1
(2)
Es waren einmal drei lustige Gesellen, ein Schmied, ein Schneider und ein Jäger, die waren gute Freunde zueinander, kamen öfters zusammen und besprachen sich, miteinander in die Fremde zu gehen, weil es ihnen in der Heimat nicht mehr so recht gefallen wollte. Wie sie nun ihren Entschluss ausführten und wanderten, führte sie ihr Weg in einen tiefen Wald, aber heraus führte er sie nicht; sie verirrten sich und liefen im Walde umher, bis die Nacht einbrach und sie weder Weg noch Steg sehen konnten. Endlich stieg der Schmied auf einen Baum und erblickte in einiger Entfernung ein Licht, merkte sich die Richtung, stieg vom Baume herab und ging nun mit seinen Gefährten auf das Licht zu. Sie kamen alle drei an ein Haus, welches offen stand, aber leer war, wenigstens ließ sich niemand blicken, aber das Licht stand darin und schien.
„Wer hier wohnt, wird es uns nicht so sehr übel nehmen, wenn wir hier die Nacht verbringen, wir können nun einmal doch nicht weiter!“ sprachen die drei einer zum andern und legten sich nieder, wo sich just für jeden ein geeignetes Plätzchen fand. Ohne alle Störung schliefen die drei Gesellen die ganze Nacht und erwachten, als der Morgen da war, fröhlich und wohlgemut.
„Es ist hübsch in diesem Häuschen“, sprach der Schmied. „Ich dächte, wir verließen es nicht so schnell, damit wir dem Bewohner danken für die Gastfreundschaft, die wir uns angeeignet. „
„Vielleicht kann ich ihm etwas flicken“, meinte der Schneider.
„Ich bin auch nicht dagegen, hier zu rasten“, sprach der Jäger, „aber wenn wir das wollen, so müssen wir nun etwas zu essen haben, denn hier scheint Schmalhans Küchenmeister zu sein. Ich schlage daher vor, einer von uns bleibt hier und zweie gehen in den Wald und fangen oder schießen etwas, damit wir zu leben haben. „
„Der Rat ist richtig“, sagte der Schmied. „Draußen springt ein Quellbrunnen; der daheim bleibt, macht indes ein Feuerlein an und setzt Wasser bei, dass wir uns hernach eine gute Suppe kochen können. „
Der Schmied und der Jäger gingen, und der Schneider blieb im Häuschen, entzündete ein Feuer, setzte Wasser bei und sich daneben. Da erschien mit einem Male ein winzig, winzig kleines Männchen und sagte:
„Schneider, Schneider, Schneiderlein,
Ich blas dir aus dein Feuerlein. „
„Ja, untersteh dich!“ rief der Schneider voller Mut, weil das Männlein so winzig war, aber das machte – ft! – und da war das Feuer aus und das Männlein verschwunden.
Bald kamen der Jäger und der Schmied und brachten ein Stück Wild und gute Wurzeln, der Schneider erzählte, was ihm begegnet sei, und nun mussten sie von neuem Feuer anzünden und Wasser beisetzen.
Als das Wild verzehrt war, gingen der Schmied und der Schneider in den Wald, und der Jäger hütete das Haus und machte ein schönes Feuer an, setzte Wasser bei und sich dazu. Da kam abermals das winzige, winzige Männchen, und wisperte:
„Jäger, Jäger, Jägerlein!
Ich lösch dir aus dein Feuerlein. „
„Probier es nur! Ich drehe dir den Hals um!“ rief der Jäger, aber – ft! – und das Feuer erlosch, und das Männlein verschwand.
Wie die Kameraden kamen, hatten sie kein Wild und kein Feuer; zwar rühmte sich der Schneider, dem der Jäger sein Gewehr geliehen, er habe bald einen Bock geschossen, aber nur bald, das Gewehr habe einen Fehler, die Kugel sei links gegangen.
„Nun probiere ich’s einmal!“ rief der starke Schmied. „Habt acht, ich zahle den Knirps aus.“ Nun blieb er zu Hause, und der Jäger ging mit dem Schneider auf die Jagd.
Der Schmied saß noch gar nicht lange bei dem Feuer, das er angezündet, nachdem er einen Schraubstock hergerichtet, als das winzige, winzige Männlein zum dritten Male erschien und wisperte:
„Schmied, Schmied, Schmiedelein!
Ich lösch dir aus dein Feuerlein. „
Aber anstatt zu antworten, griff der Schmied dem Männlein an den Kragen, schüttelte es tüchtig und klemmte es in dem Schraubstock fest, dass es erbärmlich zappelte und heulte. Das half ihm aber nichts, denn der Schmied bearbeitete es auch noch äußerst handgreiflich, und wie nun der Jäger und der Schneider kamen, so putzte der erstere das winzige Männchen auch noch aus, und der Schneider freute sich und flickte es ebenfalls gehörig durch.
Das Zaubermännchen im Schraubstock tat aber gar erbärmlich und sagte: „Lasst mich los, und gehe einer mit mir! Einen kann und will ich glücklich machen. Schneiderlein, geh du mit mir! „
„Männlein, ich geh nicht mit dir!“ antwortete der Schneider. „Jäger, so gehe du mit mir!“ bat das winzige, winzige Männlein. „Ei, der Kuckuck geh mit dir!“ antwortete der Jäger.
„Schmied, Schmied, gehe du mit mir!“ bat gar zu kläglich das Männlein.
Da sagte der Schmied: „Gut, ich will mit dir gehen, aber denke nicht, dass ich dich loslasse, denn du würdest mich sonst schön führen. Und die andern zwei müssen ein Stück hinter uns drein gehen. „
„Meinetwegen, ich bin alles zufrieden!“ winselte das winzige, winzige Männlein. „Macht mich nur aus dem Schraubstock los! „
Das tat denn der Schmied, hielt aber das Männlein fest am Kragen, und nun ging es durch eine Türe in der Stube und durch einen Kellergang in ein großes, matt erhelltes Gewölbe. In diesem Gewölbe saß auf einem elfenbeinernen Stuhle der Menschenfresser, und hinter ihm stand seine Frau und kämmte ihm mit einem beinernen Kamme das lange, zottelige Wirrhaar.
Jetzt sprach der Menschenfresser: „Hup, hup! Es riecht nach Menschenfleisch! Hup, hup – Menschenfleisch“, und schnappte behaglich.
„Ach“, antwortete die Frau, „wer weiß was du riechst? „
Doppelt fest hielt der Schmied das winzige Männlein am Kragen, denn hätte er es losgelassen, so hätte dasselbe ihn und seine Gesellen dem Menschenfresser überliefert – aber so führte er den Schmied in einen Seitengang, und die anderen folgten, und da kamen sie an ein Bergloch, davor lag ein großer Stein, und da sagte das Männlein: „Wälze diesen Stein hinweg, krieche dann durch die Öffnung hinaus und rufe: ‚Vivat! Ich bin erlöst!'“ – „Zum Steinwälzen brauch ich aber zwei Arme“, sagte der Schmied, gab dem Jäger das zappelnde Männlein am Kragen festzuhalten, denn dem Schneider mochte er’s nicht anvertrauen, der dünkte ihn nicht stark genug. Gleichwohl half auch der Schneider halten, er hielt das Männlein an beiden Beinchen fest. Jetzt wälzte der Schmied den Stein; da entstand im Gewölbe ein Poltern und Krachen, als wenn alles zusammenbreche, vor ihnen aber strahlte blendender Schimmer, Tageshelle, und vor aller Augen lag ein stattliches Schloss. Geschwinde krochen alle drei, eigentlich vier, heraus. Erst der Schmied, dann der Jäger mit dem Männlein, zuletzt der Schneider, der des winzigen Männleins Beine hielt, und jeder schrie: „Vivat, ich bin erlöst. „
Und siehe, das winzige Männlein schrie auch mit und verschwand jenen unter den Händen. Aus dem Schlosse aber trat ein prächtig gekleidetes Musikkorps und spielte einen wunderschönen Tanz, dann kamen drei herrliche Prinzessinnen, die tanzten dem Schmied, dem Jäger und dem Schneider entgegen; dann ein kleiner Mann, aber angetan wie ein König, mit Krone und Szepter, im hermelinverbrämten Purpurmantel, und seine Züge waren die des winzigen Männleins. „Dank euch, die ihr uns erlöset habt!“ sprach der kleine König mit gravitätischer Würde. „Dank und Lohn! „
Hierauf erhob der König die drei muntren Gesellen in den Prinzenstand, jeder durfte eine von den drei wunderschönen Prinzessinnen heiraten, alle lebten glücklich beisammen in dem schönen Schlosse, bedient von zahlreichem Hofgesinde, und keinem wurde wieder sein Feuerlein ausgeblasen.
„Wer hier wohnt, wird es uns nicht so sehr übel nehmen, wenn wir hier die Nacht verbringen, wir können nun einmal doch nicht weiter!“ sprachen die drei einer zum andern und legten sich nieder, wo sich just für jeden ein geeignetes Plätzchen fand. Ohne alle Störung schliefen die drei Gesellen die ganze Nacht und erwachten, als der Morgen da war, fröhlich und wohlgemut.
„Es ist hübsch in diesem Häuschen“, sprach der Schmied. „Ich dächte, wir verließen es nicht so schnell, damit wir dem Bewohner danken für die Gastfreundschaft, die wir uns angeeignet. „
„Vielleicht kann ich ihm etwas flicken“, meinte der Schneider.
„Ich bin auch nicht dagegen, hier zu rasten“, sprach der Jäger, „aber wenn wir das wollen, so müssen wir nun etwas zu essen haben, denn hier scheint Schmalhans Küchenmeister zu sein. Ich schlage daher vor, einer von uns bleibt hier und zweie gehen in den Wald und fangen oder schießen etwas, damit wir zu leben haben. „
„Der Rat ist richtig“, sagte der Schmied. „Draußen springt ein Quellbrunnen; der daheim bleibt, macht indes ein Feuerlein an und setzt Wasser bei, dass wir uns hernach eine gute Suppe kochen können. „
Der Schmied und der Jäger gingen, und der Schneider blieb im Häuschen, entzündete ein Feuer, setzte Wasser bei und sich daneben. Da erschien mit einem Male ein winzig, winzig kleines Männchen und sagte:
„Schneider, Schneider, Schneiderlein,
Ich blas dir aus dein Feuerlein. „
„Ja, untersteh dich!“ rief der Schneider voller Mut, weil das Männlein so winzig war, aber das machte – ft! – und da war das Feuer aus und das Männlein verschwunden.
Bald kamen der Jäger und der Schmied und brachten ein Stück Wild und gute Wurzeln, der Schneider erzählte, was ihm begegnet sei, und nun mussten sie von neuem Feuer anzünden und Wasser beisetzen.
Als das Wild verzehrt war, gingen der Schmied und der Schneider in den Wald, und der Jäger hütete das Haus und machte ein schönes Feuer an, setzte Wasser bei und sich dazu. Da kam abermals das winzige, winzige Männchen, und wisperte:
„Jäger, Jäger, Jägerlein!
Ich lösch dir aus dein Feuerlein. „
„Probier es nur! Ich drehe dir den Hals um!“ rief der Jäger, aber – ft! – und das Feuer erlosch, und das Männlein verschwand.
Wie die Kameraden kamen, hatten sie kein Wild und kein Feuer; zwar rühmte sich der Schneider, dem der Jäger sein Gewehr geliehen, er habe bald einen Bock geschossen, aber nur bald, das Gewehr habe einen Fehler, die Kugel sei links gegangen.
„Nun probiere ich’s einmal!“ rief der starke Schmied. „Habt acht, ich zahle den Knirps aus.“ Nun blieb er zu Hause, und der Jäger ging mit dem Schneider auf die Jagd.
Der Schmied saß noch gar nicht lange bei dem Feuer, das er angezündet, nachdem er einen Schraubstock hergerichtet, als das winzige, winzige Männlein zum dritten Male erschien und wisperte:
„Schmied, Schmied, Schmiedelein!
Ich lösch dir aus dein Feuerlein. „
Aber anstatt zu antworten, griff der Schmied dem Männlein an den Kragen, schüttelte es tüchtig und klemmte es in dem Schraubstock fest, dass es erbärmlich zappelte und heulte. Das half ihm aber nichts, denn der Schmied bearbeitete es auch noch äußerst handgreiflich, und wie nun der Jäger und der Schneider kamen, so putzte der erstere das winzige Männchen auch noch aus, und der Schneider freute sich und flickte es ebenfalls gehörig durch.
Das Zaubermännchen im Schraubstock tat aber gar erbärmlich und sagte: „Lasst mich los, und gehe einer mit mir! Einen kann und will ich glücklich machen. Schneiderlein, geh du mit mir! „
„Männlein, ich geh nicht mit dir!“ antwortete der Schneider. „Jäger, so gehe du mit mir!“ bat das winzige, winzige Männlein. „Ei, der Kuckuck geh mit dir!“ antwortete der Jäger.
„Schmied, Schmied, gehe du mit mir!“ bat gar zu kläglich das Männlein.
Da sagte der Schmied: „Gut, ich will mit dir gehen, aber denke nicht, dass ich dich loslasse, denn du würdest mich sonst schön führen. Und die andern zwei müssen ein Stück hinter uns drein gehen. „
„Meinetwegen, ich bin alles zufrieden!“ winselte das winzige, winzige Männlein. „Macht mich nur aus dem Schraubstock los! „
Das tat denn der Schmied, hielt aber das Männlein fest am Kragen, und nun ging es durch eine Türe in der Stube und durch einen Kellergang in ein großes, matt erhelltes Gewölbe. In diesem Gewölbe saß auf einem elfenbeinernen Stuhle der Menschenfresser, und hinter ihm stand seine Frau und kämmte ihm mit einem beinernen Kamme das lange, zottelige Wirrhaar.
Jetzt sprach der Menschenfresser: „Hup, hup! Es riecht nach Menschenfleisch! Hup, hup – Menschenfleisch“, und schnappte behaglich.
„Ach“, antwortete die Frau, „wer weiß was du riechst? „
Doppelt fest hielt der Schmied das winzige Männlein am Kragen, denn hätte er es losgelassen, so hätte dasselbe ihn und seine Gesellen dem Menschenfresser überliefert – aber so führte er den Schmied in einen Seitengang, und die anderen folgten, und da kamen sie an ein Bergloch, davor lag ein großer Stein, und da sagte das Männlein: „Wälze diesen Stein hinweg, krieche dann durch die Öffnung hinaus und rufe: ‚Vivat! Ich bin erlöst!'“ – „Zum Steinwälzen brauch ich aber zwei Arme“, sagte der Schmied, gab dem Jäger das zappelnde Männlein am Kragen festzuhalten, denn dem Schneider mochte er’s nicht anvertrauen, der dünkte ihn nicht stark genug. Gleichwohl half auch der Schneider halten, er hielt das Männlein an beiden Beinchen fest. Jetzt wälzte der Schmied den Stein; da entstand im Gewölbe ein Poltern und Krachen, als wenn alles zusammenbreche, vor ihnen aber strahlte blendender Schimmer, Tageshelle, und vor aller Augen lag ein stattliches Schloss. Geschwinde krochen alle drei, eigentlich vier, heraus. Erst der Schmied, dann der Jäger mit dem Männlein, zuletzt der Schneider, der des winzigen Männleins Beine hielt, und jeder schrie: „Vivat, ich bin erlöst. „
Und siehe, das winzige Männlein schrie auch mit und verschwand jenen unter den Händen. Aus dem Schlosse aber trat ein prächtig gekleidetes Musikkorps und spielte einen wunderschönen Tanz, dann kamen drei herrliche Prinzessinnen, die tanzten dem Schmied, dem Jäger und dem Schneider entgegen; dann ein kleiner Mann, aber angetan wie ein König, mit Krone und Szepter, im hermelinverbrämten Purpurmantel, und seine Züge waren die des winzigen Männleins. „Dank euch, die ihr uns erlöset habt!“ sprach der kleine König mit gravitätischer Würde. „Dank und Lohn! „
Hierauf erhob der König die drei muntren Gesellen in den Prinzenstand, jeder durfte eine von den drei wunderschönen Prinzessinnen heiraten, alle lebten glücklich beisammen in dem schönen Schlosse, bedient von zahlreichem Hofgesinde, und keinem wurde wieder sein Feuerlein ausgeblasen.
Quelle: Ludwig Bechstein