1
(3)
Abu Nuwasi begab sich einst in das Land des Sultans Hassan; er hatte Kokosnüsse geladen, um dieselben zu verkaufen. Nachdem er im Hafen angelangt war, stieg er an Land, ging zum Vezier und sprach zu ihm: »Ich habe Kokosnüsse geladen, ich möchte sie hier verkaufen.« Der Sultan Hassan gab ihm die Erlaubnis seine Nüsse an Land zu bringen. Er lud dieselben aus und begann zu verkaufen. Als er alle verkauft hatte, zog er in die Stadt und mietete sich dort ein.
Er blieb drei Monate daselbst, und da er nichts zu thun fand, sprach er: »Ich will mich auf etwas anderes besinnen, um Geld zum Lebensunterhalt zu verdienen.« Er begab sich zu dem Vezier und schloss Freundschaft mit ihm. Der Vezier war hocherfreut; jeden Tag lud er ihn zum Essen zu sich ein.
Abu Nuwasi überlegte bei sich und sprach: »Jetzt habe ich mit dem Vezier Freundschaft geschlossen, ich werde ihn wohl soweit bringen können, dass wir den Sultan töten, damit ich das Land erhalte und daselbst herrsche.« Er sprach daher zum Vezier: »Höre, ich will Dir einen guten Rat geben, der Dir sowohl wie mir von Nutzen sein wird.« Der Vezier entgegnete: »Was für einen Rat willst Du mir geben?« Er sprach: »Aber teile es niemanden mit; ich sage es Dir nicht eher, als bis Du mir das Versprechen giebst, dass Du niemandem das mitteilst, was ich Dir sagen will.« Der Vezier ging darauf ein und sagte: »Ich spreche zu niemand davon.«
Abu Nuwasi sprach: »Du merkst es gar nicht, Du Dummkopf, dass Du mehr Verstand hast als der Sultan und dass Du mehr arbeitest wie er; Du bist dem Sultan völlig ebenbürtig, Du bist ein Menschenkind – er ist ein Menschenkind, Du hast mehr Sorge wie er und dazu herrscht er noch über Dich! Ich, Abu Nuwasi, lasse es bei meinem Verstande und so wie, ich belehrt worden bin, nicht zu, dass jemand über mich herrscht, es giebt keinen Grossen in der Welt ausser Gott den Allmächtigen und seinen Propheten – mit den Sultanen, das ist Unsinn; die Sultanswürde kann jeder, der Macht und Verstand besitzt, erlangen.« Und er fuhr fort: »Der Grund, weshalb ich Dir dies alles sage, ist der, dass Du mein bester Freund bist und ich eingesehen habe, dass Du ein sehr gutmütiger Mensch bist; Du mühst Dich ab – und ein anderer lebt von Deiner Kraft.« Der Vezier erwiderte: »Gut, ich verstehe Dich, wir werden den Sultan töten; wenn ich zur Macht gelangt bin, sollst Du Vezier werden.« Abu Nuwasi freute sich sehr und sprach bei sich: »Heute hat mir mein Verstand wieder gute Dienste geleistet.«
Alsdann brach er auf und ging voll Freude im Herzen nach Hause und dachte bei sich: »Der Vezier ist doch ein Dummkopf; wenn er den Sultan töten kann, so kann ich den Vezier beiseite schaffen, so dass ich zur Herrschaft gelange.«
Der Vezier war ein äusserst kluger Mann, und er wusste, dass Abu Nuwasi es liebte, die Leute zu hintergehen. Er begab sich daher zum Sultan und sprach zu ihm: »Abu Nuwasi ist noch hier in der Stadt, sieh‘ nur zu, dass wir ihn bald von hier entfernen; gestern kam er und sprach zu mir in trügerischen Worten, er will uns auf listige Weise beide töten, um selbst im Lande zur Herrschaft zu gelangen.« Der Sultan befahl darauf seinen Leuten: »Geht hin und nehmt Abu Nuwasi fest.«
Abu Nuwasi wurde ergriffen, vor den Sultan geführt und gefragt: »Was hast Du gestern mit dem Vezier verhandelt?« Er erwiderte: »Ich habe nichts mit dem Vezier gesprochen.« Der Sultan entgegnete: »Du Lügner, gestern hast Du mit dem Vezier verhandelt.« Abu Nuwasi erwiderte dem Sultan: »Wenn ich gestern mit dem Vezier verhandelt habe – ich hab’s vergessen; es ist besser, Du befragst den Vezier, vielleicht weiss er es noch.« Da sprach der Sultan: »Du hast ihm gestern den Vorschlag gemacht, mich zu töten, damit Ihr beide das Land regieren könnt.« Abu Nuwasi erwiderte: »Was Dir der Vezier gesagt hat – ist wahr, ich kann es nicht leugnen.« Darauf befahl der Sultan seinen Soldaten: »Nehmt ihn, steckt ihn in einen Sack und werft ihn ins Meer.« Sie ergriffen ihn, thaten ihn in einen Sack und nähten ihn so fest ein, dass er kaum Atem holen konnte. Dann nahmen sie ihn auf und gingen zum Strande.
Als sie am Strande anlangten und kein Boot vorfanden, um mit ihm auf’s Meer zu fahren, legten sie ihn in den Sand. Dann kehrten sie zurück, um einen Fischer zu suchen, der ihn in sein Boot nehmen könne, damit er in’s Meer geworfen werde. Während sie nun hingingen, einen Fischer zu suchen, kam kurz nach ihrem Weggang ein Mann vorbei. Sowie Abu Nuwasi diesen vorbeikommen hörte, begann er zu schreien und zu rufen: »Ich habe es bereut, ich will jetzt des Sultans Tochter heiraten, Ihr da – holt mich hier heraus, ich habe es bereut, ich werde die Sultanstochter heiraten.« Der Mann trat näher an den Sack heran und fragte: »Wer steckt da in dem Sacke?« Er erwiderte: »Ich bin’s, Abu Nuwasi.« »Was hast Du denn gemacht, dass Du in den Sack gesteckt wurdest?« fragte jener. Er erwiderte: »Ich wurde ergriffen, um die Tochter des Sultans zu heiraten, ich sträubte mich jedoch; wenn sie mich jetzt aber befreien, werde ich sie heiraten, damit ich nicht in’s Meer geworfen werde.« Jener fragte noch einmal: »Warum solltest Du in’s Meer geworfen werden?« Er erwiderte: »Deswegen, weil ich die Tochter des Sultans nicht heiraten wollte; wenn ich sie heirate, werde ich nicht hineingeworfen.«
Jener überlegte und sprach: »Du bist ein Dummkopf! Du wurdest dazu erkoren, eine Sultanstochter zu heiraten, und sträubtest Dich?« Er erwiderte: »Ja, ich wollte nicht.« »Wenn ich Dich nun befreie«, sagte jener, »und selbst hineinkrieche – werde ich sie dann heiraten können?« Abu Nuwasi erwiderte: »Ja, wenn Du sie heiraten willst, komm – krieche nur hinein.« Er befreite den Abu Nuwasi schnell aus seiner Lage; nachdem dieser aus dem Sacke gekrochen war, sprach er zu jenem: »Wenn Du Leute kommen hörst, das sind die, welche mich festgenommen haben; sie wollen jetzt Antwort haben, ob ich nunmehr einwillige, die Sultanstochter zu heiraten. Gut also, wenn Du die Sultanstochter heiraten willst, jene Leute kommen bald – ich mache jedoch, dass ich fortkomme; wenn sie sich nähern, dann schreie und rufe: ›Ich werde die Sultanstochter heiraten, ich habe es bereut.‹«
Als sich die Leute näherten, spielte er den Abu Nuwasi und begann zu schreien: »Ihr da, ich habe es bereut, befreit mich, ich werde die Tochter des Sultans heiraten.« Jene Leute hörten das und fragten ihn: »Was sagst Du da? Bist Du verrückt?« Er erwiderte: »Ich, Abu Nuwasi, ich habe es bereut, befreit mich, ich werde die Tochter des Sultans heiraten.« Das erboste die Leute noch mehr. Er rief zum dritten Male: »Befreit mich, ich werde die Tochter des Sultans heiraten.« Da sagten sie: »Er ist verrückt geworden, werfen wir ihn nur in’s Meer.« So wurde dieser in’s Meer geworfen, während Abu Nuwasi glücklich entkam.
Er blieb drei Monate daselbst, und da er nichts zu thun fand, sprach er: »Ich will mich auf etwas anderes besinnen, um Geld zum Lebensunterhalt zu verdienen.« Er begab sich zu dem Vezier und schloss Freundschaft mit ihm. Der Vezier war hocherfreut; jeden Tag lud er ihn zum Essen zu sich ein.
Abu Nuwasi überlegte bei sich und sprach: »Jetzt habe ich mit dem Vezier Freundschaft geschlossen, ich werde ihn wohl soweit bringen können, dass wir den Sultan töten, damit ich das Land erhalte und daselbst herrsche.« Er sprach daher zum Vezier: »Höre, ich will Dir einen guten Rat geben, der Dir sowohl wie mir von Nutzen sein wird.« Der Vezier entgegnete: »Was für einen Rat willst Du mir geben?« Er sprach: »Aber teile es niemanden mit; ich sage es Dir nicht eher, als bis Du mir das Versprechen giebst, dass Du niemandem das mitteilst, was ich Dir sagen will.« Der Vezier ging darauf ein und sagte: »Ich spreche zu niemand davon.«
Abu Nuwasi sprach: »Du merkst es gar nicht, Du Dummkopf, dass Du mehr Verstand hast als der Sultan und dass Du mehr arbeitest wie er; Du bist dem Sultan völlig ebenbürtig, Du bist ein Menschenkind – er ist ein Menschenkind, Du hast mehr Sorge wie er und dazu herrscht er noch über Dich! Ich, Abu Nuwasi, lasse es bei meinem Verstande und so wie, ich belehrt worden bin, nicht zu, dass jemand über mich herrscht, es giebt keinen Grossen in der Welt ausser Gott den Allmächtigen und seinen Propheten – mit den Sultanen, das ist Unsinn; die Sultanswürde kann jeder, der Macht und Verstand besitzt, erlangen.« Und er fuhr fort: »Der Grund, weshalb ich Dir dies alles sage, ist der, dass Du mein bester Freund bist und ich eingesehen habe, dass Du ein sehr gutmütiger Mensch bist; Du mühst Dich ab – und ein anderer lebt von Deiner Kraft.« Der Vezier erwiderte: »Gut, ich verstehe Dich, wir werden den Sultan töten; wenn ich zur Macht gelangt bin, sollst Du Vezier werden.« Abu Nuwasi freute sich sehr und sprach bei sich: »Heute hat mir mein Verstand wieder gute Dienste geleistet.«
Alsdann brach er auf und ging voll Freude im Herzen nach Hause und dachte bei sich: »Der Vezier ist doch ein Dummkopf; wenn er den Sultan töten kann, so kann ich den Vezier beiseite schaffen, so dass ich zur Herrschaft gelange.«
Der Vezier war ein äusserst kluger Mann, und er wusste, dass Abu Nuwasi es liebte, die Leute zu hintergehen. Er begab sich daher zum Sultan und sprach zu ihm: »Abu Nuwasi ist noch hier in der Stadt, sieh‘ nur zu, dass wir ihn bald von hier entfernen; gestern kam er und sprach zu mir in trügerischen Worten, er will uns auf listige Weise beide töten, um selbst im Lande zur Herrschaft zu gelangen.« Der Sultan befahl darauf seinen Leuten: »Geht hin und nehmt Abu Nuwasi fest.«
Abu Nuwasi wurde ergriffen, vor den Sultan geführt und gefragt: »Was hast Du gestern mit dem Vezier verhandelt?« Er erwiderte: »Ich habe nichts mit dem Vezier gesprochen.« Der Sultan entgegnete: »Du Lügner, gestern hast Du mit dem Vezier verhandelt.« Abu Nuwasi erwiderte dem Sultan: »Wenn ich gestern mit dem Vezier verhandelt habe – ich hab’s vergessen; es ist besser, Du befragst den Vezier, vielleicht weiss er es noch.« Da sprach der Sultan: »Du hast ihm gestern den Vorschlag gemacht, mich zu töten, damit Ihr beide das Land regieren könnt.« Abu Nuwasi erwiderte: »Was Dir der Vezier gesagt hat – ist wahr, ich kann es nicht leugnen.« Darauf befahl der Sultan seinen Soldaten: »Nehmt ihn, steckt ihn in einen Sack und werft ihn ins Meer.« Sie ergriffen ihn, thaten ihn in einen Sack und nähten ihn so fest ein, dass er kaum Atem holen konnte. Dann nahmen sie ihn auf und gingen zum Strande.
Als sie am Strande anlangten und kein Boot vorfanden, um mit ihm auf’s Meer zu fahren, legten sie ihn in den Sand. Dann kehrten sie zurück, um einen Fischer zu suchen, der ihn in sein Boot nehmen könne, damit er in’s Meer geworfen werde. Während sie nun hingingen, einen Fischer zu suchen, kam kurz nach ihrem Weggang ein Mann vorbei. Sowie Abu Nuwasi diesen vorbeikommen hörte, begann er zu schreien und zu rufen: »Ich habe es bereut, ich will jetzt des Sultans Tochter heiraten, Ihr da – holt mich hier heraus, ich habe es bereut, ich werde die Sultanstochter heiraten.« Der Mann trat näher an den Sack heran und fragte: »Wer steckt da in dem Sacke?« Er erwiderte: »Ich bin’s, Abu Nuwasi.« »Was hast Du denn gemacht, dass Du in den Sack gesteckt wurdest?« fragte jener. Er erwiderte: »Ich wurde ergriffen, um die Tochter des Sultans zu heiraten, ich sträubte mich jedoch; wenn sie mich jetzt aber befreien, werde ich sie heiraten, damit ich nicht in’s Meer geworfen werde.« Jener fragte noch einmal: »Warum solltest Du in’s Meer geworfen werden?« Er erwiderte: »Deswegen, weil ich die Tochter des Sultans nicht heiraten wollte; wenn ich sie heirate, werde ich nicht hineingeworfen.«
Jener überlegte und sprach: »Du bist ein Dummkopf! Du wurdest dazu erkoren, eine Sultanstochter zu heiraten, und sträubtest Dich?« Er erwiderte: »Ja, ich wollte nicht.« »Wenn ich Dich nun befreie«, sagte jener, »und selbst hineinkrieche – werde ich sie dann heiraten können?« Abu Nuwasi erwiderte: »Ja, wenn Du sie heiraten willst, komm – krieche nur hinein.« Er befreite den Abu Nuwasi schnell aus seiner Lage; nachdem dieser aus dem Sacke gekrochen war, sprach er zu jenem: »Wenn Du Leute kommen hörst, das sind die, welche mich festgenommen haben; sie wollen jetzt Antwort haben, ob ich nunmehr einwillige, die Sultanstochter zu heiraten. Gut also, wenn Du die Sultanstochter heiraten willst, jene Leute kommen bald – ich mache jedoch, dass ich fortkomme; wenn sie sich nähern, dann schreie und rufe: ›Ich werde die Sultanstochter heiraten, ich habe es bereut.‹«
Als sich die Leute näherten, spielte er den Abu Nuwasi und begann zu schreien: »Ihr da, ich habe es bereut, befreit mich, ich werde die Tochter des Sultans heiraten.« Jene Leute hörten das und fragten ihn: »Was sagst Du da? Bist Du verrückt?« Er erwiderte: »Ich, Abu Nuwasi, ich habe es bereut, befreit mich, ich werde die Tochter des Sultans heiraten.« Das erboste die Leute noch mehr. Er rief zum dritten Male: »Befreit mich, ich werde die Tochter des Sultans heiraten.« Da sagten sie: »Er ist verrückt geworden, werfen wir ihn nur in’s Meer.« So wurde dieser in’s Meer geworfen, während Abu Nuwasi glücklich entkam.
[Afrika: Ostafrika. Märchen der Welt]