, und von allen Ecken kam die Antwort: »Die alte Ehe sollst du halten.« Da sagte er zu seiner neuen Braut: »Du kannst wieder hingehn, woher du gekommen bist, ich nehme meine alte Braut.«
Danach reisten sie fort, erst vierzehn Jahre und dann sieben Jahre, und kamen wieder in ihre Heimat. Da feierten sie von neuem Hochzeit, aßen und tranken, und mir trugen sie auf, euch vorzulügen.
[Finnland: August von Löwis of Menar: Finnische und estnische Märchen]