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Klara und der Bergwichtel

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Vor langer Zeit wurde an einem See ein kleines Mädchen geboren, mit Augen so klar wie der blaue See. Daher gaben die Eltern dem Kind den Namen Klara. Klara wuchs über die Jahre glücklich mit Vater und Mutter zu einem jungen Fräulein in einem großen Haus heran. Es war nicht sehr stabil, hatte aber durch den Zauber einer guten Fee sehr viele Jahre gehalten. Leider konnte die Fee den Zerfall des Hauses mit ihrem Zauber nur hinauszögern.
„Ach, wenn doch nur die gute Fee wieder helfen könnte“, jammerte der Vater. Geld, um das Haus zu reparieren oder gar ein neues zu kaufen war keines vorhanden.
Die gute Fee war jedoch nicht auffindbar. Der Vater beschloss, das Haus so gut zu reparieren wie er konnte. Klara aber wusste, dass es nichts helfen würde, schlich sich daher eines Nachts heimlich aus dem Haus und ging den Weg entlang, bis er zu Ende war. Sie wollte die gute Fee dort suchen, wo ihre Eltern sich nicht hin trauten: Hinter den drei Bergen. Der Vater warnte, es seien dort böse Wesen, welche die Menschen gefangen hielten. Gesehen hatte er sie nie.
Nun hatte Klara den ersten Berg erreicht.
„Oh nein!“, rief sie ratlos. „Der Berg ist zu hoch und steil. Wie soll ich ihn überwinden?“
Das Mädchen schaute, ob es eine Möglichkeit gab, auf den Berg zu klettern, konnte aber nichts finden, woran es sich hätte festhalten können. Zum Glück führte jedoch ein Pfad um den Berg herum und schon bald türmte sich ein zweiter vor ihr auf.
Dieser war mit einem großartigen Weg ausgestattet, welcher im Mondschein sehr gut zu sehen war. Sie wanderte hinauf und an der anderen Seite hinab.
Der dritte Berg versperrte den Weg und sah bedrohlich aus. Wieder suchte sie nach einer Umgehung. Aber es schien nichts zu geben, um auf die andere Seite zu gelangen. Ein großer Stein lud zum Ausruhen und Nachdenken ein. Fliegen konnte sie nicht, zum Klettern war der Berg zu steil. Kurz vorm Verzweifeln, sah sie, dass sich hinter dem Busch vor dem dritten Berg etwas bewegte.
„Hallo? Wer bist du?“, rief sie ängstlich.
Vor ihr erschien ein kleiner Wicht mit einer lila Zipfelmütze, unter der langes ungepflegtes Haar hervorschaute. Eine große Knollnase mit einer dicken Warze verunstaltete zusätzlich sein ohnehin schon sein hässliches, runzliges Gesicht.
„Wer ich bin, fragst du mich? Frechheit! Du schleichst zwischen meinen Bergen herum und fragst, wer ich bin?“
Klara wurde rot vor Scham. „Es tut mir leid. Ich wusste nicht, dass es deine Berge sind. Ich heiße Klara und suche die gute Fee! Sei nicht böse, ich wollte dich nicht stören!“
„Ich bin der Bergwächter Anton und mag keine Eindringlinge!“ Der Wichtel schien vor Zorn die gleiche Gesichtsfarbe zu bekommen wie seine Mütze. „Nun, du suchst also die gute Fee. Warum meinst du sie hier zu finden?“
„Weil meine Eltern und ich sonst überall schon nach ihr gesucht haben. Nirgends ist sie anzutreffen. Aber hier haben wir noch nicht geguckt.“
„Hier ist sie nicht! Geh weiter!“, befahl der Bergwichtel.
„Ich würde ja gerne, aber ich weiß nicht, wie ich diesen Berg bewältigen soll!“
Klara flehte ihn an: „Kannst du mir nicht helfen?“
„So, so! Du bittest um meine Hilfe?“ Der Wichtel grinste argwöhnisch. „Was würde ich denn dafür von dir bekommen?“
„Ich habe leider gar nichts an Wert bei mir. Vielleicht kann ich dir jedoch irgendwann einen Gefallen tun? Wäre das genug?“
Sie deutete auf die leeren Taschen ihrer Kleider.
„Du verlangst viel, dafür, dass du nichts bieten kannst“, stellte der Wichtel fest. „Ich habe aber eine Idee. Sobald du die gute Fee getroffen hast, wirst du wieder zu mir kommen und mich heiraten! Versprich es!“
Klara zögerte, hatte aber keine andere Wahl und versprach es dem hässlichen Wichtel. Dieser grinste: „So soll es sein. Machst du dein Versprechen nicht wahr, werde ich euer Haus zerstören.“
Er nahm das Mädchen an seine knochige, gebrechliche Hand und führte es in einen Tunnel, der unter dem Berg hindurchführte. In der anderen hielt er eine Kerze, damit sie in der Dunkelheit sehen konnten. Spinnen krabbelten an den Wänden und webten ihre Netze. Kalt war es hier. Klara fror.
„Was klapperst du mit deinen Zähnen? Geh schneller, dann wird dir auch warm!“, spottete der Bergwichtel. Klara eilte den langen Weg des Tunnels an der Hand des Bergwichtels entlang, bis sie den Ausgang sehen konnte.
„Du bist nun auf der anderen Seite. Aber nimm dich in Acht! Hier wohnt nicht nur die gute Fee, auch die böse ist hier zuhause“, warnte der garstige Bergwichtel. „Hüte dich vor der bösen Fee, denn sie wird dich verzaubern und hier festhalten. Denk daran, dein Versprechen einzulösen!“ Mit diesen Worten verschwand Bergwichtel Anton in seinem Tunnel.

Klara sah sich um. Vor ihr lagen zwei Wege. Sie entschied sich für den zu ihrer linken Seite. Langsam ging die Sonne auf. Es wuchsen Blumen und Bäume, aber seltsamerweise wirkten sie trostlos und es flog keine Biene. Ein Stück weiter bemerkte sie, dass die Pflanzen vertrocknet waren und keinerlei Farbe hatten. Klara konnte sich nicht vorstellen, dass hier die gute Fee leben sollte und lief schnell zurück. Der Weg endete jedoch vor dem Tunnel des dritten Berges. Diesmal schlug sie den rechten Weg ein. Schon bald sah sie fleißige Bienen an zahlreichen, in allen Farben glänzenden Blumen. Die Bäume ragten hoch, zeigten sich im prächtigen Grün und trugen Blüten. Das konnte nur der Weg zur guten Fee sein.
An sein Ende gelangt, erblickte sie ein wunderschönes Schloss mit einem prächtigen Schlossgarten. Plötzlich hörte sie eine Stimme: „Klara? Was treibt dich hier her?“
Die gute Fee pflegte gerade ein Blumenbeet. Klara berichtete, was sie hergeführt und auf dem langen Weg erlebt hatte.
„Das war sehr mutig“, bemerkte die gute Fee anerkennend. „Ich werde jetzt schnell zu deinen Eltern fliegen und sie holen. Du gehst zurück und bittest den Bergwichtel zum Schloss.“
„Aber das Haus …!“, sorgte sich Klara.
„Mach dir keine Gedanken. Es wird sich alles lösen. Mein Zauber kann euer Haus auf Dauer nicht retten“, erklärte die gute Fee. Schon war sie verschwunden.
Klara wanderte zurück zum Berg, vor dem der Wichtel bereits wartete. „Du bist ein braves Mädchen,“ lobte er. Klara trug ihm die Bitte der guten Fee vor. Er widersprach nicht und ging mit.

Die gute Fee war samt Klaras Eltern, deren Haus nun gänzlich zusammengefallen war, schon wieder zurück. Unter Freudentränen fielen sich die drei in die Arme. Die gute Fee zog nun ihren Zauberstab und kleidete Klara in ein wunderschönes Brautkleid. Den Bergwichtel bedachte sie mit einem Anzug. Es war an der Zeit, das Versprechen einzulösen.
„Küsst euch, damit ihr Mann und Frau werdet!“, erklärte die gute Fee. Klara nahm allen Mut zusammen, beugte sich hinunter und küsste angeekelt seinen Mund. Plötzlich verschwand die hässliche Warze, die Nase schrumpfte auf eine normale Größe. Die Falten wichen aus dem Gesicht und es nahm menschliche Züge an. Auch sein langes, ungepflegtes Haar lag nun in manierlicher Form auf seinen Schultern. Zu guter Letzt wuchs der Bergwichtel samt Kleidung zu einem jungen Mann heran. Mit einem letzten Zauber setzte ihm die Fee eine Krone aufs Haupt. „Jetzt ist es vollbracht“, lächelte sie zufrieden.
„Ich bin Prinz Anton“, stellte sich der Mann vor und erzählte, er habe einst allein in diesem Schloss gelebt, bis er es vor Einsamkeit nicht mehr aushielt. So ging er eines Tages zu dem anderen Schloss, ohne zu wissen, dass dort die böse Fee wohnte. Sie war so erbost über den Eindringling, dass sie ihn in einen Bergwichtel verzauberte und mit einem Fluch, die Berge nie wieder verlassen zu können, belegte. Nur ein Mädchen mit reinem Herzen und großem Mut konnte ihn erlösen. Dagegen war die gute Fee machtlos, bewachte aber Antons Schloss bis zu diesem Tag.

Von nun an lebten alle glücklich in seinem Schloss. Klara schenkte Anton zwei wundervolle Kinder.
Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie dort noch heute.

Quelle: Kassandra

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