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Märchenbasar

Das Zauberroß

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Der Vater war gestorben und hatte seinem Jungen nichts hinterlassen als ein Schwert; damit zog er fort und wollte dienen gehen. Nur einmal begegnete ihm ein alter Mann, der war auf einem Auge blind und sah auch mit dem andern nicht recht, der fragte ihn: „Wo gehst du hin, Junge?“ — „Dienen!“ sprach der Junge. „Ich brauche gerade so einen; willst du meine Schafe weiden?“ Es war dem Jungen recht, und der Alte nahm ihn mit sich. Als er ihm die Herde übergeben, sprach er: „Hüte dich nur, in jenen Wald zu gehen, denn keiner meiner Knechte ist lebendig herausgekommen.“ Der Junge hielt sich einige Zeit daran; aber bald dachte er bei sich: „Du mußt doch einmal sehen, was dort ist; was könnte dir schaden, du hast ja dein gutes Schwert!“ Kaum hatte er den Wald betreten und die große Herrlichkeit darin angesehen, so kam ein dreihäuptiger Drache auf ihn [zu] und schrie: „Menschenkind, wie kommst du herein; kein Vöglein wagt es, meinen Wald zu verunreinigen, willst du ihn mit deinen Schafen verätzen? Du mußt mit mir schlagen oder ringen, was willst du lieber?“ – „Ringen!“ sprach der Junge. Da faßte ihn der Drache und schlug ihn bis zu den Knien in den Erdboden. Der Junge faßte darauf sein Schwert und hieb dem Drachen die drei Häupter ab und trug sie nach Hause und hing sie auf die Zaunpfähle. „Was hast du da?“ fragte der Alte, denn er konnte es nicht
sehen. „Drei Häupter von einem Bock, den ich im Walde erschlagen!“ – „Du Junge, das mag dir schlecht frommen; gehe nicht mehr in den Wald!“ Aber am anderen Tage trieb die Lust den Knaben noch tiefer hinein; da war es noch stiller und herrlicher; nur einmal kam ein sechshäuptiger Drache: „Ha, Menschenkind, kein Vöglein kommt in unsern Wald, du hast ihn mit deinen Schafen verunreinigt und mir meinen Bruder umgebracht; du mußt mit mir schlagen oder ringen; was willst du lieber ?“ – „Ringen!“ Da faßte ihn der Drache und schlug ihn bis an den Nabel in den Erdboden. Der Junge ergriff sein Schwert und hieb dem Drachen alle Häupter ab und trug sie nach Hause und steckte sie auf die Zaunpfähle. „Was hast du da?“ fragte der Alte. „Sechs Häupter von einem Bock, den ich im Wald erschlagen!“ – „Das mag dir schlecht frommen, gehe nicht mehr in den Wald!“ Tags darauf hatte der Knabe noch viel größere Lust und ging tiefer in den Wald, und es war da noch stiller und herrlicher. Nur einmal kam ein neunhäuptiger Drache: „Ha, Menschenkind, kein Vöglein kommt in unsern Wald, du hast ihn verunreinigt und meine Brüder umgebracht; du mußt mit mir schlagen oder ringen; was willst du lieber?“ – „Ringen!“ Da faßte ihn der Drache und schlug ihn bis unter die Achseln in den Erdboden. Der Knabe konnte sein Schwert noch schwingen und hieb dem Drachen alle Häupter ab, trug sie nach Hause und steckte sie zu den ändern auf die Zaunpfähle. „Was hast du da wieder ?“ fragte der Alte. „Neun Häupter von einem Bock, den ich im Wald erschlagen!“ – „Das mag dir schlecht frommen, gehe nicht mehr in den Wald!“ Aber am folgenden Tag drang der Junge noch tiefer hinein, und es war da noch viel stiller und herrlicher. Nur einmal kam ein zwölfhäuptiger Drache herangefahren: „Ha, Menschenkind, kein Vöglein kommt in unsern Wald, du hast ihn verunreinigt und meine Brüder umgebracht; du mußt mit mir schlagen oder ringen;
was willst du lieber?“ – „Schlagen!“ sprach der Junge; denn er fürchtete, der Drache werde ihn bis über den Kopf in den Erdboden stoßen, und dann könne er sein Schwert nicht brauchen. Da schlug der Drache ihn mit seinem Schweif, daß er zwölf Klaftern weit fortflog. Jetzt kam aber der Junge mit seinem Schwert herbeigelaufen und hieb dem Drachen elf Häupter auf einmal ab; bis er das zwölfte abschlug, waren die elf andern wieder gewachsen, und wenn er die elf abschlug, wuchs das zwölfte wieder. So ging es bis gegen Abend.
Als aber die Sonne unterging, verlor der Drache alle Kraft, und die des Knaben wuchs, und so schlug er die zwölf Häupter auf einmal ab. Als er nach Hause kam, steckte er sie zu den ändern auf die Zaunpfähle, und alle Pfähle um den Hof waren jetzt besetzt. Da fragte der Alte: „Was hast du da?“ – „Zwölf Häupter von einem Bock, den ich im Wald erschlagen!“ – „Das wird dir schlecht frommen, gehe nicht mehr in den Wald!“ Allein jetzt war die Lust und Begierde des Knaben gerade auf das höchste gestiegen: „Was wird noch da sein!“ dachte er und ging am folgenden Tage noch tiefer hinein. Da war es viel stiller und schöner. Nur einmal sah er in der Ferne ein Häuschen und davor stand eine steinalte Frau, das war die Buschmutter. Er ging zu ihr und grüßte sie freundlich. „Komm herein!“ sprach die Alte. Da rührte sie ihn in ein Zimmer, darin lag ein Toter. „Das ist mein jüngster Sohn, den du mir zuerst erschlagen hast!“ Dann kamen sie in ein anders Zimmer:
„Hier liegt sein älterer Bruder, den du zum zweitenmal erschlugst!“ Sie gingen in das folgende Zimmer: „Hier liegt dessen älterer Bruder, den du zum drittenmal erschlugst!“ Sie kamen in ein anders: „Hier liegt mein ältester Sohn, den du zuletzt erschlugst!“ Sie öffnete eine andere Türe und rief: „Und dahin kommst du!“ Da wollte sie ihn packen, aber der Knabe erhob sein Schwert und schlug sie gleich zu Boden; doch konnte er sie, wie sehr er auch schlug, nicht verwunden, und die Alte verlachte und verhöhnte ihn. Wie aber seine rechte Hand ermüdet war, nahm er das Schwert in die Linke: „O weh ! O weh!“ schrie sogleich die Alte, „haue nicht; ich will dir was Heilsames sagen!“ – „So sprichst du gleich!“ rief der Junge und hielt das Schwert gezückt über ihr. Die alte Hexe zitterte und sprach: „Hinter diesem Hause steht ein Baum, unter dessen Wurzel ist ein mächtiger Stein, und darauf liegt eine Kröte; nimm diese und bestreiche damit dreimal dem Alten die Augen und schleudre sie ihm zuletzt wider die Stirne, daß sie zerplatzt; so wird er wieder sehen!“ – „Ist das alles?“ sprach der Junge. „Ja!“ sprach die Hexe. Kaum hatte sie es gesagt, so ließ er das Schwert auf sie niederfahren, und ihr Kopf lag gleich auf dem Boden.
Nun grub er unter dem Baum bis auf den mächtigen Stein und die Kröte, nahm sie und eilte nach Hause, bestrich dem Alten dreimal die Augen und schleuderte sie ihm dann an die Stirne, daß sie in tausend Stücke zerschmettert wurde, und alsbald waren seine Augen heil, und er sah wie die Sonne. Aus der zerschmetterten Kröte war aber auch eine kleine Gestalt hervorgesprungen; diese rief: „Ich danke dir, daß du mich erlöst hast; die alte Hexe hat nicht alles gesagt; ich mußte, in die garstige Kröte verschlossen, auf dem Schatz der Drachenbrüder liegen und ihn bewachen!“ Damit schlüpfte sie in eine Bergspalte. Nun sah der Junge gleich nach und fand richtig unter dem mächtigen Stein den unermeßlichen Schatz. „Lasse den Schatz da“, sprach der Alte, „den kannst du jederzeit heben; allein ich gebe dir eine köstlichere Gabe dafür, daß du mir das Licht der Augen zurückgegeben, das mir die alte Hexe genommen hatte! Nimm das Roß aus meinem Stall, damit reite in die Welt, denn du bist noch jung.“
Das Roß aber war kein gewöhnliches; es hatte acht Füße und war wunderschön, aber das Beste an ihm war, daß es sprechen konnte und große Weisheit besaß. Der Junge war sehr froh, setzte sich gleich auf und ritt in die Welt. Wie er ein Stück geritten war, sah er auf der Erde eine kupferne Feder liegen. „Die mußt du aufheben!“ sprach das Roß; der Junge tat es; ein wenig weiter lag eine silberne Feder und noch ein wenig weiter eine goldne. Auch diese hob er auf, wie ihn das Roß geheißen hatte.
Nun gelangte er bald in die große Stadt, wo der König wohnte; er ging an den Hof und fragte, ob man keinen Knecht brauche, er wolle gerne dienen mit seinem Roß. Der König nahm ihn an. Nach einiger Zeit machte man eine große Jagd; da erjagte der Junge eine Menge Wild, denn mit seinem Roß konnte er alles ereilen. Das gefiel nun dem König so sehr, daß er den Jungen lieb gewann vor den ändern Knechten; diese aber überkam der Neid, und sie dachten darauf, wie sie ihren Kameraden verderben könnten. Der Junge hatte dem König die kupferne, silberne und goldene Feder geschenkt. Da gingen eines Tages die ändern Knechte zu ihrem Herrn und sagten: „Der Jungknecht hat sich gerühmt: ja es wäre ihm ein leichtes, auch die drei Vögel zu bekommen, von denen die Federn wären.“ Den König überkam sogleich die Lust und Begierde, die Vögel zu besitzen; er ließ den Jungen rufen und sagte:
„Wenn du mir in drei Tagen die Vögel nicht zur Stelle schaffst, so ist es aus mit deinem Leben!“ Da war der Junge traurig und wußte sich nicht zu helfen. Wie er in den Stall trat, fragte ihn sein Roß: „Warum bist du so traurig?“ Da erzählte es der Junge. „Gehe zum König“, sprach das Roß, „und verlange von ihm einen kupfernen, silbernen und goldnen Vogelkorb.“
Als er die drei Käfige hatte, sprach das Roß weiter: „Jetzt setze dich auf mich und reite ins Feld“, und wie sie dort angelangt waren, sprach es wieder. „Nun rufe einmal nach allen vier Weltgegenden:, Vögel her!'“ Kaum war das geschehen, so kamen eine Menge Vögel von allen Seiten herbei und auch der Vogelkönig erschien und fragte den Jungen, was er befehle. „Kannst du mir nicht sagen, wo die drei Vögel zu finden, von denen diese Federn sind „- „Die gehören nicht meinem Reiche an“ sprach der Vogelkönig, „gleich will ich aber bei meinem Volke fragen, ob niemand Bescheid weiß.“ Aber kein Vogel konnte Auskunft geben. „Fehlt niemand?“ fragte der König. Als man jetzt nachzählte, so fehlten drei Vögel, die kamen eben herbeigeflogen und waren sehr müde. „Wir hörten wohl den Ruf, aber wir konnten nicht so leicht kommen; denn wir waren am Weitende!“ sprachen sie und erzählten nun von den Wunderdingen, die sie gesehen, der eine vom kupfernen Drachen und kupfernen Vogel, der andere vom silbernen Drachen und silbernen Vogel und der dritte vom goldnen Drachen und vom goldnen Vogel, wie die Drachen sich gesonnt und wie die drei Vögel sie in den Schlummer gesungen hätten.
Das war dem Jungen sehr angenehm zu hören, und der Vogelkönig befahl, daß die drei ihm den Weg zeigen sollten. Auf seinem schnellen Roß war er bald an Ort und Stelle, und mit seinem Schwert erschlug er die Drachen alsbald, und der kupferne und silberne und goldne Vogel ließen sich leicht fangen. Der König freute sich sehr, als der Junge ihm nur einmal die Vögel brachte, und von da an liebte er ihn noch viel mehr; aber die anderen Knechte wurden um so neidischer und falscher und suchten immer, wie sie ihn verderben könnten. Da sprachen sie eines Tages wieder zum König: „Der Jungknecht hat sich gerühmt, es sei ihm ein leichtes, die schöne Meerjungfrau seinem Herrn zu verschaffen.“ Den König ergriff sogleich ein unendliches Verlangen, das schöne Weib zu besitzen; er ließ den Knaben vor sich kommen und sprach: „Wenn du in drei Tagen mir nicht die schöne Meerjungfrau bringst, so hat dein Leben ein Ende; bringst du sie aber, so sollst du mein halbes Königreich und meine Schwester zum Weibe bekommen!“ Der Junge freute sich über das letzte, wie er aber an das erste, an den schweren Auftrag dachte, ward er sehr betrübt. Da fragte ihn wieder sein Roß, warum er so traurig sei. Er erzählte ihm’s. „Gehe hin zum König und verlange von ihm ein ganz weißes Brot und eine Flasche vom besten Wein.“
Als der Junge das Brot und den Wein brachte, sprach das Roß wieder: „Nun setze dich auf mich und reite zum Meere !“ Als sie da anlangten, sagte es weiter: „Jetzt lege Brot und Wein ans Ufer, sobald das Meer dann anfängt zu steigen, wird die Meeresjungfrau kommen und vom Brot essen und vom Wein trinken. Sobald das geschehen, rufe gleich aus dem Versteck: „Gesehen, gefangen!“ aber ja nicht eher, als bis sie gegessen und getrunken, denn es wäre dann umsonst und sie verschwände schnell in der Flut, aber ja früher, als bis ihren Fuß wieder die Welle genetzt hat. Dann ist sie gebannt und muß uns zu Hofe nachfolgen.“
Also tat der Knabe, wie ihn das weise Roß gelehrt hatte. Die Jungfrau kam langsam, sah zuerst genau um sich, horchte, endlich trat sie aus dem Wasser ans Ufer, nahm von dem Brot und trank von dem Wein, und schon wollte sie zurück; nun erscholl der Ruf: „Gesehen, gefangen!“ Da stand sie bleich und festgebannt, und der Junge mit dem Roß sprang schnell hervor, grüßte sie schön und bat sie zu folgen, denn sie solle die Gemahlin seines Königs werden. Die Jungfrau folgte, weil sie mußte, aber sie trug mit sich großen Zorn. Als der König sie sah, grüßte er sie fein und freute sich sehr und hätte gerne bald Hochzeit gehalten; allein die Meerjungfrau blickte finster und sprach: „Zuerst mußt du mir noch meinen Fohlenhengst und mein Gestüte hierher schaffen.“ Da ging der König wieder zum Knaben und sagte: „Hast du mir die Meerjungfrau gebracht, so mußt du mir auch ihren Fohlenhengst und ihr Gestüte hierher rühren, sonst hat dein Leben ein Ende; ist das aber vollbracht, so will ich nichts mehr von dir verlangen, und dann sollst du den versprochenen Lohn haben!“
Der Knabe ward wieder ganz betrübt, und wie er so in den Stall kam, fragte ihn wieder sein Roß, was ihm fehle. Er erzählte ihm von dem neuen Auftrag, „Gehe zum König und verlange von ihm zwölf Büffelhäute und zwölf Pfund Harz, dann klebe diese zusammen und überziehe mich damit.“ Als das geschehen war, sprach das Roß weiter: „Jetzt sitze auf mich und ziehe ans Meer!“ Als sie da angekommen waren, sprach das Roß wieder: „Jetzt nimm meinen Halfter und verkrieche dich; dann will ich den Hengst herbeilocken und mit ihm kämpfen; wenn du siehst, daß er zur Erde fällt, so komme und lege ihm den Halfter an.“ Kaum hatte sich der Junge versteckt, so stampfte das Roß und wieherte. Nur einmal kam der Fohlenhengst herbeigerannt und schnaubte Feuer und Flammen; da fing der Kampf an; er durchbiß ein Büffelfell nach dem andern, als er aber das zwölfte durchbissen hatte, sank er vor Ermattung nieder; jetzt lief der Junge hinzu und legte ihm den Halfter an. „Nun schnell auf und davon!“ flüsterte ihm sein Roß zu. Der Junge schwang sich auf, und der Fohlenhengst mußte aufstehen und nachfolgen. Da stampfte er einmal gewaltig und wieherte so laut, daß es dem Jungen durch Mark und Bein ging. Nach einiger Zeit sprach das Roß : „Sieh zurück, merkst du nichts?“ – „Ich sehe eine Wolke aufsteigen.“ – „Das ist das Gestüt, wenn das uns erreicht, so sind wir verloren, denn wir werden von ihm zertreten!“ Da stampfte der Fohlenhengst noch einmal und wieherte. „Siehe zurück!“ sprach das Roß. „Ich sehe schon die vielen Pferdehäupter!“ Da rannten sie aus allen Kräften, und als sie durchs Schloßtor zogen, so stampfte der Fohlenhengst zum drittenmal und wieherte. Alsbald waren auch die Stuten da und kamen in den Schloßhof.
Der Junge aber hatte sein Roß schnell in den Stall gebunden und hatte dem König die Nachricht gebracht, der Auftrag sei vollführt; der freute sich sehr; die Meerjungfrau jedoch sah noch viel wilder und entsetzlicher aus als früher. „Bis du nicht alle Stuten gemolken und in der siedenden Milch dich gebadet hast, werde ich dein Weib nicht!“ Da kam der König wieder zum Knaben und sprach: „Melke die Stuten sogleich in einen großen Kessel, und wenn du es nicht tust, so ist dein Leben am Ende.“ – „O König“, sprach der Junge, „hältst du so dein Versprechen?“ Er ward traurig, ging in den Stall und klagte seinem Roß. „Was gibt es denn wieder?“ fragte dieses. Er sagte ihm vom neuen Auftrag. „Führe mich in den Hof, so wirst du gleich melken können!“ Kaum war das geschehen, blies das Roß aus seinem linken Nasenflügel solche Kälte heraus, daß die Füße der Stuten an die Erde anfroren; so molk der Knabe leicht, denn die Stuten standen ruhig wie Lämmer.
Als der Kessel voll war, machte man Feuer darunter, und als die Milch siedete, zitterte der König, denn er merkte, es könne sein Leben kosten. Da rief die Meerjungfrau: „Der Knecht soll zuerst baden, der mich und meinen Fohlenhengst und mein Gestüt hierher gebracht hat!“ Denn sie haßte ihn deshalb und wollte ihn zuerst verderben. „Ja“, rief der König, „nur schnell, steige hinein.“ Der Junge dachte: „Nun ist es aus mit dir“, und war ganz niedergeschlagen; „lasse mich nur einmal noch mein Roß sehen!“ Das wurde ihm gestattet. Als er hinkam, sagte ihm das Roß: „Führe mich nur zum Rande des Kessels und fürchte dich dann nicht.“ Also tat der Knabe, und sowie er in den Kessel stieg, blies das Roß auf einmal so viel Kälte hinein, daß die Milch lauwarm wurde; es dünkte ihn sehr gut, und er rief: „Wie tut das so wohl!“ Als der König sah, daß sein Knecht unversehrt blieb, bekam er Mut und sprach: „Heraus mit dir, daß ich jetzt einsteige.“ Kaum war der Junge heraus, so war auch der König schon drinnen, und das Bad schien ihm angenehm. Aber nun blies das Roß aus dem rechten Nasenflügel auf einmal so viel Glut in den Kessel, daß die Milch gleich hoch aufsiedete und der König verbrannte.
Da lächelte die Meerjungfrau und dachte, der Junge werde nun ihr Gemahl werden, doch er ging hin und nahm. die Schwester des Königs; die stolze Meerjungfrau aber, die ihn hatte verderben wollen, machte er zu ihrer Dienstmagd. Als er nun Herr und König war, sagte das Roß zum Jungen: „Noch einen Dienst kann ich dir tun, setze dich auf mich und nimm den Fohlenhengst und alle Stuten und bringe dir den Schatz her.“ Da zog der Knabe hin und brachte den unermeßlichen Schatz, der unter dem Baum lag. Als das geschehen war, sprach das Roß; „Von nun an bedarfst du meiner nicht“, und verschwand vor den Augen des Jungen. Wahrscheinlich zog es wieder zu jenem alten Mann, seinem Herrn; die Meerjungfrau aber, ihren Fohlenhengst und ihre Stuten behielt der neue König immerfort in seinem Dienst und war reich und mächtig, glücklich und zufrieden.

Quelle: (Josef Haltrich)

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