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Märchenbasar

Der Brunnengeist

3.5
(6)
Ein Mann und eine Frau hatten einen Knaben. Weil sie aber so arm waren, dass nicht einmal die Asche in der Feuerstelle ihnen zu eigen gehörte, sprach der Knabe, als er schon herangewachsen war: „Ich will dienen gehen und mich und euch ernähren.“ Die Eltern willigten ein und der Vater begleitete ihn eine Strecke Weges, bis sie zu einem Brunnen mit klarem Wasser kamen, da setzten sie sich, um zu essen und dann zu scheiden. Wie nun der Vater den Kuchen, den die Mutter dem Knaben gebacken und auf die Reise mitgegeben hatte, entzweibrach und einen Bissen davon verschlucken wollte, blieb ihm dieser im Halse stecken, also dass er ihn nur mit vieler Mühe hinunter brachte und dabei seufzte: Hei! Hei! Kaum aber war der Seufzer über seine Lippen, so warf das Wasser im Brunnen hohe Wellen und der Brunnengeist stieg aus demselben errpor und sprach: „Ich bin Haihai, warum rufst du mich?“ Vater und Sohn hatten zuerst Angst, erzitterten am ganzen Leibe. Da das der Brunnengeist sah, sprach er ihnen Mut zu, befragte sie über ihre Umstände und über den Zweck ihrer Reise und als er da hörte, er wolle das Leben ändern, sagte er: „Wenn du hundert Jahre suchest, kannst du einen bessern Dienst nicht finden, als bei mir, denn mein Jahr währt nur 3 Tage, und wenn die verstrichen sind, will ich dich ganz in Kupfer kleiden.“ Darob freute sich der Bube und die Mutter, auch dem Vater gefiel der Antrag, nur wusste er nicht, wie und wo er den Buben wieder finden werde. Zuletzt willigte er aber doch ein und ehe er sich versah, verschwand der Geist samt dem Buben in den Wellen des Brunnens. Da tat es dem Vater doch leid und er konnte kaum erwarten, bis die drei Tage um waren. Allsogleich ging er wieder hin zum Brunnen und rief den Brunnengeist beim Namen, Da rauschte das Wasser und der Brunnengeist stieg herauf, rechts und links einen Knaben, beide in Kupfer gekleidet und einander vollkommen ähnlich. Der Brunnengeist sprach: „Einer von diesen ist dein Sohn, vermagst du ihn zu erkennen, so mag er mit dir nach Hause ziehen, wenn nicht, so muss er mir noch ein Jahr dienen.“ Der Vater, wie er das hörte, glaubte schon sein Kind zu verlieren. Wie er aber die Knaben genau betrachtete, erkannte er den seinen danach, dass er die Haare rechts gekämmt trug, trat auf ihn zu und sprach: „Dass ist mein Sohn.“ Der Brunnengeist antwortete: „Er ist’s und mag mit dir ziehen, so du ihn mir aber noch ein Jahr lassest, will ich ihn ganz in Silber kleiden.“ Der Vater wollte anfangs nicht, weil aber der Bube ihm zuredete, liess er’s geschehen und ging mit den kupfernen Kleidern nach Hause. Als das Jahr um war, fand er sich zur bestimmten Stunde wieder am Brunnen ein und rief den Brunnengeist beim Namen. Da rauschte das Wasser und der Geist stieg herauf, rechts und links einen Knaben zur Seite, beide in Silber gekleidet und einander vollkommen ähnlich. Und der Geist sprach: „Einer von diesen ist dein Sohn, und vermagst du ihn zu erkennen, so mag er mit dir nach Hause ziehen, wenn nicht, so muss er noch ein Jahr dienen.“ Der Vater, wie er das hörte, glaubte schon sein Kind zu verlieren. Wie er aber die Knaben genauer betrachtete, erkannte er seinen daran, dass er den Gürtel enger geschnallt trug als die anderen, trat auf ihn zu und sprach: „Dies ist mein Sohn.“ und der Brunnengeist sprach: „Er ist’s und mag mit dir ziehen, so du ihn aber noch ein Jahr lassest, will ich ihn ganz in Gold kleiden.“ Der Vater wollte nicht einwilligen, sondern zog mit dem Buben heim und waren reiche Leute.

Quelle:
(Rumänische Märchen)

 

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