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Der arme Spielmann und die goldenen Schuhe

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Es war einmal ein armer Spielmann. Er reiste jahraus, jahrein in der weiten Welt umher, geigte und sang überall, wohin er kam, und brachte sich mühsam mit den paar Kreuzern, die er dabei verdiente, fort.
Auf seiner Wanderung kam er auch einmal zu einer Kapelle. Weil er gerade voll frommer Gedanken war, ging er hinein und spielte und sang ein Lied zu Gottes Ehr‘, so schön und so gut er es konnte. Wie er so in Eifer und Andacht sang und die Saiten strich, erhellte sich plötzlich das Antlitz der Muttergottesstatue, und einer ihrer goldenen Schuhe fiel herab und dem Spielmann zu Füßen. Da erschrak er nicht wenig, doch dann sagte er zu sich: „Wart, den nehme ich mit, weil er so wunderschön ist, der Schuh, und gar so hell funkelt. Denn: Ist die Gabe noch so klein, muss man doch zufrieden sein!“
Der arme Spielmann wusste ja nicht, dass der Schuh aus purem Gold war.
Und er zog weiter und kam zu einem Bauernhaus, dort fragte er, ob man ihm den Schuh für wenig Geld abkaufen wolle.

‚Nein, nein, mein Lieber‘, dachte der Bauer, ‚den Schuh hast du gestohlen, und es war dir recht, wenn ich ihn kaufe. So etwas Feines!‘ überlegte er weiter, ‚aus Leder ist dieser Schuh bestimmt nicht.‘ Und laut sagte er: „Geh damit in den Marktflecken zum Schuster, der nimmt ihn dir vielleicht ab, ich kann ihn nicht kaufen.“ Dann bezeichnete er dem Spielmann den Weg und beschrieb auch genau das Haus, in dem der Schuster zu finden war.
Der Spielmann ging hin, sang und geigte und zog dann den goldenen Schuh heraus.
„Wollt Ihr ihn nicht kaufen?“ fragte er den Schustermeister.
Doch auch diesem kam die Sache nicht geheuer vor, und er sagte zum Spielmann: „Mit dem Schuh kann ich nichts anfangen, denn er ist nicht aus Leder.“ Und er gab ihm den Rat, zu einem Goldschmied zu gehen, nannte ihm einen und wies ihm den Weg dahin.

Der Spielmann wanderte nun in die Stadt, kam vor das Haus des Goldschmieds und ging hinein. Da sang er wieder ein Lied und bot dann dem Meister den Schuh an. Der machte große Augen, als er merkte, dass der Schuh aus purem Gold war.
„Ich will ihn dir gern abkaufen, doch muss ich vorher noch eine kleine Arbeit verrichten. Drum setz dich eine Weile nieder!“
Sprach’s und gab draußen seiner Frau einen Wink, sie möge die Landwächter holen. Die waren im Nu zur Stelle und fragten den Spielmann streng, wo er den Schuh gestohlen habe.
„Gott im Himmel weiß, dass meine Hände stets rein waren und sind!“ versicherte der arme Spielmann.
Doch die Landwächter schenkten ihm keinen Glauben, obgleich er beteuerte, dass ihm die Gottesmutter in der Kapelle den Schuh herabgeworfen habe. Sie schleppten den Spielmann vor den Richter, der ihn zum Tod am Galgen verurteilte.

Am dritten Tag danach wurde der arme Spielmann mit einer Schlinge um den Hals hinaus zum Richtplatz geführt. Da klagte er recht jämmerlich und bat um eine letzte Gnade. Er sagte: „Führt mich doch zu der Kapelle und lasst mich noch einmal dort spielen!“
Da wurden die Landwächter von Mitleid ergriffen und gewährten ihm die Bitte. Als sie vor dem Altar standen, setzte der Spielmann seine Geige an und spielte so wehmutsvoll und innig, dass er alle Herzen rührte.

Auf einmal erhellte sich wieder das Antlitz der Marienstatue, und sie warf dem Spielmann den zweiten Schuh herab. Die Landwächter erschraken über das Wunder und erkannten nun, dass der Spielmann nicht gelogen hatte. So ließen sie ihn mit den beiden goldenen Schuhen seines Weges ziehen.
Er aber ging wieder zurück zum Goldschmied, der ihm nun die kostbaren Schuhe abkaufte. Der Spielmann hatte jetzt so viel Geld, dass er nicht mehr in der Welt umherwandern musste, sondern glücklich und zufrieden seine Tage beschließen konnte.

Ein Märchen aus Östreich

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