Zwei Brüder hatten eine Schafherde und einen jüngeren Bruder, dieser besaß nur ein Lämmchen. Dieser jüngste Bruder war ein guter Knabe und hütete die Schafe oft allein, denn er war zuverlässig, und die älteren Brüder gingen gerne unter die Leute. Jetzt ereignete es sich, daß der König eine große Tochter hatte, die nie lachte und immer traurig im Zimmer saß. Der König schrieb aus in alle Teile und in alle Städte, wer seine Tochter lachen mache, dem gäbe er sein halbes Königreich und die Tochter zur Frau. Gut. Diese beiden Brüder hatten diese Mär auch gehört und waren gegangen, um zu hören wie und was. Der jüngste hütete bis zum Abend die Schafe, dann brachte er sie nach Hause, kochte sich den Paluckes und aß ihn mit wenig Käse. Paluckes war ihm noch ein gutes Stück übrig geblieben, den Käse hatte er aufgegessen. Als er den Tisch geräumt, machte er sich das Bett, um sich zu legen, nur einmal trat ein alter Mann herein: »Guten Abend, mein Bursch.« – »Ich danke Euch, Großvater, was bringt Euch zu mir?« – »Ich bin gekommen, um dich zu bitten, ob du mir nicht Herberge für diese Nacht geben könntest?« – »Die Herberge ist Gottes, komm, Großvater, setz dich ans Feuer, wenn du nur ein wenig früher gekommen wärest, ich hatte auch ein wenig Zugehör zum Paluckes, habe aber alles gegessen, aber Paluckes ist noch, komm und iß.« – »Ach Herr, du hast eine ganze Schafherde und sollst nicht einen Bissen Fleisch haben, warum schlachtest du dir nicht ein Schaf?« – »Aber, Großvater, diese Schafe sind ja nicht mein, sie sind meinen Brüdern, mir gehört nur ein Lämmchen, und dies möchte ich nicht schlachten, ich hoffe, von diesem auch etwas zu ziehen.« – »Es wird so sein, aber gehe doch und schlachte es.« Der Knabe ging, da es der Alte wünschte, und tötete es, nahm dann ein schönes Stück Fleisch, salzte es und steckte es an den Spieß. Als es gebraten war, stellte er es auf den Tisch neben dem Paluckes und rief den Alten an den Tisch zum Essen. »Ich komme nicht, mein Sohn, ich bin nicht hungrig.« – »Aber komm doch, hätte ich gewußt, du wolltest nicht essen, würde ich ja das Lamm nicht geschlachtet haben, Herr behüte, es war mir lieber als 100 Gulden.« Der Alte ging zum Tisch und nahm grade einen Bissen in den Mund, dann sagte er: »Der Herr vergelt’s dir und bleib mit Gott.« – »Was ist, alter Großvater, du wirst doch nicht jetzt in der Nacht auf die Straße [wollen]? So komm doch und ruh hier bei mir.« – »O nein, mein Sohn, ich habe genug geruht, habe noch einen langen Weg vor mir, guten Abend.« – »Guten Abend.« Als der Knabe am Morgen aufwachte, hatte er so gut geruht und einen so schönen Traum gehabt. Er hatte geträumt, Gott sei bei ihm gewesen und hätte ihm das Lamm wieder gebracht und es zwischen die anderen Schafe gestellt, es hatte aber auf dem Felle lauter goldene Blumen. Als er erwachte, war er so froh erwacht, daß er dachte: »O Herr, wie kommt es doch, daß ich heute so froh bin, trotzdem ich mir das Lämmchen geschlachtet habe.« Er ging hinaus, um nach den Schafen zu sehen, er ging weiter, weiter ist noch viel und Schönes, was ich euch erzählen will.
Als er die Augen über die Schafe gleiten ließ, da sah er sein Lamm zwischen ihnen, auf dem Fell voll goldener Blumen. Er sah auf das Lamm wie auf ein Wunder und rief ihm, und da er rief, kam es gleich, so daß er sah, es sei nicht nur Schein. Bald kamen auch seine Brüder, und als sie sahen, wie und was, sprachen sie: »Du Dummer, bei dir war ja Gott.« Gut. Jetzt erzählten auch sie, wie es ihnen ergangen, was sie gesehen und wie sich die Leute um die Königstochter versammelt, aber lachen könne sie niemand machen. »Laßt mich auch ein wenig hingehen, daß ich seh‘, was dort ist.« Sie erlaubten es ihm, denn sie dachten, wenn er fortginge, bliebe das Lamm mit den Blumen aus Gold ihnen. Als er aber aufbrach, kam das Lamm hinter ihm, und wie er es auch umkehrte, es blieb doch bei ihm. Als er dann ging und ging, lief das Lamm immer hinter ihm. Am Abend erreichte er ein Dorf und trat am Ende desselben in ein Haus und bat um Nachtherberge.
Es wohnte da eine Witwe mit drei Töchtern. Ihn nahmen sie in die Stube, das Lamm blieb im Vorhaus. Die Mutter befahl den Töchtern, sich nur ja nicht zu unterstehen und die Hand an die goldenen Blumen zu legen. Als sie sich schlafen gelegt, hörte sie ihre älteste Tochter hinausgehen. Sie war deswegen gegangen, um sich nur eine Blume zu nehmen. Als sie die Hand an das Lamm legte, blieb sie kleben. Als sie nicht mehr in die Stube kam, ging die zweite, um sie hineinzurufen, da sie die Hand auf ihre Schwester legte, blieb auch sie fest. Die Mutter wußte nicht, was ihre Töchter so lange draußen blieben, und schickte die jüngste, um nachzusehen. Als diese ihre Schwestern freireißen wollte, war sie auch angeklebt. »Aber um Gottes willen, ihr Mädchen, was macht ihr denn, wollt ihr denn mit dem Menschen in Streit geraten?« – »Mutter, wir haben nichts genommen, wir sind nur am Lamm angeklebt, komm und befreie uns.« Die Witwe stand auf und ging, ihre Töchter wegzunehmen, als sie aber mit der Hand zulangte, klebte auch sie. Na, gut. Jetzt standen sie alle und konnten sich nicht rühren. Morgens, als der Junge hinaustrat, ging er, und als er aufbrach, kam das Lamm hinter ihm und die Witwe mit den drei Töchtern hinter dem Lamm. Sie gingen und gingen, bis sie einen Popen antrafen, der hatte eine Schaufel in der Hand, um einen Graben zu putzen. Als er diese sah, kam er, um sie mit der Schaufel abzutrennen, aber auch er klebte an. Nun erreichten sie die Stadt, wo der König mit seiner Tochter wohnte. Nur einmal kam ein Rauchfangkehrer mit der Leiter und dem Besen und war so schwarz. Als er diese sah, fing er an zu lachen und näherte sich ihnen, um sie zu verspotten und sie zu schwärzen, nur einmal klebte auch er fest. Jetzt wagte es niemand mehr, sie wegzunehmen, aber die ganze Stadt lief hinter ihnen, bis zum Hause des Königs. Das Mädchen saß am Fenster, und als es diese sah, fing es an zu lachen und lachte, bis es nicht mehr konnte. Da der König seine Tochter lachend sah, kam er ans Fenster und lachte auch. Als aber das Lamm sah, daß die Königstochter lachte, schüttelte es sich einmal, und alle waren frei.
Der König war so froh, daß er dem Jüngling seine Tochter gleich zur Frau gab und sein halbes Königreich. Wenn sie noch sind, leben sie auch heute noch.
Iuon Bîrsan, Alzen
[Rumänien: Pauline Schullerus: Rumänische Volksmärchen aus dem mittleren Harbachtal]