Es war einmal ein armer Knabe, der niemanden hatte und ging, um sich als Knechtlein zu verdingen. Als er in ein Dorf kam, stand ein Kaufmann in der Türe und fragte: »Wohin gehst du, mein Knabe?« – »Ich gehe in Dienst.« – »Kommst du zu mir?« – »Ich komme.« Damals war das Jahr nur von einem Tag. Der Knabe sorgte sich auf seine Ehre und bemühte sich, und als das Jahr zu Ende war, brachte ihm sein Herr 100 Gulden und sagte: »Diese sind dein.« – »O nein, mein Herr, ich brauche nicht so viel Geld, du sollst mir nur einen Kreuzer geben.« – »Wie kann ich dir nur einen Kreuzer geben, da du dir bei mir 100 Gulden verdient hast!« – »Sei so gut, gib mir nur einen Kreuzer, mehr brauche ich nicht.« – »Gut, ich gebe dir ihn, aber wisse, bei mir hast du 100 Gulden.« Der Knabe nahm den Kreuzer und ging zu einem geheiligten Brunnen und warf ihn hinein, machte eine Kniebeugung und sagte: »Mein Gott, wenn ich wert bin und ein guter Mensch, laß diesen Kreuzer heraufsteigen auf das Wasser, wenn nicht, soll er auf dem Boden bleiben.« Er stand und sah in den Brunnen, aber der Kreuzer kam nicht mehr herauf.
Jetzt ging er wieder und verdang sich auf ein Jahr zum Kaufmann, und als das Jahr vorüber, brachte ihm sein Herr wieder den Lohn und sagte: »Nun mein Knechtlein, du hast mir wieder ehrlich gedient, jetzt hast du 200 Gulden bei mir.« – »Mein Herr, sei so gut, gib mir auch für dieses Jahr nur einen Kreuzer, ich brauche nicht mehr.« Der Kaufmann gab ihm einen Kreuzer und sagte: »Ich will dir das andere Geld aufbewahren.« Der Knabe nahm den Kreuzer und ging zu dem geheiligten Brunnen, warf den Kreuzer hinein, kniete nieder und bat Gott, er solle machen, daß der Kreuzer wieder in die Höhe steige, wenn er wert und ein guter Mensch sei. Der Kreuzer kam nicht herauf. Da sah der Knabe, daß er noch nicht wert und gut sei, und kehrte um zu seinem Herrn und blieb noch ein Jahr. Als auch diese Zeit um war, brachte dieser 300 Gulden und sagte: »Mein Sohn, jetzt hast du mir drei Jahre ehrlich gedient und bist ein zuverlässiger Mann geworden, sieh, hier hast du deinen Lohn.« – »Mein Herr, gib mir einen Kreuzer, mehr war ich nicht wert, und ich brauche auch nur einen.« Er gab ihm einen und sprach: »Wenn du vielleicht einmal [Geld] brauchst, wisse, bei mir hast du es.« Der Bursch ging wieder zum geheiligten Brunnen und warf den Kreuzer hinein, kniete nieder und bat Gott, er solle gut tun und den Kreuzer wieder heraufkommen lassen, wenn er wert und gut sei. Nur einmal schwammen alle drei Kreuzer oben auf dem Wasser. Was für eine Freude der Knabe hatte! Jetzt wußte er, er sei wert und gefalle Gott. Aber doch kehrte er zu seinem Herrn zurück. Der richtete sich grade den Wagen, um in das Land um Waren zu fahren. Der Bursch gab ihm die drei Kreuzer und bat ihn, ihm auch für diese drei Kreuzer etwas zu kaufen, was ihm auf der Straße vorkomme. Bis er zurückkehre, wolle er ihm auf Haus und Hof sorgen. »Aber mein Junge, du hast 300 Gulden bei mir, laß mich dir für dieses Geld etwas bringen.« – »O nein, bring mir nur für diese drei, was du auf der Straße finden wirst.«
Der Kaufmann fuhr fort und lud dann dort den Wagen voll Waren, dann brach er heimwärts auf. Nur einmal sah er auf der Straße drei Knaben mit einer Katze spielend, um sie zu töten. Die arme Katze jammerte. Er hielt still und sagte: »Ihr Kinder, was soll ich euch für die Katze geben?« – »Gib uns drei Kreuzer, wir sind drei Personen, daß jeder einen hat.« Gut. Dem Kaufmann fielen gleich die drei Kreuzer des Knechtlein ein, und er dachte, ihm diese Katze zu kaufen. Steckte sie in den Sack und fuhr dann weiter und kam abends in ein Wirtshaus, um da zu übernachten. Der Wirt meinte, er würde ihm gerne Herberge geben, aber wegen den Tieren fürchte er, sie würden die Waren auf dem Wagen alle fressen. Der Hof sei voll Mäuse. Der Kaufmann meinte, wenn nur das sei, so mache das nichts. Er öffnete den Sack und ließ die Katze heraus. Am Morgen waren um den Wagen lauter tote Mäuse, einige Millionen, daß man bis an die Knie in den Tieren gehen mußte. Der Wirt bat, ihm diese Katze zu überlassen, er gäbe einen Wagen voll Dukaten dafür, und dazu die zwei Pferde für den Wagen. Nun, der Kaufmann freute sich, daß er seinem Burschen für drei Kreuzer so viel mitbringen konnte. Als er nach Hause kam, fand er den Knecht im Geschäft, und alles war so gemacht, als ob er selbst dagewesen wäre. Als er ihm sagte, was er für die drei Kreuzer erhalten, freute sich der Knabe so und sprach: »Dieses nehme ich, dies hat mir Gott zuerteilt.«
Jetzt bat er um Verzeihung und nahm Abschied von seinem Herrn, setzte sich auf seinen Wagen und sagte: »Hi« und fuhr fort, um sich jetzt auch ein Geschäft einzurichten in dem Dorf, in das er zuerst kommen würde. Als er auf der Straße fuhr, kam er an einen Brunnen, dort tränkte er die Pferde und ruhte ein wenig aus. Dabei dachte er, wie würde er so allein leben ohne eine Frau, es würde doch schlecht allein sein, wie gut wäre es, wenn ihm Gott eine gute Frau bestimmt hätte. Aber woher sollte er eine bekommen, er kannte gar kein Mädchen. Wie er so in Gedanken am Brunnen stand, kam ein schönes junges Weib mit zwei Krügen zum Brunnen um Wasser und gab ihm einen guten Tag. Als er ihr zurückdankte und sie fragte, wem sie das Wasser trage, antwortete sie, ihrer Herrin. »Bist du ein Mädchen oder eine Frau, hast du Eltern?« – »Ich bin ein Mädchen, eine Dienstmagd, und habe keine Eltern, ich bin eine Waise, habe gar niemanden.« Über diese Worte freute er sich. »Du Mädchen, willst du mit mir kommen und meine Frau sein? Sieh, auch ich bin eine Waise und habe niemanden, wir wollen zusammen ein Haus gründen.« – »Ich möchte dich ja wollen, aber du wirst mich nicht nehmen.« – »O ja, ich nehme dich.« Dann kamen sie miteinander überein, machten Hochzeit und lebten gut und verliebten sich so, daß keines ohne das andere sein konnte.
Eines Tages fing er an: »Meine Frau, du sollst jetzt auf das Geschäft sorgen, ich fahre ins Land um Waren, ich muß mich ein wenig herumbewegen, daß wir nicht vom Vermögen zehren. Auch der größte Haufe verliert sich, wenn du immer von ihm nimmst.« – »Mein Männlein, du wirst gehen und eine andere Frau finden und mich vergessen.« – »O ich nicht, aber du, mein Frauchen, wenn ich hören sollte, daß du mit einem anderen Manne geredet, könnte ich gleich sterben.« – »Setz dich nieder auf diesen Stuhl, daß ich dich rasiere, wenn dir der Bart wieder wächst, dann habe ich mit einem andern Mann gesprochen; jetzt sollst du auch dieses Hemd, weiß wie Schnee, anziehen, wenn es schwarz wird, dann wisse, ich habe mit einem andern Mann geredet.« Bis er sich fertigmachte, machten sie noch Späße und lachten, als er aber aufbrach, brach er weinend auf, und sie blieb weinend zurück. Er hatte den Gedanken, in die Stadt zu fahren, aus welcher sein Herr die Waren gebracht; so gelangte er auch in das Wirtshaus, in welchem er die Katze verkauft hatte. Als er in die Stube trat, war da ein viereckiges Tischlein. In drei Ecken stand je eine Katze und hielt ein brennendes Licht mit den Füßen. Als dieser sich darüber verwunderte, sagte der Wirt: »Komm, wette mit mir, die Katzen rühren sich nicht bis morgen früh. Wenn ich verliere, gehe ich mit meiner Frau und einem Stock in der Hand aus meinem Hause und mein Alles bleibt dir. Wenn aber du verlierst, dann sollst du mir dein Geld, welches du bei dir hast, geben, und dich sperre ich in ein gemauertes Loch.«
Gut, sie wetteten. Sie saßen beide bis am Morgen da, und die Katzen rührten sich nicht. Als die Sonne aufging, nahm der Wirt vom Kaufmann das Geld und führte ihn in das gemauerte Loch. Aber hier waren noch sechs Männer. Sie blieben lange Zeit in dem Gefängnis. Diese Leute und auch der Wirt wunderten sich, daß sein Hemd weiß wie Schnee blieb und sein Gesicht wie das eines Mädchens aussah, ohne Bart. »Was sollte dies sein, er wird doch nicht ein Heiliger oder gar ein Engel sein? Wenn diese Sache so sein sollte, wäre es besser, ich ließe ihn frei, um mir nichts mehr mit ihm zu tun zu machen«, dachte der Wirt. Er hatte keine Ruhe und ging am nächsten Morgen ins Gefängnis und fragte, wie das möglich sei, daß sein Hemd immer weiß bliebe, wäre er ein Heiliger oder ein Engel? – »Ich bin ein Mensch der Erde, wie auch ihr, aber ich habe zu Hause eine gute Frau, die mit keinem andern Mann redet, und so lange sie keinen andern im Gedanken hat, bleibt das Hemd weiß und der Bart wächst mir nicht.« Seine Mitgefangenen hatten dies auch gehört und kamen mit dem Wirt überein, es sollten zwei gehen und versuchen, seine Frau zu betrügen. Gut.
Der Wirt befreite sie, und sie gingen. Abends erreichten sie das Dorf und fanden sein Haus, in welchem die Frau wohnte, traurig und hinter verschlossener Türe. Sie klopften an, bis sie kam und fragte: »Wer ist da?« – »Wir sind hier, zwei ermüdete Leute, kommen von der Straße und können nicht mehr vor Hunger.« Da gedachte sie ihres fernen Mannes, wo er jetzt sein sollte, auch hungrig und müde, wenn er noch lebte, weil schon so lange Zeit vergangen und er noch nicht zurück war. Aus Erbarmen sperrte sie auf und gab ihnen ein Abendessen. Als sie gegessen, fingen sie zuerst an zu bitten, sie möge sie auch über Nacht dahalten. »Hoho«, antwortete sie, »das schickt sich nicht, ich bin eine Witwe, allein, geht zum Nachbarn.« Nun, sie redeten noch hin und her, nur einmal war es ihr, als öffneten sich ihre Augen, und es schien ihr, als müßten diese Männer ihrem Manne begegnet sein und wüßten etwas von ihm, vielleicht wußten sie auch von dem Bart und dem weißen Hemd, und sie wären sicher zwei Betrüger. Aber sie war eine tapfere Frau. »Also bleibt denn hier, aber wir gehen jetzt hinein in die bessere Stube.« Sie öffnete die Türe und trat ein wenig zurück: »Bitte, tretet ein.« Die zwei gingen hinein, nur einmal schloß sie die Türe ab und ging zu ihrer Nachbarin und bat um Herberge für die Nacht, es sei ihr gar zu einsam zu Hause.
Am Morgen ging sie an die verschlossene Tür und rief: »Jetzt sollt ihr mir sagen, ob ihr von meinem Manne kommt, und sagt mir die Wahrheit, sonst laß ich euch nicht heraus.« – »Sperr auf die Türe, dann sagen wir dir die Wahrheit.« – »Ich lasse euch um keinen Preis heraus, bis ihr mir nicht geantwortet.« Als diese sahen, daß sie sich nicht anders helfen konnten, sagten sie ihr alles der Wahrheit gemäß, darauf rief sie: »Jetzt bleibt dort, ich muß gehen und zuerst sehen, ob ihr auch wahr gesprochen.« Sie verkleidete sich als Mönch und brach auf; da sie nun von der Wette wußte, nahm sie auch drei Mäuse mit sich. Als sie ans Wirtshaus kam, ging sie hinein und sah gleich das viereckige Tischchen mit den drei Katzen, welche drei brennende Lichter zwischen den Füßen hielten. Sie fing gleich mit dem Wirt über diese Katzen an zu reden, wie dies möglich sei, aber lange könnten sie doch nicht so ruhig bleiben. »O wirklich, sie stehen bis am Morgen.« – »Das kann ich nicht glauben.« – »Gut, kommt, wettet mit mir, wenn sie nicht ruhig stehen bis die Sonne aufgeht, soll dies Haus mit Sack und Pack Euch sein, und ich gehe mit meiner Frau und dem Stab in der Hand fort.« – »So soll es sein. Rufe die Gendarmen aus dem andern Zimmer herein, daß sie mit mir bleiben.« So saßen sie die ganze Nacht. Da, gegen Morgen, schlossen alle ein wenig die Augen, in dem Augenblick ließ der Mönch, d.h. die junge Frau, die Mäuse frei über den Tisch laufen. Die Katzen warfen die brennenden Lichter fort und liefen ihnen nach. Darüber öffneten alle die Augen und wußten gar nicht, daß sie geschlummert. Aber die Wette hatte der Wirt verloren, und als die Sonne aufging, gab er alle Schlüssel dem Mönch, nahm den Stock in die Hand und verließ mit seiner Frau den Hof.
Sie ging jetzt mit allen Schlüsseln und versuchte, bis sie das Gefängnis aufsperren konnte, fragte alle, wie viel Geld sie dem Wirt gegeben, und gab jedem das seine zurück und befreite sie. Nur ihren Mann ließ sie bis zuletzt, als die andern alle fort waren, brachte sie ihn in das Haus, ging dann in ein Kämmerlein und zog wieder ihre Kleider an und warf die Mönchssachen auf einen Stuhl, ging dann zu ihrem Manne. Der weinte vor Freude, als er seine Frau gesund wieder sah. »Nun, mein Mann, komm und sieh, dieses Haus mit Sack und Pack ist mein. Bis jetzt hast nur du Vermögen gehabt, aber jetzt habe auch ich. Alles habe ich durch die Wette erhalten.« Dann erzählte sie ihm alles, wie es gekommen, daß sie von ihm gehört. Dann fuhren sie beide nach Hause, um auch die beiden andern zu befreien, welche ihnen böses Leben machen wollten, und es grade gut gemacht hatten, darum ließen sie auch diese frei und straften sie nicht weiter.
Sie aber lebten gut von Anfang bis ins Alter, und wenn sie noch sind, so leben sie auch heute.
Lina Subtirel, Alzen
[Rumänien: Pauline Schullerus: Rumänische Volksmärchen aus dem mittleren Harbachtal]