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Bertha mit den großen Füßen

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König Pippin von Franken warb, dem Rate seiner Barone folgend, um die ungarische Königstochter Bertha mit den großen Füßen. Das ungarische Königspaar nahm die Werbung an und sandte die Jungfrau in der Begleitung ihrer alten Amme Margiste, deren Tochter Aliste und ihres Hofmeisters Tybert an den Hof des Frankenherrschers. An einem schönen Augusttage fand in Paris die Hochzeit statt, und mancher mächtige Fürst diente dem jungen Paare beim Mahle. Dann räumte man die Schüsseln fort, und drei Spielleute zeigten ihre Künste. Als diese ihr Spiel beendet hatten, erhob sich der König und die allgemeine Lustbarkeit begann. Fürsten und Barone umringten die junge Königin und führten sie auf ihr Zimmer. Aber Margiste hatte in ihrem Herzen einen verräterischen Plan gefaßt: sie kniete vor der Königin nieder und flüsterte ihr ins Ohr: »Herrin, es schmerzt mich bei Gott, daß ich es sagen muß, aber gestern hat mir ein Freund berichtet, daß seit Anbeginn der Zeiten kein Mensch so zu fürchten war, wie der König Pippin es sein wird, wenn er bei Euch liegt. Ich fürchte sehr, daß er Euch tötet, wenn er heute nacht sein Gattenrecht an Euch ausübt.« Als Bertha solches hörte, begann sie fast sinnlos vor Angst zu weinen. »Herrin,« sagte die alte Hexe, »bekümmert Euch nicht, denn ich will Euch retten. Wenn die Bischöfe und Äbte von der Einsegnung des königlichen Bettes zurückgekehrt sind, werde ich Eure Kammer räumen lassen. Dann werde ich Aliste, meine Tochter, geschwind entkleiden und an Eurer Statt ins Bett legen. Ich habe schon mit ihr darüber geredet und sie hat ihre Einwilligung dazu gegeben. Denn ich will lieber, daß sie umkomme, als daß Ihr Schaden nehmet.« Auf diese Worte hin umarmte Bertha die Alte und dankte Gott und allen Heiligen. Die böse Kammerfrau aber wandte sich von ihr und ging durch den königlichen Garten zum Flusse, wo sie ihre Tochter an einem Steinfenster lehnend fand. Diese glich Bertha, wie das Bild eines guten Malers dem Originale gleicht. Keine Frau konnte sich mit ihnen an Schönheit messen, sowenig wie eine dürre Heide mit einer blumigen Wiese. Die Alte umarmte ihre Tochter und küßte sie auf die Stirn, dann verabredeten sie heimlich, wie sie Bertha verraten könnten. »Tochter,« sagte die Alte, »ich liebe dich, darum sollst du Königin werden, wenn es Gott und dem heiligen Petrus gefällt.« »Mutter,« entgegnete Aliste, »Gott erhöre Euer Gebet. Schickt nach Tybert, er soll uns seinen Rat erteilen. Befehlt ihm, daß er hierher kommt unter dem Vorwande, er habe gestern Almosen für mich ausgeteilt.« Die Alte, die zum Bösen stets bereit war, lief schnell wie ein Windhund davon. Tybert kam eilends herbei und fand Gefallen an dem Plan. Alle drei beratschlagten eifrig, wie sie ihrer Herrin Bertha das Frankenreich wegstehlen möchten. »Tochter,« sagte Margiste, »zu einem guten Sprung gehört ein weiter Anlauf: du wirst ein wenig dabei leiden müssen. Heute nacht soll Bertha in meiner Kammer schlafen; wenn es tagt, so werde ich sie zu Euch schicken, gleichsam als solle sie ihren Platz beim Könige einnehmen. Dann mußt du dir ein Messer in den Schenkel stoßen, so tief, daß das helle Blut hervorspritzt. Darauf schreist du um Hilfe und tust, als ob sie dich habe ermorden wollen; ich werde nun in die Kammer treten und sie fesseln lassen. Das übrige laßt mich nur machen.« »Mutter,« sagte die Magd, »es geschehe, wie es dir gefällt.«
Als es Abend wurde, begaben sich Bischöfe und Äbte in das Schlafgemach, um das Lager zu segnen. Dann hieß die Alte alles Volk hinausgehen und die Kerzen löschen. Ihre Tochter legte sie ins Bett König Pippins und steckte das Messer, mit dem sie den Verrat begehen sollte, in das Bettgestell. Die alte Hexe lachte hämisch, dann begab sie sich in ihre Kammer und sagte zu Bertha: »Herrin, voll Schmerz und Unmut verlasse ich meine Tochter. Es ist unbeschreiblich, was wir für Euch getan haben.« »Gott lohne Euch dafür, Frau!« Dann hieß die Alte sie schlafen gehen und sagte ihr, bei Tagesanbruch müsse sie sich ankleiden und sich leise neben den König schleichen. Die ahnungslose Bertha sagte dieses ganz ruhig zu, sie wolle in nichts dem Willen ihrer Amme zuwiderhandeln. Darauf sprach sie ihre Gebete im Bette sitzend, denn sie war wohl gebildet und konnte sogar schreiben. Indessen tat der König an der Magd seinen Willen und erzeugte mit ihr einen Erben, der voll Falschheit und Tücke war.
Als es Tag wurde, rief die Alte den Verräter Tybert, der mit Freuden herbeikam. Bertha erwachte und begab sich leise, wie die Alte ihr aufgetragen hatte, in das Schlafgemach des Königs. Sie trat zu der Magd, die im geschmückten Brautbett lag. Die Magd bemerkte sie, und ohne Zaudern ergriff sie das Messer, schwang es und versetzte sich selbst einen solchen Stich hinten in den Schenkel, daß das helle Blut herausspritzte. Dann hielt sie ihr Messer Bertha hin und diese nahm es, ohne sich etwas Böses dabei zu denken. Dann fing die falsche Braut an zu schreien: »Ha! König Pippin, an Eurer Seite will man mich morden!« Der König erwachte und sah das blutende Messer, welches die Königin in der Hand hielt. Er richtete sich auf, fast von Sinnen vor Zorn. Die Alte stellte sich wütend, als sie ihrer Tochter Blut erblickte, und schwur, daß die Täterin ohne Gnade sterben müsse. »O König,« sagte das Weib, »laßt sie schleunigst hinrichten. Habt kein Mitleid mit ihr. Nie in meinem Leben könnte ich sie wieder lieben!« Die alte Hexe packte Bertha und stieß sie mit einem gewaltigen Schlag aus der Kammer. Bertha ließ alles ruhig über sich ergehen, denn noch glaubte sie, dies alles geschehe aus Freundschaft, obwohl ihr von dem Schlage die Tränen aus den Augen strömten. Tybert zerrte sie am Mantel fort, so daß derselbe fast zerrissen wäre: »Gott helfe mir,« sagte Bertha, »was ist mir begegnet, was haben diese Leute im Sinn?« Die böse Alte reichte Tybert ein Band, dann schlugen sie Bertha nieder, öffneten ihr gewaltsam den Mund wie einem Pferde, das man aufzäumt, und steckten ihr einen Knebel hinein, so daß sie um viel Geld kein Wort hätte reden können. Auch die Hände fesselten sie ihr, warfen sie auf ein Bett und breiteten eine Decke über sie. Die Alte saß neben ihr und flüsterte ihr zu: »Wenn du schreist, wird dir der Kopf abgeschnitten.« Bertha war über diese Worte sehr erschrocken; sie merkte wohl, daß jene sie verraten hatten und daß sie in ihr Netz gegangen war, und vor Schmerz wurde sie ohnmächtig. Margiste ging nun fort und ließ die Königin in den Händen Tyberts. Sie begab sich in das Gemach des Königs, und als sie ihre Tochter erblickte, fiel sie vor ihr auf die Knie: »Gnade, Herrin,« flehte sie, »um Gottes willen. Wenn Ihr wüßtet, wie ich meine Tochter zugerichtet habe, würdet Ihr nicht sagen, daß ich mitschuldig wäre.« – »Schweigt, alte Vettel,« sagte der König, »Eure Untreue ist erwiesen. Ihr wolltet insgeheim Bertha, meine Gemahlin, ermorden. Eure Tochter wird ohne Erbarmen verbrannt.« »Herr,« sagte Aliste, »glaubt nicht, daß diese Alte jemals einen Verrat begangen hätte, es gibt keine tüchtigere Frau auf der weiten Welt. Aber ihre Tochter hat stets für etwas beschränkt gegolten und gleichsam für irrsinnig. Herr, ich bitte Euch um eine Gnade, um die erste, seit ich Euer Weib bin und Krone trage: ich bitte Euch bei der Treue, die Ihr mir geschworen habt, daß diese Angelegenheit verschwiegen und verheimlicht werde. Kein Mensch soll etwas davon erfahren, weil ich doch die Magd mitgebracht habe. Laßt vielmehr drei Diener die Magd fortbringen, sie sollen sie in ein fernes Land führen und dort eingraben oder erwürgen oder was sie wollen, jedenfalls soll sie sterben.« »Herrin,« stimmte die Alte bei, »Euer Rat ist gut. Auch ich wünschte, sie würde enthauptet oder ertränkt oder sonstwie zum Teufel geschickt.« Der König bewilligte die Bitte, und die Alte wurde beauftragt, die Sache zu Ende zu führen. Der König erhob sich, denn er wünschte, daß die Angelegenheit schnell erledigt werde; er rief drei Diener und sandte sie, ohne ihnen die näheren Umstände darzulegen, zu Margiste mit dem Auftrage, alles auszuführen, was ihnen diese befehlen würde. Die Alte zeigte ihnen das Zimmer, wo Bertha lag: »Kommt alsbald wieder, die Sache eilt.« Dann wandte sie sich seufzend und weinend zum König: »Nun ruht aus, Herr. Ich versichere Euch, daß Ihr nie wieder von der Dirne sollt reden hören, ich erkenne sie nicht mehr als meine Tochter an, das schwöre ich Euch, weil sie meine Herrin ermorden wollte.« Auch die Magd, ihre Tochter, begann zu weinen, und der König suchte sie zu trösten: »Weinet nicht um die Mörderin und laßt sie gehen, sie könnte Euch nochmals töten oder vergiften wollen. Seid Ihr schwer verwundet, Liebste? Sagt es mir offen!« »Nein,« sagte sie, »es ist nicht so schlimm, nur als ich das Blut sah, erschrak ich. Ich will Euch die Wunde zeigen, geht und sperrt die Türe zu!«
Tybert und die Alte luden indessen Bertha auf einen alten Klepper, und die drei Männer führten sie gleich nach Tagesanbruch davon, Tybert begleitete sie als vierter. Das Weib ersuchte Tybert, der ihr Vetter war, er möge ihr das Herz Berthas zurückbringen, und dieser versprach, es nicht zu vergessen. Bertha weinte und betete, denn sie wußte nicht, wohin man sie führte. Fünf Tage lang reisten sie, bis sie in einen großen Wald gelangten, es war der von Le Mans. Hier machten sie unter einem Olivenbaum halt: »Ihr Herren,« sagte Tybert, »wir brauchen nicht weiter zu gehen.« Dann stiegen sie von den Rossen. Einer der drei Begleiter hieß Moraut, er war ein tüchtiger Ritter. Sie hoben die Königin vom Pferd; es war das erste Mal, daß sie sie mit ihren Händen berührten, denn Tybert hatte niemanden sich ihr nähern lassen. Als sie sahen, wie schön sie war, klagten sie um sie, aber Tybert, der Schurke, zog sein Schwert und sprach: »Zieht euch zurück, ihr Herren, mit einem Schlage werde ich ihr jetzt den Kopf abtrennen.« Als Bertha das Schwert sah, streckte sie ihre Arme mit flehender Gebärde aus, denn reden konnte sie nicht wegen des Knebels. »Tybert,« rief Moraut, »schlage nicht zu, denn, beim allmächtigen Gott, ich würde dir Haupt und Glieder abhauen oder nie nach Frankreich zurückkehren.« Tybert zürnte sehr, als es ihm nicht gestattet wurde, Bertha zu töten. Aber kaum hatte er sein Schwert gezogen, so packten ihn die drei Männer von der Seite und zwangen ihn auf die Knie. Sie rissen ihre Schwerter heraus, und während die beiden andern den Schurken Tybert festhielten, band Moraut mitleidig die Königin los und nahm ihr den Knebel aus dem Munde. »Flieht, schöne Frau, und der Herr geleite Euch!« Bertha eilte in den Wald und dankte Gott, als sie in Sicherheit war. Als Tybert ihre Flucht bemerkte, sagte er zornig: »Schlecht habt ihr gehandelt, ihr Herren; ich werde euch alle hängen lassen, wenn wir daheim sind.« »Herr,« sagte Moraut, »wißt Ihr, was wir tun? Ich rate, daß wir das Herz eines Frischlings mitnehmen und es Frau Margiste zeigen, auf diese Weise werden wir uns vor Tadel wahren, denn Ihr wißt, daß wir versprochen haben, das Herz jener Frau heimzubringen. Wenn Ihr nicht einverstanden seid, Tybert, so töten wir Euch auf der Stelle.« »Der Rat ist gut,« sagte Tybert, »da sie entflohen ist, müssen wir sehen, uns vor Vorwurf zu wahren.«
Sie taten, wie Moraut geraten hatte. Die Alte hatte eine große Freude, als sie ihren Bericht hörte. »Ihr Herren,« sagte sie, »ich will euch reich belohnen. Jene war das schlechteste Weib, seit die Welt steht.«
Bertha hatte indessen den Wald durchschritten und gelangte nach mannigfachen Gefahren in das Haus eines biederen Mannes Namens Simon, der ihr bereitwillig Unterkunft gewährte. Sie ernährte sich mit Handarbeiten und blieb neun Jahre lang im Hause Simons wohnen. Um diese Zeit brach die Königin Blancheflur von Ungarn auf, um ihre Tochter zu besuchen. Auf ihrer Reise traf sie einen Bauern und befragte ihn über die Königin, von deren Herrschaft sie nichts Gutes gehört hatte. »Frau,« erwiderte jener, »ich muß mich über Eure Tochter beklagen! Ich hatte ein einziges Pferd, mit dem ich für mich, meine Frau und meine kleinen Kinder mein Brot verdiente. Sechzig Groschen hat es mich gekostet, und ich brachte auf ihm meine Waren in die Stadt. Das hat sie mir wegnehmen lassen. Gott strafe sie dafür!« Die Königin hatte Mitleid mit dem Bauern und ließ ihm hundert Groschen in die Hand drücken, wofür er ihr dankbar den Steigbügel küßte.
An einem Montage ritt die alte Königin in Paris ein. Pippin hörte es und brachte voll Freude seiner Gattin selbst die Nachricht. Als die Magd diese Botschaft hörte, wurde sie sehr bestürzt, doch stellte sie sich, als ob sie lache. Sogleich rief sie ihre Mutter und Tybert und fragte sie um Rat. »Ich rate,« sagte die Alte, »daß meine Tochter sich krank stellt. Um nichts in der Welt darf sie ihr Bett verlassen. Können wir den Betrug solange durchführen, bis die alte Königin heimkehrt, so brauchen wir fürderhin nichts mehr zu fürchten.« Der Rat wurde befolgt; sogleich wurde ein Lager hergerichtet, und die Magd legte sich nieder und stellte sich krank. Der König, den die angebliche Krankheit seiner Frau sehr bekümmerte, ging allein der alten Königin entgegen. »Was macht Bertha, meine Tochter?« war ihre erste Frage. »Ach, Herrin, sobald sie erfuhr, daß Ihr kämet, wurde ihr Herz von Freude so bewegt, daß sie sich niederlegen mußte, und seitdem ist sie nicht wieder aufgestanden. Aber wenn sie Euch erblickt, wird ihr gewiß sogleich besser werden.« Als die Königin das Schloß betrat, warf sich Margiste ihr schmerzheuchelnd zu Füßen: »Margiste,« sagte Blancheflur, »wo ist meine Tochter, ich will sie gleich sehen.« »Herrin,« jammerte das falsche Weib, »zum Unheil bin ich geboren! Eurer Tochter ist die Freude über Eure Ankunft so zu Herzen gegangen, daß sie ihr Bett nicht mehr verlassen kann. Laßt sie doch bis zum Abend ruhen!« Als Blancheflur nach dem Essen ihre Tochter aufsuchen wollte, stellte sich ihr die böse Alte mit ausgebreiteten Armen entgegen. »Sie ist gerade ein wenig eingeschlafen, um Gottes willen, kehrt wieder um!« Blancheflur wartete, bis ihre Tochter erwachen würde; unterdessen unterhielt sie sich mit der Alten und fragte sie nach Aliste. »Herrin,« log das Weib, »sie starb auf dem Stuhle sitzend eines plötzlichen Todes, ich weiß nicht, welches Übel sie auf der rechten Brust hatte, ich glaube, sie wäre zuletzt noch aussätzig geworden. Ich ließ sie ganz im geheimen in der alten Kapelle bestatten.« Endlich konnte sich Blancheflur nicht länger halten, sie befahl einer Jungfrau, sie mit einer Kerze ins Schlafzimmer der Königin zu begleiten, aber Tybert, der bei der Kranken Wache hielt, trieb das Mädchen sogleich mit Schlägen zurück: »Geh‘, Hündin, unsre Herrin will schlafen, sie kann durchaus kein Licht vertragen.« Blancheflur trat im Dunkeln an das Bett der Magd. »Mutter, seid willkommen!« sagte diese mit so schwacher Stimme, daß man sie kaum verstand, und dann, auf eine Frage der Mutter nach ihrem Befinden: »Mutter, ich leide solchen Schmerz, daß ich weiß geworden bin wie Wachs. Die Ärzte sagen mir, daß die Helligkeit mein Leiden verschlimmern würde. Ich wage Euch daher nicht bei Licht zu begrüßen, so schmerzlich es mir auch ist. Aber nun laßt mich um Christi willen ruhen!« Blancheflur erhob sich kopfschüttelnd: »Bei Gott!« sagte sie, »das ist meine Tochter nicht, die ich hier vorgefunden habe. Wenn sie halbtot wäre, so hätte diese mich umarmt und geküßt.« Dann rief sie ihr Gefolge und ließ trotz der Alten und Tyberts Widerstreben das Fenster öffnen und Licht bringen. Sie riß die Decken vom Bett herunter und betrachtete die Füße der Kranken: sie waren nur halb so groß wie die ihrer Tochter. »Verrat!« schrie sie, »Betrug! das ist meine Tochter nicht, es ist die Tochter der Margiste! Weh! Sie haben mir mein Kind getötet, meine Bertha, die mich so sehr liebte!« Als der König den Betrug erfuhr, ließ er die alte Hexe zum Feuertode führen, Tybert wurde von vier wilden Rossen totgeschleift, die falsche Braut wurde um ihrer Kinder willen geschont, doch mußte sie das Land verlassen.
Einst hatte sich König Pippin auf der Jagd im Walde von Le Mans verirrt, da traf er auf Bertha, die ihn in das Haus Simons führte. Pippin, der schon lange im Sinn hatte, sich wieder zu verheiraten, fand an Simons sittsamer Pflegetochter Gefallen und ersuchte sie, ihm nach Paris zu folgen, um seine Gattin zu werden. Bertha wies die Werbungen des Fremden dadurch ab, daß sie sich ihm als Pippins Gattin offenbarte. Der König gab sich nicht zu erkennen, sondern ritt, nachdem er sich nochmals überzeugt hatte, daß er auch wirklich Bertha vor sich habe, nach Paris zurück. Dann ließ er das ungarische Königspaar einladen und entbot auch Simon mit seiner Pflegetochter an seinen Hof, wo er sich ihnen als König zu erkennen gab. Ein großes Fest folgte dem freudigen Wiedersehen, der wackere Simon wurde zum Ritter geschlagen und auch Moraut, der Bertha das Leben gerettet hatte, erhielt reichen Lohn.

[Ernst Tegethoff: Französische Volksmärchen]

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