Es war einmal in einem weit entfernten Land, wo der Himmel so grau wie verbrannte Asche war, ein König, dessen Herz so kalt war wie der Winterwind. Seit seine Königin vor vielen Jahren gegangen war, hatte er kein Lächeln mehr gefunden, und das gesamte Königreich litt unter seinem ständigen Kummer. Die Blumen welkten, die Vögel verstummten, und die Freude schien für immer aus dem Land geflohen zu sein.
Der König hatte eine Tochter namens Alida, die mit ihren roten Haaren wie eine Flamme in der grauen Welt leuchtete. Sie war ein gütiges Mädchen und liebte die Geschichten von ihrem Vater, wie er und ihre Mutter das Königreich einst mit Lachen und Liedern erfüllt hatten. So oft sie konnte, versuchte sie, ihn aufzuheitern, erzählte ihm Witze und sang die alten Lieder. Aber nichts, was sie tat, konnte das schwere Tuch des Kummers von seinem Herzen nehmen.
Eines Tages, als Alida durch den Wald streifte, traf sie eine alte Frau, die unter einer Eiche saß und bittere Tränen weinte. „Was bekümmert Euch, weise Frau?“, fragte Alida behutsam.
„Ach, mein Kind“, seufzte die Alte. „Ein böser Kobold hat das Lachen meines Enkels gestohlen. Ohne es kann er nicht glücklich sein, und seine Krankheit wird von Tag zu Tag schlimmer.“
Alida wurde nachdenklich. „Mein Vater hat auch sein Lachen verloren. Vielleicht gibt es einen Weg, sie beide zu retten.“
Die alte Frau, die in Wahrheit eine Hexe war, hob ihren Kopf. „Die Lösung liegt jenseits des Gebirges, am Rande der Welt. Dort wohnt die Sonnenmaid. Sie ist die Einzige, die das Lachen der Sonne in einem goldenen Fläschchen bewahrt. Wenn du es schaffst, die Sonnenmaid zum Lachen zu bringen, wird sie dir einen Tropfen davon geben. Mit diesem Tropfen kannst du das Lachen deines Vaters und meines Enkels wiederherstellen.“
Alida zögerte nicht. Sie packte einen Laib Brot und eine Flasche Wasser in ihren Beutel und machte sich auf den Weg. Sie überquerte Flüsse, kletterte über spitze Felsen und wanderte durch dornige Hecken. Viele Wochen vergingen, bis sie die Höhle der Sonnenmaid fand. Sie war aus dem reinem Licht der Sonne gewoben, und ihr Glanz war so blendend, dass Alida ihre Augen schließen musste.
Die Sonnenmaid, eine wunderschöne Gestalt mit Haaren aus Gold, die bis zu den Füßen reichten, sah Alida an. „Was wünscht du, sterbliches Kind?“, fragte die Sonnenmaid. Ihre Stimme war so klar wie eine Bergquelle.
„Ich bin gekommen, um Euch zum Lachen zu bringen“, sagte Alida mutig. „Ich brauche einen Tropfen Eures Lachen, um meinem Vater und dem Enkel der Hexe ihr Glück zurückzugeben.“
Die Sonnenmaid schüttelte den Kopf. „Seit der Zeit, als der große Drache die Sterne verschlang, habe ich nicht mehr gelacht. Mein Lachen ist für immer versiegt. Kehre um, bevor die Kälte meines Herzens auch deines ergreift.“
Doch Alida war entschlossen. Sie holte eine kleine, handgeschnitzte Puppe aus ihrem Beutel, die sie als Kind von ihrer Mutter bekommen hatte. „Ich habe nichts zu geben, das Euer Herz erfreuen könnte, aber vielleicht kann diese Puppe Euren Tag etwas aufhellen.“
Die Sonnenmaid sah die Puppe an und sah, wie viel Liebe in dem kleinen Holzfiguren steckte. Sie nahm die Puppe in die Hand und sah, wie Alida in der Dunkelheit ihres Gemüts die Liebe suchte. Da begann etwas in ihrem eigenen Herzen zu schmelzen. Ein kleiner Funke zündete in ihr, der sich schnell zu einem strahlenden Lächeln ausbreitete. Es wurde ein Lachen, das so hell war wie die Mittagssonne und die Höhle mit einem goldenen Licht erfüllte.
Als Alida die Augen wieder öffnete, sah sie, dass die Sonnenmaid ihr das goldene Fläschchen überreichte. „Nimm es, tapferes Mädchen. Deine Güte hat mein Herz erwärmt und mein Lachen zurückgebracht. Nur ein reines Herz kann das Lachen der Sonne wiederherstellen.“
Alida bedankte sich und kehrte schnell in ihr Königreich zurück. Sie gab der alten Hexe einen Tropfen des Lachens, und der Enkel begann sofort zu lachen. Sein Lachen war so ansteckend, dass die gesamte Hütte von Glück erfüllt wurde.
Als Alida zum König zurückkehrte, war die Sonne bereits auf dem Weg. Der König saß in seinem Thron, sein Gesicht so grau und blass wie immer. Alida gab ihm das Fläschchen. Der König trank einen Tropfen, und sofort erwärmte sich sein Herz. Er lachte, ein tiefes, herzliches Lachen, das durch alle Hallen widerhallte. Die Blumen begannen zu blühen, die Vögel zu singen, und das ganze Land wurde von Glück überflutet.
Der König verstand, dass wahres Glück nicht in Reichtum und Macht liegt, sondern in der Liebe und Güte, die man anderen schenkt. Und so herrschte er noch viele Jahre über sein Königreich, und Alida wurde als die Prinzessin in Erinnerung behalten, die das Herz ihres Vaters und die Sonne des ganzen Landes zum Lachen gebracht hatte.
© 2025 Mario Eberlein