Einst reiste Merlin, der jede beliebige Gestalt annehmen konnte, als armer Bettler, und da er sehr müde war, gieng er in die Hütte eines ehrlichen Bauers, um dort auszuruhen, und bat um eine Erfrischung.
Der Bauer begrüßte ihn herzlich, und sein Weib, eine gutherzige, gastfreundliche Frau, brachte ihm allsogleich etwas Milch in einem Holzbecher und ein Stück grobes Schwarzbrot auf einem Teller.
Merlin freute dieses einfache Mahl und die Freundlichkeit des Bauern und seines Weibes; doch bemerkte er, dass, obgleich es in der Hütte sehr nett und hübsch aussah, die beiden doch gedrückt und unglücklich zu sein schienen. Er fragte nach der Ursache ihrer Schwermuth und erfuhr, dass sie sich unglücklich fühlten, weil sie keine Kinder hatten.
Die Frau betheuerte mit Thränen in den Augen, dass sie das glücklichste Geschöpf auf Erden wäre, wenn sie einen Sohn besäße, und wenn er nicht größer wäre, als der Daumen ihres Mannes, sie wäre zufrieden.
Merlin belustigte der Gedanke an einen Knaben, der nicht größer sein sollte, als der Daumen eines Mannes, so sehr, dass er beschloss, der Feenkönigin einen Besuch abzustatten und sie zu bitten, sie möge den Wunsch der armen Frau erfüllen. Der Gedanke eines solch drollig winzigen Menschenkindes gefiel auch der Feenkönigin außerordentlich und sie versprach Merlin, den Wunsch zu erfüllen. Demgemäß bekam auch nach einiger Zeit die Frau des Bauern einen Sohn, der, o Wunder! nicht ein bischen größer war, als der Daumen seines Vaters. Die Feenkönigin, welche den kleinen Knirps zu sehen wünschte, kam zum Fenster herein, während die Mutter im Bette saß und ihn bewunderte.
Die Königin küsste das Kind und gab ihm den Namen Tom Däumling. Dann ließ sie einige Feen kommen, welche ihren kleinen Liebling nach ihren Anweisungen bekleideten: ein Eichenblatt diente ihm als Kranz, sein Hemd war aus Spinnweb, sein Röckchen aus Distelflaum, sein Beinkleid aus Federn, seine Strümpfe aus Apfelschale, die Bänder dazu aus Wimperhaaren seiner Mutter, die Schuhe aus Mäuseleder mit den weichen Haaren nach innen.
Bemerkenswert ist, dass Däumling nie größer wurde, als der Daumen seines Vaters, der von gewöhnlicher Größe war; aber im Laufe der Jahre zeigte es sich, dass er sehr schlau und zu allerlei Streichen aufgelegt war. Sobald er alt genug war, mit den Knaben zu spielen, verlor er im Spiel einst alle seine Kirschkerne; da kroch er in die Beutel seiner Spielkameraden, füllte seine Taschen, kroch unbemerkt wieder heraus und setzte das Spiel fort, als wäre gar nichts geschehen. Doch als er eines Tages aus einem Beutel herauskam, wo er wie gewöhnlich gemaust hatte, sah ihn der Knabe zufällig, dem der Beutel gehörte. »Aha, mein kleiner Däumling,« sagte er, »da hab‘ ich dich endlich erwischt, wie du meine Kirschkerne stiehlst, jetzt sollst du für deine diebischen Streiche schon belohnt werden!«
Bei diesen Worten zog er die Schnur des Beutels fest um seinen Hals und schüttelte ihn so tüchtig, dass der arme Däumling arg zugerichtet wurde.
Tom schrie laut auf vor Schmerz und bat, sein Kamerad möchte ihn wieder hinauslassen, er wolle sich auch bestimmt nie mehr solch schlimme Streiche zu Schulden kommen lassen.
Kurze Zeit darauf machte seine Mutter einen Pudding, und Däumling, der für sein Leben gern zusehen wollte, wie er gemacht wird, kletterte auf den Rand der Schüssel; unglücklicherweise aber glitt sein Fuß aus, und er plumpste Hals über Kopf in die Masse, ohne dass seine Mutter es bemerkte, welche ihn in die Puddingform goss und zum Kochen in den Topf that.
Die Puddingmasse hatte Däumlings Mund gefüllt und ihn am Schreien gehindert; als er aber das heiße Wasser spürte, strampelte und zappelte er so sehr in dem Topf herum, dass seine Mutter glaubte, der Pudding sei verhext. Sie nahm ihn also rasch aus dem Topfe und schüttete ihn vor der Thür aus. Ein armer Kesselflicker, der vorbeigieng, that den Pudding in seinen Ranzen und gieng weiter. Als Däumling nun seinen Mund von dem Teige frei hatte, begann er laut zu schreien, worüber der Kesselflicker so erschrak, dass er den Pudding fortschleuderte und davonrannte. Als so der Pudding in Stücke gegangen war, kroch Däumling, über und über mit Teig bedeckt, heraus und gieng nach Hause zurück.
Seine Mutter, die ganz unglücklich war, ihren Liebling in einem solch bejammernswerten Zustande zu sehen, setzte ihn in eine Theetasse und wusch bald den Teig herunter; dann legte sie ihn ins Bett.
Kurze Zeit nach dem Pudding-Abenteuer, gieng Däumlings Mutter auf die Wiese, um ihre Kuh zu melken und nahm ihn mit. Da es sehr windig war, band sie ihn, damit er nicht weggeweht würde, mit einem Zwirnsfaden an eine Distel. Aber die Kuh sah den Hut mit Eichenlaub, er gefiel ihr, und sie hatte einen Augenblick später die Distel sammt dem Knirps im Maule. Während sie an der Distel kaute, fürchtete sich Däumling vor den großen Zähnen, die ihn in Stücke zu zerbeißen drohten, und er schrie, so laut er konnte: »Mutter! Mutter!«
»Wo bist du, Däumling, mein lieber Däumling?«
»Hier Mutter,« erwiderte er, »in dem Maule der rothen Kuh.«
Seine Mutter begann zu weinen und die Hände zu ringen, da öffnete die Kuh, über das seltsame Geräusch in ihrer Kehle erstaunt, ihr Maul, und Däumling fiel heraus. Glücklicherweise fieng ihn seine Mutter in der Schürze auf, als er zu Boden fiel, sonst hätte er sich schwer verletzt. Dann that sie ihn in ihren Busen und rannte nach Hause.
Sein Vater machte ihm eine Peitsche aus Haferstroh zum Viehtreiben, und als er eines Tages ins Feld gieng, glitt er aus und fiel in eine Furche. Ein Rabe flog gerade vorbei, der pickte ihn mit seinem Schnabel auf und flog mit ihm auf das Schloss eines Riesen am Meere; dort ließ er ihn liegen.
Däumling war in einer schrecklichen Lage und wusste nicht, was er thun sollte; bald erschrak er noch viel mehr, denn der alte Riese Grumbo kam auf die Terrasse, um da spazieren zu gehen. Als er Däumling sah, hob er ihn auf und verschluckte ihn wie eine Pille.
Doch bald bereute der Riese, was er gethan hatte, denn Däumling begann so sehr zu strampeln und zu zappeln, dass er ein großes Unbehagen empfand. Endlich brach er ihn aus – ins Meer.
In demselben Augenblicke wurde der arme kleine Tom von einem großen Fische verschluckt. Dieser wurde gleich darauf gefangen und für die Küche König Arthurs gekauft.
Wie erstaunt war man beim Öffnen des Fisches, das winzige Kerlchen in seinem Magen zu finden!
Däumling aber war ganz glücklich über die wiedererlangte Freiheit. Man brachte ihn vor den König. Dieser ernannte ihn zum Hofzwerg, und Tom war bald ein großer Liebling des Hofes, denn er erheiterte durch seine Schelmenstreiche nicht nur den König und die Königin, sondern alle Ritter von der Tafelrunde.
Es heißt sogar, dass der König ihn, wenn er ausritt, oft mitnahm; und wenn es zu regnen begann, kroch er in die Westentasche Seiner Majestät, wo er schlief, bis der Regen vorüber war.
Eines Tages fragte König Arthur den Däumling, ob seine Eltern auch so klein seien wie er, und in welchen Verhältnissen sie sich befänden.
Tom erzählte dem König, dass seine Eltern so groß seien, wie all die Leute an des Königs Hof, dass sie aber in Armuth lebten.
Als der König dies vernahm, trug er Däumling in seine Schatzkammer und hieß ihn so viel Geld, als er zu tragen vermochte, seinen Eltern nach Hause bringen. Tom schlug vor Freude einen Purzelbaum und brachte eine Börse, die aus einer Seifenblase bestand. In diese that er ein Silberstückchen.
Unserem kleinen Helden fiel es schwer, sich die Bürde auf den Rücken zu laden, endlich aber gelang es ihm, und er machte sich auf die Reise. Er erreichte, ohne dass ihm ein Unfall widerfuhr, nach zwei Tagen und zwei Nächten, nachdem er mehr als hundertmal gerastet hatte, glücklich das Haus seines Vaters.
Achtundvierzig Stunden war er mit dem riesigen Silberstück auf dem Rücken gereist und kam todtmüde zu Hause an, da kam seine Mutter ihm gerade entgegen und trug ihn ins Haus.
Seine Eltern waren glücklich, als sie ihn wiedersahen, umsomehr, da er eine solch erstaunliche Summe Geldes mitgebracht hatte; aber der arme kleine Kerl war ungeheuer müde. Hatte er doch in achtundvierzig Stunden eine halbe Meile zurückgelegt, mit einem Silberstück auf dem Rücken! Damit er sich von der Müdigkeit erhole, legte ihn seine Mutter in eine Nussschale neben dem Kamin und gab ihm in drei Tagen eine ganze Haselnuss zu essen; davon wurde er aber sehr krank, denn eine Haselnuss pflegte ihm sonst für einen ganzen Monat zu genügen.
Däumling erholte sich bald wieder, aber da es geregnet hatte und der Boden sehr nass war, konnte er nicht an den Hof König Arthurs zurück. Da machte seine Mutter eines Tages, als der Wind in dieser Richtung wehte, einen kleinen Schirm aus Seidenpapier, band Däumling daran fest und blies in die Luft, so dass er bald in den Palast des Königs geweht wurde. Der König, die Königin und der ganze Adel waren froh, Däumling wiederzusehen, der sie bei Kampfspielen und Turnieren durch seine Gewandtheit sehr unterhielt; aber seine Anstrengungen, ihnen zu gefallen, kamen ihm sehr theuer zu stehen und führten eine so schwere Krankheit herbei, dass er von den Ärzten aufgegeben wurde.
Aber die Feenkönigin kam, als sie von seiner Erkrankung hörte, in einem Wagen, der von Fledermäusen gezogen wurde, an den Hof; sie setzte Däumling neben sich und fuhr mit ihm durch die Luft, ohne irgendwo anzuhalten, bis sie in ihrem Palast angelangt waren. Nachdem sie ihn wieder gesund gemacht und ihm erlaubt hatte, sich an den Herrlichkeiten des Feenlandes zu ergötzen, erhob sich auf ihren Befehl ein starker Luftstrom. Auf diesen setzte sie Däumling, der schwamm darauf wie ein Kork auf dem Wasser und war in einem Augenblick beim königlichen Palaste.
Gerade als er durch den Hof geflogen kam, gieng zufällig der Koch mit der großen Schüssel voll Weizenbrei, der Lieblingsspeise des Königs, vorüber, und der arme, kleine Knirps fiel gerade mitten hinein, so dass das heiße Gericht dem Koch ins Gesicht spritzte.
Dieser war ein boshafter Mensch und gerieth in eine furchtbare Wuth, weil Däumling ihn so erschreckt und verbrannt hatte. Er gieng schnurstracks zum Könige und meldete ihm, dass Däumling aus purem Muthwillen in den königlichen Weizenbrei gesprungen sei und ihn ausgeschüttet habe. Der König war so zornig, als er dies vernahm, dass er befahl, Tom zu verhaften und des Hochverraths anzuklagen; und da niemand wagte, ein gutes Wort für ihn einzulegen, so wurde er zum Tode durch das Fallbeil verurtheilt.
Als der arme Däumling diesen furchtbaren Urtheilsspruch vernahm, begann er vor Angst zu zittern. Da er keinen Ausweg wusste, machte er einen mächtigen Sprung – gerade durch den großen offenen Mund eines Müllers, der gaffend in der Menge stand, in dessen Kehle hinein. Das that er mit solcher Behendigkeit, dass kein Mensch es bemerkte; selbst der Müller wusste nicht, was ihm geschehen sei.
Da Däumling so plötzlich verschwunden war, zerstreute sich der Hof, und der Müller gieng heim in seine Mühle.
Als Tom die Mühle klappern hörte, wusste er, dass er sich nicht mehr am Hofe des Königs befand; da begann er zu strampeln, dass der Müller keine Ruhe finden konnte und sich für verhext hielt. Zuletzt schickte er um einen Doctor.
Sobald dieser kam, begann Däumling zu tanzen und zu singen, so dass der Arzt eiligst fünf andere Doctoren und zwanzig weise Männer holen ließ.
Es entspann sich nun ein großer Streit über die Ursache dieses ungewöhnlichen Ereignisses: da gähnte der Müller zufällig. Diese Gelegenheit benützte Tom, und mit einem Sprung war er heil draußen, mitten auf dem Tisch.
Der Müller war so wüthend darüber, dass ein solch zwerghaftes Geschöpf ihn so gequält hatte, dass er Däumling ergriff und ihn durch das offene Fenster in den Strom warf. In diesem Augenblicke schnappte ein großer Lachs nach ihm. Ein Fischer fieng den schönen Fisch und verkaufte ihn auf dem Markte dem Haushofmeister eines großen Lords. Der Edelmann machte den Riesenlachs König Arthur zum Geschenk, der ihn sofort dem Koche zur Zubereitung übergeben ließ.
Als man den Fisch öffnete, fand man Tom darin und brachte ihn zum König, aber Seine Majestät, die mit Staatsangelegenheiten beschäftigt war, befahl, ihn abzuführen und in Gewahrsam zu halten, bis er um ihn schicken würde.
Der Koch war entschlossen, Däumling diesmal nicht entschlüpfen zu lassen. Er that ihn also in eine Mausefalle. Eine ganze Woche lang hatte der arme Tom in der Mausefalle gesessen, als König Arthur ihn holen ließ. Dieser verzieh ihm, dass er muthwillig den Weizenbrei ausgeschüttet hatte, und nahm ihn in Gnaden wieder auf. In Anbetracht der wundervollen Thaten, die er vollbracht hatte, schlug ihn der König zum Ritter, und Däumling führte fortab den später so berühmt gewordenen Namen »Ritter Tom Däumling«.
Da die Kleider des neuen Ritters im Pudding, im Weizenbrei und im Innern des Riesen, des Müllers und der Fische sehr gelitten hatten, so bestellte ihm Seine Majestät einen neuen Anzug. Das Hemd war aus den Flügeln eines Schmetterlings, die Stiefel aus Hühnerhaut, und ein geschickter Feenschneider verfertigte seinen Anzug. Eine Nadel hieng ihm an der Seite, und eine stattliche Maus trug den stolzen Ritter zum Turnier.
Es war wirklich sehr belustigend, Däumling in diesem Gewande auf der Maus reiten zu sehen, wie er dem König und dem Adel auf die Jagd folgte; alle glaubten, vor Lachen umkommen zu müssen bei dem Anblick des Reiters und seines Thieres.
Als sie eines Tages an einem Bauernhofe vorüberritten, that eine große Katze, die an der Thür gelauert hatte, einen Sprung und fieng den Reiter und seine Maus. Sie kletterte auf einen Baum und begann die Maus zu verzehren, als Däumling kühn sein Schwert zog und die Katze so heftig angriff, dass sie ihn sammt der Maus fallen ließ. Einer der Adeligen fieng ihn in seinem Hut auf und legte ihn auf ein Eiderdunenbett in ein Elfenbeinkästchen. Gleich darauf kam die Feenkönigin, um Däumling zu besuchen, und nahm ihn ins Feenland mit, wo er mehrere Jahre blieb.
Während dieser Zeit war König Arthur wie auch alle anderen Leute am Hofe, die ihn gekannt hatten, gestorben. Da Däumling sich wieder zu Hofe zurücksehnte, schickte ihn die Feenkönigin, nachdem sie ihm einen neuen Anzug geschenkt hatte, durch die Luft in den königlichen Palast. Das war zur Zeit König Thunstanes, des Nachfolgers Arthurs. Alle liefen zusammen, um ihn zu sehen, und man brachte ihn vor den König; der fragte ihn, wer er sei, woher er käme und wo er wohnte. Däumling antwortete:
»Tom Däumling ist mein Name genannt,
Ich komme aus dem Elfenland.
Als Arthur noch saß auf dem britischen Thron,
Hab‘ ich ihm manch‘ heitere Stunde beschert;
Die Ritterschaft gab er dafür mir zum Lohn.
Habt nie Ihr von Ritter Däumling gehört?«
Der König war so entzückt von der Rede, dass er einen kleinen Sessel machen ließ, damit Däumling an seinem Tische essen könne. Auch bestellte er ihm als Wohnhaus einen kleinen goldenen Palast, eine Spanne hoch, in den führte eine Thür, welche einen Zoll breit war. Ferner schenkte ihm der König eine Kutsche, die von sechs kleinen Mäusen gezogen wurde.
Die Königin war so empört über die Ehren, welche man Ritter Däumling erwies, dass sie beschloss, ihn zu verderben. Sie sagte also dem Könige, dass der kleine Ritter keck gegen sie gewesen sei.
Sofort ließ der König Däumling holen; dieser aber wusste, was königlicher Zorn zu bedeuten hatte, und kroch in ein leeres Schneckenhaus, wo er so lange Zeit blieb, dass er fast vor Hunger gestorben wäre. Endlich wagte er es, hinauszugucken, und als er in der Nähe seines Verstecks einen schönen großen Schmetterling auf dem Boden sah, näherte er sich sehr vorsichtig und setzte sich rittlings darauf. Einen Augenblick darauf erhob sich der Schmetterling in die Luft und flog mit ihm von Baum zu Baum, von Feld zu Feld, bis er zuletzt wieder zu Hofe zurückkehrte, wo der König und die Adeligen sich bemühten, ihn zu fangen. Doch fiel der arme Däumling endlich in eine Gießkanne, wo er fast ertrank.
Als die Königin ihn sah, wurde sie sehr zornig und sagte, er müsse geköpft werden, und wieder that man ihn in eine Mausefalle bis zur Vollziehung des Todesurtheils. Aber eine Katze, die etwas Lebendiges in der Falle bemerkte, bearbeitete dieselbe so lange mit den Pfoten, bis die Drähte zerbrachen. Auf diese Weise wurde Ritter Tom wieder frei.
Der König nahm Däumling wieder in Gnaden auf, dieser aber konnte sich nicht lange der königlichen Huld erfreuen, denn eines Tages griff ihn eine große giftige Spinne an, und obwohl er sein Schwert zog und tapfer kämpfte, so unterlag er doch endlich dem Gift der Spinne.
König Thunstane und sein ganzer Hof waren so betrübt über den Verlust ihres Lieblings, dass sie Trauer um ihn anlegten und über seinem Grabe ein schönes Denkmal aus weißem Marmor errichteten, welches folgende Inschrift trug:
»Hier ruht Tom Däumling in ewiger Nacht,
Eine Spinne hat ihn ums Leben gebracht!
Von Arthur ward er hochgeehrt,
Weil er der Trübsal stets gewehrt.
Auf einer Maus – aller Mäuse Zier –
Ritt er zu Wettkampf und Turnier.
Einst erfüllt er den Hof mit Lachen und Scherz;
Sein Tod ist uns allen ein tiefer Schmerz.
Raufet das Haar und klaget sehr,
Denn Ritter Tom Däumling ist nicht mehr.«
[Anna Kellner: Englische Märchen]