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Ein Ehepaar führte ein trauriges Leben, da beide schon alt waren und keine Kinder hatten. Da sagte die Frau einmal: »Nichts möchte ich auf dieser Welt so gern wie einen Sohn, und wäre er auch nicht größer als eine Bohne.« Nach einiger Zeit, als sie es am wenigsten erwarteten, bekam die Alte einen Sohn, der war so winzigklein, daß er nicht größer war als eine Bohne. Sie zogen das Kind auf und gaben ihm den Namen Bohnen-Manuel. Obwohl die Mutter ihn nie aus den Augen ließ, ging er doch oft verloren. Einmal warf sie dem Ochsen ein paar Bündel Heu hin, zwischen die Bohnen-Manuel geraten war, und der Ochse verschlang ihn. Voller Sorge rief die Mutter überall: »Bohnen-Manuel, Bohnen-Manuel!« Und er antwortete aus dem Bauch des Ochsen heraus: »Hier, hier!« »Bohnen-Manuel, wo bist du?« »Hier, hier, im Bauch des Ochsen.« Die Mutter fing die Fladen, die der Ochse fallen ließ, auf, und so fand sie Bohnen-Manuel, der ganz schmutzig war, wieder. Sie wusch und säuberte ihn, aber der Kleine war recht übermütig, er hatte keine Angst vor den Ochsen und wollte sie sogar auf die Weide führen. Er setzte sich in das Nasenloch eines Ochsen und so führte er sie weiden und wieder zurück nach Haus, und sogar, um dem Vater mit dem Wagen das Essen zu bringen. Einmal verspürte er ein Bedürfnis und kauerte sich unter einem Farnkraut nieder. Dort weidete indes eine Ziege, und als sie die Farnschößlinge fressen wollte, verschlang sie Bohnen-Manuel. Die Mutter war diesmal noch bekümmerter, denn Bohnen-Manuel tauchte nicht wieder auf. Mit ihren Bauchschmerzen rannte die Ziege über Berg und Tal, aber immer kam sie auch zum Gemüsegarten des armen Bauern. Weil er es letztlich leid war, die Ziege zu verjagen und auch weil er fürchtete, das etwas Böses dahintersteckte, schlug der Vater von Bohnen-Manuel die Ziege tot und warf sie mitten auf die Straße. In der Nacht kam ein Wolf und fraß die Eingeweide der Ziege und so fiel Bohnen- Manuel in den Bauch des Wolfes. Er begann in den Eingeweiden des Wolfs umherzulaufen, und der kletterte vor Schmerzen auf eine Kiefer. In dem Augenblick kamen ein paar Diebe des Wegs, die auf einem Maulesel ritten und mit einigen Säcken Geld beladen waren. Bohnen-Manuel veranlaßte den Wolf von da oben herunterzuspringen, so daß er auf dem Boden zerbarst und die Diebe erschreckt die Flucht ergriffen. Sowie Bohnen-Manuel dem Wolf die Eingeweide nach außen gekehrt hatte, kletterte er hervor und stieg am dem Maulesel empor, setzte sich in eines seiner Ohren und begann, ihn zu kneifen. Der Maulesel rannte erschrocken davon und er leitete ihn zum Haus seines Vaters, wo er noch bei Nacht ankam und großen Lärm schlug. Man fragte von innen: »Wer ist da?« »Ich bin’s, Bohnen-Manuel.« Da erkannte ihn die Mutter und öffnete ihm schleunigst die Tür. Sie umarmte ihn und wusch ihn, und der Vater ging, den Maulesel abzuladen und die Säcke mit dem Geld zu verwahren, und alle waren sehr glücklich.
[Portugal: T. Braga: Contos tradicionaes do povo portuguez]