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Der auf die Probe gestellte Königssohn

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Wo war’s, wo war’s nicht, jenseit von siebenmal sieben Königreichen, auch jenseit des Operenzmeeres, wo das Ferkelchen mit dem kurzen Schwänzchen wühlt, da war ein König. An jenes Königs Tafel sass schon seit sieben Jahren ein Vogel, dem war in all den langen sieben Jahren noch nicht ein einziges Bröselchen zugefallen.
Einstmals ermannte sich der Vogel, erhob sich vom Tisch und sprach zum König: »Nun, jetzt ziehe ich von dannen, du unmenschlicher Hund! Doch du sitze hier, solange bis du von meinem Blut getrunken hast!« Damit husch aus dem Fenster! Und sie sahen den Vogel nicht mehr.
Der König glaubte, dass der Vogel nur gespasst habe, wollte von seinem Sessel aufstehen; doch siehe, er konnte es wirklich nicht. »Na! jetzt hat mich dieser Vogel verwünscht!« sagte er zu sich. Er sagte dem ältesten Prinzen, er solle, sei’s, wie’s sei, ihm diesen Vogel herbeischaffen; denn er könne nicht eher von seinem Sessel aufstehen, bis er nicht jenes Blut getrunken.
Machte sich der älteste Prinz auf. Durch Berg und Tal war er gezogen, als einstmals die Nacht ihn überraschte. Er war auch hungrig und begann sein Brot zu essen. Wie er so gemächlich ass, kam ein Fuchs daher, der bat ihn um einen Bissen Brot. Der Königssohn tat, wie wenn er nicht gehört hätte, schaute nach der andern Seite. »Halt!« sprach der Fuchs zu sich, »das wirst du noch bereuen!« Und das wurde auch wahr, denn kaum war der Königssohn eingeschlafen, da biss ihm der Fuchs beide Ohren ab. Er wachte davon auf, dass ihn die Stelle seiner Ohren sehr schmerzte. Was sollte er jetzt machen? So verstümmelt konnte er nicht weiter ziehen, musste mit Schimpf und Schande umkehren. Zu Hause erzählte er, wie es ihm ergangen; sein Vater schalt ihn tüchtig aus; das hatte er nun davon.
Jetzt sandte der alte König den mittelsten Sohn fort. Doch der war aus demselben Holze geschnitzt wie sein Bruder; dem ging es ebenso mit dem Fuchs; er kam ohne seine beiden Ohren heim. Auch den zankte der Vater tüchtig aus. Er begann sich über seine Ohren zu grämen; doch sein Bruder tröstete ihn: »Darum traure nicht! entweder mit welchen oder ohne welche!«
Zuletzt kam die Reihe an den Jüngsten. Er zog auch aus, hatte sich aufs beste ausgerüstet, es fehlte ihm an nichts. Lange wanderte er auch in einem Zug, bis er sich an jener Stelle niederliess, wo seine Brüder ihr Brot gegessen hatten. Er tafelte aufs beste, als der Fuchs daher kam, ihn auch anzubetteln. Er war gutherzig; das Stückchen, das er dem Fuchs gab, hätte ihn sowieso nicht satt gemacht, also gab er ihm eine grosse Scheibe Brot. Der Fuchs frass es mit Behagen; als er den letzten Bissen verschlungen hatte, sprach er zum Königssohn:
»Weil du gutherzig gewesen bist, werde ich dir auch beistehen. Deinen beiden Brüdern habe ich die Ohren abgebissen, weil sie so hoffärtig waren; doch du magst bitten, was du willst, wenn ich es tun kann, so tue ich es.« Da erzählte ihm der Königssohn, was sein Vorhaben wäre, ob er ihm dabei helfen könnte.
»Na, wenn’s nur das ist,« sprach der Fuchs, »da ist keine Sorge! Jener Vogel gehört dem und dem König. Wenn du dich leise einschleichst, kannst du ihn forttragen. Doch rühre nicht an die goldene Decke, auf der der Vogel sitzt; denn sonst greifen sie dich; das weiss ich so sicher wie mein Leben! Doch fürchte dich nicht; denn ich werde bei dir sein und gebe dir schon Rat!«
Der Königssohn versprach, dass er tun werde, was der Fuchs sagt. Und sie wanderten selbander. Als sie beim königlichen Palast angelangt waren, blieb der Fuchs draussen, der Königssohn ging hinein. Der Vogel sass dort im Garten unter einem Baum auf einer goldenen Decke. Er ergriff den Vogel; doch die Decke glänzte so schön, er konnte es nicht lassen, sie anzurühren. Als er sie aufhob, da begann’s zu zwitschern, zu lärmen, so dass sie drinnen gleich merkten: na! jetzt will jemand den Vogel forttragen! Sie eilten herbei, ertappten den Königssohn richtig in dem Augenblick.
Sie forschten ihn aus, fragten ihn aus, was er mit diesem Vogel wollte. Da erzählte er, dass er des Nachbarkönigs Sohn wäre, aus dem und dem Grunde hätte er den Vogel forttragen wollen, damit sein Vater von dem Blute trinken könnte.
Da sprach der König zu ihm: »Mein Nachbar hat ein schönes Goldpferd; wenn du mir das herbeischaffen kannst, so gebe ich dir den Vogel!« Damit liessen sie ihn frei.
Er zerbrach sich den Kopf, wie er auch noch dieses goldene Pferd erlangen könnte! Doch der Fuchs klärte ihn auf, so und so wäre es; »auf dem liegt auch eine goldene Decke; wenn du die nicht anrührst, ist das goldene Pferd dein!«
Doch dem Königssohn ging es dort wieder so: er rührte die Decke an, sie griffen ihn. Und sie verhiessen ihm dort nur dann das goldene Pferd, wenn er des Nachbarkönigs Goldkutsche stehlen könnte. Er ging auf alles ein, sie hätten ihm Gott weiss was sagen können. Der Fuchs sagte ihm wiederum: »Wenn du nicht so dumm sein wirst und die goldene Decke anrühren, so kannst du den Wagen leicht fortholen.«
Wo dem Königssohn der Kopf stand, das weiss ich nicht, doch mit der Goldkutsche ging’s ihm so. Der Teufel soll die Decke holen! ach, wie gut muss sie ihm wohl gefallen haben! Sie griffen ihn wiederum. Schon wollten sie ihn dort prügeln; doch als der König kam, liessen sie ihn in Frieden. Sie nahmen ihn ins Verhör. Der Arme konnte vor Schreck kaum reden; was er sagte, konnten sie nur sehr schwer aus ihm herauskriegen. Zuletzt sprach der König zu ihm:
»Nicht weit von hier ist ein Haus, dort hütet ein altes Weib ein schönes Feenmädchen; wenn du die bringst, kannst du den Wagen fortführen.«
Der Königssohn erzählte dem Fuchs lang und breit, was sie ihm gesagt hatten; aber er stammelte seine Worte nur, denn der Schreck sass ihm noch in allen Gliedern. Der Schweiss rann nur so von seinem Gesicht, als wenn er begossen worden wäre.
»Das ist schon ein bischen schwieriger, aber wir werden es schon schaffen! Das wird die Hauptsache sein, dass wir alle beide hineinkommen; dann, wenn du das Mädchen herausgeholt hast, wandele ich mich in ein Feenmädchen; die Alte wird dann glauben, dass ich die Fee bin.«
So geschah’s. Sie gingen alle beide hinein. Die Alte schlief gerade, und ein zauberschönes Mädchen kehrte den Flur. Der Königssohn nahm sie beim Arm und führte sie hinaus. Der Fuchs hatte sich schon im selben Augenblick in ein Feenmädchen verwandelt und kehrte weiter.
Der Königssohn war schon weit weg mit dem Feenmädchen, als plötzlich der Fuchs auch bei ihnen war. Da fragte der Prinz den Fuchs: »Nun, ist was geschehen?«
»Und ob was geschehen ist! Die Frau erwachte, merkte, dass ich nicht ihr Mädchen sei, begann zu schreien, setzte sich auf den Besen, auf dass sie jenes Mädchen zurückhole; doch ihr wart schon so weit fort, dass ihre Macht nicht bis dahin reichte. Und ich wandelte mich zurück und bin euch so nachgetrollt. Doch jetzt müssen wir hinein wegen der Goldkutsche, du weisst doch!«
Der Königssohn hatte das Feenmädchen schon sehr lieb gewonnen; er hatte nicht das Herz, von ihr zu scheiden; so sagte er dem Fuchs, dass er das Mädchen nicht hergeben würde, wenn auch sein Vater nimmer von seinem Sessel aufstünde.
»Dem können wir auch abhelfen! Ich werde das Fräulein sein, führe mich hinein; doch nur dann, wenn du versprichst, dass wir zum Schluss alles teilen.« Der Königssohn versprach in seiner Bedrängnis auch das.
Als sie beim Palast anlangten, wurde aus dem Fuchs ein herrliches Feenfräulein; das echte liessen sie draussen und gingen hinein. Nicht lange darauf kam der Königssohn mit der Goldkutsche heraus. Er setzte das schöne Mädchen hinein, und dann fuhr er so schnell davon, wie es nur anging.
Sie waren schon weit fort, als der Fuchs plötzlich auch bei ihnen war. Dann erzählte der Fuchs, dass ihn der König aufs zärtlichste umarmt hätte, als ihm in den Sinn gekommen wäre, dass der Prinz und das schöne Mädchen jetzt schon weit vom Palast weg sein könnten; plötzlich habe er sich in einen Fuchs verwandelt. Den König rührte fast der Schlag, so war er erschrocken.
»Na! soweit wären wir nun schon,« seufzte der Königssohn, »doch noch zwei Sachen haben wir vor uns.« »Damit werden wir auch fertig werden!« sagte der Fuchs.
Und sie wurden auch fertig damit. Denn der Fuchs verwandelte sich auch in eine Goldkutsche, sie führten das goldene Pferd von dannen, er verwandelte sich auch in ein goldenes Pferd, und sie entführten auch den Vogel, von dem der König sein Aufstehen erwartete.
So hatten sie nun das schöne Feenmädchen, die Goldkutsche, das goldene Pferd und den heilenden Vogel, alles.
»Na! Und jetzt können wir teilen! hier ist alles! Das Mädchen, den Wagen, das Pferd und auch den Vogel!«
Dem armen Königssohn brach fast das Herz. »Mir ist’s gleich, wir wollen alles teilen, nur nicht das Mädchen! Nimm mir das wenigstens nicht!«
»Na gut! Ich werde also nichts teilen, aber versprich mir, dass du alles küssen wirst, was wir hier auf dem Heimweg finden werden!« Der Königssohn versprach es.
Zuerst fanden sie einen verreckten Hund, der war so stinkig wie ein skrofulöses Aas. Der Königssohn neigte sich, um ihn zu küssen, doch der Fuchs riss ihn zurück.
»Küsse das, was wir danach finden werden!«
Sie fanden eine Kröte. Auch die wollte der Königssohn küssen; doch der Fuchs sagte ihm: »Ich sehe, dass du ein Mann bist. Küsse die Kröte nicht! Ich wollte dich nur auf die Probe stellen. Doch jetzt geh nur heim! Gott segne dich!«
Der Königssohn langte wirklich nicht lange drauf zu Hause an; dem Vogel wurde der Fuss abgeschnitten; der König wurde mit dem Blut geheilt, sodass er bei seines Sohnes Hochzeit mit dem schönen Feenmädchen den schnellsten Csardas tanzte.
Und der Königssohn wurde glücklich fürs ganze Leben mit seiner Gemahlin; er lebt noch jetzt mit dem schönen Feenmädchen, wenn sie nicht gestorben sind.

[Ungarn: Elisabet Róna-Sklarek: Ungarische Volksmärchen]

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