Gott kam einmal mit dem heiligen Petrus auf die Erde, um zu sehen, wie die Leute wären, gut oder böse. Sie gingen auf der Straße einen langen Weg. Als sie in einem Dorf anlangten, war es grade Abend. »Nun komm, du Petrus, wir gehen in das erste Haus hinein, daß wir sehen, was sagen die Leute am Anfang des Dorfes, wenn wir Herberge verlangen.« Sie gingen hinein, und Gott sprach: »Guten Abend, ihr guten Leute.« – »Wir danken, was bringt Euch zu uns am Abend?« – »Verzeiht, weil wir eingetreten sind, wir kommen von der Straße, der Abend ist gekommen, nun sind wir fremd und bitten um Herberge für diese Nacht.« – »Gottes ist die Herberge, tretet ein.« Die Frau gab ihnen Abendessen und machte ihnen ein gutes Bett und ehrte sie, wie es sich gehört. Am Morgen erhob sich Gott, gut ausgeruht, mit dem heiligen Petrus, und sagte zu diesem: »Nun, diese Leute haben sich ihre Ehre gerettet, hier hat es mir gefallen, ich muß ihnen auch etwas geben.« Als sie Abschied nahmen, sagte Gott: »Was wünscht Ihr Euch Gutes auf dieser Welt? Ihr dürft Euch dreierlei wünschen.« Aber der Rumäne, wie der Rumäne, dachte nur an diese Welt, nicht auch an die andere, und sagte: »Jetzt, wenn du mich fragst, will ich’s dir sagen. Was das Haben anbelangt, haben wir, was wir brauchen, aber der Mensch hat niemals zu viel, und es kommt ihm gut, immer mehr zu erhalten. Ich würde mir wünschen einen Beutel mit Geld, der nie leer wird, und wenn jemand hineinkriecht, soll er nicht mehr herauskönnen, bis ich nicht will. Zweitens würde ich mir einen Stuhl wünschen, daß der, welcher auf ihn sitzt, nicht mehr aufstehen kann, bevor ich will. Drittens möchte ich einen Nußbaum vors Fenster, und wer hinaufsteigt, soll nicht mehr herunterkönnen, bis ich nicht will.« Gut. Gott schenkte ihm alles. Aber es gefiel ihm doch nicht, daß dieser sich solche Dummheiten gewünscht.
Nun hatte der Rumäne mit seiner Frau noch mehr, als er brauchte, und er lebte gut und wie er wollte, drei Jahre lang. Nur einmal kam nach dieser Zeit eines Tages der Tod ins Haus und rief ihn, mitzukommen. Der Mann aber wollte dies Welt noch nicht verlassen und sagte: »Ich komme gleich, soll mir nur noch Wegzehrung in den Zwerchsack nehmen, bitte solange auf dem Stuhl zu sitzen.« Der Tod saß auf dem Stuhl, konnte er sich aber noch von dort rühren? Der Mann ließ ihn allein im Zimmer und ging an seine Arbeit. Der Tod saß, solange er gesessen sein wird, dann wurde es ihm zuviel, auch er hatte ja Arbeit in dieser Welt. Als der Mann hereinkam, bat der Tod, ihn zu befreien. »Ich will dich befreien, wenn du mir versprichst, in mein Haus drei Jahre lang nicht mehr zu kommen.« – »Ich komme nicht mehr.« Gut.
Der Tod ging. Und der Mann lebte noch drei Jahre in Frieden und Gesundheit. Als auch diese vergangen, kam er wieder: »Nun haid, Mensch, jetzt hast du genug gelebt.« – »Ich komme gleich mit dir, du Tod, aber kriech zuerst in den Beutel und nimm das Geld zusammen, ich habe niemanden, dem ich’s lassen könnte.« Der Tod kroch hinein und konnte nicht mehr heraus. Der Rumäne ließ ihn nicht herauskommen, bis er ihm nicht versprach, sieben Jahre nicht mehr zu kommen. Gut. Diese Jahre vergingen wie sieben Tage. So vergehen sie den Menschen, die kein Unglück oder Plage haben. Diese wissen gar nicht, daß sie leben, aber den Geplagten und Trauernden scheint manchmal ein Tag wie sieben Jahre. Nun, als die Zeit um war, welche der Tod ihm versprochen, kam er wieder, ihn zu rufen. »Jetzt will ich nicht mehr säumen, es ist mir eilig, komm geschwind.« – »Wir kommen, wir kommen, wir sind fertig, nur die Nüsse haben wir vom Nußbaum noch nicht heruntergenommen, ich muß noch schnell hinaufsteigen, es wäre doch Sünde, die hier zu lassen.« – »Laß mich, ich bringe sie auf einmal herunter«, rief der Tod und schwang sich mit dem Tornister hinauf. Dies wollte der Rumäne. Jetzt hatte er ihn auf dem Nußbaum, dort sollte er bleiben, solange er lebte. Der Tod nahm auf einmal alle Nüsse zusammen und machte sich daran, herunterzusteigen, aber er konnte unmöglich. »Der Mensch der Erde ist des Teufels, he, Mensch, so komm doch und nimm mich herunter«, schrie er. Der Mensch kam und sprach: »Bleib du nur dort, ich nehme dich nicht mehr herunter, soll ich immer in Sorge um dich sein? Nur dann! Dort kannst du sitzen, solange du lebst.« – »Lieber Herr, komm, nimm mich herunter, ich schwöre dir bei Salz und Brot, ich komme nicht mehr zu Euch, ich habe ja auch andere Leute. Aber Ihr bleibt also auf dieser Welt, bis Ihr satt seid, noch länger, so lange die Welt steht, dann werdet Ihr sehen, was für ein Elend Ihr Euch gemacht.« Der Mann holte ihn herab, und der Tod hielt sein Wort, in dies Haus kam er nicht mehr. Nun lebte der Mann mit seiner Frau in Freuden, sie hatten, was sie brauchten.
Viele Jahre vergingen, sie wurden alt, nur einmal kam die Zeit, daß sie dieser Welt überdrüssig wurden, die Leute ihres Alters waren gestorben, und sie standen nun allein, konnten auch nicht mehr gut sehen, und mit dem Gehen war es auch schlecht, sie hätten jetzt den Tod gewünscht, aber der kam nicht mehr. Nur einmal sprach der Mann zu seiner Frau: »Du Frau, jetzt sind wir alt, komm, laß uns [uns] fertig machen und in die andere Welt gehen. Wir gehen ins Paradies, den Tod brauchen wir nicht zu erwarten, der nimmt uns nicht.« Sie legte die Wegzehrung in den Zwerchsack und machte alles fertig, dann gingen sie langsam, wie die Alten. Als sie aber an der Türe des Paradieses anlangten, war sie verschlossen, und der heilige Petrus stand am Fenster: »Geht weg von hier, es ist kein Platz für euch. Wer auf der Erde gut gelebt, der ist wert in die Hölle zu gehen, dort ist euer Platz.«
Marie Bran, Leschkirch
[Rumänien: Pauline Schullerus: Rumänische Volksmärchen aus dem mittleren Harbachtal]