1
(2)
Es war einmal, ich weiss nicht wo, noch jenseits von siebenmal sieben Königreichen, eine arme Frau. Diese arme Frau hatte drei Söhne; der älteste betrieb das Schuster-, der zweite das Schneiderhandwerk, aber mit dem jüngsten war nichts anzufangen; immer lag er in der Asche; drum nannten sie ihn auch Aschen-Jörge.
Die zwei älteren Burschen litten eine Weile, dass sie alles beschafften und ihr jüngerer Bruder nur ass und trank und sich in der Asche herumwälzte. Aber einstmals sagten sie ihrer Mutter, dass das nicht einmal der heilige Geist länger aushalten könnte, sie solle ihr Muttersöhnchen irgendwohin schaffen. Die arme Frau führte ihn auch in die Stadt, gab ihn bei einem Töpfer in die Lehre; aber schon anderntags war Jörge zu Hause und sagte, er wolle sich nicht mit dem Thon beschmieren und aus ihm würde, so lange die Welt steht, nimmermehr ein Töpfer. Dann brachten sie ihn zu einem Gerbermeister, aber auch von hier lief er fort, da er den Gestank nicht leiden mochte. Sie brachten ihn zum Schneiderhandwerk; aber das konnte er deswegen nicht ertragen, weil man dabei sitzen muss.
Die arme Frau war schon so verzweifelt, dass sie gar nicht wusste, wo ihr der Kopf stand; die Burschen aber murrten so lange, bis sie wieder etwas versuchte und ihn nach der Stadt leitete. Wie sie gingen, trafen sie einen rotbärtigen Herrn auf der Landstrasse. Der fragte die Frau:
»Wohin wollt Ihr, Muhme, mit diesem Bürschchen?«
»Gnädiger Herr, ich bringe dies arme Bürschchen in einen Dienst, wenn ich ihn irgendwo unterbringen könnte; aber dass ich nur die Wahrheit sage, bisher konnte er in keiner Stelle bleiben, da er ein so fauler Strick ist.«
»Macht nichts,« sagte der Herr erfreut, »gerade solchen Burschen suche ich. Bei mir wird er keinerlei Arbeit auf Gottes Erde haben, und dennoch gebe ich ihm so viel Lohn, dass er bei einem anderen nicht in zehn Jahren so viel verdienen würde.«
Freute sich die arme Frau, aber Jörg noch mehr, und sagte auch gleich seiner Mutter, dass er zu diesem Herrn in Dienst gehen wolle, wenn er ihn auch gar nicht bezahlte, ihm nur genug zu essen gäbe.
Der Herr schrieb den Vertrag, und als die arme Frau das Kreuz darunter setzte, fragte er sie:
»Na, arme Frau, weisst du, wer ich bin, und wohin ich deinen Sohn führe?«
»O bitte sehr,« verwahrte sich die Frau schüchtern, »ich frage nicht danach.«
»So wisse, ich bin Durumo, der Höllenkönig, und führe deinen Sohn unter die Teufel.«
Ach, erschrak da die arme Frau! Sie begehrte, dass der Vertrag verbrannt werde, aber Durumo antwortete:
»Da kannst du lange warten!« Er versprach aber, dass sie nach einem Jahr in die und die Wildnis kommen solle, dort heisst eine Stelle »Durumos Winkel«, und dort werde er ihr dann ihren Sohn zurückgeben. Die arme Frau fand sich schweren Herzens darein; aber als sie heimging, da kam es ihr erst so recht zum Bewusstsein, in wessen Hände sie ihren Sohn gegeben hatte. Sie klagte ihren älteren Söhnen, wie unselig es ihr ergangen sei, aber die guckten sich nur an und sagten, die alte Frau habe wohl eins über den Durst getrunken oder habe ihren Verstand verloren.
Nun, das Jahr verging, und die arme Frau ging pünktlich zu Durumos Winkel hinaus, wartete, wartete bis zum finsteren Abend; aber Durumo brachte ihren Sohn nicht zurück. Wie sie sich dort abhärmte, kam ein grauer Mann hin. Er fragte sie:
»Warum grämst du dich, arme Frau?«
Da erzählte sie ihm, bei wem sie ihren Sohn in Dienst gegeben, und dass der versprochen hätte, gerade an diesem heutigen Tage ihn zurückzubringen, aber es fiele ihm garnicht ein.
»Na, auf den wartest du umsonst, arme Frau. Du musst selbst hingehen, und ob du ihn dann zurückbekommst?!«
Darauf blies er auf seiner Pfeife, und sogleich stand ein kleines Häschen neben ihm.
»Nun, arme Frau! Dies kleine Häschen führt dich bis zum Höllenthor; dort lassen sie dich schon ein; sag nur, du suchest Durumo. Aber deinen Sohn haben sie inzwischen so umgewandelt, dass nicht einmal du ihn wiedererkennen wirst. Ich gebe dir einen Rosmarinzweig; geh damit unter den Teufeln umher, und vor wem er aufblühen wird, der ist dein Sohn.«
Die arme Frau bedankte sich schön für die Gefälligkeit des grauen Mannes und machte sich auf, dem kleinen Häschen nach.
Drei Tage und drei Nächte gingen sie, dann gelangten sie ans Höllenthor; das Häschen kehrte von hier um, und die arme Frau rief zum Thor hinein.
Eilte ein Teufel heraus und fragte:
»Wen suchst du, arme Frau?«
»Ich suche Seine Majestät Durumo,« antwortete die arme Frau.
»Na, komm nur herein; er exerziert gerade seine Burschen ein. Wenn er guter Laune ist, stellt er dich sogar zum Kesselheizen an.«
Ging die arme Frau hinein, ging schnurstracks zu Durumo.
»Na, Ihr habt mir meinen Sohn aber gut zurückgebracht, Herr Durumo!«
»Potztausend, das habe ich wahrhaftig vergessen,« sagte Durumo, »aber wer ist denn nun Euer Sohn gewesen? Sucht ihn heraus; Ihr müsst ihn besser kennen.«
Die arme Frau fand ihn gleich heraus, auch ohne Rosmarin, obzwar ihr Sohn so schwarz war wie der Kessel.
»Ach,« rief Durumo, »so ist’s keine Kunst, ihn herauszufinden!«
Er rief ein Regiment Teufel herbei und befahl, dass sie hurtig das Regiment, zu dem Aschen-Jörge gehörte, niedermetzeln sollten, es dann zu Pulver verbrennen und mit guten Kräutern einsalben.
Sie metzelten sie im Nu nieder, verbrannten sie zu Pulver, salbten sie mit guten Kräutern ein, und aus dem Pulver wurde wieder ein Regiment Teufel; ein winziges Mohnkörnchen ist nicht viel, aber nicht einmal um so viel unterschied sich ein Teufel vom anderen.
»Na! Jetzt sucht Euern Sohn heraus!« munterte Durumo sie auf.
Da nahm die arme Frau den Rosmarin zur Hand, schritt die Front ab, und als sie bei ihrem Sohn anlangte, da blühte der Rosmarin auf, und sie blieb vor ihm stehen.
»Dies ist mein Sohn!« sprach sie zu Durumo.
Durumo schnaubte vor Wut; er wusste nicht mehr, was er thun sollte; denn er wollte Jörge keinesfalls fortgeben, so lieb hatte er ihn gewonnen.
Aber Jörg hatte die Teufelschaft auch schon satt; er schoss einen Purzelbaum, und aus ihm wurde eine Dohle, und so flog er hinaus zum Höllenspundloch, dass Durumo Mund und Augen aufsperrte vor Staunen.
Da sagte die arme Frau:
»Nun, wahrhaftig, da mein Sohn fortgegangen ist, bleibe ich auch nicht hier,« und damit liess sie Durumo dort stehen.
Durumo fluchte und lästerte, dass dieser Dieb ihm in einem Jahr seine Kunst so abgelauscht habe, dass er ihn selbst sogar übertreffe; aber das wolle er nicht zugeben, wenn er auch sein Leben dabei aufs Spiel setzen solle. Er schoss auch einen Purzelbaum, und aus ihm wurde ein Adler, und dann flog er dem Aschen-Jörge nach. Als er ihn schon fast erreicht hatte, liess sich Jörge auf einer schönen Wiese nieder, schoss einen Purzelbaum, und aus ihm wurde ein schönes Seidentuch. Die walachischen Burschen und Mädchen tanzten dort gerade; das eine Mädchen hob es auf und band es sich schön um den Hals. Darauf liess sich auch der Adler nieder, schoss einen Purzelbaum, und aus ihm wurde ein tüchtiger, dicker Knotenstock. Unter den Tänzern war auch ein fremder Bursche; der begehrte das schöne, seidene Tuch von dem Mädchen, aber die gab es nicht. Da sagte der Bursche: »du hast’s ja selbst nur gefunden!« und wollte es ihr mit Gewalt fortnehmen. Da ergriff des Mädchens Schatz den Knotenstock und prügelte den fremden Burschen so durch, dass alle seine Knochen krachten. Mittlerweile war das seidene Tuch vom Halse des Mädchens hinabgeglitten und war wieder zu einer Dohle geworden, der Knotenstock hingegen zu einem Adler; aber jetzt setzte er ihm noch wütender nach; denn wie die Schläge den fremden Burschen geschmerzt hatten, so hatten sie auch ihn geschmerzt.
Als er sie schon fast erreicht hatte, flog die Dohle zu einem Fenster hinein, dort schoss sie einen Purzelbaum und wurde zu einem schönen Diamantring. Der Adler konnte nichts anderes ersinnen, er übersprang sich, und aus ihm wurde ein junger Herr. Im Hause waren sie gerade bei den Vorbereitungen zum Ball, und als das Fräulein den Ring auf ihrem kleinen Tisch erblickte, glaubte sie, ihr lieber Vater habe ihn ihr geschenkt und streifte ihn auf ihren Finger. Nun stellte sich auch Durumo ein, in der Gestalt eines reichen, jungen Mannes und machte sich im Hause so beliebt, dass sie ihn zum Ball einluden. Durumo machte sich nur um das Fräulein mit dem Ring zu schaffen; er sagte ihr viele Schmeicheleien, und schliesslich bat er das Fräulein um den Ring. Die lachte laut über Durumo, dass er schon am ersten Abend einen Ring von ihr begehre, und sagte: »ein andermal«. Aber Durumo brauchte ihn auf der Stelle, und als sie sich im Tanze drehten, ergriff er den Ring, um ihn mit Gewalt ihr vom Finger zu ziehen. Das Fräulein fing zu schreien an, und die vielen jungen Herren erwischten Durumo und warfen ihn zum Fenster hinaus, dass er seine Glieder kaum wieder zusammenlesen konnte. Da fluchte Durumo und beschloss auch, diesem Hallunken nicht weiter nachzujagen, da er doch überall den kürzeren zog, und ging zurück in sein Reich.
Der Ball hatte unterdessen auch sein Ende genommen, und am nächsten Abend zog das Fräulein den Ring vom Finger, und aus ihm wurde eine Dohle; sie flog zum Fenster hinaus und stand nicht still, bis sie zu Hause war. Vor der Thür schoss sie einen Purzelbaum, und wieder wurde aus ihr der Aschen-Jörge.
»Ach mein Herzenssohn! Dass du nun heimgekehrt bist!« stammelte die arme Frau, »sieh nur, deine Brüder haben mich schon für närrisch gehalten; sie glaubten es nicht, dass du ein rundes Jahr in Durumos Dienst warst.«
»Na und ob ich dort war, Donnerwetter!« sagte Aschen-Jörge, »aber mir thut es auch garnicht leid; denn ich habe so viel Spitzbübereien bei ihm gelernt, dass wir jetzt ein Herrenleben führen können.«
Anderntags in der Frühe sagte Jörge zu seinen Brüdern:
»Nun, Burschen, heute ist Jahrmarkt in der Stadt. Ich werde mich in ein rabenfarbenes Reitpferd verwandeln; ihr aber sollt mich hinführen und für gutes Geld verkaufen. Nur zweierlei bedinge ich mir aus: dass ihr mich nicht einem rotbärtigen Manne verkauft, und wenn ihr mich verkauft, nicht den Halfter an meinem Kopf lasst; denn das müsste ich büssen.«
Sie machten sich auch auf den Weg zur Stadt, und als sie ein Gebüsch durchquerten, schoss Jörg einen Purzelbaum, und aus ihm wurde ein schönes, rabenschwarzes Reitpferd. Seine Brüder legten ihm einen Halfter an und führten ihn so in die Stadt. Sie waren auch kaum angelangt, so erhandelte es ein Oberst für fünfhundert Gulden; aber die Burschen sprachen so lange dem Kauftrunk zu, dass sie sich mehr und mehr erhitzten, assen, tranken, die Musikanten aufspielen liessen und ihren jüngsten Bruder vergassen wie die schwarze Erde.
Der Oberst aber liess das schöne Fohlen am Halfter heimführen und liess es im Stall anbinden. Er liess ihm gleich gutes, zartes Grummet geben; aber das Fohlen schnaubte nur und biss nicht hinein. Kam des Obersten Tochter heraus, brachte ein rundes Hopfenbrot und eine gute Handvoll Zucker, und all das frass es bis zum letzten Krümchen auf. Das Fräulein neckte noch ihren Vater, dass er solch ein Fohlen gekauft habe, das von Hopfenbrot und Zucker lebe. Nun gut! Der Oberst liess es auf den Hof jagen; es sollte sich etwas tummeln. Aber als zur Mittagszeit alle Knechte zum Essen hineingingen, da schoss es einen Purzelbaum, wurde eine Dohle aus ihm und stand nicht still, bis sie zu Hause war. Vor der Thür übersprang sie sich wieder, und aus ihr wurde der Aschen-Jörge.
Er ging ins Haus; dort schalt er seine Brüder tüchtig aus, dass sie ihn so vergessen hatten, und sagte ihnen, dass sie ihn auch morgen wieder fortführen sollten; aber wenn sie es wieder so trieben, so wolle er sich nicht weiter mit ihnen befassen, sondern dann möge jeder auf eigene Faust arbeiten.
Anderntags machten sie sich auch wieder auf den Weg zum Jahrmarkt, und als sie beim Gebüsch anlangten, schoss Jörg einen Purzelbaum, und ein so prächtiges Schimmelfohlen wurde aus ihm, wie es selbst unter dem türkischen Kaiser nicht einherschritt. Sie zogen ihm den Halfter über den Kopf, und als sie in die Stadt kamen, redete sie ein rotbärtiger Herr an:
»Was wollt ihr für dieses Fohlen, he?«
»Zweitausend Gulden«, antwortete der ältere Bursche.
Der rotbärtige Herr holte gleich seine Börse vor; aber den Burschen fiel ein, was ihr Bruder sich ausbedungen hatte, und sie nahmen ihr Wort zurück. Sie sagten, das Ganze sei nur ein Scherz gewesen; denn das Fohlen sei nicht käuflich, sie brächten es einem Grafen.
Der rotbärtige Herr jedoch war Durumo gewesen, und er gab sich auch damit nicht zufrieden, sondern spazierte gemächlich hinter ihnen her, damit er sehe, wem sie das Fohlen wohl verkauften. Wie sie es so auf der Gasse führten, schaute ein Graf zum Fenster hinaus und fragte, was sie für das Fohlen verlangten.
»Dreitausend Gulden,« antwortete der ältere Bursche.
»Führt es herein!« befahl der Graf und zahlte ihnen gleich die dreitausend Gulden aus. In ihrer grossen Freude vergassen die Burschen wieder den Halfter an dem Kopf des Fohlens, und der Graf liess es auch daran im Stall anbinden.
Kaum waren sie fortgegangen, so stellte sich auch Durumo beim Grafen ein, begann das Fohlen zu loben und sagte, dass er es für so viel auch gekauft hätte.
»Was seid Ihr denn?« fragte der Graf.
»Ich war Stallmeister bei einem Herzog, und jetzt suche ich einen Dienst, ob man mich irgendwo als Stallmeister annehmen würde,« antwortete Durumo.
»Nun da kommt Ihr gerade an den rechten Ort; ich brauche einen geschickten Stallmeister.«
Sie schrieben den Vertrag, und Durumo trat als Stallmeister ein. Er ging gleich in den Stall.
»Nun du Dieb, du Galgenstrick! Ein paarmal hast du mich prügeln lassen; aber jetzt bist du mir in die Hände geraten!«
Das sagte Durumo zum Fohlen; dann ergriff er eine eiserne Zoberstange und prügelte das arme Fohlen so, dass es die Dielen einstiess vor Schmerz. Der Graf hörte das laute Getöse und lief hinunter in den Stall.
»Du Schurke! Fängst du so das Jahr an?!«
Er hiess seine Ochsenknechte ihn greifen, liess ihn auf die Pritsche legen und ihm fünfzig aufzählen, dass er ohnmächtig zusammenbrach.
Als er sich dann mit Müh und Not wieder aufrichten konnte, schoss er einen Purzelbaum, und aus ihm wurde ein Adler. Doch er beschloss, diesen ausgelernten Galgenstrick fürderhin nicht zu verfolgen, der sich so auf seine Kunst verstand, dass er sogar ihn selbst in Spott und Schande gebracht hatte.
Unterdessen hatte der Graf das Fohlen hinausgelassen, dass es sich auf dem Hof tummele. Alle Leute im Hause bedauerten das arme Fohlen und entschädigten es mit Zucker, Kuchen und dem auserlesensten Backwerk. Aber als sie es sich selbst überliessen, schoss es nur einen Purzelbaum und flog in Dohlengestalt heim so schnell wie der Gedanke. Vor der Thür wurde die Dohle wieder zum Aschen-Jörge. Als er zur Thür hineintrat, rollten seine Brüder vor Schreck unter den Tisch.
»Nur vorwärts, heraus!« fluchte und wetterte Jörge. »Fürderhin kündige ich euch die Verwandtschaft; denn ich sehe, ihr trinkt euch immer um euern Verstand.«
Was er an Geld hatte, teilte er in vier Teile und sagte:
»Ein Teil für meine Mutter, dass sie in ihren alten Tagen zu leben hat, zwei für euch, dass ihr euer Handwerk weiter betreiben könnt, der vierte Teil für mich, und damit gehe ich, mein Glück zu versuchen.«
Darauf schoss er einen Purzelbaum und flog in Dohlengestalt davon; niemals hat man etwas von ihm vernommen.
Die zwei älteren Burschen litten eine Weile, dass sie alles beschafften und ihr jüngerer Bruder nur ass und trank und sich in der Asche herumwälzte. Aber einstmals sagten sie ihrer Mutter, dass das nicht einmal der heilige Geist länger aushalten könnte, sie solle ihr Muttersöhnchen irgendwohin schaffen. Die arme Frau führte ihn auch in die Stadt, gab ihn bei einem Töpfer in die Lehre; aber schon anderntags war Jörge zu Hause und sagte, er wolle sich nicht mit dem Thon beschmieren und aus ihm würde, so lange die Welt steht, nimmermehr ein Töpfer. Dann brachten sie ihn zu einem Gerbermeister, aber auch von hier lief er fort, da er den Gestank nicht leiden mochte. Sie brachten ihn zum Schneiderhandwerk; aber das konnte er deswegen nicht ertragen, weil man dabei sitzen muss.
Die arme Frau war schon so verzweifelt, dass sie gar nicht wusste, wo ihr der Kopf stand; die Burschen aber murrten so lange, bis sie wieder etwas versuchte und ihn nach der Stadt leitete. Wie sie gingen, trafen sie einen rotbärtigen Herrn auf der Landstrasse. Der fragte die Frau:
»Wohin wollt Ihr, Muhme, mit diesem Bürschchen?«
»Gnädiger Herr, ich bringe dies arme Bürschchen in einen Dienst, wenn ich ihn irgendwo unterbringen könnte; aber dass ich nur die Wahrheit sage, bisher konnte er in keiner Stelle bleiben, da er ein so fauler Strick ist.«
»Macht nichts,« sagte der Herr erfreut, »gerade solchen Burschen suche ich. Bei mir wird er keinerlei Arbeit auf Gottes Erde haben, und dennoch gebe ich ihm so viel Lohn, dass er bei einem anderen nicht in zehn Jahren so viel verdienen würde.«
Freute sich die arme Frau, aber Jörg noch mehr, und sagte auch gleich seiner Mutter, dass er zu diesem Herrn in Dienst gehen wolle, wenn er ihn auch gar nicht bezahlte, ihm nur genug zu essen gäbe.
Der Herr schrieb den Vertrag, und als die arme Frau das Kreuz darunter setzte, fragte er sie:
»Na, arme Frau, weisst du, wer ich bin, und wohin ich deinen Sohn führe?«
»O bitte sehr,« verwahrte sich die Frau schüchtern, »ich frage nicht danach.«
»So wisse, ich bin Durumo, der Höllenkönig, und führe deinen Sohn unter die Teufel.«
Ach, erschrak da die arme Frau! Sie begehrte, dass der Vertrag verbrannt werde, aber Durumo antwortete:
»Da kannst du lange warten!« Er versprach aber, dass sie nach einem Jahr in die und die Wildnis kommen solle, dort heisst eine Stelle »Durumos Winkel«, und dort werde er ihr dann ihren Sohn zurückgeben. Die arme Frau fand sich schweren Herzens darein; aber als sie heimging, da kam es ihr erst so recht zum Bewusstsein, in wessen Hände sie ihren Sohn gegeben hatte. Sie klagte ihren älteren Söhnen, wie unselig es ihr ergangen sei, aber die guckten sich nur an und sagten, die alte Frau habe wohl eins über den Durst getrunken oder habe ihren Verstand verloren.
Nun, das Jahr verging, und die arme Frau ging pünktlich zu Durumos Winkel hinaus, wartete, wartete bis zum finsteren Abend; aber Durumo brachte ihren Sohn nicht zurück. Wie sie sich dort abhärmte, kam ein grauer Mann hin. Er fragte sie:
»Warum grämst du dich, arme Frau?«
Da erzählte sie ihm, bei wem sie ihren Sohn in Dienst gegeben, und dass der versprochen hätte, gerade an diesem heutigen Tage ihn zurückzubringen, aber es fiele ihm garnicht ein.
»Na, auf den wartest du umsonst, arme Frau. Du musst selbst hingehen, und ob du ihn dann zurückbekommst?!«
Darauf blies er auf seiner Pfeife, und sogleich stand ein kleines Häschen neben ihm.
»Nun, arme Frau! Dies kleine Häschen führt dich bis zum Höllenthor; dort lassen sie dich schon ein; sag nur, du suchest Durumo. Aber deinen Sohn haben sie inzwischen so umgewandelt, dass nicht einmal du ihn wiedererkennen wirst. Ich gebe dir einen Rosmarinzweig; geh damit unter den Teufeln umher, und vor wem er aufblühen wird, der ist dein Sohn.«
Die arme Frau bedankte sich schön für die Gefälligkeit des grauen Mannes und machte sich auf, dem kleinen Häschen nach.
Drei Tage und drei Nächte gingen sie, dann gelangten sie ans Höllenthor; das Häschen kehrte von hier um, und die arme Frau rief zum Thor hinein.
Eilte ein Teufel heraus und fragte:
»Wen suchst du, arme Frau?«
»Ich suche Seine Majestät Durumo,« antwortete die arme Frau.
»Na, komm nur herein; er exerziert gerade seine Burschen ein. Wenn er guter Laune ist, stellt er dich sogar zum Kesselheizen an.«
Ging die arme Frau hinein, ging schnurstracks zu Durumo.
»Na, Ihr habt mir meinen Sohn aber gut zurückgebracht, Herr Durumo!«
»Potztausend, das habe ich wahrhaftig vergessen,« sagte Durumo, »aber wer ist denn nun Euer Sohn gewesen? Sucht ihn heraus; Ihr müsst ihn besser kennen.«
Die arme Frau fand ihn gleich heraus, auch ohne Rosmarin, obzwar ihr Sohn so schwarz war wie der Kessel.
»Ach,« rief Durumo, »so ist’s keine Kunst, ihn herauszufinden!«
Er rief ein Regiment Teufel herbei und befahl, dass sie hurtig das Regiment, zu dem Aschen-Jörge gehörte, niedermetzeln sollten, es dann zu Pulver verbrennen und mit guten Kräutern einsalben.
Sie metzelten sie im Nu nieder, verbrannten sie zu Pulver, salbten sie mit guten Kräutern ein, und aus dem Pulver wurde wieder ein Regiment Teufel; ein winziges Mohnkörnchen ist nicht viel, aber nicht einmal um so viel unterschied sich ein Teufel vom anderen.
»Na! Jetzt sucht Euern Sohn heraus!« munterte Durumo sie auf.
Da nahm die arme Frau den Rosmarin zur Hand, schritt die Front ab, und als sie bei ihrem Sohn anlangte, da blühte der Rosmarin auf, und sie blieb vor ihm stehen.
»Dies ist mein Sohn!« sprach sie zu Durumo.
Durumo schnaubte vor Wut; er wusste nicht mehr, was er thun sollte; denn er wollte Jörge keinesfalls fortgeben, so lieb hatte er ihn gewonnen.
Aber Jörg hatte die Teufelschaft auch schon satt; er schoss einen Purzelbaum, und aus ihm wurde eine Dohle, und so flog er hinaus zum Höllenspundloch, dass Durumo Mund und Augen aufsperrte vor Staunen.
Da sagte die arme Frau:
»Nun, wahrhaftig, da mein Sohn fortgegangen ist, bleibe ich auch nicht hier,« und damit liess sie Durumo dort stehen.
Durumo fluchte und lästerte, dass dieser Dieb ihm in einem Jahr seine Kunst so abgelauscht habe, dass er ihn selbst sogar übertreffe; aber das wolle er nicht zugeben, wenn er auch sein Leben dabei aufs Spiel setzen solle. Er schoss auch einen Purzelbaum, und aus ihm wurde ein Adler, und dann flog er dem Aschen-Jörge nach. Als er ihn schon fast erreicht hatte, liess sich Jörge auf einer schönen Wiese nieder, schoss einen Purzelbaum, und aus ihm wurde ein schönes Seidentuch. Die walachischen Burschen und Mädchen tanzten dort gerade; das eine Mädchen hob es auf und band es sich schön um den Hals. Darauf liess sich auch der Adler nieder, schoss einen Purzelbaum, und aus ihm wurde ein tüchtiger, dicker Knotenstock. Unter den Tänzern war auch ein fremder Bursche; der begehrte das schöne, seidene Tuch von dem Mädchen, aber die gab es nicht. Da sagte der Bursche: »du hast’s ja selbst nur gefunden!« und wollte es ihr mit Gewalt fortnehmen. Da ergriff des Mädchens Schatz den Knotenstock und prügelte den fremden Burschen so durch, dass alle seine Knochen krachten. Mittlerweile war das seidene Tuch vom Halse des Mädchens hinabgeglitten und war wieder zu einer Dohle geworden, der Knotenstock hingegen zu einem Adler; aber jetzt setzte er ihm noch wütender nach; denn wie die Schläge den fremden Burschen geschmerzt hatten, so hatten sie auch ihn geschmerzt.
Als er sie schon fast erreicht hatte, flog die Dohle zu einem Fenster hinein, dort schoss sie einen Purzelbaum und wurde zu einem schönen Diamantring. Der Adler konnte nichts anderes ersinnen, er übersprang sich, und aus ihm wurde ein junger Herr. Im Hause waren sie gerade bei den Vorbereitungen zum Ball, und als das Fräulein den Ring auf ihrem kleinen Tisch erblickte, glaubte sie, ihr lieber Vater habe ihn ihr geschenkt und streifte ihn auf ihren Finger. Nun stellte sich auch Durumo ein, in der Gestalt eines reichen, jungen Mannes und machte sich im Hause so beliebt, dass sie ihn zum Ball einluden. Durumo machte sich nur um das Fräulein mit dem Ring zu schaffen; er sagte ihr viele Schmeicheleien, und schliesslich bat er das Fräulein um den Ring. Die lachte laut über Durumo, dass er schon am ersten Abend einen Ring von ihr begehre, und sagte: »ein andermal«. Aber Durumo brauchte ihn auf der Stelle, und als sie sich im Tanze drehten, ergriff er den Ring, um ihn mit Gewalt ihr vom Finger zu ziehen. Das Fräulein fing zu schreien an, und die vielen jungen Herren erwischten Durumo und warfen ihn zum Fenster hinaus, dass er seine Glieder kaum wieder zusammenlesen konnte. Da fluchte Durumo und beschloss auch, diesem Hallunken nicht weiter nachzujagen, da er doch überall den kürzeren zog, und ging zurück in sein Reich.
Der Ball hatte unterdessen auch sein Ende genommen, und am nächsten Abend zog das Fräulein den Ring vom Finger, und aus ihm wurde eine Dohle; sie flog zum Fenster hinaus und stand nicht still, bis sie zu Hause war. Vor der Thür schoss sie einen Purzelbaum, und wieder wurde aus ihr der Aschen-Jörge.
»Ach mein Herzenssohn! Dass du nun heimgekehrt bist!« stammelte die arme Frau, »sieh nur, deine Brüder haben mich schon für närrisch gehalten; sie glaubten es nicht, dass du ein rundes Jahr in Durumos Dienst warst.«
»Na und ob ich dort war, Donnerwetter!« sagte Aschen-Jörge, »aber mir thut es auch garnicht leid; denn ich habe so viel Spitzbübereien bei ihm gelernt, dass wir jetzt ein Herrenleben führen können.«
Anderntags in der Frühe sagte Jörge zu seinen Brüdern:
»Nun, Burschen, heute ist Jahrmarkt in der Stadt. Ich werde mich in ein rabenfarbenes Reitpferd verwandeln; ihr aber sollt mich hinführen und für gutes Geld verkaufen. Nur zweierlei bedinge ich mir aus: dass ihr mich nicht einem rotbärtigen Manne verkauft, und wenn ihr mich verkauft, nicht den Halfter an meinem Kopf lasst; denn das müsste ich büssen.«
Sie machten sich auch auf den Weg zur Stadt, und als sie ein Gebüsch durchquerten, schoss Jörg einen Purzelbaum, und aus ihm wurde ein schönes, rabenschwarzes Reitpferd. Seine Brüder legten ihm einen Halfter an und führten ihn so in die Stadt. Sie waren auch kaum angelangt, so erhandelte es ein Oberst für fünfhundert Gulden; aber die Burschen sprachen so lange dem Kauftrunk zu, dass sie sich mehr und mehr erhitzten, assen, tranken, die Musikanten aufspielen liessen und ihren jüngsten Bruder vergassen wie die schwarze Erde.
Der Oberst aber liess das schöne Fohlen am Halfter heimführen und liess es im Stall anbinden. Er liess ihm gleich gutes, zartes Grummet geben; aber das Fohlen schnaubte nur und biss nicht hinein. Kam des Obersten Tochter heraus, brachte ein rundes Hopfenbrot und eine gute Handvoll Zucker, und all das frass es bis zum letzten Krümchen auf. Das Fräulein neckte noch ihren Vater, dass er solch ein Fohlen gekauft habe, das von Hopfenbrot und Zucker lebe. Nun gut! Der Oberst liess es auf den Hof jagen; es sollte sich etwas tummeln. Aber als zur Mittagszeit alle Knechte zum Essen hineingingen, da schoss es einen Purzelbaum, wurde eine Dohle aus ihm und stand nicht still, bis sie zu Hause war. Vor der Thür übersprang sie sich wieder, und aus ihr wurde der Aschen-Jörge.
Er ging ins Haus; dort schalt er seine Brüder tüchtig aus, dass sie ihn so vergessen hatten, und sagte ihnen, dass sie ihn auch morgen wieder fortführen sollten; aber wenn sie es wieder so trieben, so wolle er sich nicht weiter mit ihnen befassen, sondern dann möge jeder auf eigene Faust arbeiten.
Anderntags machten sie sich auch wieder auf den Weg zum Jahrmarkt, und als sie beim Gebüsch anlangten, schoss Jörg einen Purzelbaum, und ein so prächtiges Schimmelfohlen wurde aus ihm, wie es selbst unter dem türkischen Kaiser nicht einherschritt. Sie zogen ihm den Halfter über den Kopf, und als sie in die Stadt kamen, redete sie ein rotbärtiger Herr an:
»Was wollt ihr für dieses Fohlen, he?«
»Zweitausend Gulden«, antwortete der ältere Bursche.
Der rotbärtige Herr holte gleich seine Börse vor; aber den Burschen fiel ein, was ihr Bruder sich ausbedungen hatte, und sie nahmen ihr Wort zurück. Sie sagten, das Ganze sei nur ein Scherz gewesen; denn das Fohlen sei nicht käuflich, sie brächten es einem Grafen.
Der rotbärtige Herr jedoch war Durumo gewesen, und er gab sich auch damit nicht zufrieden, sondern spazierte gemächlich hinter ihnen her, damit er sehe, wem sie das Fohlen wohl verkauften. Wie sie es so auf der Gasse führten, schaute ein Graf zum Fenster hinaus und fragte, was sie für das Fohlen verlangten.
»Dreitausend Gulden,« antwortete der ältere Bursche.
»Führt es herein!« befahl der Graf und zahlte ihnen gleich die dreitausend Gulden aus. In ihrer grossen Freude vergassen die Burschen wieder den Halfter an dem Kopf des Fohlens, und der Graf liess es auch daran im Stall anbinden.
Kaum waren sie fortgegangen, so stellte sich auch Durumo beim Grafen ein, begann das Fohlen zu loben und sagte, dass er es für so viel auch gekauft hätte.
»Was seid Ihr denn?« fragte der Graf.
»Ich war Stallmeister bei einem Herzog, und jetzt suche ich einen Dienst, ob man mich irgendwo als Stallmeister annehmen würde,« antwortete Durumo.
»Nun da kommt Ihr gerade an den rechten Ort; ich brauche einen geschickten Stallmeister.«
Sie schrieben den Vertrag, und Durumo trat als Stallmeister ein. Er ging gleich in den Stall.
»Nun du Dieb, du Galgenstrick! Ein paarmal hast du mich prügeln lassen; aber jetzt bist du mir in die Hände geraten!«
Das sagte Durumo zum Fohlen; dann ergriff er eine eiserne Zoberstange und prügelte das arme Fohlen so, dass es die Dielen einstiess vor Schmerz. Der Graf hörte das laute Getöse und lief hinunter in den Stall.
»Du Schurke! Fängst du so das Jahr an?!«
Er hiess seine Ochsenknechte ihn greifen, liess ihn auf die Pritsche legen und ihm fünfzig aufzählen, dass er ohnmächtig zusammenbrach.
Als er sich dann mit Müh und Not wieder aufrichten konnte, schoss er einen Purzelbaum, und aus ihm wurde ein Adler. Doch er beschloss, diesen ausgelernten Galgenstrick fürderhin nicht zu verfolgen, der sich so auf seine Kunst verstand, dass er sogar ihn selbst in Spott und Schande gebracht hatte.
Unterdessen hatte der Graf das Fohlen hinausgelassen, dass es sich auf dem Hof tummele. Alle Leute im Hause bedauerten das arme Fohlen und entschädigten es mit Zucker, Kuchen und dem auserlesensten Backwerk. Aber als sie es sich selbst überliessen, schoss es nur einen Purzelbaum und flog in Dohlengestalt heim so schnell wie der Gedanke. Vor der Thür wurde die Dohle wieder zum Aschen-Jörge. Als er zur Thür hineintrat, rollten seine Brüder vor Schreck unter den Tisch.
»Nur vorwärts, heraus!« fluchte und wetterte Jörge. »Fürderhin kündige ich euch die Verwandtschaft; denn ich sehe, ihr trinkt euch immer um euern Verstand.«
Was er an Geld hatte, teilte er in vier Teile und sagte:
»Ein Teil für meine Mutter, dass sie in ihren alten Tagen zu leben hat, zwei für euch, dass ihr euer Handwerk weiter betreiben könnt, der vierte Teil für mich, und damit gehe ich, mein Glück zu versuchen.«
Darauf schoss er einen Purzelbaum und flog in Dohlengestalt davon; niemals hat man etwas von ihm vernommen.
[Ungarn: Elisabet Sklarek: Ungarische Volksmärchen]