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Ioan, ein rumänischer Bursche, ging an einem schönen Morgen mit seinen jungen Ochsen sie zu füttern auf die Wiese. Hier vorbei floß ein Bach, eingefaßt mit Weiden, welche kühlen Schatten verbreiteten. Plötzlich wurde die große Stille durch klagenden Gesang unterbrochen. Ioan sang so traurig, daß die Vögel aufhörten zu fliegen und das Wasser aufhörte zu fließen und seine Mutter herbeikam. »Was ist dir, Ioane? Warum singst du so traurig, daß die Vögel vergessen zu fliegen und die Wasser aufhören zu fließen? Hast du die Ochsen verloren oder dir die merinde (Mittagessen) aufgegessen, oder die opinci (Fußbekleidung) zerrissen?« – »Nein, Mutter, die Ochsen habe ich nicht verloren, auch die merinde nicht gegessen und die opinci nicht zerrissen, viel Ärgeres ist mir zugestoßen. Ich legte mich nur ein wenig unter die blühenden Weiden am fließenden Wasser, da hatte mich der Schlaf betrogen, nur einen Augenblick, da schüttelte eine Weide ihre Blüten über mich, eine fiel mir in den Busen und ward eine Schlange mit neun Schwänzen aus Gold.
Mutter, liebe Mutter mein, umwickel dir die Hand mit einem festen Tuch, steck sie in den Busen und zieh mir die Schlange heraus.« – »Viel lieber, Ioane, will ich ohne dich bleiben als ohne Hand«, antwortete die Mutter, »aber gehe zu deiner Schwester, vielleicht wagt die es, ihre Hand in deinen Busen zu stecken.« Er ging zur Schwester: »Schwester, liebe Schwester mein, umwickel dir die Hand mit einem festen Tuch, greife in meinen Busen und zieh mir heraus die Schlange mit neun Schwänzen von Gold.« – »Viel lieber, Bruder, will ich ohne dich bleiben, als ohne Hand«, sagte auch die Schwester, »aber geh zu deiner Geliebten, vielleicht wagt die es, mit ihrer Hand in deinen Busen zu greifen.« Nun geht er auch zur Geliebten. »Meine kleine Liebste, umwickel dir die Hand mit einem Tuch, greif in meinen Busen und zieh mir die Schlange mit den neun goldenen Schwänzen heraus.« – »Gerne, Liebster, will ich mit meiner Hand dir in den Busen greifen und die Schlange mit den neun Schwänzen von Gold herausnehmen, wird sie mich aber auch nicht beißen? Ich fürchte mich ein wenig.« – »Du, meine liebe Kleine, wickel dir die Hand nur ins Tuch und stecke sie unbesorgt hinein.« Sogleich griff das Mädchen mit der Hand in den Busen, ergriff die Schlange und zog sie heraus. Das war ja aber keine Schlange mehr, es war ja ein Gürtel von Gold, der so funkelte, daß er die Sonne verdunkelte. »Nimm den Gürtel, Geliebte, er ist dein. Umgürte dich damit am Sonntag zum Ärger meiner Mutter, umgürte dich damit am Feiertag, daß vor Neid meine Schwester vergehe.«
Mutter, liebe Mutter mein, umwickel dir die Hand mit einem festen Tuch, steck sie in den Busen und zieh mir die Schlange heraus.« – »Viel lieber, Ioane, will ich ohne dich bleiben als ohne Hand«, antwortete die Mutter, »aber gehe zu deiner Schwester, vielleicht wagt die es, ihre Hand in deinen Busen zu stecken.« Er ging zur Schwester: »Schwester, liebe Schwester mein, umwickel dir die Hand mit einem festen Tuch, greife in meinen Busen und zieh mir heraus die Schlange mit neun Schwänzen von Gold.« – »Viel lieber, Bruder, will ich ohne dich bleiben, als ohne Hand«, sagte auch die Schwester, »aber geh zu deiner Geliebten, vielleicht wagt die es, mit ihrer Hand in deinen Busen zu greifen.« Nun geht er auch zur Geliebten. »Meine kleine Liebste, umwickel dir die Hand mit einem Tuch, greif in meinen Busen und zieh mir die Schlange mit den neun goldenen Schwänzen heraus.« – »Gerne, Liebster, will ich mit meiner Hand dir in den Busen greifen und die Schlange mit den neun Schwänzen von Gold herausnehmen, wird sie mich aber auch nicht beißen? Ich fürchte mich ein wenig.« – »Du, meine liebe Kleine, wickel dir die Hand nur ins Tuch und stecke sie unbesorgt hinein.« Sogleich griff das Mädchen mit der Hand in den Busen, ergriff die Schlange und zog sie heraus. Das war ja aber keine Schlange mehr, es war ja ein Gürtel von Gold, der so funkelte, daß er die Sonne verdunkelte. »Nimm den Gürtel, Geliebte, er ist dein. Umgürte dich damit am Sonntag zum Ärger meiner Mutter, umgürte dich damit am Feiertag, daß vor Neid meine Schwester vergehe.«
[Rumänien: Pauline Schullerus: Rumänische Volksmärchen aus dem mittleren Harbachtal]