Natürlich werden die Liebenden sehr entmutigt und traurig darüber, dass sie sich nach einer so kurzen Glücksdauer so bald und so weit wieder trennen müssen und man wird es nicht wunderbar finden, wenn sie vor Kummer weinen. Sie weinen dann aber so viel, dass die ganze Erde davon mit Regen überschüttet wird. Diese traurige Zusammenkunft kommt mit seltener Ausnahme nur einmal im Jahre vor und zwar am siebenten Tage des siebenten Monats. In einem solchen Ausnahmefall tritt die gewöhnliche Regenzeit nicht pünktlich ein, und dann vereinigt die durstige und vertrocknete Erde ihre Klagen mit denen der Liebenden, deren vermehrte Leiden sie so traurig machen, dass selbst die Thränen sich weigern, ihnen Erleichterung zu verschaffen.
I.
You Tah Yung war ein sehr weiser Beamter und ein ausgezeichnet guter Mensch. Mit grossem Unbehagen sah er auf die Schlechtigkeit der meisten seiner Kollegen und beschloss um die Erlaubnis einzukommen, sich vom öffentlichen Leben zurückziehen zu dürfen, damit er den Rest seines Lebens auf dem Lande zubringen könne. Da er so glücklich gewesen war eine vortreffliche Frau gefunden zu haben, so hoffte er, sich die Einförmigkeit des Landlebens doch so angenehm wie möglich zu machen. Seine Gattin war eine Dame von hervorragenden Eigenschaften des Herzens und des Geistes, so dass sie bei den gleichen Lebensansichten und Neigungen den Verkehr mit ihren Mitmenschen nicht vermissten.
Nur eine Sorge hatten sie: Ihre Ehe war kinderlos.
Wenn You Tah Yung seine Länderein übersah und sich ihres guten Gedeihens freute, so fühlte er, dass er doch nur ganz glücklich sein könne, wenn er einen Erben besässe. – Er füllte seine Zeit mit dem Fischfang aus und lauschte dem Gesänge der Vögel, um sich in der schönen Natur zu vergnügen. Wenn aber im Frühjahr die Vögel sich paarten, wurde er ganz missgestimmt und beklagte sein trauriges Geschick, dass mit ihm sein Name aussterben sollte, denn er war der letze seines Geschlechtes. Er machte sich darüber besonders schwere Gedanken, dass seine Vorfahren erzürnt darüber sein würden, wenn er kinderlos stürbe; ja er fürchtete, sie im Jenseits nicht wieder zu sehen, wenn er nicht einmal jemand hinterliesse, der an seinem Grabe betete und seinem Geiste Opfer brächte. Auch sein treues Weib klagte mit ihm und riet ihm, sich von ihr zu scheiden, und eine andere Frau zu nehmen; davon wollte er aber nichts hören und sagte, er würde unter keinen Umständen den schönen Frieden ihrer Ehe stören.
Statt dass das Unglück diese guten Menschen trennte, führte es sie nur um so inniger zusammen; da beide aber sehr fromm waren, so vereinigten sie ihre Gebete um einen Erben. Einmal geschah es, dass die Frau mitten im Gebet einschlief und einen wunderbaren Traum hatte. Sie sah eine Erscheinung in der Nähe des Nordsternes. Ein bildschöner Knabe kam, auf einem weissen Fächer reitend, vom Sterne herab auf sie zu. Als sie ihn fragte, wer er sei und woher er käme, antwortete er ihr: »Ich bin ein Diener des Nordsterns und ward eines begangenen Fehlers halber für lange Zeit auf die Erde verbannt; ich habe den Auftrag dir den weissen Fächer zu übergeben, welcher dereinst dein Leben und das meinige retten wird.«
Als die Frau aufwachte, sah sie zu ihrem Schmerze, dass alles nur ein Traum gewesen und nun dachte sie an nichts anderes mehr als an diesen schönen Traum.
Und wirklich, im Laufe der Zeit ward jener Traum Erfüllung; als die grosse Flut kam, gebar sie einen Knaben. Die ganze Nachbarschaft verwunderte sich des schönen Kindes und alle Leute hatten ihre Freude an seiner Klugheit.
Die ersten zehn Jahre nach der Geburt des Knaben vergingen den Eltern wie ein Festtag. Sie nannten ihren Sohn »Pan Noo« und da der Familienname »You« war, so hiess das Kind You Pan Noo.
Die ersten Anfangsgründe der Wissenschaft lehrte ihn die Mutter, doch je älter er wurde desto klüger ward er auch und bald waren weder Vater noch Mutter im stände das Kind zu unterrichten, welches so aussergewöhnliche Fortschritte machte. Zu der Zeit lebte in einer entfernten Provinz ein berühmter Lehrer, namens Mam Yuh Oon, dessen Klugheit von jedermann bewundert ward; zu diesem beschlossen die Eltern ihren Sohn zu geben, obwohl ihnen die Trennung von ihm sehr schwer wurde. Als der Trennungstag herangekommen, entliessen ihn die Eltern mit ihren Segenswünschen und gaben ihm einen wunderbar schönen Fächer, ein altes Familienstück, mit auf den Weg. Sie gaben ihm auch den Rat, recht sorglich auf den Fächer zu achten, von dem sie glaubten, er würde Pan Noo zu einem Talisman werden, weil derselbe jenem so gliche, den die Mutter damals im Traume gesehen.
II.
Ein ganz ähnlicher Vorfall, so unwahrscheinlich dies auch klingen mag, spielte sich fast zu derselben Zeit in einer entfernten Provinz in der Familie Cho Sung Noo ab. Auch Sung Noo war ein rechtschaffener Mann und auch er hatte sich in das Privatleben zurückgezogen. Er wie seine Frau, mit der er im besten Einvernehmen lebte, bedauerten, gleichfalls wie die Familie You Tah Yung, das Unglück keine Leibeserben zu haben.
Ungefähr zur selben Zeit als bei letzteren der Sohn geboren wurde, sass Sung Noo’s Weib auf einem Hügel, der dicht an ihrem Hause lag. Es war eine klare Mondnacht und Sung’s Frau blickte zum Himmel empor, denn sie hoffte Augenzeuge von der Zusammenkunft Ching Yuhs mit Krjain oo zu sein. Während sie so ganz ruhig in der Stille der Nacht allein sass, schlief sie ein und hatte ebenfalls einen merkwürdigen Traum. Sie träumte, dass die vier Winde ihr einen Stuhl brächten, welcher auf Wolken ruhte. Er war aus Gold gemacht, mit kostbaren Edelsteinen verziert und ein reizendes kleines Mädchen ruhte darin. Als der Stuhl sich ihr genähert hatte, rief sie das Kind an und fragte: »Wer bist du, liebliches Wesen?« »Es freut mich, dass du mich schön findest,« antwortete die Kleine, »dann wirst du mir wohl die Erlaubnis geben, bei dir bleiben zu dürfen!«
»Ich würde dich schon gern bei mir behalten,« sagte die Frau, »aber du hast meine Frage noch nicht beantwortet; wer bist du?«
»Ich bin eine Dienerin der Himmelskönigin« erwiderte die Kleine, »und habe, unabsichtlich zwar, etwas recht Unartiges gethan, wofür ich zur Strafe auf die Erde verbannt bin. Willst du mir nicht erlauben bei dir zu bleiben?«
»Wohl möchte ich dich bei mir behalten,« sagte Sungs Frau, »aber was hast du gethan, dass du so streng bestraft wurdest?«
»Ja, siehst du,« seufzte das Mädchen, »immer wenn alljährlich die Zusammenkunft zwischen Ching Yuh und Krjain oo stattfindet, hörte ich sie klagen, dass sie sich nur einmal im Jahre sehen können, während doch die Sterblichen Tag und Nacht zusammen leben dürfen. Sie vergassen dabei, dass dies höchstens achtzig Jahre lang dauert, während wir doch ewig leben und dass wir gerade deshalb, weil wir ewig leben, die Bevorzugten sind. Für ihren Neid wollte ich sie nun bestrafen, ohne ihnen aber Böses zu thun. Als nun die Brücke beinahe fertig war, trieb ich die Krähen auseinander und zerstörte den Liebenden die Hoffnung sich zu treffen, wenn die Brücke fertig sei. In meinem Leichtsinn gedachte ich aber nicht der Thränen, welche sie weinen würden, und deren wurden nun so viele in diesem Jahre, dass grosse Ueberschwemmungen stattfanden und den Menschen viel Kummer und grosser Schaden verursacht wurde. Ich that diesen Streich aber nur aus Leichtsinn, nicht aus Bosheit und doch wurde ich zur Erde verbannt, wo ich den Menschen so viel Herzeleid bereitet habe. Aber ich bitte dich nun so sehr, behalte mich bei dir.« Als das Kind die Erzählung beendet hatte, fingen die Winde wieder an zu wehen und trugen den goldenen Stuhl davon, während das schöne Kind auf der Erde zurück blieb.
Da erwachte die Frau und merkte, dass sie nur einen Traum gehabt hatte, obwohl sie sich kalt fühlte, denn der Wind wehte mächtig.
Kurze Zeit darauf wurde den Leuten eine Tochter geboren und man wird es der Mutter verzeihen, wenn sie dieselbe mit jenem himmlischen Kinde in Zusammenhang brachte, um so mehr, als es ein Wunder von Schönheit war und sich sehr schnell und glücklich entwickelte. Alle Menschen liebten die Kleine und nannten sie bis zu ihrem zehnten Jahre nur »das himmlische Kind,« denn die Mutter hatte allen ihren Traum erzählt.
Uhn Hah, so hatte Sung Noo seine Tochter genannt, war zehn Jahre alt geworden, als sich ein Vorfall abspielte, um den sich ihr ganzes späteres Leben drehen sollte.
Eines Tages trug ihre alte Amme sie zu ihrer Grossmutter und hatte sich gerade an einen kühlen Platz gesetzt, um auszuruhen, da es sehr heiss war, als unser Freund Pang Noo, auf seinem Schulwege begriffen, vorüberkam. Uhn Hah war noch zu jung, um nach koreanischer Sitte verschleiert zu sein, daher war Pang Noo ganz bezaubert als er das reizende Gesichtchen des kleinen Mädchens erblickte und konnte sich von dem Anblick gar nicht wieder losreissen. Er fand keine Worte, um seiner Bewunderung Ausdruck zu verleihen, verfiel aber endlich auf folgenden Ausweg. Uhn Hah hatte einige Apfelsinen auf ihrem Schoss und da sagte Pang Noo sehr höflich und bescheiden zu der alten Wärterin: »Ich heisse Pang, gehe zur Schule und bin sehr durstig; möchtest du nicht die Kleine bitten mir eine Apfelsine zu geben?« Uhn Hah, die auch sofort sehr von der Schönheit des Knaben eingenommen war, gab ihm sogleich zwei, statt der erbetenen einen Apfelsine. Pang sagte darauf zu Uhn: »Auch ich will dir ein Gegengeschenk machen; wenn du es mir erlaubst, will ich deinen Namen auf diesen Fächer schreiben und ihn dir schenken.« Nachdem er des Kindes Namen erfahren hatte und dieses sich willig gezeigt, das Geschenk anzunehmen, schrieb er auf den Fächer: »Es giebt kein schöneres Kind als Uhn Hah. Ihr verlobe ich mich und will kein anderes Mädchen heiraten als sie.« Darauf schaute er noch einmal voll Entzücken auf das bildschöne kleine Mädchen und setzte dann seinen Weg zur Schule fort. Da Pang den Fächer geschlossen, bevor er ihn seiner Angebeteten gab, so dachte niemand daran, zu lesen was er auf denselben geschrieben hatte und Uhn Hah steckte ihn sorgfältig fort, ohne eine Ahnung von der Erklärung zu haben, die auf ihm stand.
III.
Pang Noo studierte fleissig und lernte in drei Jahren mehr, als selbst die begabtesten Schüler sonst in zehn Jahren, so dass sein Lehrer einsah, jener könne nichts mehr von ihm lernen und dass ein fernerer Schulbesuch nutzlos sei. Da Pang übrigens auch seine Eltern besuchen wollte, so nahm er unter vielen Thränen Abschied von seinem Lehrer und trat den Weg in seine Heimat an, wobei ihn sein treuer Diener begleitete, welchen ihm sein Vater mit in die Fremde gegeben hatte. Zu Hause angelangt, freute sich seine Mutter, die ihr Kind in der Zeit der Abwesenheit nicht gesehen hatte, über sein gutes Aussehen, seine Klugheit und sein vornehmes Benehmen, sein Vater aber vermisste sogleich den Fächer und fragte Pang wo er ihn habe. Der Sohn wollte seinem Vater nicht die volle Wahrheit eingestehen und gebrauchte die Ausrede, dass er ihn auf der Landstrasse verloren hätte. Darüber war begreiflicherweise der Alte sehr ärgerlich, vergab aber bald seinem einzigen Kinde diese grosse Nachlässigkeit und die ganze Familie lebte in grösstem Frieden und Eintracht.
Sechszehn Jahre alt geworden, war Pang der Liebling des ganzen Dorfes, jedoch fiel es den Eltern auf, dass er stets traurig und still blieb, was sie auf die Anstrengung seiner Studienjahre zurückführten. Zu dieser Zeit kam ein sehr hoher Beamter zu Pang’s Vater mit der Absicht, seine Tochter an den jungen Gelehrten zu verheiraten.
You Tah Yung war hocherfreut über das Glück, welches sich ihm darbot, seinem Sohne eine Gemahlin aus so guter Familie und von so hoher Schönheit geben zu können, dass er sogleich in den Vorschlag einwilligte.
Wer beschreibt aber seinen Kummer, als Pang sagte, er wolle nicht heiraten. Er war so beredt in seiner Weigerung und gab so gute Gründe dafür an, dass sein Vater seine schon gegebene Zustimmung wieder rückgängig machen musste.
Pang Noo sollte bald eine Gelegenheit haben sich auszuzeichnen, um seinen Vater die gehabte Enttäuschung durch andere angenehme Zwischenfälle vergessen zu machen. Eine grosse quaga (öffentliche Prüfung) ward ausgeschrieben und Pang Noo gab sofort seinen Entschluss kund, sich nach der Hauptstadt aufmachen zu wollen, um sich in die Liste der Prüfungskandidaten aufnehmen zu lassen. Die Prüfung wurde an einem abgeschlossenen Platze des Palastes abgehalten. Der König, von seinen Ministern umgeben, war selbst anwesend und sass in einem für diesen Zweck erbauten Pavillon. Tausende von Männern und Jünglingen waren aus allen Teilen des Reiches zusammengekommen und sassen auf Matten am Boden, von mächtigen Papierschirmen beschattet.
Pang war bald mit der ihm gestellten Aufgabe fertig und sobald er sie an dem dazu bezeichneten Platze niedergelegt hatte, wurde sie von einem Diener in den Pavillon des Königs getragen.
Der König war ganz überrascht von der Vortrefflichkeit der Arbeit und der Klarheit der Schrift, dass er sogleich einen Boten ausschickte, um den Verfasser aufzufinden. Pangs Arbeit hatte den grössten Erfolg und alsbald wurde von einem Herold unter Trompetengeschmetter verkündigt, dass Pang als Lohn für seinen Fleiss die höchsten Ehren zu teil werden sollten. Pang ward zu dem Könige beschieden und dieser hatte so grosses Wohlgefallen an ihm, dass er nicht nur ihn in den Beamtenstand erhob, sondern auch seinen Vater zum Präfekten einer Provinz ernannte. Pang ging nach diesem Ehrenerfolge sogleich zu den Gräbern seiner Vorfahren, brachte die gewöhnlichen Opfer und Huldigungen dar und machte sich dann wieder auf, seine Mutter zu besuchen. Während seiner Abwesenheit verlieh ihm der König den Rang eines Ussa, denn er glaubte, dass ein Mann von so ausgezeichneten Kenntnissen sich gut für ein Amt eigne, dem es obläge schlechte Beamte zu entlarven und die Stimmung des Volkes zu ergründen. (Ein Ussa ist derjenige Beamte, welcher verkleidet im Lande umherreist und schlechte Verwalter ausfindig macht, um sie zur Bestrafung nach der Hauptstadt zu schicken.) Pang war ganz erstaunt, so bald eine so gute Stellung erlangt zu haben und freute sich um so mehr derselben, als er hoffte auf seinen Reisen den Aufenthalt seiner stillen Liebe zu finden. Auch nahm er sich vor, nach Möglichkeit das Leben der ärmeren Volksklasse zu verbessern und begab sich sofort an die Ausübung seines Amtes, nachdem er sich die notwendigen Verkleidungen verschafft hatte.
IV.
Uhn Hah war unterdessen auch herangewachsen und ihre Schönheit noch lieblicher geworden als in ihrer Kindheit. Auch sie gedachte noch oft ihrer Begegnung mit Pang und betrachtete häufig den Fächer, welchen er ihr geschenkt hatte. Als sie endlich zufällig die Inschrift las, die er für sie auf denselben geschrieben, ward sie sehr froh und nahm sich sogleich vor, niemand anders als ihn zu heiraten, denn sie glaubte, er sei der für sie vom Geschick bestimmte Gemahl.
Da ereignete es sich, dass ein vornehmer General, der ebensowohl durch seine Tapferkeit berühmt, als durch seine Grausamkeit gefürchtet war, sich in der Nähe des Wohnorts von Uhn Hah’s Eltern niederliess und nachdem er von der Schönheit des jungen Mädchens gehört hatte, sogleich den alten Cho Sung Noo aufsuchte, um dessen Tochter als Gemahlin für seinen Sohn zu begehren. Kaum hatte der hohe Herr ihn verlassen, so teilte Sung der Tochter seinen Entschluss, sie an den Sohn des Generals zu verheiraten, mit; wer beschreibt aber seinen Kummer, als Uhn Hah sich wie eine Rasende gebärdete und nichts von dem ihr erkorenen Gemahl wissen wollte. Sie nahm von da ab weder Speise noch Trank zu sich und wurde zusehends elender. Die Eltern waren ausser sich vor Betrübnis, bis endlich Uhn ihrer Mutter das Geheimnis mitteilte und versicherte, dass sie nie einen anderen als Pang heiraten werde.
Der Vater war in grösster Verlegenheit und machte seiner Tochter die bittersten Vorwürfe darüber, dass sie ihrer Mutter nicht schon früher Vertrauen geschenkt hatte, denn nun fürchtete er die Rache des Generals. Nebenbei sagte er: »Deine Weigerung ist kindischer Unsinn, denn jener Jüngling wird längst eine andere Lebensgefährtin gefunden haben.« Doch Uhn Hah bat ihn unter Thränen, er möge es nicht von ihr verlangen, dass sie einen anderen Mann heirate, denn sie betrachte sich jetzt schon als Pang’s Weib und wäre fest davon überzeugt, dass er sein Wort halte. »Töte mich lieber,« schluchzte das schöne Mädchen »ehe ich gezwungen werde, einem anderen Manne als Pang anzugehören.«
Die Eltern liebten ihr Kind viel zu sehr, um seinem Flehen nicht Gehör zu schenken und Cho Sung Noo schrieb einen sehr höflichen Brief an den General, in welchem er für die Ehre dankte, mit ihm verschwägert zu werden. Dieser Brief hatte aber den gefürchteten Erfolg, denn der General geriet in fürchterliche Wut und machte bereits Anstalten den Vater Uhn Hah’s zu bestrafen, als er nach der Hauptstadt berufen wurde, wo er den Befehl erhielt einen Streifzug gegen Räuberbanden zu unternehmen, welche das Land unsicher machten. Bevor er aber fortging, liess er dem Präfekten der Provinz den Auftrag zurück, er möge den alten Sung ins Gefängnis werfen und ihn nicht eher frei lassen bis er seine Einwilligung zur Heirat Uhn Hah’s gegeben habe. Der Beamte, welcher diesen Befehl zu vollstrecken hatte, war ein sehr guter Mann, der den General seiner Grausamkeit halber hasste. Er glaubte was Cho Sung Noo ihm erzählte und fühlte Mitleid mit ihm und seiner schönen Tochter, gab ihnen jedoch den Rat, ihre Habseligkeiten zu sammeln und nach einer anderen Provinz auszuwandern. Cho befolgte mit tiefem Dank gegen den guten Ratgeber dessen Weisung und verliess seine bisherige Heimat. Der gütige Beamte berichtete dem General, dass er seine Befehle nicht habe ausführen können, da Cho Sung Noo mit seiner Familie die Gegend verlassen habe und nach einer ihm unbekannten Provinz verzogen sei.
V.
Während Pang nun im Lande umherreiste, sehr traurig, dass er den Aufenthalt seiner Braut nicht erfahren konnte, kam er auch an den Ort, wo sein Onkel wohnte und dieser war zufälligerweise derselbe gute Beamte, der Uhn’s Vater den Rat gegeben hatte auszuwandern. Dieser fand, dass sein Neffe sehr krank und elend aussah und liess sich von ihm die Ursache des Kummers, der sein Aeusseres so sehr verändert hatte, erzählen und war nun glücklich, ihm melden zu können, dass er Uhn’s Familie vor der Rache des Generals bewahrt hatte, bedauerte aber sehr, dass ihm der jetzige Wohnort derselben unbekannt sei. Nun wurde Pang so entmutigt, dass er um Entlassung aus seiner Stellung einkam, vor Aufregung über sein Missgeschick aber in eine lange Krankheit verfiel und sich, kaum genesen, von neuem auf den Weg machte die Verschwundene zu suchen, die Richtung nach der Hauptstadt einschlagend.
VI.
Die vertriebene Familie war von den anstrengenden Tagesmärschen ganz krank geworden und hatte sich vorderhand in einer einsamen, leeren Hütte, die abseits der Landstrasse stand, niedergelassen. Leider verschlimmerte sich der Zustand der Eltern so sehr, dass sie beide bald hintereinander starben. Uhn Hah wusste nicht, was sie vor Schmerz und Verzweiflung, ohne Geld, ohne Nahrungsmittel, an einem fremden Orte ohne Beschützer beginnen sollte. Ihre alte Amme tröstete sie und vermochte es endlich, sie durch langes Zureden dazu zu bewegen Männerkleidung anzulegen und dann die Reise fortzusetzen.
In dieser Verkleidung, zu der sie noch ihre langen Haare nach Art unverheirateter Männer zu einem Zopfe geflochten hatten, langten sie auch in der Hauptstadt des Bezirkes an, ohne irgendwie unterwegs behelligt zu werden. Bei ihrer Ankunft trafen sie gleich den Präfekten, der kein anderer als Pang’s Vater war und standen ehrerbietig zur Seite, um den Gouverneur und sein Gefolge vorbei zu lassen.
Zufällig bemerkte You Tah Young den ihm bekannten Fächer in den Händen Uhn Hah’s und befahl, die beiden Männer gefangen zu nehmen und auf die Präfektur zu führen. Dort angelangt und befragt, wie der Fächer in seine Hand gekommen sei, antwortete das verkleidete Mädchen, dass er ein Vermächtnis seiner Familie sei. Darüber wurde der Präfekt sehr ungehalten, nannte den vermeintlichen jungen Mann einen Lügner, sagte ihm der Fächer sei sein Eigentum und ein Heiligtum seiner Familie und ihm auf unerklärliche Weise fortgekommen.
Da der alte You Tah Young ein sehr gutmütiger Mann war, wie man weiss, so bot er eine hohe Summe, um sich wieder in den Besitz des Fächers zu setzen. Aber Uhn Hah wollte nichts davon hören und sagte, sie wollte lieber sterben als den Fächer aufgeben. Nun liess der Gouverneur die beiden verkleideten Frauen ins Gefängnis werfen.
Pang’s Vater lag aber so viel an dem Fächer, dass er heimlich jemand dorthin schickte, um die Gefangenen zu bereden, den Fächer gegen eine gute Entschädigung heraus zu geben. Alle Vorschläge waren aber vergebens bei Uhn Hah, die fest bei ihrer Weigerung blieb; als die alte Amme sich auch bemühte, sie zum Aufgeben des Fächers zu bereden, schalt sie dieselbe eine Heuchlerin und schlief endlich weinend im Gefängnisse ein. In der Nacht träumte sie von einem wunderbaren Palaste, in welchem eine Menge Frauen versammelt waren, die ihr blutrote Binsen zeigten. Sie sagten, die vielen Thränen, welche sie um ihren verlorenen Geliebten geeint, wären zu blutigem Regen geworden und hätten die grünen Binsen, die am Ufer des Flusses blühen, in blutrote verwandelt. Sie solle aber nicht verzagen, es sei ihr aussergewöhnliche Kraft verliehen und sie würde auch ihren Geliebten, der einen hohen Rang bekleide, wiedersehen, obwohl er jetzt krank sei, weil er sich so sehr gräme, von ihr getrennt zu sein, ohne sie finden zu können.
Uhn Hah erwachte neu gestärkt aus dem Schlafe und war freudig überrascht, als der Gouverneur sie frei liess. Der Gefangenwärter, dem der hübsche Jüngling gefiel, schenkte ihm einige cash (koreanisches Geld), gab beiden Speise und Trank und entliess sie mit guten Wünschen, ohne sich von ihnen ihr Reiseziel nennen zu lassen und ohne ihre Verkleidung zu merken.
VII.
Zu dieser Zeit langte Pang, noch immer leidend an Geist und Körper, in seiner Heimat an. Der König bot ihm einen hohen Posten bei Hofe an, doch er lehnte denselben ab, zog sich von allen Menschen zurück und vermied es auszugehen. Sein Vater versuchte es, ihn zu bewegen, sich zu verheiraten, weil aber solche Unterredungen nur dazu dienten, ihn noch kränker zu machen, so stand er davon ab, hoffend, dass die Zeit ihm Linderung bringen werde. Da kam jener Beamte, sein Oheim, dessen Bekanntschaft wir schon gemacht haben, Geschäfte halber nach Soül und weil ihm der junge Mann sehr bemitleidenswert schien, so erzählte er die wunderliche Geschichte, die er von ihm erfahren, seinem Vater. Diesem fiel sogleich seine Begegnung mit dem schönen Knaben ein, dessen Mut, lieber in den Tod gehen zu wollen, als den Fächer aufzugeben er noch immer bewunderte. Dann dankte er im stillen dem Himmel, der seinem Sohne eine so gute Frau zugedacht hatte. Er machte seinem Sohne grosse Vorwürfe über das geringe Vertrauen, welches er zu ihm, dem Vater, hege und erzählte ihm, wie nahe er daran gewesen sei, jene beiden Männer zu bestrafen. Er liess dann die genauesten Nachforschungen anstellen, jedoch war nichts Bestimmtes über die beiden verkleideten Frauen zu erfahren, von denen ein alter Mann nur zu sagen wusste, sie seien in einen Distrikt gezogen, wo der Bürgerkrieg ausgebrochen sei. Dieser Alte sowohl als der freundliche Gefängniswärter wurden von Vater und Sohn mit Wohlthaten überhäuft.
»Oh! du unnatürlicher Sohn!« klagte You Tah Young, »heimlich verlobst du dich diesem edlen Mädchen, lässt es entfliehen und wärest beinahe durch dein thörichtes Stillschweigen die Ursache ihres Todes geworden. Wir können noch nicht das Ende dieser traurigen Geschichte absehen! Möge nicht das Blut dieses treuen Mädchens über dein Haupt kommen und du Schmach und Schande auf deinen alten Vater bringen! Auf! schüttle deinen thatenlosen Liebesgram, von dir, suche beim Könige eine Audienz zu erlangen, bitte ihn um einen Soldatenposten und dann ziehe in die Gegend, wo der Krieg ist und suche deine Verlobte aufzufinden.« Darauf ging Pang Noo ein und der König, der nicht wenig erstaunt über das Gesuch seines Günstlings war, gab ihm auf den Rat des alten Generals den Posten eines Truppenbefehlshabers, da jener im Stillen hoffte, Pang würde im Kriege umkommen und er dann freies Spiel haben, um seinem Sohne die schöne Uhn Hah zu vermählen.
Der junge Krieger war bald reisefertig und erreichte in Eilmärschen sein Ziel. Die Strasse führte an einem hohen Gebirge vorbei und Pang, der eine Vorahnung seines Todes hatte, liess in riesengrossen Schriftzeichen folgende Inschrift in den Felsen hauen, die so leicht nicht übersehen werden konnte:
»Ich, You Pang Noo, der ich im Begriff bin in die Schlacht zu gehen, beuge mich dem Willen des Schicksals, sei es Sieg oder Tod. Der Himmel allein kennt das Ende. Mein einziger Wunsch auf Erden ist der, vor meinem Tode das Antlitz meiner Cho Gah zu sehen.«
Er hoffte, dass wenn seine Angebetete in diesem Distrikt weile, sie auch die Inschrift erblicken und ihn aufsuchen, würde. Er lieferte mehrere Schlachten und war stets siegreich. Doch bald gingen die Lebensmittel der Truppen zu Ende und alle Bitten, ihm solche nachzusenden, blieben erfolglos. Die Soldaten wurden krank und viele unter ihnen starben Hungers, noch mehr aber brachten sich selbst um, weil sie einen schnellen Tod dem langsamen Verhungern vorzogen. You Pang Noo beabsichtigte nun, sich mit seinen; Truppen zurückzuziehen, ohne erst die Königliche Genehmigung einzuholen, als die Rebellen noch einen verzweifelten Angriff machten und alle seine Soldaten erschlugen; nur sein Leben ward auf den Rat des Anführers geschont, um ihn als Geissel zurück zu behalten.
VIII.
Wiederum hatte das Geschick die Liebenden getrennt. Uhn Hah hatte erfahren, dass sich Pang vom öffentlichen Leben zurückgezogen habe, bei seinem Vater wohne und dort erkrankt sei. Da beschloss sie, von ihrer alten Amme begleitet, sich wieder auf den Weg zur Hauptstadt aufzumachen, um ihn zu suchen und hoffte diesmal ihr Ziel zu erreichen. Als sie einstmals viele Stunden gewandert waren, überraschte sie die Nacht, bevor sie in einem Dorfe ein Unterkommen gefunden hatten. Sie erblickten zu ihrer Freude in der Ferne ein Licht, gingen darauf zu und fanden eine alte verfallene Hütte, welche ein Greis bewohnte. Als derselbe sie auf sich zukommen sah, legte er das Buch fort, in welchem er zu lesen schien und lud sie ein, näher zu treten. Sie thaten es, nachdem die üblichen Begrüssungen ausgetauscht waren; doch statt dass der alte Mann sie nach Namen und Stand befragte, redete er Uhn Hah gleich mit Cho Nang Juh an (Bezeichnung für Frau). »Ich bin keine Nang Juh«, entgegnete das tapfere Mädchen, »ich bin ein Mann!«
»Versuche es nicht, mich zu täuschen«, antwortete ihr lächelnd der Greis, ich weiss alles. Ich kenne deine Verkleidung und weiss wer du bist und dass du deinen Zukünftigen suchst. Aber ängstige dich nicht, du bist ganz sicher bei mir. »Nein, frage mich nichts«, führ er fort, als er bemerkte, dass das erstaunte Mädchen ihn um Aufklärung bitten zu wollen schien, »ich habe hier lange schon auf dich gewartet, denn ich wusste, du würdest zu mir kommen. Du hast grosse Dinge zu vollbringen, auf welche ich dich vorbereiten will. Lass dich nicht durch Kummer und Hunger anfechten, sondern nimm diese Pille, welche dir übernatürliche Kraft und grossen Mut verleihen wird.« Mit diesen Worten gab er ihr ein duftendes Kügelchen, welches sie ass und worauf sie einschlief. Auch die alte Amme sank in Schlaf und als sie am Morgen beide erwachten, erstaunten sie nicht wenig, als sie bemerkten, dass sie unter freiem Himmel geschlafen hatten und dass weder von dem alten Manne, noch von der Hütte eine Spur zu sehen war. Sie mussten also annehmen, dass der Greis ein Abgesandter des Himmels gewesen war und dankten ihm demutsvoll für das Zeichen, welches er ihnen gegeben hatte. Dann setzten sie ihren Weg fort bis sie zu einem Landmanne kamen, von dem sie sich Lebensmittel verschafften.
Während sie dort ausruhten und Nahrung zu sich nahmen, kam einer von den blinden Bettlern vorüber, welche den Leuten die Zukunft zu verkündigen pflegen. Als er vor Uhn Hah stand, sagte er: »Dieser Mann ist ein verkleidetes Weib, welches seinen Gatten sucht, der gegen die Rebellen kämpft. Er ist dem Sterben nahe, wird aber gesund und frei werden, denn er ist gefangen und sie wird ihn befreien.« Bei diesen Worten wurde Uhn Hah froh und betrübt zu gleicher Zeit. Sie erzählte ihre wundersame Geschichte dem Landmann, der sie beide sogleich in sein Frauengemach führte, wo man sie sehr freundlich behandelte.
Sie brachen aber sehr bald wieder auf, denn sie war sehr eilig, ihren Geliebten an dem Orte zu finden, wo sie ihn vermutete und die grossen Thaten zu verrichten, von denen ihr jener himmlische Bote nur Unbestimmtes gesagt hatte. Sie nahm Abschied von ihren Gastgebern und langte nach weiter und beschwerlicher Reise auf dem Kampfplatze an. Das Erste, was ihre Augen dort erblickten, war jene in den Stein gegrabene Inschrift; sie fing bitterlich zu weinen an, denn sie glaubte nun zu spät gekommen zu sein. Die alte Wärterin versuchte vergebens sie zu trösten, brachte sie aber in ein nahe gelegenes Gasthaus, wo man sie freundlich aufnahm. Da bemerkte Uhn Hah, dass die Frau des Wirtes fortwährend weinte und befragte sie nach der Ursache ihrer Thränen. »Ich beweine die armen Soldaten«, wehklagte die Frau, »welche Hungers sterben mussten, weil man ihnen keine Lebensmittel aus der Hauptstadt schickte; am meisten bedauere ich aber den armen Anführer, den unglücklichen You Pang Noo, den die Rebellen nach der letzten gewonnenen Schlacht zum Gefangenen machten und in das Gebirge schleppten.« Bei diesen Worten brach die zum Tode erschrockene Uhn Hah ohnmächtig zusammen und es gelang ihrer alten Amme erst nach langem, vergeblichen Bemühen sie ins Leben zurück zu bringen. Im Laufe des Gespräches erfuhren die beiden Frauen von ihren Wirtsleuten, dass sie Leibeigene von You Pang Noo seien und ihrem Herrn bis hierher gefolgt waren; sie erzählten ihnen auch, dass der bösartige General die Schuld daran trage, dass aus der Hauptstadt keine Lebensmittel ankamen, weil er Pang hasste, dessen Erfolge er beneidete und den er verderben wollte.
Nun schrieb Uhn Hah einen Brief an Pangs Vater, in welchem sie ihm alles mitteilte, was sie gehört hatte; leider traf der Bote den Präfekten nicht auf seinem Landsitze an und machte sich nun auf den Weg zur Hauptstadt. Zu seinem Schrecken erfuhr er dort, dass der falsche General den alten You Tah Young ins Gefängnis geworfen habe, weil auf sein Anstiften dem Könige berichtet worden war, Pang Noo sei ein Verräter, welcher die königlichen Truppen den Rebellen übergeben habe und dann mit ihnen geflohen sei. Dem Boten, es war der Wirt selbst, bei welchem Uhn Hah eingekehrt, gelang es aber doch, den alten Pang im Gefängnis zu sprechen, wo der Vater seinem Sohne die Schuld an dem ihn betroffenen Unglücke beimass, weil er durch sein Schweigen das Geschehene herbeigeführt habe. Er schrieb aber einen Brief an den Onkel, welchen der Wirt auch sogleich besorgte, in dem er ihn bat, sich seiner anzunehmen. Der Onkel war auch bereit zu helfen, so weit es in seiner Macht stand und befahl ihm, Uhn Hah in sein Haus zu geleiten; er gab Geld zu standesgemässer Kleidung für die Braut seines Neffen und auch für die Amme und für die Stuhlträger. Nach einer langen und beschwerlichen Reise brachte der Wirt Uhn Hah zu dem Onkel, der sie sehr liebevoll aufnahm. Doch jetzt ward die treue Uhn nur um so trauriger. Weil sie für gar nichts zu sorgen hatte und prächtig untergebracht war, so dachte sie unaufhörlich an ihren unglücklichen Liebhaber. Sie kam auf den Gedanken, eine Bittschrift an den König zu richten, in welcher sie bat, ihr Soldaten anzuvertrauen, um You Pang Noo zu befreien und die Rebellen zu bestrafen; aber auf den Rat des hinterlistigen Generals blieb dieselbe ohne Erfolg. Da sie jedoch unermüdlich war, den König um Erhörung ihrer Bitte anzuflehen, so ward er selbst begierig, diese so tapfere Frau kennen zu lernen und gab den Befehl, sie zu ihm zu führen.
Als sie den Audienzsaal betrat, gewann sie sowohl den König, wie die Minister durch ihre Schönheit, ihre Bescheidenheit und ihr anmutiges Wesen für sich.
Beinahe wäre ihr Bittgesuch bewilligt worden, als der General eintrat und sagte, ehe man einer Frau Truppen übergebe, müsse sie doch öffentlich zeigen, dass sie Mut, Kraft und Geschicklichkeit besässe, die ihr anvertrauten Truppen zu führen und dadurch fähig sei, ihr Vorhaben zu Ende zu bringen. Dieser Einwurf schien dem Könige sehr richtig und er fragte sie, womit sie ihre Geschicklichkeit und ihre Kraft beweisen könne. Uhn Hah schickte ein Gebet an die Geister ihrer verstorbenen Eltern und erinnerte sich der Pille, welche der alte Mann ihr gegeben, indem er ihr unnatürliche Kraft versprochen hatte. Darauf bückte sie sich zur Erde und hob einen grossen Felsblock auf, den sie mit grösster Leichtigkeit über die Schlossmauer warf, gerade als wenn er nichts wöge, während er doch so schwer war, dass ihn zehn Männer nicht aufheben konnten. Dann nahm sie das Schwert des Generals und begann es über ihrem Haupte zu schwingen, immer schneller und schneller, bis zu einer solchen Geschwindigkeit, dass es wie ein glühender Reif aussah. Bald wirbelte sie es in der Luft, bald um ihre eigene Person, dann so dicht vor den Augen des verräterischen Generals, dass er sich vor Furcht bis in die äusserste Ecke des Saales zurückzog.
Der König war ebenso befriedigt als erfreut über die Beweise von Kraft und Geschicklichkeit, welche Uhn Hah zeigte, dass er eigenhändig ihre Ernennung ausschrieb und ihr den Befehl über ein Bataillon der besten Truppen übergab, die er sonst selbst angeführt hatte.
Mit freudigem Herzen bedankte sich Uhn Hah bei dem Könige für diese Gnade, legte dann wieder Männerkleidung an und zog an der Spitze ihrer Soldaten den Rebellen entgegen. Sobald sie aber den Kampfplatz erreicht hatten, fing es so fürchterlich zu regnen an, dass es unmöglich war, irgend etwas zu unternehmen.
Da erschienen nachts die Geister der verstorbenen Soldaten vor den Offizieren und sagten, dass dieser Regen so lange anhalten würde, Tod und Niederlage so lange den königlichen Truppen folgen würde, bis der Tod der von Pang Noo befehligten Soldaten, die der alte General hatte Hungers sterben lassen, an ihm gerächt sei. Man überbrachte dem Könige diesen Rapport, der auch schon früher ähnliche Klagen gehört hatte, ihnen aber nie Glauben schenken wollte. Jetzt liess er die Sache untersuchen und der überführte General ward ins Gefängnis geworfen. Sein Sohn aber, derselbe der Uhn Hah hatte heiraten wollen, wurde öffentlich hingerichtet.
Nachdem das Blut des Gerichteten in alle vier Windrichtungen versprengt war und den Manen der verstorbenen Soldaten ein Festmahl gebracht, hielt der Regen inne und die Sonne kam wieder zum Vorschein. Die königlichen Truppen erfochten unter Uhn Hahs Führung einen grossen Sieg über die Rebellen und stellten dann Ruhe und Frieden im Lande her. Den jungen Pang Noo konnte man jedoch nirgends finden. Endlich verriet einer der Rebellen das Versteck, wo er gefangen gehalten wurde und führte Uhn Hah, nachdem sie ihm für sein verwirktes Leben Gnade versprochen hatte, zu dem Orte.
Es verging eine geraume Zeit bis die Liebenden sich erkannten, denn beide hatten sich sehr verändert. Aber sie erinnerten sich ihrer Gelübde und beschlossen in ihrem Sinne zu handeln.
You Pang Noo übernahm jetzt den Oberbefehl über die Truppen und Uhn Hah begleitete den Zug zur Hauptstadt in einem prächtigen Tragstuhle.
Dort angelangt wurde der glückliche Befreite sogleich zum Gouverneur einer Provinz ernannt und sein Vater unter grossen Ehrenbezeigungen in sein altes Amt und seine früheren Würden wieder eingesetzt, während der verräterische General zum Tode verurteilt, seine Güter eingezogen und von der Krone beschlagnahmt wurden.
Da Cho Uhn Hah keine Eltern mehr hatte, so adoptierte sie der König und wünschte, dass die Hochzeit in dem grossen Saale gefeiert würde, in welchem nur königliche Familienmitglieder ihre Hochzeitsmähler hielten.
Alles geschah nach den Wünschen und Befehlen des Königs, der Yuh Pang Noo mit den höchsten Ehrenämtern Koreas bekleidete, während die Tugenden seiner Gattin in Liedern und Balladen besungen wurden und sie anderen Frauen als nacheiferungswürdiges Beispiel vorgestellt ward.
[Asien: Korea. Märchen der Welt ]