Ein armer, armer Bauer wollte die Last des Daseins nicht länger tragen und verließ das Elend seines Hauses, in dem sein Weib und eine ziemliche Anzahl Kinder zurückblieben. Als er so wanderte, dachte er bei sich: Wie unsinnig handelt doch der Schöpfer, dem einen gibt er zuviel und dem andern zuwenig. Könnt‘ ich ihn erwischen, mein Stock sollte ihm schon Vernunft einbläuen. Der Allmächtige sah diese Gedanken und begegnete dem Bauer schnell als Mensch, einen Esel am Stricke nach sich ziehend. »Wohin gehst du?« sprach er zu ihm. Die Antwort war: »Wohin werde ich gehen? Ich suche unsern Herrgott und will ihm mit meinem Stocke zeigen, wie dumm er ist, daß er dem einen auf dieser Welt zuviel gibt und den andern verhungern läßt.« Er klagte dabei seine Not und wie ihn sein häusliches Elend fortgetrieben habe. Der Schöpfer sprach darauf: »Wenn du wirklich so arm bist und meinst, du könntest den Reichtum ertragen, so nimm diesen Esel zum Geschenk, sag aber ja nicht zu ihm: ‚Esel, scheiß‘ und ‚Esel, genug‘, es möchte dich sonst reuen.« Mit diesen Worten zog der Geber schnell weiter und war dem Bauern schon aus dem Gesicht, ehe dieser die Worte recht begriffen hatte. Er folgte, den Esel am Strick haltend, ins Blaue, und dachte: »Einen Esel? ’s ist doch etwas, er mag noch so schlecht sein; warum aber sagte der Mann, was ich zu diesem Tier nicht sagen solle. Braucht man das einem Esel, wäre es auch der dümmste, je zu sagen? Was wollte der Mann mit seiner Rede?« So denkend schritt er weiter bis zum Abend, wo er sich ermüdet an einer Berghalde niedersetzte, um auszuruhen. Das gelang ihm aber nicht, denn der Vorwitz plagte ihn, zu wissen, warum er dem Esel jenes Wort nicht sagen solle. Um aus der Ungewißheit zu kommen, entschloß er sich endlich und sprach das Wort aus. Wie groß war sein Erstaunen, als das Wundertier sofort Dinge von sich gab, die zwar einem Acker gar nichts nützen, aber seinem elenden Dasein schnell ein Ende machen konnten, denn es waren lauter blanke Dukaten. Als er sich von seinem Staunen erholt hatte, rief er: »Esel, genug!« Da hielt das Tier inne, auf neuen Befehl aber begann es auch unverzüglich wieder. Lange trieb der Freudetrunkene dieses Spiel, bis er auf dem Boden einen Haufen Gold zusammengestreift hatte, den er kaum zu schleppen vermochte. Er packte so viel als möglich davon ein, vergrub den Rest und trat mit seinem Tier den Weg nach der Heimat an. Da aber der Tag schon weit vorgerückt war, so mußte er in einer Herberge über Nacht bleiben. Nachdem er hier seinen Esel sorgfältig untergebracht hatte, ließ er sich ein Abendessen auftragen vom besten, was an Speisen und Getränken im Haus aufzutreiben war. Eben dehnte er sich behaglich auf eine Bank hin, als die Wirtin eintrat und ihm freundlich zurief: »Wohl bekomm’s!« So was war ihm noch nie begegnet, es wurde ihm ganz anders zu Mut, und er konnte es nicht übers Herz bringen, der freundlichen Frau sein Abenteuer zu verschweigen.
Hatte der Bauer Stunden gebraucht, um endlich zu seinem Esel zu sagen, was er nicht hätte sollen, so brauchte die Wirtin kaum etliche Minuten dazu, um in den Stall zu kommen und ihre Neugier zu befriedigen. Auch von der ersten Verwunderung erholte sie sich schneller als jener, und sie konnte nicht schnell genug zu ihrem Manne laufen, um mit ihm den Plan zu besprechen, wie sie den tölpischen Bauern um seinen unschätzbaren Esel prellen wollten. Früher als in vielen andern Fällen waren die beiden Eheleute darüber einig, daß sie das Tier auswechseln und seinem Eigentümer ein ähnliches, sonst aber ganz alltägliches in die Hand spielen wollten. Dies hatte des andern Morgens um so weniger Anstand, da der Bauer schon früh mit einer Hand voll Gold um Wein und Branntwein rief, sich tüchtig betrank und dann weinselig seinen Morgenschlaf beendigte.
Die Sonne stand bereits hoch, als ihn die Wirtin weckte und ihn fragte, ob er nichts befehle. Diese freundliche Zuvorkommenheit rief ihm erst ins Bewußtsein, daß er nicht zu Hause war. Er sprang auf, fragte nach seiner Zeche, bezahlte dieselbe in Gold und wartete nicht, bis die Wirtin einige kleinere Münzen zusammenzählte, die sie ihm herauszugeben hatte.
Jauchzend vor Fröhlichkeit schritt er auf der Straße zur Heimat weiter, den Wundergrauschimmel, wie er ihn hieß, am Stricke nach sich ziehend. Er hatte zuerst versucht, denselben zu reiten, aber der Gang des Tieres war ihm zu langsam und die Ungeduld, all das auszuführen, was er mit seinem vielen, vielen Gold vorhatte, beschleunigte seine Schritte, die sich freilich hie und da seitwärts richteten, als weiche er rechts oder links einem unsichtbaren Gegner aus.
Daheim angekommen, band er, ohne sich um die Freude seines Weibes und seiner Kinder über seine Wiederankunft weiter zu kümmern, den Esel an die Krippe und steckte ihm noch einen Wisch Stroh auf, den sich längst die Mäuse zum Tummelplatz erkoren hatten. Dann sammelte er all die Seinigen um sich her, stellte neben sich sein Weib, an deren Seite nach der Orgelpfeife die Mädchen, um sich zur Seite in derselben Ordnung die Buben. Er breitete sie darauf vor, daß ihnen jetzt ein Gotteswunder offenbar werden solle, und als sie nun alle still und andächtig dastanden, rief er dem Esel das verhängnisvolle Wort zu. Der aber langte nur nach dem vorgesteckten Stroh, das ihm nicht frisch genug zu sein schien, und wehrte übrigens mit dem Schweife ruhig die Fliegen; alle Bewegungen machte er auch sonst mit demselben, nur die einzige, die gewünschte nicht. Der Bauer wiederholte das verbotene Wort noch zweimal, aber beidemal umsonst, der Esel blieb ruhig und kalt, während sein Herr nicht wußte, ob er sich schämen oder toll werden sollte. Die Frau, welche von allem nichts verstand, fragte den tiefgebeugten Hausvater, was es denn mit dem Esel für eine Bewandtnis habe, und eben wollte der Mißmutige Atem schöpfen, um die ganze Geschichte lang und breit zu erzählen, da hob das vermeintliche Wundertier den Schweif, aber alle Augen sahen und erkannten nur Gewöhnliches.
Das vollendete des Mannes Niedergeschlagenheit, und mit gleichem Schmerz vernahmen die Seinen die Erzählung des Abenteuers, zu dessen Beglaubigung er einige von den Dukaten vorwies. Betrübt schlichen die Armen auseinander.
Abends, als alle schliefen, gedachte der sorgenvolle Familienvater mit seinem Esel noch eine Probe zu machen, ging in den Stall, rief den Unbegreiflichen an, bat ihn endlich um Gottes willen, aber alles blieb umsonst. Jetzt wurde der Bauer zornig, schlug dem hartnäckigen Tier mit der Axt den Schädel ein und begrub es unverzüglich, um sich wenigstens über seinen Anblick nicht mehr ärgern zu müssen. Er war noch vor Tag mit dieser Arbeit fertig, da fiel ihm wieder das grenzenlose Elend seines Hauses ein, er griff also wieder zu seinem Stock, um unsern Herrgott noch einmal zu suchen und ihn wegen der ungerechten Verteilung der irdischen Güter durchzuprügeln.
Auf derselben Stelle, wo er früher den Esel erhalten hatte, trat ihm auch heute wieder der Herr der Welt als unansehnlicher Wandersmann in den Weg und fragte ihn wiederum, wohin er gehe, erhielt auch die gleiche Antwort. Der Unbekannte gab ihm jetzt lächelnd einen kleinen Tisch mit den Worten: »Nimm hier diesen Tisch, sprich aber nicht zu ihm: ‚Tisch, deck auf!‘ oder ‚Tisch, deck ab!’« Kaum waren diese Worte gesprochen, so schaute sich auch der Bauer vergebens nach dem Geber um, denn dieser war, wie sein letztes Wort in der Luft, spurlos verschwunden.
Diesmal besann sich der Bauer nicht so lange wie beim Esel und sprach schnell: »Tisch, deck auf!« Sieh! da trug der Tisch mit einemmal eine prächtige Last. Auf silbernen und goldenen Tellern waren zwölf der herrlichsten Speisen angerichtet, alles so schön anzuschauen, daß der Glückliche sich kaum traute, die Hand danach auszustrecken. Der Geruch der Speisen ließ aber nicht nach, ihm zuzureden, so nahm er sich endlich ein Herz und blieb auch standhaft an dem Tische sitzen, bis alles aufgezehrt war. Jetzt ging es über die Flaschen her, die, mit den köstlichsten Weinen der Erde gefüllt, in feurigem Schimmer prangten. Eine nach der anderen wurde, ohne die geringste Wahl, ausgetrunken, und, wie sie nun geleert, ihres schönen Farbenspiels beraubt, vor den schwimmenden Augen ihres Herrn herumtanzten, da lallte er, schon halb in seligem Schlaf, die Worte: »Deck ab, Tisch!« Der Tisch tat, wie ihm befohlen war, und stand leer neben seinem vollen Herrn, bis dieser sich satt geschnarcht hatte und sich am andern Tag, als die Sonne schon hoch stand, den Schlaf aus den Augen rieb. Kaum wurde er seines Tisches ansichtig, so rief er abermals: »Deck auf, Tisch!« Der Tisch tat gehorsam, wie ihm befohlen, der Bauer aber aß und trank noch einmal tüchtig, ließ dann seine Wundertafel sich wieder abdecken, nahm sie auf den Rücken und ging damit weiter seiner Heimat zu. Abends kam er wieder in dasselbe Wirtshaus, wo er auch mit seinem Esel übernachtet hatte. Die Wirtin erkannte ihn sogleich wieder und fragte freundlich, was der Herr befehle, ob er vielleicht etwas zu speisen wünsche. Diesmal hatten die höflichen Worte nicht die gewünschte Wirkung, vielmehr brummte der Bauer sehr vornehm: »Nichts befehl ich, ich brauche nichts! Bring mir nur meinen Tisch in die Stube herein, wo ich schlafen werde!« Es geschah, und der Eigentümer ließ alsbald seine Kunst und seine Neigung schauen, indem er den Tisch aufdecken hieß und dann alles abfraß, was darauf angerichtet stand.
Dieses Wunder lockte eine Menge Volks herbei, dessen Staunen vollends keine Grenzen mehr fand, als der gesättigte, gutmütige Bauer alle von den herrlichen Speisen kosten ließ. Endlich lud er alles ein, mit ihm zu essen und zu trinken, und als der Tisch keinen Raum mehr hatte, um alles zu beherbergen, so viel und vielerlei ein jeder haben wollte, so waren in und vor dem Zimmer bald noch eine Menge von Tischen aufgestellt, die der wunderbare Tisch unermüdet und reichlich mit Speisen besetzte. Unter lautem Jubel, der natürlich bald zum wilden Gewirr wurde, tranken und aßen alle, die das Glück hatten, sich bis zum Wundertisch vordrängen zu können. Erst spät in der Nacht, als alle sich übersatt spürten, wich der Lärm allmählich einer tiefen Stille, die nur hie und da durch einen Schnarchenden oder im Rausche tief Aufatmenden unterbrochen wurde. Auch der Bauer lag unter den Schlafenden, desgleichen die meisten der Tische, auf denen kurz vorher die Freuden der Tafel geblüht hatten. Jetzt aber schritt auf den Zehen die Wirtin herbei und trug leise den Wundertisch, den sie sich zuvor wohl gemerkt hatte, weg.
Des andern Tages spät erwachten nach und nach Gastgeber und Gäste, sie brauchten alle lang, bis sie zur Besinnung kamen. Am schnellsten gelang dies dem Besitzer des Wundertisches, denn die Angst, sein neues, unschätzbares Besitztum zu verlieren, machte ihn munter. Schnell raffte er sich auf, ergriff von den Tischen denjenigen, der zunächst bei ihm stand, der also doch wohl der seinige sein mußte, und schlich sich damit eilig fort, seiner Heimat zu.
Auch die Gäste wurden allmählich wach, standen auf und suchten ihre Tische, Hüte, Mützen, Stöcke usw., konnten sich aber darüber nicht in Güte verständigen, und so gab es zuerst ein tüchtiges Schelten und Zanken, zum würdigen Schluß aber schlugen Tisch- und Stuhlfüße festen Takt.
Der Bauer mit seinem Wundertische war indessen zu Hause angekommen, trat in die Stube und stellte den Tisch gerade vor sein Weib hin, die eben am Spinnrade saß. Er sprach zu ihr: »Sieh, Weib, hier ist ein besseres Ding als der Esel, der uns nur zum besten hatte; nun kannst du dich mit den Kindern einmal vollessen, und gut, gut, wie ihrs euch habt träumen lassen.« Das Weib, welches nicht begriff, was der leere Tisch solle, sah ihren Mann an, nicht wissend, ob er verrückt sei oder Scherz treibe. Er aber versammelte die Seinen um den Tisch, wie damals um den Esel, und rief: »Deck auf, Tisch!« Der Tisch aber tat nichts, als daß er auf seinen vier Füßen ruhig stehen blieb. »Deck auf, Tisch!« rief der Hausvater zum zweiten- und drittenmal. Aber immer blieb sein Befehl erfolglos. Da trat er zu ihm hin, steckte die Nase drauf und nahm noch den Geruch wahr von den Speisen und Getränken, die tags zuvor darauf herumgewischt worden waren. »Er riecht schon! Er riecht schon!« jauchzte der Bauer freudig. »Deck auf! Deck auf, Tisch!« Dieser aber tat noch immer nichts, als daß er noch etwas Eßgeruch von sich gab. Die Kinder, welchen die Mutter kurz vor des Vaters Heimkehr einige Brotkrumen verteilt hatte, rochen ebenfalls der Reihe nach an dem Tisch und zogen sich dann still, das harte Brot kauend und ohne an Wunder zu glauben, in die verschiedenen Ecken der Stube zurück.
Dies brachte den sorgenvollen Vater außer sich, er nahm eine Axt, schlug den Tisch in Stücke, welche er ins Feuer warf, und sagte. »Da, du unnützes Ding, wenn du nicht kochen willst, so hilf wenigstens kochen!« Während der Topf mit Erdäpfeln, der am Feuer stand, jetzt lustiger sott, erzählte der Mann seinem Weibe den ganzen Hergang seines Abenteuers von A bis Z. Jetzt war aber auch erst des Jammers kein Ende, und die Frau rief schluchzend: »Ach, mein Gott, jetzt sehe ich wohl, daß wir kein Glück haben können, selbst wenn der liebe Gott will!« Zugleich schrien die hungrigen Kinder um mehr Brot.
All das machte den Hausvater nur noch mißmutiger, und er schlich sich deshalb in der Nacht wieder zum Hause hinaus, um sein Glück zum drittenmal zu versuchen. Auch jetzt begegnete er dem Fremden wieder, der ihn wie die früheren Male fragte, wohin er gehe. Auch des Bauern Antwort war diesmal wieder die nämliche, indem er sagte: »Ich gehe unsern Herrgott aufsuchen, um ihn tüchtig durchzuprügeln, weil er dem einen zuviel und dem andern zuwenig gibt.« – »Hast du denn«, versetzte der Unbekannte lächelnd, »dazu auch einen guten Knittel?« – »Jawohl«, erwiderte der Bauer, und wies dem Fragenden seinen Stock hin. Der nahm ihn einen Augenblick in die Hand und gab ihn dann zurück mit den Worten: »Nimm hin, er ist gut; sprich aber ja nicht zu ihm: ‚Prügel, hei!‘, denn er hat die Gewohnheit, immer deinen Feind zu prügeln, wenn dir ein solcher in die Nähe kommt und du dies Wort zu ihm sprichst.«
Damit war der Unbekannte verschwunden, und der Bauer, dem dieses sonderbare Verschwinden nicht mehr auffiel, konnte kaum erwarten, irgendeinen Feind oder Gott selbst zu finden, um die Kraft seines Stocks an ihm zu versuchen. Da ihm aber lang weder der eine noch der andere vors Gesicht kommen wollte, so wurde die Neugier zu mächtig, und er rief: »Prügel, hei!« Kaum war das Wort heraus, so spürte er auf dem Rücken wohlaufgemessene Schläge, und ihm war, als ob zwei und drei Stöcke auf ihn lostrommelten. Er hatte jetzt keinen anderen Wunsch mehr, als dem gehorsamen Stock Einhalt zu tun. Er brüllte und bat, warf sich auf die Knie, dann der Länge nach auf die Erde, stieß alles, was er in der Geschwindigkeit noch in seinem Gedächtnis von Gebeten zusammenfinden konnte, heraus und bat alle Himmel um Barmherzigkeit, aber alles blieb fruchtlos, der Prügel empfand weder Müdigkeit noch Erbarmen. In der Verzweiflung schrie der arme Geschlagene seine ganze Beichte heraus und zuletzt auch, wie er so gottlos gewesen und ausgezogen sei, um Gott, seinen Schöpfer selber, zu prügeln. Das war das rechte Mittel, der Unbekannte war wieder da, brachte den Stock mit einem Wink zur Ruhe und sprach: »Albernes Geschöpf! Du schriest um Glück, und als ich dirs in die Hände gab, ließest du dich drum bestehlen, ehe du damit nach Hause kamst; du warst erbost über deinen Schöpfer und wußtest nicht, was du jetzt weißt, daß dir nur Schläge not waren. Der Stock hat die Eigenschaft, daß er auf Befehl die Feinde seines Eigentümers züchtigt, drum kam er vorhin über dich, denn bis auf diese Stunde hast du keinen schlimmeren Feind gehabt als dich selbst. Willst du übrigens, daß er innehalte, so rufe nur: ‚Prügel, steh!‘ Zieh jetzt deiner Wege, und bist du klug, so kannst du mit seiner Hilfe deinen Tisch und deinen Esel wiederbekommen.« So verschwand der Unbekannte. Der Bauer dachte: Dies muß wohl der Meister aller Meister gewesen sein, der so schön und weise zu sprechen weiß. Er besann sich lange hin und her, ohne daß er ganz klug daraus werden konnte. »Aber das«, so rief er endlich laut, »das weiß ich, gehen will ich und meinen Esel und meinen Tisch wieder holen.«
Als er in die Schenkstube der diebischen Wirtin eintrat, bot ihm diese den freundlichsten Willkomm und fragte, was er befehle. Ohne darauf zu antworten erzählte er ihr von seinem wunderbaren Stock und log ihr eine Menge Geschichten von demselben vor, so daß ihre Lust, denselben zum Esel und zum Tisch zu besitzen, aufs höchste stieg. Da aber der Bauer ihren Fragen auswich, sah sie endlich kein anderes Mittel, als gerade zu fragen, wie man zu dem Stock sagen müsse, damit er seine Schuldigkeit tue. Da antwortete der Bauer: »Man darf nur sagen: ‚Prügel, hei!‘ so …« Mit diesem Worte mußte er aber abbrechen, denn der Stock hatte dasselbe wider Vermuten bereits vernommen und tanzte auf dem Rücken der Wirtin mit solcher Geschwindigkeit, daß man weder sein eines noch sein anderes Ende mehr wahrnehmen konnte. Zudem fing die Geprügelte dermaßen zu schreien an, daß im Augenblick der Wirt samt dem Hausgesinde herbeigelaufen kam. Als er den Bauern sah, kamen ihm gleich die Wunderstücke in den Sinn, die er und seine Frau dem Mann entwendet hatten, und er sah wohl ein, weshalb derselbe da sei. Er rief daher schnell seinen Knechten zu, den Kerl zur Türe hinauszuwerfen, als aber diese sich anschickten, den Befehl zu vollführen, rief der Bauer: »Prügel, hei! Prügel, hei!« War der Stock in seinem Geschäfte vorher auf dem Rücken der Wirtin so schnell, daß man ihn kaum sehn konnte, so war er es jetzt zweimal. Denn er hatte jetzt seine Kunst auf den Rücken aller, die im Zimmer waren, zu zeigen, und tat dies auch mit solcher Meisterschaft, daß bis auf diesen Tag alle, die damals dabei waren, nicht genug davon erzählen können. Am schlimmsten erging es dem Wirt und der Wirtin, insbesondere schwang er sich diesen kräftig in den Weg, so daß sie umsonst versuchten, ihre Flucht durch die Türe zu nehmen. Sie legten sich daher aufs Bitten, und als der Bauer kein Erbarmen zeigte, fing die Wirtin an zu schreien: »Ach, lieber Herr Bauer, ich schaffe Euch Euren Esel wieder, wenn Ihr mich befreit.« Dazwischen brüllte der Wirt: »Helft mir von dem Stock, so sollt Ihr den Tisch haben!« – »Aha«, sagte der Bauer, »hab ichs gefunden? Wo ist der Tisch und wo der Esel?« Da antwortete der Wirt: »Ach Herr, der Tisch ist auf dem Boden versteckt. O weh, hört doch auf, laßt mich nicht totschlagen!« – »Und der Esel ist im Keller«, stöhnte die Wirtin drauf, »ach, lieber Ackerherr, befehlt doch dem Stock, daß er mich am Leben lasse.« – »So geht und lauft«, sagte jetzt der Bauer, »holt meinen Tisch und meinen Esel! Hallo, schnell! Prügel, hei! Treib sie an!« Als ob der bis jetzt nur gescherzt hätte, fing er erst recht ernstlich an zu schlagen, von oben bis unten verschonte er keine Stelle an dem Körper seiner beiden Zöglinge, so daß diese kaum Schritte und Tritte finden konnten, um die Wunderdinge herbeizuholen. Nun erst erscholl das: »Prügel, steh!«
Als der überglückliche Bauer seinen Esel aus dem Hofe führte und ihm auch den Wundertisch zum Tragen auflud, so lüftete der Esel den Schweif und gab sogleich Proben von seinem unermeßlichen Vermögen. Hierüber war der Eigentümer ausnehmend vergnügt, und der Weg bis zu seinem Hause wurde ihm kurz, denn Pläne über Pläne erfüllten seinen Sinn.
Zu Hause ließ er sogleich seine Wunder sehen, und war das Staunen über den wunderbaren Esel groß, so weckte der Wundertisch erst einen Jubel, der zwar nicht so mächtig schallte wie damals in der Herberge, aber im Kreise der Bauernfamilie desto länger anhielt. Sie lebten noch lange Jahre sorglos und über die Maßen vergnügt; die Wohnstube wurde nach und nach durch des Esels Verdienste sehr zierlich ausgestattet, an der Wand aber hing der Prügel, und er war es, der die Kinder zuweilen lehrte, daß man nicht zuviel wünschen müsse.
[Rumänien: Arthur und Albert Schott: Rumänische Volkserzählungen aus dem Banat]