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Das Leibross des Kaisers bekam goldene Hufbeschläge, ein goldenes Hufeisen an jedes Bein.
Aber weshalb das?
Es war ein wunderschönes Tier, hatte feine Beine, kluge und helle Augen und eine Mähne, die ihm wie ein Schleier über den Hals herabhing. Es hatte seinen Herrn durch Pulverdampf und Kugelregen getragen, hatte die Kugeln singen und pfeifen hören, hatte gebissen, ausgeschlagen und mitgekämpft, als die Feinde eindrangen, war mit seinem Kaiser in einem Sprung über das gestürzte Pferd des Feindes gesetzt, hatte die Krone aus roten Gold, das Leben seines Kaisers gerettet, und das war mehr wert als das rote Gold, deshalb bekam des Kaisers Ross goldene Hufeisen.
Und ein Mistkäfer kam hervorgekrochen. „Erst die Großen, dann die Kleinen“, sagte er, „aber die Größe allein macht es nicht.“ Und dabei streckte er seine dünnen Beine aus.
„Was willst du denn?“ fragte der Schmied.
„Goldene Beschläge, jawohl!“ sagte der Mistkäfer. „Bin ich denn nicht ebenso gut wie das große Tier da, das gewartet und gebürstet wird und dem man Essen und Trinken vorsetzt! Gehöre ich nicht auch in den kaiserlichen Stall?“
„Weshalb aber bekommt das Ross goldene Beschläge?“ sagte der Schmied, „begreifst du das nicht?“
„Begreifen? Ich begreife, dass es eine Geringschätzung meiner Person ist“, sagte der Mistkäfer, „es geschieht, um nicht zu kränken – und ich gehe deshalb auch in die weite Welt!“
„Nur zu!“ sagte der Schmied.
„Grober Kerl, du!“ sagte der Mistkäfer, und dann ging er aus dem Stall hinaus, flog eine kleine Strecke und befand sich bald darauf in einem schönen Blumengarten, wo es nach Rosen und Lavendel duftete.
„Ist es hier nicht wunderschön?“ fragte einer der kleinen Marienkäfer, die mit ihren roten, schildstarken, mit schwarzen Pünktchen besäten Flügeln darin umherflogen. „Wie süß es hier ist, wie ist es hier schön!“
„Ich bin es besser gewöhnt“, sagte der Mistkäfer, „ihr nennt das hier schön? Nicht einmal ein Misthaufen ist hier!“
Dann ging er weiter, unter den Schatten einer großen Levkoje; da kroch eine Kohlraupe umher. „Wie ist doch die Welt schön!“ sprach die Kohlraupe, „die Sonne ist so warm, alles so vergnüglich! Und wenn ich einmal einschlafe und sterbe, wie sie es nennen, so erwache ich als ein Schmetterling.“
„Was du dir einbildest!“ sagte der Mistkäfer, „als Schmetterling umherfliegen! Ich komme aus dem Stall des Kaisers, aber niemand dort, selbst nicht des Kaisers Leibross, das doch meine abgelegten goldenen Schuhe trägt, bildet sich so etwas ein: Flügel kriegen! Fliegen! Ja, jetzt aber fliegen wir!“ Und nun flog der Mistkäfer davon. „Ich will mich nicht ärgern, aber ich ärgere mich doch!“ sprach er im Davonfliegen.
Bald darauf aber fiel er auf einem großen Rasenplatz nieder; hier lag er eine Weile und simulierte; endlich schlief er ein.
Ein Platzregen stürzte plötzlich aus den Wolken! Der Mistkäfer erwachte bei dem Lärm und wollte sich in die Erde verkriechen, aber es gelang ihm nicht, er wurde um und um gewälzt; bald schwamm er auf dem Bauch, bald auf dem Rücken, an Fliegen war nicht zu denken; er zweifelte daran, lebendig von diesem Ort fortzukommen. Er lag, wo er lag, und blieb auch liegen.
Als das Unwetter ein wenig nachgelassen hatte und der Mistkäfer das Wasser aus seinen Augen weggeblinzelt hatte, sah er etwas Weißes schimmern, es war Leinen, das auf der Bleiche lag; er gelangte zu ihm hin und kroch zwischen eine Falte des nassen Leinens. Da lag es sich freilich anders als in dem waren Haufen im Stall, aber etwas Besseres war hier nun einmal nicht vorhanden, und deshalb blieb er wo er war, blieb einen ganzen Tag, eine ganze Nacht, und auch der Regen blieb. Gegen Morgen kroch er hervor; er ärgerte sich sehr über das Klima.
Auf dem Leinen saßen zwei Frösche; ihre hellen Augen strahlten vor lauter Vergnügen. „Das ist ein herrliches Wetter!“ sagte der eine, „wie erfrischend! Und die Leinwand hält das Wasser so schön beisammen; es krabbelt mich in den Hinterfüßen, als wenn ich schwimmen sollte.“
„Ich möchte wissen“, sagte der andere, „ob die Schwalbe, die so weit umherfliegt, auf ihren vielen Reisen im Ausland ein besseres Klima als das unsrige gefunden hat: eine solche Nässe! Es ist wahrhaftig, als läge man in einem nassen Graben! Wer sich dessen nicht freut, liebt in der Tat sein Vaterland nicht!“ „Seid ihr denn nicht im Stall des Kaisers gewesen?“ fragte der Mistkäfer. „Dort ist das Nasse warm und würzig, das ist mein Klima, aber das kann man nicht mit auf Reisen nehmen. Gibt’s hier im Garten kein Mistbeet, wo Standespersonen wie ich sich heimisch fühlen und logieren können?“
Die Frösche aber verstanden ihn nicht, oder wollten ihn nicht verstehen.
„Ich frage nie zweimal!“ sagte der Mistkäfer, nachdem er bereits dreimal gefragt und keine Antwort erhalten hatte.
Darauf ging er eine Strecke weiter und stieß hier auf einen Tonscherben, der freilich nicht da hätte liegen sollen, aber so wie er lag, gewährte er Schutz gegen Wind und Wetter. Hier wohnten mehrere Ohrwurmfamilien; diese beanspruchen nicht viel – bloß Geselligkeit. Die weiblichen Individuen sind voll der zärtlichsten Mutterliebe, und deshalb hielt auch jede Mutter ihr Kind für das schönste und klügste.
„Unser Söhnchen hat sich verlobt!“ Sagte eine Mutter, „die süße Unschuld! Sein ganzes Streben geht dahin, dermaleinst in das Ohr eines Geistlichen zu kommen. Er ist recht kindlich liebenswürdig; die Verlobung bewahrt ihn vor Ausschweifungen! Welche Freude für eine Mutter!“
„Unser Sohn“, sprach eine andere Mutter, „kaum aus dem Ei gekrochen, war auch gleich auf der Fahrt; er ist ganz Leben und Feuer! Er läuft sich die Hörner ab! Welch eine Freude für eine Mutter! Nicht war, Herr Mistkäfer?“ – Sie erkannten den Fremden an seiner Form.
Sie haben beide recht!“ sagte der Mistkäfer, und nun bat man ihn, in das Zimmer einzutreten, soweit er nämlich unter den Tonscherben kommen konnte.
„Jetzt sehen Sie auch mein kleines Ohrwürmchen“, rief eine dritte und vierte Mutter. „Es sind gar liebliche Kinder, und sie machen sehr viel Spaß. Sie sind nie unartig, außer sie haben Bauchgrimmen; leider kriegt man das aber gar zu leicht in ihrem Alter.“
Und in der Weise sprach jede Mutter von ihrem Püppchen, und die Püppchen sprachen mit und gebrauchten ihre kleinen Scheren, die sie am Schwanze hatten, um den Mistkäfer an seinem Bart zu zupfen.
„Ja, die machen sich immer was zu schaffen, die kleinen Schelme!“ sagten die Mütter und dampften ordentlich vor Mutterliebe; allein das langweilte den Mistkäfer, und er fragte deshalb, ob es noch weit bis zu dem Mistbeet sei.
„Das ist ja draußen in der weiten Welt, jenseits des Grabens!“ antwortete ein Ohrwurm, „So weit wird hoffentlich keines meiner Kinder gehen, das wäre mein Tod!“
„So weit will ich doch zu kommen versuchen“, sagte der Mistkäfer und entfernte sich, ohne Abschied zu nehmen; denn so ist es ja am feinsten. Am Graben traf er noch mehr von seinesgleichen, alles Mistkäfer.
„Hier wohnen wir!“ sagten sie. „Wir haben es ganz gemütlich! Dürfen wir Sie wohl bitten, in den fetten Schlamm hinabzusteigen? Die Reise ist für Sie gewiss ermüdend gewesen!“
„Allerdings!“ sprach der Mistkäfer. „Ich war dem Regen ausgesetzt und habe auf Leinen liegen müssen, und Reinlichkeit nimmt mich vor allem mit. Auch habe ich Reißen in dem einen Flügel, weil ich unter einem Tonscherben im Zug gestanden habe. Es ist in der Tat ein wahres Labsal, wieder einmal unter seinesgleichen zu sein.“
„Kommen Sie vielleicht aus dem Mistbeet?“ fragte der älteste.
„Oho! Von höheren Orten!“ rief der Mistkäfer. „Ich komme aus dem Stall des Kaisers, wo ich mit goldenen Schuhen an den Füßen geboren wurde; ich reise in einem geheimen Auftrag. Sie dürfen mich darüber aber nicht ausfragen, denn ich verrate es nicht.“
Darauf stieg der Mistkäfer in den fetten Schlamm hinab. Dort saßen drei junge Mistkäferfräuleins; sie kicherten weil sie nicht wussten, was sie sagen sollten.
„Sie sind alle drei noch nicht verlobt“, sagte die Mutter; und die jungen Mistkäferfräuleins kicherten aufs neue, diesmal aus Verlegenheit.
„Ich habe in den kaiserlichen Ställen keine schöneren gesehen“, sagte der Mistkäfer, der sich ausruhte.
„Verderben Sie mir meine Mädchen nicht; sprechen Sie nicht mit Ihnen, es sei denn, Sie haben reelle Absichten! Doch die haben Sie sicher, und ich gebe meinen Segen dazu!“
„Hurra!“ riefen all die andern Mistkäfer, und unser Mistkäfer war nun verlobt. Der Verlobung folgte sogleich die Hochzeit auf dem Fuße, denn es war kein Grund zum Aufschub vorhanden.
Der folgende Tag verging sehr angenehm, der nächstfolgende noch einigermaßen, aber am dritten Tag musste man schon auf Nahrungssuche für die Frau gehen, vielleicht sogar an Kinder denken.
„Ich habe mich übertölpeln lassen!“ dachte der Mistkäfer, „es bleibt mir daher nichts anderes übrig, als sie wieder zu übertölpeln!“
Gedacht, getan! Weg war er, den ganzen Tag blieb er aus, die ganze Nacht blieb er aus – und die Frau saß da als Witwe. „Oh“, sagten die andern Mistkäfer, „der, den wir in die Familie aufgenommen haben, ist nichts weiter als ein echter Landstreicher; er ist auf und davon gegangen und lässt die Frau uns nun zur Last fallen!“
„Ei, dann mag sie wieder als Jungfrau gelten“, sprach die Mutter, „und als mein Kind hier bleiben. Pfui über den Bösewicht, der sie verließ“.
Der Mistkäfer war unterdes immer weiter gereist, auf einem Kohlblatt über den Wassergraben gesegelt. In der Morgenstunde kamen zwei Menschen an den Graben; als sie ihn erblickten, hoben sie ihn auf, drehten ihn um und um, taten beide sehr gelehrt, namentlich der eine von ihnen – ein Knabe. „Allah sieht den schwarzen Mistkäfer in dem schwarzen Gestein in dem schwarzen Felsen! Nicht wahr, so steht es im Koran geschrieben?“ Dann übersetzte er den Namen des Mistkäfers ins Lateinische und verbreitete sich über dessen Geschlecht und Natur. Der zweite Mensch, ein älterer Gelehrter, stimmte dagegen, ihn mit nach Hause zu nehmen; sie hätten, sagte er, dort ebenso gute Exemplare, und das, so schien es unserem Mistkäfer, war nicht höflich gesprochen, deshalb flog er ihm auch plötzlich aus der Hand. Da er jetzt trockenen Flügel hatte, flog er eine ziemlich große Strecke und erreichte das Treibhaus, wo er mit aller Bequemlichkeit, da hier ein Fenster angelehnt war, hineinschlüpfte und sich in dem frischen Mist vergrub.
„Hier ist es wonnig!“ sagte er.
Bald darauf schlief er ein, und es träumte ihm, dass des Kaisers Leibross gestürzt sei und ihm seine goldenen Hufeisen gegeben habe und obendrein das Versprechen, ihn noch zwei anlegen zu lassen.
Das war sehr angenehm. Als der Mistkäfer erwachte, kroch er hervor und schaute sich um. Welche Pracht war in dem Treibhaus! Im Hintergrund große Palmen, hoch emporragend; die Sonne ließ sie transparent erscheinen, und unter ihnen, welche Fülle von Grün und strahlenden Blumen, rot wie Feuer, gelb wie Bernstein, weiß wie frischer Schnee!
„Das ist eine unvergleichliche Pflanzenpracht, die wird schmecken, wenn sie fault!“ sagte der Mistkäfer. „Das ist eine gute Speisekammer! Hier wohnen gewiss Anverwandte; ich will doch nachspüren, ob ich jemanden finde, mit dem ich Umgang pflegen kann. Stolz bin ich, das ist mein Stolz!“ Und nun lungerte er in dem Treibhaus herum und gedachte seines schönen Traumes von dem toten Pferd und den ererbten goldenen Hufeisen.
Da ergriff plötzlich eine Hand den Mistkäfer, drückte ihn und drehte ihn um und um.
Der kleine Sohn des Gärtners und ein Kamerad waren an das Mistbeet herangetreten, hatten den Mistkäfer gesehen und wollten nun ihren Spaß mit ihm treiben. Zuerst wurde er in ein Weinblatt gewickelt und alsdann in eine warme Hosentasche gesteckt; er kribbelte und krabbelte dort nach Kräften; dafür bekam er aber einen Druck von der Hand des Knaben und wurde so zur Ruhe gewiesen. Der Knabe ging darauf raschen Schrittes zu dem großen See hin, der am Ende des Gartens lag. Hier wurde der Mistkäfer in einen alten, halbzerbrochenen Holzschuh ausgesetzt, auf denselben ein Stäbchen als Mast gesteckt und an diesen der Mistkäfer mit einem wollenen Faden festgefunden. Jetzt war er Schiffer und musste segeln.
Der See war sehr groß, dem Mistkäfer schien er wie ein Weltmeer, und er erstaunte dermaßen, dass er auf den Rücken fiel und mit den Füßen zappelte. Das Schifflein segelte, und die Strömung des Wassers ergriff es; fuhr es aber zu weit vom Land weg, krempelte sofort einer der Knaben seine Beinkleider auf, trat ins Wasser und holte es wieder ans Land zurück. Endlich aber, gerade als es wieder in bester Fahrt seewärts ging, wurden die Knaben gerufen, ganz ernstlich gerufen; sie beeilten sich zu kommen, liefen vom Wasser fort und ließen Schifflein Schifflein sein. Dieses trieb nun immer mehr und mehr vom Ufer ab, immer mehr in den offenen See hinaus; es war entsetzlich für den Mistkäfer, da er nicht fliegen konnte, weil er an den Mast gebunden war.
Da bekam er Besuch von einer Fliege. „Was für schönes Wetter!“ sagte die Fliege. „Hier will ich ausruhen und mich sonnen; Sie haben es hübsch hier.“
„Sie reden, wie Sie’s verstehen! sehen Sie denn nicht, dass ich fest angebunden bin?“
„Ich bin nicht angebunden“, sagte die Fliege und flog davon.
„Na, jetzt kenne ich die Welt!“ sprach der Mistkäfer. „Es ist eine niederträchtige Welt! Ich bin der einzig Honette auf der Welt! Erst verweigert man mir goldene Schuhe, dann muss ich auf nassem Leinen liegen, in Zugluft stehen, und zu guter letzt hängen sie mir noch eine Frau auf. Tue ich dann einen raschen Schritt in die Welt hinaus um zu erfahren, wie man es dort bekommen kann und wie ich es haben sollte, so kommt so ein Menschenjunge, bindet mich fest und überlässt mich den wilden Wogen, während das Leibpferd des Kaisers in goldenen Schuhen einherstolziert! Das ärgert mich am meisten. Aber auf Anteilnahme darf man in dieser Welt nicht rechnen! Mein Lebenslauf ist sehr interessant; doch was nützt es, wenn ihn niemand kennt! Die Welt verdient es gar nicht, ihn kennen zu lernen, sie hätte mir sonst auch goldene Schuhe im Stall des Kaisers gegeben, damals, als das Leibross des Kaisers beschlagen wurde und ich meine Beine deshalb ausstreckte. Hätte ich goldenen Schuhe bekommen, so wäre ich eine Zierde des Stalles geworden; jetzt hat mich der Stall verloren, die Welt verloren, alles ist aus!“
„Sieh, da segelt ein alter Holzschuh“, sagte eines der Mädchen.
„Ein kleines Tier ist darin angebunden!“ rief ein anderes.
Das Boot kam ganz in die Nähe des Schiffleins mit unserem Mistkäfer; die jungen Mädchen fischten es aus dem Wasser; eine von ihnen zog eine kleine Schere aus ihrer Tasche, durchschnitt den wollenen Faden, ohne dem Mistkäfer ein Leid zuzufügen, und als sie an Land stieg, setzte sie ihn in das Gras. „Krieche, Krieche“ Fliege, fliege“ wenn du kannst“, sprach sie, „Freiheit ist ein herrlich Ding.“
Und der Mistkäfer flog auf und gerade durch das offene Fenster eines großen Gebäudes; dort sank er matt und müde herab auf die feine, weiche, lange Mähne des kaiserlichen Leibrosses, das im Stall stand, in dem es und auch der Mistkäfer zu Hause waren. Der Mistkäfer klammerte sich in der Mähne fest, saß eine kurze Zeit ganz still und erholte sich.
„Hier sitze ich auf dem Leibross des Kaisers, sitze als Kaiser auf ihm! Doch was wollte ich noch sagen? Ja, jetzt fällt mir’s wieder ein! Das ist ein guter Gedanke, und der hat seine Richtigkeit. Weshalb bekommt das Pferd die goldenen Hufbeschläge? so fragte mich doch der Schmied. Jetzt erst wird mir diese Frage klar. Meinetwegen bekam das Ross die goldenen Hufbeschläge!“
Und jetzt wurde der Mistkäfer guter Laune. „Man kriegt einen klaren Kopf auf Reisen!“ sagte er.
Die Sonne warf ihre Strahlen in den Stall auf ihn herab und machte es dort hell und freundlich.
„Die Welt ist genau besehen doch nicht so arg“, sagte der Mistkäfer, „man muss sie nur zu nehmen wissen!“
Ja, die Welt war schön, weil des Kaisers Leibross nur deshalb goldene Hufbeschläge bekommen hatte, damit der Mistkäfer sein Reiter sein konnte.
„Jetzt will ich zu den andern Käfern hinabsteigen und ihnen erzählen, wie viel man für mich getan hat, ich will ihnen die Unannehmlichkeiten erzählen, die ich auf meiner Reise im Ausland genossen habe, und ihnen sagen, dass ich jetzt so lange zu Hause bleiben werde, bis das Ross seine goldenen Hufbeschläge abgetreten hat.“
Aber weshalb das?
Es war ein wunderschönes Tier, hatte feine Beine, kluge und helle Augen und eine Mähne, die ihm wie ein Schleier über den Hals herabhing. Es hatte seinen Herrn durch Pulverdampf und Kugelregen getragen, hatte die Kugeln singen und pfeifen hören, hatte gebissen, ausgeschlagen und mitgekämpft, als die Feinde eindrangen, war mit seinem Kaiser in einem Sprung über das gestürzte Pferd des Feindes gesetzt, hatte die Krone aus roten Gold, das Leben seines Kaisers gerettet, und das war mehr wert als das rote Gold, deshalb bekam des Kaisers Ross goldene Hufeisen.
Und ein Mistkäfer kam hervorgekrochen. „Erst die Großen, dann die Kleinen“, sagte er, „aber die Größe allein macht es nicht.“ Und dabei streckte er seine dünnen Beine aus.
„Was willst du denn?“ fragte der Schmied.
„Goldene Beschläge, jawohl!“ sagte der Mistkäfer. „Bin ich denn nicht ebenso gut wie das große Tier da, das gewartet und gebürstet wird und dem man Essen und Trinken vorsetzt! Gehöre ich nicht auch in den kaiserlichen Stall?“
„Weshalb aber bekommt das Ross goldene Beschläge?“ sagte der Schmied, „begreifst du das nicht?“
„Begreifen? Ich begreife, dass es eine Geringschätzung meiner Person ist“, sagte der Mistkäfer, „es geschieht, um nicht zu kränken – und ich gehe deshalb auch in die weite Welt!“
„Nur zu!“ sagte der Schmied.
„Grober Kerl, du!“ sagte der Mistkäfer, und dann ging er aus dem Stall hinaus, flog eine kleine Strecke und befand sich bald darauf in einem schönen Blumengarten, wo es nach Rosen und Lavendel duftete.
„Ist es hier nicht wunderschön?“ fragte einer der kleinen Marienkäfer, die mit ihren roten, schildstarken, mit schwarzen Pünktchen besäten Flügeln darin umherflogen. „Wie süß es hier ist, wie ist es hier schön!“
„Ich bin es besser gewöhnt“, sagte der Mistkäfer, „ihr nennt das hier schön? Nicht einmal ein Misthaufen ist hier!“
Dann ging er weiter, unter den Schatten einer großen Levkoje; da kroch eine Kohlraupe umher. „Wie ist doch die Welt schön!“ sprach die Kohlraupe, „die Sonne ist so warm, alles so vergnüglich! Und wenn ich einmal einschlafe und sterbe, wie sie es nennen, so erwache ich als ein Schmetterling.“
„Was du dir einbildest!“ sagte der Mistkäfer, „als Schmetterling umherfliegen! Ich komme aus dem Stall des Kaisers, aber niemand dort, selbst nicht des Kaisers Leibross, das doch meine abgelegten goldenen Schuhe trägt, bildet sich so etwas ein: Flügel kriegen! Fliegen! Ja, jetzt aber fliegen wir!“ Und nun flog der Mistkäfer davon. „Ich will mich nicht ärgern, aber ich ärgere mich doch!“ sprach er im Davonfliegen.
Bald darauf aber fiel er auf einem großen Rasenplatz nieder; hier lag er eine Weile und simulierte; endlich schlief er ein.
Ein Platzregen stürzte plötzlich aus den Wolken! Der Mistkäfer erwachte bei dem Lärm und wollte sich in die Erde verkriechen, aber es gelang ihm nicht, er wurde um und um gewälzt; bald schwamm er auf dem Bauch, bald auf dem Rücken, an Fliegen war nicht zu denken; er zweifelte daran, lebendig von diesem Ort fortzukommen. Er lag, wo er lag, und blieb auch liegen.
Als das Unwetter ein wenig nachgelassen hatte und der Mistkäfer das Wasser aus seinen Augen weggeblinzelt hatte, sah er etwas Weißes schimmern, es war Leinen, das auf der Bleiche lag; er gelangte zu ihm hin und kroch zwischen eine Falte des nassen Leinens. Da lag es sich freilich anders als in dem waren Haufen im Stall, aber etwas Besseres war hier nun einmal nicht vorhanden, und deshalb blieb er wo er war, blieb einen ganzen Tag, eine ganze Nacht, und auch der Regen blieb. Gegen Morgen kroch er hervor; er ärgerte sich sehr über das Klima.
Auf dem Leinen saßen zwei Frösche; ihre hellen Augen strahlten vor lauter Vergnügen. „Das ist ein herrliches Wetter!“ sagte der eine, „wie erfrischend! Und die Leinwand hält das Wasser so schön beisammen; es krabbelt mich in den Hinterfüßen, als wenn ich schwimmen sollte.“
„Ich möchte wissen“, sagte der andere, „ob die Schwalbe, die so weit umherfliegt, auf ihren vielen Reisen im Ausland ein besseres Klima als das unsrige gefunden hat: eine solche Nässe! Es ist wahrhaftig, als läge man in einem nassen Graben! Wer sich dessen nicht freut, liebt in der Tat sein Vaterland nicht!“ „Seid ihr denn nicht im Stall des Kaisers gewesen?“ fragte der Mistkäfer. „Dort ist das Nasse warm und würzig, das ist mein Klima, aber das kann man nicht mit auf Reisen nehmen. Gibt’s hier im Garten kein Mistbeet, wo Standespersonen wie ich sich heimisch fühlen und logieren können?“
Die Frösche aber verstanden ihn nicht, oder wollten ihn nicht verstehen.
„Ich frage nie zweimal!“ sagte der Mistkäfer, nachdem er bereits dreimal gefragt und keine Antwort erhalten hatte.
Darauf ging er eine Strecke weiter und stieß hier auf einen Tonscherben, der freilich nicht da hätte liegen sollen, aber so wie er lag, gewährte er Schutz gegen Wind und Wetter. Hier wohnten mehrere Ohrwurmfamilien; diese beanspruchen nicht viel – bloß Geselligkeit. Die weiblichen Individuen sind voll der zärtlichsten Mutterliebe, und deshalb hielt auch jede Mutter ihr Kind für das schönste und klügste.
„Unser Söhnchen hat sich verlobt!“ Sagte eine Mutter, „die süße Unschuld! Sein ganzes Streben geht dahin, dermaleinst in das Ohr eines Geistlichen zu kommen. Er ist recht kindlich liebenswürdig; die Verlobung bewahrt ihn vor Ausschweifungen! Welche Freude für eine Mutter!“
„Unser Sohn“, sprach eine andere Mutter, „kaum aus dem Ei gekrochen, war auch gleich auf der Fahrt; er ist ganz Leben und Feuer! Er läuft sich die Hörner ab! Welch eine Freude für eine Mutter! Nicht war, Herr Mistkäfer?“ – Sie erkannten den Fremden an seiner Form.
Sie haben beide recht!“ sagte der Mistkäfer, und nun bat man ihn, in das Zimmer einzutreten, soweit er nämlich unter den Tonscherben kommen konnte.
„Jetzt sehen Sie auch mein kleines Ohrwürmchen“, rief eine dritte und vierte Mutter. „Es sind gar liebliche Kinder, und sie machen sehr viel Spaß. Sie sind nie unartig, außer sie haben Bauchgrimmen; leider kriegt man das aber gar zu leicht in ihrem Alter.“
Und in der Weise sprach jede Mutter von ihrem Püppchen, und die Püppchen sprachen mit und gebrauchten ihre kleinen Scheren, die sie am Schwanze hatten, um den Mistkäfer an seinem Bart zu zupfen.
„Ja, die machen sich immer was zu schaffen, die kleinen Schelme!“ sagten die Mütter und dampften ordentlich vor Mutterliebe; allein das langweilte den Mistkäfer, und er fragte deshalb, ob es noch weit bis zu dem Mistbeet sei.
„Das ist ja draußen in der weiten Welt, jenseits des Grabens!“ antwortete ein Ohrwurm, „So weit wird hoffentlich keines meiner Kinder gehen, das wäre mein Tod!“
„So weit will ich doch zu kommen versuchen“, sagte der Mistkäfer und entfernte sich, ohne Abschied zu nehmen; denn so ist es ja am feinsten. Am Graben traf er noch mehr von seinesgleichen, alles Mistkäfer.
„Hier wohnen wir!“ sagten sie. „Wir haben es ganz gemütlich! Dürfen wir Sie wohl bitten, in den fetten Schlamm hinabzusteigen? Die Reise ist für Sie gewiss ermüdend gewesen!“
„Allerdings!“ sprach der Mistkäfer. „Ich war dem Regen ausgesetzt und habe auf Leinen liegen müssen, und Reinlichkeit nimmt mich vor allem mit. Auch habe ich Reißen in dem einen Flügel, weil ich unter einem Tonscherben im Zug gestanden habe. Es ist in der Tat ein wahres Labsal, wieder einmal unter seinesgleichen zu sein.“
„Kommen Sie vielleicht aus dem Mistbeet?“ fragte der älteste.
„Oho! Von höheren Orten!“ rief der Mistkäfer. „Ich komme aus dem Stall des Kaisers, wo ich mit goldenen Schuhen an den Füßen geboren wurde; ich reise in einem geheimen Auftrag. Sie dürfen mich darüber aber nicht ausfragen, denn ich verrate es nicht.“
Darauf stieg der Mistkäfer in den fetten Schlamm hinab. Dort saßen drei junge Mistkäferfräuleins; sie kicherten weil sie nicht wussten, was sie sagen sollten.
„Sie sind alle drei noch nicht verlobt“, sagte die Mutter; und die jungen Mistkäferfräuleins kicherten aufs neue, diesmal aus Verlegenheit.
„Ich habe in den kaiserlichen Ställen keine schöneren gesehen“, sagte der Mistkäfer, der sich ausruhte.
„Verderben Sie mir meine Mädchen nicht; sprechen Sie nicht mit Ihnen, es sei denn, Sie haben reelle Absichten! Doch die haben Sie sicher, und ich gebe meinen Segen dazu!“
„Hurra!“ riefen all die andern Mistkäfer, und unser Mistkäfer war nun verlobt. Der Verlobung folgte sogleich die Hochzeit auf dem Fuße, denn es war kein Grund zum Aufschub vorhanden.
Der folgende Tag verging sehr angenehm, der nächstfolgende noch einigermaßen, aber am dritten Tag musste man schon auf Nahrungssuche für die Frau gehen, vielleicht sogar an Kinder denken.
„Ich habe mich übertölpeln lassen!“ dachte der Mistkäfer, „es bleibt mir daher nichts anderes übrig, als sie wieder zu übertölpeln!“
Gedacht, getan! Weg war er, den ganzen Tag blieb er aus, die ganze Nacht blieb er aus – und die Frau saß da als Witwe. „Oh“, sagten die andern Mistkäfer, „der, den wir in die Familie aufgenommen haben, ist nichts weiter als ein echter Landstreicher; er ist auf und davon gegangen und lässt die Frau uns nun zur Last fallen!“
„Ei, dann mag sie wieder als Jungfrau gelten“, sprach die Mutter, „und als mein Kind hier bleiben. Pfui über den Bösewicht, der sie verließ“.
Der Mistkäfer war unterdes immer weiter gereist, auf einem Kohlblatt über den Wassergraben gesegelt. In der Morgenstunde kamen zwei Menschen an den Graben; als sie ihn erblickten, hoben sie ihn auf, drehten ihn um und um, taten beide sehr gelehrt, namentlich der eine von ihnen – ein Knabe. „Allah sieht den schwarzen Mistkäfer in dem schwarzen Gestein in dem schwarzen Felsen! Nicht wahr, so steht es im Koran geschrieben?“ Dann übersetzte er den Namen des Mistkäfers ins Lateinische und verbreitete sich über dessen Geschlecht und Natur. Der zweite Mensch, ein älterer Gelehrter, stimmte dagegen, ihn mit nach Hause zu nehmen; sie hätten, sagte er, dort ebenso gute Exemplare, und das, so schien es unserem Mistkäfer, war nicht höflich gesprochen, deshalb flog er ihm auch plötzlich aus der Hand. Da er jetzt trockenen Flügel hatte, flog er eine ziemlich große Strecke und erreichte das Treibhaus, wo er mit aller Bequemlichkeit, da hier ein Fenster angelehnt war, hineinschlüpfte und sich in dem frischen Mist vergrub.
„Hier ist es wonnig!“ sagte er.
Bald darauf schlief er ein, und es träumte ihm, dass des Kaisers Leibross gestürzt sei und ihm seine goldenen Hufeisen gegeben habe und obendrein das Versprechen, ihn noch zwei anlegen zu lassen.
Das war sehr angenehm. Als der Mistkäfer erwachte, kroch er hervor und schaute sich um. Welche Pracht war in dem Treibhaus! Im Hintergrund große Palmen, hoch emporragend; die Sonne ließ sie transparent erscheinen, und unter ihnen, welche Fülle von Grün und strahlenden Blumen, rot wie Feuer, gelb wie Bernstein, weiß wie frischer Schnee!
„Das ist eine unvergleichliche Pflanzenpracht, die wird schmecken, wenn sie fault!“ sagte der Mistkäfer. „Das ist eine gute Speisekammer! Hier wohnen gewiss Anverwandte; ich will doch nachspüren, ob ich jemanden finde, mit dem ich Umgang pflegen kann. Stolz bin ich, das ist mein Stolz!“ Und nun lungerte er in dem Treibhaus herum und gedachte seines schönen Traumes von dem toten Pferd und den ererbten goldenen Hufeisen.
Da ergriff plötzlich eine Hand den Mistkäfer, drückte ihn und drehte ihn um und um.
Der kleine Sohn des Gärtners und ein Kamerad waren an das Mistbeet herangetreten, hatten den Mistkäfer gesehen und wollten nun ihren Spaß mit ihm treiben. Zuerst wurde er in ein Weinblatt gewickelt und alsdann in eine warme Hosentasche gesteckt; er kribbelte und krabbelte dort nach Kräften; dafür bekam er aber einen Druck von der Hand des Knaben und wurde so zur Ruhe gewiesen. Der Knabe ging darauf raschen Schrittes zu dem großen See hin, der am Ende des Gartens lag. Hier wurde der Mistkäfer in einen alten, halbzerbrochenen Holzschuh ausgesetzt, auf denselben ein Stäbchen als Mast gesteckt und an diesen der Mistkäfer mit einem wollenen Faden festgefunden. Jetzt war er Schiffer und musste segeln.
Der See war sehr groß, dem Mistkäfer schien er wie ein Weltmeer, und er erstaunte dermaßen, dass er auf den Rücken fiel und mit den Füßen zappelte. Das Schifflein segelte, und die Strömung des Wassers ergriff es; fuhr es aber zu weit vom Land weg, krempelte sofort einer der Knaben seine Beinkleider auf, trat ins Wasser und holte es wieder ans Land zurück. Endlich aber, gerade als es wieder in bester Fahrt seewärts ging, wurden die Knaben gerufen, ganz ernstlich gerufen; sie beeilten sich zu kommen, liefen vom Wasser fort und ließen Schifflein Schifflein sein. Dieses trieb nun immer mehr und mehr vom Ufer ab, immer mehr in den offenen See hinaus; es war entsetzlich für den Mistkäfer, da er nicht fliegen konnte, weil er an den Mast gebunden war.
Da bekam er Besuch von einer Fliege. „Was für schönes Wetter!“ sagte die Fliege. „Hier will ich ausruhen und mich sonnen; Sie haben es hübsch hier.“
„Sie reden, wie Sie’s verstehen! sehen Sie denn nicht, dass ich fest angebunden bin?“
„Ich bin nicht angebunden“, sagte die Fliege und flog davon.
„Na, jetzt kenne ich die Welt!“ sprach der Mistkäfer. „Es ist eine niederträchtige Welt! Ich bin der einzig Honette auf der Welt! Erst verweigert man mir goldene Schuhe, dann muss ich auf nassem Leinen liegen, in Zugluft stehen, und zu guter letzt hängen sie mir noch eine Frau auf. Tue ich dann einen raschen Schritt in die Welt hinaus um zu erfahren, wie man es dort bekommen kann und wie ich es haben sollte, so kommt so ein Menschenjunge, bindet mich fest und überlässt mich den wilden Wogen, während das Leibpferd des Kaisers in goldenen Schuhen einherstolziert! Das ärgert mich am meisten. Aber auf Anteilnahme darf man in dieser Welt nicht rechnen! Mein Lebenslauf ist sehr interessant; doch was nützt es, wenn ihn niemand kennt! Die Welt verdient es gar nicht, ihn kennen zu lernen, sie hätte mir sonst auch goldene Schuhe im Stall des Kaisers gegeben, damals, als das Leibross des Kaisers beschlagen wurde und ich meine Beine deshalb ausstreckte. Hätte ich goldenen Schuhe bekommen, so wäre ich eine Zierde des Stalles geworden; jetzt hat mich der Stall verloren, die Welt verloren, alles ist aus!“
„Sieh, da segelt ein alter Holzschuh“, sagte eines der Mädchen.
„Ein kleines Tier ist darin angebunden!“ rief ein anderes.
Das Boot kam ganz in die Nähe des Schiffleins mit unserem Mistkäfer; die jungen Mädchen fischten es aus dem Wasser; eine von ihnen zog eine kleine Schere aus ihrer Tasche, durchschnitt den wollenen Faden, ohne dem Mistkäfer ein Leid zuzufügen, und als sie an Land stieg, setzte sie ihn in das Gras. „Krieche, Krieche“ Fliege, fliege“ wenn du kannst“, sprach sie, „Freiheit ist ein herrlich Ding.“
Und der Mistkäfer flog auf und gerade durch das offene Fenster eines großen Gebäudes; dort sank er matt und müde herab auf die feine, weiche, lange Mähne des kaiserlichen Leibrosses, das im Stall stand, in dem es und auch der Mistkäfer zu Hause waren. Der Mistkäfer klammerte sich in der Mähne fest, saß eine kurze Zeit ganz still und erholte sich.
„Hier sitze ich auf dem Leibross des Kaisers, sitze als Kaiser auf ihm! Doch was wollte ich noch sagen? Ja, jetzt fällt mir’s wieder ein! Das ist ein guter Gedanke, und der hat seine Richtigkeit. Weshalb bekommt das Pferd die goldenen Hufbeschläge? so fragte mich doch der Schmied. Jetzt erst wird mir diese Frage klar. Meinetwegen bekam das Ross die goldenen Hufbeschläge!“
Und jetzt wurde der Mistkäfer guter Laune. „Man kriegt einen klaren Kopf auf Reisen!“ sagte er.
Die Sonne warf ihre Strahlen in den Stall auf ihn herab und machte es dort hell und freundlich.
„Die Welt ist genau besehen doch nicht so arg“, sagte der Mistkäfer, „man muss sie nur zu nehmen wissen!“
Ja, die Welt war schön, weil des Kaisers Leibross nur deshalb goldene Hufbeschläge bekommen hatte, damit der Mistkäfer sein Reiter sein konnte.
„Jetzt will ich zu den andern Käfern hinabsteigen und ihnen erzählen, wie viel man für mich getan hat, ich will ihnen die Unannehmlichkeiten erzählen, die ich auf meiner Reise im Ausland genossen habe, und ihnen sagen, dass ich jetzt so lange zu Hause bleiben werde, bis das Ross seine goldenen Hufbeschläge abgetreten hat.“
Quelle: Hans Christian Andersen