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Das Hemd des Glücklichen

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Der König eines Landes erkrankte, und kein Arzt, kein Quacksalber und keine Arznei konnten ihm helfen. Schon hatte er die Hoffnung auf Genesung verloren, als eines Tages ein wandernder Weiser ans Tor klopfte. „Du mußt einen Menschen finden, der wunschlos glücklich ist“, riet er dem kranken König. „Wenn du sein Hemd anziehst, wirst du wieder gesund.“ Sogleich entsandte der König viele Boten, die einen solchen Menschen suchen sollten. Sie ritten landauf, landab, durch Berg und Tal, vermochten ihn aber nirgends zu finden. Schließlich rüsteten sie ein Schiff aus, segelten damit über das Meer und entdeckten auch wirklich in einem fernen Land einen lustigen Zecher, der singend und trinkend sein Leben genoß. „Bist du wunschlos glücklich?“ fragten sie ihn. „Freilich!“ war die Antwort. „Ich bin glücklich und wünsche mir kein anderes Leben.“ Erleichtert atmeten die Boten auf, weil sie zu guterletzt doch noch einen Glücklichen gefunden hatten. „Begleite uns zu unserem König, er wird dich zum reichen Manne machen!“ baten sie. Aber der Glückliche winkte ab. „Was soll mir der Reichtum? Ich brauche ihn nicht, und ich will auch nicht fort von hier.“ Da schleppten die Boten ihn mit Gewalt auf ihr Schiff, segelten mit ihm zurück und brachten ihn vor den König. Der lag schon in den letzten Zügen. „Schnell, zieh dein Hemd aus und gib es mir!“ stöhnte er. Der Glückliche starrte ihn verdutzt an und schüttelte den Kopf. „Zieh dein Hemd aus!“ schrien die Höflinge und rissen ihm mit Gewalt das Wams vom Leibe. Aber wie groß war ihr Erstaunen, als sie sahen, daß der Glückliche gar kein Hemd besaß. Und da kein Glücklicher mit Hemd aufzutreiben war, mußte der König sterben.

Quelle:
(Märchen aus Jugoslawien)

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