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Es waren einmal drei Schwestern im Walde und suchten Erdbeeren. Wie sie nun abends heimkehren wollten, verirrten sie sich und fanden keinen Ausweg. Da kam nur einmal ein wilder Hüne, und das war ein Menschenfresser, auf sie los und rief:
„Ha, jetzt habe ich euch!“ und rührte sie zu seinem Schlosse. Da fragte er die Älteste: „Willst du lieber mein Weib werden oder sterben?“ – „Lieber sterben!“ sagte diese. Ebenso fragte er die zweite. Auch die antwortete: „Lieber sterben!“ Die Jüngste aber war pfiffig genug, und als der Hüne sie fragte, sprach sie: „Oh, von Herzen gerne, nur bin ich noch zu blutjung, wartet noch ein Jahr!“
Der Hüne war damit zufrieden und gab der Kleinen sogleich die Schlüssel von allen Zimmern. Da solle sie jetzt schon Gewalt haben über alles. Ihre beiden Schwestern jedoch sperrte er in einen Stall und befahl seiner alten Mutter, sie solle sie mit Nüssen und Striezeln mästen, bis sie recht fett wären, und dann braten. Jeden Morgen ging der Hüne aus und kam nur gegen Mittag oder gegen Abend wieder heim, und seiner alten Mutter befahl er jedes Mal, auf die im Stall und auf seine liebe Braut Sorge zu tragen. Eines Tages, als die Alte ihnen wieder Striezeln und Nüsse gebracht hatte, wollte sie sehen, ob sie nun endlich fett wären. „Langt heraus euern Finger!“ rief sie mit krächzender Stimme. Die Jüngste aber war auch zum Stall gekommen, wie sie es jeden Tag mehrmals tat, wo sie dann ihre Schwestern tröstete. Jetzt reichte sie von der Seite jeder ihrer Schwestern ein langes Hölzchen hin und flüsterte ihnen zu: „Die Alte ist triefäugig und sieht nicht recht, reicht diese Hölzchen hin statt der Finger!“ So taten sie auch. Die Alte hatte ein Messer und schnitt an den Hölzchen: „Ei dass dich!“ rief sie, „das ist ja wie purer Knochen so hart. Ihr werdet am Ende vor Sehnsucht nur immer magerer statt fetter. Das darf nicht länger anstehen. Morgen kommt ihr in den Ofen „
Als am anderen Tage ganz früh der Hüne ausging, sagte die Alte: „Komme heute mittags nach Hause. Es erwartet dich ein guter Braten!“ Dann ging sie zu dem Ofen und heizte ihn tüchtig. Als er heiß genug war, rief sie die Jüngste zu dem Ofen und sprach: „Sorge hier, bis ich komme!“ Sie ging zum Stall und führte die beiden Schwestern zum Feuer, die jammerten und klagten, dass sie nun so elendiglich sterben sollten. Da befahl ihnen die Alte, so und so auf die Brotschüssel zu sitzen. Die Jüngste aber, die Braut des Hünen, hatte wieder den klugen Einfall und sagte: „Sie wissen ja nicht, wie sie’s machen sollen. Zeiget es ihnen. Ich will an diesem Ende halten!“ Da ging die dumme Alte und setzte sich auf die Brotschüssel.
Alsbald erfassten auf einen Wink der Jüngsten auch die beiden andern Mädchen die Stange und schoben die Alte schnell in den Ofen, setzten das Eisen vors Ofenloch und liefen, nachdem sie noch alle Türen verschlossen und die Schlüssel in den Brunnen geworfen hatten, eiligst davon.
Als gegen Mittag der Hüne nach Hause kam, tobte und polterte er an der Türe. Aber er konnte nicht hinein, bis er sie einschlug. Sein großer Hunger trieb ihn zum Ofen. Er riss das Eisen fort und wollte den Braten herausziehen. Doch siehe, es war seine alte Mutter, ganz geröstet und verbrannt. Da lief er wütend zum Stall. Doch er war leer. Er suchte in allen Zimmern seine junge Braut, auch die war nirgends zu finden. „Ha! die sind alle fort, nu wartet, gleich will ich euch zurückholen!“ Er schnallte geschwind seine Siebenmeilenstiefel sich an und schritt ihnen nach.
Die drei armen Mädchen aber hatte ein alter Mann gesehen, wie sie so voller Angst vor dem Unhold flohen, und hatte ihnen den rechten Weg nach Hause gezeigt und ihnen drei Dinge gegeben: eine Nadel, eine Glasscherbe und ein Fläschchen mit Wasser. Wenn sie den Hünen hinter sich sähen, so sollten sie so und so davon Gebrauch machen. Der Hüne hatte nur einige Schritte getan, so war er schon an ihnen. Da steckten sie die Nadel hinter sich, und auf einmal war die ganze Straße weit und breit mit spitzen Nadeln besteckt: „Wie seid ihr da hinübergekommen?“ rief ihnen der Hüne nach. „Wir haben uns die Schuhe ausgezogen!“ rief gleich die Jüngste, seine Braut. Das tat er sofort und zerstach sich die Füße ganz, bis er hinüberkam. Aber die Siebenmeilenstiefel hatte er zurückgelassen, ging darum wieder über die Nadeln zurück und brachte nun auch die Schuhe. Indessen waren die Mädchen ein gutes Stück fortgelaufen, bald war er jedoch mittelst seiner Siebenmeilenstiefel an ihnen. Da warfen sie die Glasscherbe in den Weg, und auf einmal war die Straße weit und breit voll schneidiger Glasscherben. „Wie seid ihr da hinübergekommen?“ rief er ihnen nach. „Ja, wir sind auf vieren gegangen!“ rief die Jüngste, seine Braut, gleich. So machte er’s auf der Stelle. Aber es ging schwer und langsam, und er zerschnitt sich dabei die Hände ganz, bis er hinüberkam. Die Mädchen waren wieder ein gutes Stück vorausgeeilt. Aber der Hüne war ihnen doch bald auf dem Fuße. Da gossen sie das Wasser aus, und gleich wurde zwischen ihnen und dem Hünen ein mächtiger Fluss. „Wie seid ihr da hinüber?“ rief er ihnen nach. „Ja“, rief gleich die Jüngste, seine Braut, „wir hängten uns einen großen Stein an den Hals, der trug uns!“ Der Hüne hängte sich gleich einen mächtigen Mühlstein an den Hals und stürzte sich hinein. Da zog ihn der Stein hinunter, also dass er beinahe ertrank. Mit schwerer Not schleppte er sich hinaus. Jetzt aber war sein Zorn auf das höchste gestiegen. Er eilte zurück nach Hause, nahm drei mächtige Donnerkeile und sprang auf eine hohe Bergspitze, wo er weithin bis zur Morgen- und Abendsonne sehen konnte. Er sah noch die Fliehenden und schleuderte die Donnerkeile ihnen nach. Allein es war umsonst, sie fielen an der Grenze des Hünenlandes nieder, und jene waren schon im Reich der Menschenwohnungen und gelangten nun glücklich nach Hause. Der Hüne hatte nicht lange das Nachsehen, denn er zerbarst vor Ärger und Grimm.
„Ha, jetzt habe ich euch!“ und rührte sie zu seinem Schlosse. Da fragte er die Älteste: „Willst du lieber mein Weib werden oder sterben?“ – „Lieber sterben!“ sagte diese. Ebenso fragte er die zweite. Auch die antwortete: „Lieber sterben!“ Die Jüngste aber war pfiffig genug, und als der Hüne sie fragte, sprach sie: „Oh, von Herzen gerne, nur bin ich noch zu blutjung, wartet noch ein Jahr!“
Der Hüne war damit zufrieden und gab der Kleinen sogleich die Schlüssel von allen Zimmern. Da solle sie jetzt schon Gewalt haben über alles. Ihre beiden Schwestern jedoch sperrte er in einen Stall und befahl seiner alten Mutter, sie solle sie mit Nüssen und Striezeln mästen, bis sie recht fett wären, und dann braten. Jeden Morgen ging der Hüne aus und kam nur gegen Mittag oder gegen Abend wieder heim, und seiner alten Mutter befahl er jedes Mal, auf die im Stall und auf seine liebe Braut Sorge zu tragen. Eines Tages, als die Alte ihnen wieder Striezeln und Nüsse gebracht hatte, wollte sie sehen, ob sie nun endlich fett wären. „Langt heraus euern Finger!“ rief sie mit krächzender Stimme. Die Jüngste aber war auch zum Stall gekommen, wie sie es jeden Tag mehrmals tat, wo sie dann ihre Schwestern tröstete. Jetzt reichte sie von der Seite jeder ihrer Schwestern ein langes Hölzchen hin und flüsterte ihnen zu: „Die Alte ist triefäugig und sieht nicht recht, reicht diese Hölzchen hin statt der Finger!“ So taten sie auch. Die Alte hatte ein Messer und schnitt an den Hölzchen: „Ei dass dich!“ rief sie, „das ist ja wie purer Knochen so hart. Ihr werdet am Ende vor Sehnsucht nur immer magerer statt fetter. Das darf nicht länger anstehen. Morgen kommt ihr in den Ofen „
Als am anderen Tage ganz früh der Hüne ausging, sagte die Alte: „Komme heute mittags nach Hause. Es erwartet dich ein guter Braten!“ Dann ging sie zu dem Ofen und heizte ihn tüchtig. Als er heiß genug war, rief sie die Jüngste zu dem Ofen und sprach: „Sorge hier, bis ich komme!“ Sie ging zum Stall und führte die beiden Schwestern zum Feuer, die jammerten und klagten, dass sie nun so elendiglich sterben sollten. Da befahl ihnen die Alte, so und so auf die Brotschüssel zu sitzen. Die Jüngste aber, die Braut des Hünen, hatte wieder den klugen Einfall und sagte: „Sie wissen ja nicht, wie sie’s machen sollen. Zeiget es ihnen. Ich will an diesem Ende halten!“ Da ging die dumme Alte und setzte sich auf die Brotschüssel.
Alsbald erfassten auf einen Wink der Jüngsten auch die beiden andern Mädchen die Stange und schoben die Alte schnell in den Ofen, setzten das Eisen vors Ofenloch und liefen, nachdem sie noch alle Türen verschlossen und die Schlüssel in den Brunnen geworfen hatten, eiligst davon.
Als gegen Mittag der Hüne nach Hause kam, tobte und polterte er an der Türe. Aber er konnte nicht hinein, bis er sie einschlug. Sein großer Hunger trieb ihn zum Ofen. Er riss das Eisen fort und wollte den Braten herausziehen. Doch siehe, es war seine alte Mutter, ganz geröstet und verbrannt. Da lief er wütend zum Stall. Doch er war leer. Er suchte in allen Zimmern seine junge Braut, auch die war nirgends zu finden. „Ha! die sind alle fort, nu wartet, gleich will ich euch zurückholen!“ Er schnallte geschwind seine Siebenmeilenstiefel sich an und schritt ihnen nach.
Die drei armen Mädchen aber hatte ein alter Mann gesehen, wie sie so voller Angst vor dem Unhold flohen, und hatte ihnen den rechten Weg nach Hause gezeigt und ihnen drei Dinge gegeben: eine Nadel, eine Glasscherbe und ein Fläschchen mit Wasser. Wenn sie den Hünen hinter sich sähen, so sollten sie so und so davon Gebrauch machen. Der Hüne hatte nur einige Schritte getan, so war er schon an ihnen. Da steckten sie die Nadel hinter sich, und auf einmal war die ganze Straße weit und breit mit spitzen Nadeln besteckt: „Wie seid ihr da hinübergekommen?“ rief ihnen der Hüne nach. „Wir haben uns die Schuhe ausgezogen!“ rief gleich die Jüngste, seine Braut. Das tat er sofort und zerstach sich die Füße ganz, bis er hinüberkam. Aber die Siebenmeilenstiefel hatte er zurückgelassen, ging darum wieder über die Nadeln zurück und brachte nun auch die Schuhe. Indessen waren die Mädchen ein gutes Stück fortgelaufen, bald war er jedoch mittelst seiner Siebenmeilenstiefel an ihnen. Da warfen sie die Glasscherbe in den Weg, und auf einmal war die Straße weit und breit voll schneidiger Glasscherben. „Wie seid ihr da hinübergekommen?“ rief er ihnen nach. „Ja, wir sind auf vieren gegangen!“ rief die Jüngste, seine Braut, gleich. So machte er’s auf der Stelle. Aber es ging schwer und langsam, und er zerschnitt sich dabei die Hände ganz, bis er hinüberkam. Die Mädchen waren wieder ein gutes Stück vorausgeeilt. Aber der Hüne war ihnen doch bald auf dem Fuße. Da gossen sie das Wasser aus, und gleich wurde zwischen ihnen und dem Hünen ein mächtiger Fluss. „Wie seid ihr da hinüber?“ rief er ihnen nach. „Ja“, rief gleich die Jüngste, seine Braut, „wir hängten uns einen großen Stein an den Hals, der trug uns!“ Der Hüne hängte sich gleich einen mächtigen Mühlstein an den Hals und stürzte sich hinein. Da zog ihn der Stein hinunter, also dass er beinahe ertrank. Mit schwerer Not schleppte er sich hinaus. Jetzt aber war sein Zorn auf das höchste gestiegen. Er eilte zurück nach Hause, nahm drei mächtige Donnerkeile und sprang auf eine hohe Bergspitze, wo er weithin bis zur Morgen- und Abendsonne sehen konnte. Er sah noch die Fliehenden und schleuderte die Donnerkeile ihnen nach. Allein es war umsonst, sie fielen an der Grenze des Hünenlandes nieder, und jene waren schon im Reich der Menschenwohnungen und gelangten nun glücklich nach Hause. Der Hüne hatte nicht lange das Nachsehen, denn er zerbarst vor Ärger und Grimm.
Quelle: (Josef Haltrich)