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Märchenbasar

Cserneki

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Wo war’s, wo war’s nicht, es hatte einmal ein Mann drei Söhne, die alle drei in eines Königs Schlosse dienten. Die beiden älteren waren Ackerknechte, der jüngste jedoch kehrte die Asche im Herde zusammen.
Einstmals liess der König mit Trompetenschall verkünden, er werde demjenigen die Hälfte seines Königreichs geben, der ihm sagen würde, wo das Mondlicht sei, und der es befreien würde, so dass nicht allnächtlich solche Finsternis in seinem Reiche herrsche. Des armen Mannes zwei älteste Söhne gingen, als sie dies gehört hatten, und erzählten dem König: ihr jüngster Bruder Cserneki wisse, wo das Mondlicht sei, habe er ihnen gesagt. Da schickte der König sogleich geschwind eine Kompanie Soldaten zu ihm, dass er sich ihm stelle. Aber Cserneki sprach zu ihnen:
»Oh, macht nur, dass ihr fortkommt, ihr Lumpenpack! Ihr denkt wohl, ihr könnt mich von hier fortführen!«
Und die Kompanie Soldaten konnte ihn nicht zum König führen. Der König schickte zwei; die konnten es auch nicht; Cserneki war so stark, dass sie ihn nicht von der Stelle bringen konnten. Anderntags schickte er auf einmal seine beiden Brüder wiederum zum König, ihm zu sagen, er solle ein gutes Mahl anrichten lassen, denn heute Mittag käme er hin.
Der König antwortete: »Als ob er nicht mit dem Gesinde speisen könnte! Doch sagt ihm nur, er möge kommen!«
Cserneki scharrte ein wenig in der Asche, siehe, da sprang plötzlich ein goldenes Pferd daraus hervor, dann alles Saumzeug und allerlei Gewänder. Cserneki schwang sich auf das Pferd und sprengte in dem schönen, goldenen Gewand zum König. Der König freute sich gleich über ihn, hiess ihn zum Mahle niedersitzen, und als sie speisten, fragte er ihn, wo denn also nun das Mondlicht sei und wie er es befreien könne.
»Gewiss,« sagte Cserneki, »ich weiss, wo das Mondlicht ist; das ist dort unter der Zunge des jüngsten Sohnes vom Feenkönig, und ich kann es auch befreien; der König möge mir nur einige Guldenstücke auf die Reise geben, und meine zwei Brüder lasse er auch mit mir ziehen.«
Da gab ihm der König drei Guldenstücke, und die beiden Brüder liess er auch mit ihm ziehen, und sie machten sich zu dritt auf den Weg zum Schloss des Feenkönigs.
Sie langten bei der Burg des Feenkönigs an, und da sahen sie, dass eine grosse, hohe Steinmauer die Burg umgab. Dort blieben sie stehen, und Cserneki gab seinen Brüdern einen Spiegel, in dem konnten sie alles sehen, was er tat, und er sprengte über die Mauer und hielt vor dem innern Tor. Doch als er mit seinem Pferd über die Steinwand sprengte, da erdröhnte die Burg so sehr, dass der Feenkönig seinen ältesten Sohn hinunterschickte, damit er denjenigen vom Erdboden vertilge, der so poltere, wer immer es auch sei. Da ging der Königssohn in den Stall hinunter, um sein Pferd zu satteln. Aber das Pferd schleuderte sein Hufeisen so heftig fort, als er es sattelte, dass das Hufeisen meilenweit fortflog. Fragte der Königssohn:
»Nun, was soll das bedeuten, mein liebes Pferd?«
»Nun, das bedeutet fürwahr, dass wir heut sterben werden,« antwortete das Tatoschpferd.
Der Königssohn schwang sich aufs Pferd und ritt hinaus vors Tor und sprach zu Cserneki:
»Komm, wir wollen ein bischen ringen!«
Aber Cserneki schlug den Königssohn im Nu mit seinem kleinen Finger so in den Boden, dass er bis zum Rumpf versank und tötete ihn samt dem Pferde.
Dort im Schlosse warteten alle, wo denn der Königssohn so lange säume. Da sprach der zweite Königssohn:
»Ich gehe hinunter; ich werde nachschauen, was mein Bruder macht.«
Er ging in den Stall, und auch sein Pferd schleuderte sein Hufeisen weit fort, und auf sein Befragen antwortete es, dies bedeute, dass sie heute sterben würden.
Er ritt auf seinem Pferde hinaus vors Tor, auf dass sie kämpften; doch Cserneki schlug auch diesen so in den Boden, dass er gleich starb mitsamt dem Pferde.
Da ging auch der jüngste Königssohn hinunter, unter dessen Zunge das Mondlicht war, und als er zu seinem Pferde ging, stiess auch sein Pferd das Hufeisen ab; doch es fiel ganz nah zu Boden, weil dieser der stärkste von den dreien war, und als er das Tatoschpferd fragte, was das bedeute, da antwortete sein Pferd, das bedeute, dass sie heute nahe daran seien zu sterben. Er trat hinaus in das Tor, und sie begannen zu ringen; aber da sie alle beide gleich stark waren, konnte keiner den andern überwinden. Zwei Raben flogen über ihren Köpfen dahin; der Königssohn rief ihnen zu:
»Meine lieben Raben, bringt mir zwei Tropfen Wasser! Ich gebe euch dafür zwei Aase.«
Auch Cserneki rief sie an:
»Bringt mir ein wenig Wasser! Ich gebe euch sechs Aase.«
Die Raben riefen geschwind ihre Gefährten herbei, und sie brachten Cserneki so viel Wasser, dass sie ihn ganz und gar damit besprengten. Dadurch wurde Cserneki so stark, dass er sogleich den Königssohn überwand, ihn tötete und das Mondlicht unter seiner Zunge befreite und zum Himmel aufsteigen liess. Nun sprengte Cserneki zurück zu seinen Brüdern und fragte sie:
»Saht ihr, was ich vollbrachte?«
»Ja,« sagten seine Brüder; »es ist gut, dass du sie getötet hast.«
Cserneki drehte sich einmal um, und aus ihm wurde eine Mücke. Er flog hinauf ins Schloss, schlüpfte durch das Schlüsselloch, damit er hören könne, was bei Feenkönigs gesprochen wurde. Da sagte des Feenkönigs älteste Tochter:
»Weil sie all unsere Brüder töteten, drum werde ich so heiss werden, dass sie nicht weiter gehen können.«
Die zweite Königstochter:
»Ich werde ein kühler Wald.«
Die dritte:
»Ich werde eine schöne Erdbeere und ein Brunnen, auf dass sie sterben, wenn sie von der Erdbeere essen und vom Brunnen trinken.«
Sprach die Königin:
»Das ist alles noch nichts! Ich werde so, dass meine eine Kinnlade den Himmel und die andere die Erde berührt, und wenn sie des Weges kommen, dann verschlinge ich sie.«
Sprach der Feenkönig:
»Das ist alles noch nichts! Ich werde eine Spanne lang, mein Bart zwei Spannen lang, mein Pferd wird ein Hase. Wenn ich Cserneki zuerst erblicke, dann ist er ein Sohn des Todes; wenn er mich zuerst erblickt, so mag er mich töten.«
Dies alles hatte Cserneki gehört und flog wieder durch das Schlüsselloch hinaus, übersprang sich dort draussen einmal und wurde wieder ein Mensch.
Sie machten sich auf den Heimweg; da wird es so heiss! – doch Cserneki durchschnitt die Hitze flugs mit seinem Schwert, und die eine Königstochter war tot. Im kühlen Walde wollten Csernekis Brüder vom Brunnen trinken und von der Erdbeere essen, doch er liess es nicht zu, sondern Wald, Brunnen, Erdbeere zerschnitt er auch, und so hatte er alle drei Königstöchter vernichtet. Sie gingen in eine Schmiede, und dort liess Cserneki eine Eisenkeule machen, und die legten sie ins Feuer, damit sie gut rot sein sollte, wenn er sie brauchte. Die Königin, deren eine Kinnlade den Himmel, die andere die Erde berührte, stand dort auf dem Wege und rief:
»Meine drei Söhne und meine Töchter hast du getötet; komm ein wenig näher, dass ich dich einmal anschauen kann!«
Da holten sie die Keule aus dem Feuer, und rot wie sie war, schleuderte Cserneki sie der Königin in den Mund, dass sie auf der Stelle auch tot war.
Na, jetzt gingen sie weiter; da stiessen sie auf den Feenkönig, der selbst eine Spanne lang war, sein Bart zwei Spannen, sein Pferd ein Hase. Wie Cserneki ihn erblickte, sagte er gleich: »Na, jetzt ist’s aus mit uns.«
Der Spannenlange wollte ihn auch töten; aber etwas schoss ihm durch den Sinn, und er sprach zu ihm:
»Na, Cserneki, wenn du mir des schwarzen Königs Tochter zur Gemahlin bringst, so begnadige ich dich, obgleich du all diese getötet hast.«
Sie gelobten ihm natürlich, sie ihm zu bringen, nur möge er sie nicht töten.
Sie machten sich auf nach dem Reich des schwarzen Königs. Wie sie so gingen, auf dem Feld dahin gingen, sahen sie einen Menschen, der ackerte, und alle Erde, die er aufgepflügt hatte, verschlang er gleich, und dennoch rief er: »Ach, wie hungrig bin ich!« Der Mund blieb Cserneki und den Seinen offen stehen, so wunderten sie sich darüber. Doch der Mensch sagte ihnen:
»Wundert euch nicht über mich, sondern lieber darüber, dass ihr ohne mich gehen könnt.«
»Nun, so komm mit uns,« sagte Cserneki, und sie wanderten zusammen. Noch weiter hin fanden sie einen Menschen, der das Wasser des Baches alles trank und dennoch rief, ihn dürste. Der ging auch mit ihnen. Dann fanden sie noch einen Menschen, der hatte auf seinem Rücken siebenundsiebzig Schafpelze, und dennoch fror er. Der ging auch mit ihnen, und sie erreichten zusammen das Reich des schwarzen Königs.
Sie gingen hinein zum König und sagten, was der Zweck ihres Kommens sei. Der König erwiderte, dass er ihnen nur dann seine Tochter übergeben könne, wenn sie alles, was an Brot in der Stadt sei, aufässen, alles, was an Wein sei, austränken und wenn sie in seinem geheizten Eisenhause wohnen könnten. Die Brote verschlang der Gross-Esser nur so wie ein kleines Krümchen; der Immer-Durstig trank den Wein aus der Stadt wie einen Tropfen aus, und als die Wände des Eisenhauses zu glühen begannen, schüttelte sich der mit den siebenundsiebzig Schafpelzen nur ein bischen, und so kalt wurde es im Haus, dass sie nur so klapperten. Als der König früh morgens seine Diener hinschickte, dass sie ihre Knochen zusammenkehrten, da riefen sie den Dienern zu, warum sie nicht ein kleines Feuer machten; wahrlich, sie sähen doch, dass sie erfrören.
Na, kurz und gut, der schwarze König übergab ihm seine Tochter, und dort in der Stadt nahmen sie Abschied von einander; nur Cserneki und die Königstochter zogen allein zum Schloss des Feenkönigs. Csernekis Brüder gingen nach Hause.
Auf dem Wege unterwies Cserneki die Königstochter, sie solle vom Feenkönig erkunden, wo er seine Seele verwahrt halte. Nun, sie langten dort an, und der Feenkönig nahm die Königstochter zur Gemahlin, und einmal nachts drängte die Königstochter den König so lange, bis er ihr wirklich sagte: im Brunnen sei ein Reh, im Reh ein Hase, im Hasen eine Taube, in der Taube ein Ei, und darin sei seine Seele.
Heidi! Mehr brauchte Cserneki nicht. Er stach mit seinem Schwert in den Brunnen; da sprang ein Reh heraus; das tötete er, und ein Hase sprang daraus hervor; den tötete er auch, und eine Taube flog auf; die tötete er auch, und ein Ei sprang heraus. Das Ei gab er der Königstochter, dass sie es koche. Doch – dass ich die Hauptsache nicht vergesse – als Cserneki im Brunnen zu stochern begann, siehe, da wurde der König krank, weil er seine Seele aufstörte, und als das Ei gekocht war, da war der König tot.
Dann nahm Cserneki alle Schätze, und er und die Königstochter gingen selbander heim ins Königsschloss, wo seine Brüder dienten und wo sie auch jetzt noch leben, wenn sie nicht gestorben sind.

[Ungarn: Elisabet Róna-Sklarek: Ungarische Volksmärchen]

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