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Endlich sank die Sonne hinter den Berg, und kaum fing die Dämmerung an, so machten sie sich auf den Weg, der Fuchs voran; sie gelangten ungefährdet bis zum Hochzeitshause, denn die Hunde sind bei der Gelegenheit auch nicht so wachsam als sonst, sie schnuppern meist in der Küche herum. Der Fuchs sprang zuerst zum Kellerloch hinein und winkte dem Wolf, ihm zu folgen. Wenn ein Vielfraß und Nimmersatt einmal zuviel Speise beisammen sieht, so ist das ihm eine höllische Qual und Ärgernis, daß er nicht alles zu sich nehmen kann. Da war das Fleisch von einer ganzen Kuh und eine solche Masse von gerupften Hühnern, Schweinefleisch, Fett, Honig, Met und Wein, daß er jammerte, es nicht alles verschlingen zu können. Er fing aber an, hastig einzupacken, und verschlang mächtige Stücke Fleisch auf einmal und trank Wein und Met ganze Kannen und Schärfer. Der Fuchs fraß nur zwei junge Hühner, allein er hatte keine Ruhe, er sprang öfter zum Kellerloch hinaus und probierte, ob er noch hinaus könne und nicht zuviel habe. Der Wolf sah das und rief: »Was machst du? Bist du närrisch?«
»Ich sehe, ob niemand kommt«, antwortete der Fuchs. »Da sieht man, was für ein Hasenfuß du bist!« sprach der Wolf und fraß und trank gierig fort und füllte seinen Wanst, aber wenn er sieben Magen gehabt hätte, es wäre doch umsonst gewesen, so viel Speise und Trank war da beisammen. Als er voll und satt war, stieg ihm der Wein in den Kopf und er wurde ausgelassen fröhlich. »Gevatter«, rief er zum Fuchs, »es kommt mir so zu singen, lasset uns einmal singen!«
»Ich habe den Schnupfen!« sprach der Fuchs, »ich kann nicht, aber lasset auch Ihr jetzt das Singen!«
»Nein, Gevatter, ich muß singen, ich kann meine Freude nicht länger bändigen und zurückhalten« und fing an fürchterlich zu heulen: »Ullulluh! Jujujuh!« wie ja die Wölfe singen. Da hörten das die Hochzeitsleute oben, merkten gleich, was es war, nahmen mächtige Holzscheite und eilten in den Keller. Als der Fuchs sie kommen hörte, sprach er: »Nun, Gevatter, könnt Ihr gleich singen nach Herzenslust, da kommen welche, um den Takt zu schlagen« und schlüpfte damit zum Kellerloch hinaus. Der Wolf versuchte auch, aber er war so schwer und voll, daß er nicht hindurchkommen konnte. Die Bauern aber und jungen Knechte schlugen aus allen Kräften auf den Wolf; der hatte seinen Kopf durchs Kellerloch gesteckt und konnte jetzt weder vor- noch rückwärts, da drückte und zwängte er in dieser Not aus Leibeskräften, endlich, endlich gelang es ihm, aber viel Haare und Haut und fast alles, was er gefressen, mußte er im Keller lassen; das Kreuz und die »Haxen« zerschlagen, am ganzen Körper zerzaust, gelangte er todmüde ins Freie, wo er nicht mehr verfolgt wurde und wieder etwas aufatmen konnte. So viel hat kein Wolf je ausgestanden. Da erblickte er den Fuchs. »Ha«, dachte er, »dem sollst du es doch bezahlen, denn der ist an deinem Unglück schuld!« Der Fuchs aber merkte gleich, was der Wolf im Schilde führe, und schleppte sich zum Scheine ganz mühsam zu ihm heran. Er hatte aber im Keller seinen Zagel in ein Honigfaß getaucht und sich damit am Leibe bestrichen und war während der Zeit, daß man dem Wolf den Pelz ausgeklopft, unter dem Schöpfen ruhig in den Ahnen gelegen; er hatte sich aber darin herumgewälzt, so daß viele Ahnen an ihm hingen. »Wie ist es Euch ergangen, Gevatter?« sprach er zum Wolf ächzend und kaum hörbar. »Schlecht genug«, rief dieser trotzig, »das habe ich dir zu verdanken, du sollst mir’s aber noch mit deinem Blut bezahlen!«
»Lasset, Gevatter«, seufzte der Fuchs, »jetzt die grausamen Gedanken, ich verdiene eher Euern Dank, ich habe mehr gelitten als Ihr, seht da, wie meine Knochen herausstehen! Das habe ich von den Hunden, die ich aus Schonung für Euch auf mich lockte, während Ihr’s mit den Bauern zu tun hattet. Wenn Ihr mich nicht weiter traget, so muß ich hier liegen bleiben und sterben.«
»Gut«, sprach der Wolf, »eine Strecke will ich Euch tragen, aber dann sollt Ihr mich tragen!«
»Das ist nur recht und billig!« sprach der Fuchs. Da nahm ihn der Wolf auf seine Schultern und wankte schweißtriefend weiter. Der Fuchs aber sprach im Fortgehen so vor sich hin: »Der Geschlagene trägt den Ungeschlagenen!«
»Was sagst du, Kerl?« schrie der Wolf. »Ach nichts, ich rede nur so in der Fieberhitze.« Kaum war der Wolf einige Schritte weitergegangen, sagte der Fuchs wieder: »Der Geschlagene trägt den Ungeschlagenen.«
»Was sprichst du?« schrie der Wolf abermals. »Ach, Ihr wißt ja schon, ich rede nur so irre«, und so geschah es bald zum dritten Male, der Wolf fuhr nochmals auf. »Ach, nicht mehr greint«, sprach der Fuchs, »ich habe Euch ja gesagt, daß ich krank bin.« Der Wolf konnte nun fast nicht weiter vor Schweiß und Ermüdung. »Jetzt ist es an Euch!« sprach er zum Fuchs. »Nur ein kleines Stückchen noch!« sagte dieser, und so geschah das einigemal, »dann trage ich Euch.« Der Wolf ließ sich immerfort betören. Als sie nun an der Wohnung des Fuchses waren, sprang der geschwind ab und schlüpfte in seine Höhle: »Habt Dank, Herr Gevatter!«
»Halt, halt!« schrie der Wolf außer sich vor Zorn, »wir haben nicht so gesprochen«, setzte ihm nach und packte ihn am Zagel, der aus der Öffnung heraushing: »Ich habe dich!«
»Ha, ha!« lachte der Fuchs, »Ihr habt eine Baumwurzel.« Da ließ der Wolf, ohne viel zu sehen, aus und packte nun eine wirkliche Baumwurzel. Der Fuchs aber zog sich nun tiefer in seine Wohnung und reizte und foppte den Wolf; der zerrte und zauste an der Baumwurzel, daß ihm der Schweiß rann, »O weh, o weh!« jammerte der Fuchs, sich verstellend, »mein Zagel!« Endlich lachte er hell auf und rief dem Wolf zum Abschied zu: »Geht nach Hause, Herr Gevatter, mit Euch will ich mein Lebtag nichts mehr zu schaffen haben, und erzählt Euerer Frau, was für ein Dummkopf, Nimmersatt und großer Sünder Ihr seid!« Der Wolf spie Feuer und Flammen vor Gift, er hätte den Fuchs jetzt in tausend Stücke zerrissen, wäre er seiner habhaft geworden, aber das war alles umsonst, der war drinnen wohlgeborgen und lachte und spottete seiner Wut und höhnte ihn auf alle Weise. »Wenn Euch Euer Weib fragt, durch wen Ihr Euern Schmuck verloren, so sagt ihr, durch den Gevatter Fuchs, wie er Euch das Fischen gelehrt!« Seit der Zeit trägt der Wolf auf den Fuchs einen ewigen Haß, und wenn dieser jenen sieht, nimmt er den Zagel zwischen die Beine und flieht eiligst in seine Burg.
»Ich sehe, ob niemand kommt«, antwortete der Fuchs. »Da sieht man, was für ein Hasenfuß du bist!« sprach der Wolf und fraß und trank gierig fort und füllte seinen Wanst, aber wenn er sieben Magen gehabt hätte, es wäre doch umsonst gewesen, so viel Speise und Trank war da beisammen. Als er voll und satt war, stieg ihm der Wein in den Kopf und er wurde ausgelassen fröhlich. »Gevatter«, rief er zum Fuchs, »es kommt mir so zu singen, lasset uns einmal singen!«
»Ich habe den Schnupfen!« sprach der Fuchs, »ich kann nicht, aber lasset auch Ihr jetzt das Singen!«
»Nein, Gevatter, ich muß singen, ich kann meine Freude nicht länger bändigen und zurückhalten« und fing an fürchterlich zu heulen: »Ullulluh! Jujujuh!« wie ja die Wölfe singen. Da hörten das die Hochzeitsleute oben, merkten gleich, was es war, nahmen mächtige Holzscheite und eilten in den Keller. Als der Fuchs sie kommen hörte, sprach er: »Nun, Gevatter, könnt Ihr gleich singen nach Herzenslust, da kommen welche, um den Takt zu schlagen« und schlüpfte damit zum Kellerloch hinaus. Der Wolf versuchte auch, aber er war so schwer und voll, daß er nicht hindurchkommen konnte. Die Bauern aber und jungen Knechte schlugen aus allen Kräften auf den Wolf; der hatte seinen Kopf durchs Kellerloch gesteckt und konnte jetzt weder vor- noch rückwärts, da drückte und zwängte er in dieser Not aus Leibeskräften, endlich, endlich gelang es ihm, aber viel Haare und Haut und fast alles, was er gefressen, mußte er im Keller lassen; das Kreuz und die »Haxen« zerschlagen, am ganzen Körper zerzaust, gelangte er todmüde ins Freie, wo er nicht mehr verfolgt wurde und wieder etwas aufatmen konnte. So viel hat kein Wolf je ausgestanden. Da erblickte er den Fuchs. »Ha«, dachte er, »dem sollst du es doch bezahlen, denn der ist an deinem Unglück schuld!« Der Fuchs aber merkte gleich, was der Wolf im Schilde führe, und schleppte sich zum Scheine ganz mühsam zu ihm heran. Er hatte aber im Keller seinen Zagel in ein Honigfaß getaucht und sich damit am Leibe bestrichen und war während der Zeit, daß man dem Wolf den Pelz ausgeklopft, unter dem Schöpfen ruhig in den Ahnen gelegen; er hatte sich aber darin herumgewälzt, so daß viele Ahnen an ihm hingen. »Wie ist es Euch ergangen, Gevatter?« sprach er zum Wolf ächzend und kaum hörbar. »Schlecht genug«, rief dieser trotzig, »das habe ich dir zu verdanken, du sollst mir’s aber noch mit deinem Blut bezahlen!«
»Lasset, Gevatter«, seufzte der Fuchs, »jetzt die grausamen Gedanken, ich verdiene eher Euern Dank, ich habe mehr gelitten als Ihr, seht da, wie meine Knochen herausstehen! Das habe ich von den Hunden, die ich aus Schonung für Euch auf mich lockte, während Ihr’s mit den Bauern zu tun hattet. Wenn Ihr mich nicht weiter traget, so muß ich hier liegen bleiben und sterben.«
»Gut«, sprach der Wolf, »eine Strecke will ich Euch tragen, aber dann sollt Ihr mich tragen!«
»Das ist nur recht und billig!« sprach der Fuchs. Da nahm ihn der Wolf auf seine Schultern und wankte schweißtriefend weiter. Der Fuchs aber sprach im Fortgehen so vor sich hin: »Der Geschlagene trägt den Ungeschlagenen!«
»Was sagst du, Kerl?« schrie der Wolf. »Ach nichts, ich rede nur so in der Fieberhitze.« Kaum war der Wolf einige Schritte weitergegangen, sagte der Fuchs wieder: »Der Geschlagene trägt den Ungeschlagenen.«
»Was sprichst du?« schrie der Wolf abermals. »Ach, Ihr wißt ja schon, ich rede nur so irre«, und so geschah es bald zum dritten Male, der Wolf fuhr nochmals auf. »Ach, nicht mehr greint«, sprach der Fuchs, »ich habe Euch ja gesagt, daß ich krank bin.« Der Wolf konnte nun fast nicht weiter vor Schweiß und Ermüdung. »Jetzt ist es an Euch!« sprach er zum Fuchs. »Nur ein kleines Stückchen noch!« sagte dieser, und so geschah das einigemal, »dann trage ich Euch.« Der Wolf ließ sich immerfort betören. Als sie nun an der Wohnung des Fuchses waren, sprang der geschwind ab und schlüpfte in seine Höhle: »Habt Dank, Herr Gevatter!«
»Halt, halt!« schrie der Wolf außer sich vor Zorn, »wir haben nicht so gesprochen«, setzte ihm nach und packte ihn am Zagel, der aus der Öffnung heraushing: »Ich habe dich!«
»Ha, ha!« lachte der Fuchs, »Ihr habt eine Baumwurzel.« Da ließ der Wolf, ohne viel zu sehen, aus und packte nun eine wirkliche Baumwurzel. Der Fuchs aber zog sich nun tiefer in seine Wohnung und reizte und foppte den Wolf; der zerrte und zauste an der Baumwurzel, daß ihm der Schweiß rann, »O weh, o weh!« jammerte der Fuchs, sich verstellend, »mein Zagel!« Endlich lachte er hell auf und rief dem Wolf zum Abschied zu: »Geht nach Hause, Herr Gevatter, mit Euch will ich mein Lebtag nichts mehr zu schaffen haben, und erzählt Euerer Frau, was für ein Dummkopf, Nimmersatt und großer Sünder Ihr seid!« Der Wolf spie Feuer und Flammen vor Gift, er hätte den Fuchs jetzt in tausend Stücke zerrissen, wäre er seiner habhaft geworden, aber das war alles umsonst, der war drinnen wohlgeborgen und lachte und spottete seiner Wut und höhnte ihn auf alle Weise. »Wenn Euch Euer Weib fragt, durch wen Ihr Euern Schmuck verloren, so sagt ihr, durch den Gevatter Fuchs, wie er Euch das Fischen gelehrt!« Seit der Zeit trägt der Wolf auf den Fuchs einen ewigen Haß, und wenn dieser jenen sieht, nimmt er den Zagel zwischen die Beine und flieht eiligst in seine Burg.
[Josef Haltrich: Deutsche Volksmärchen aus dem Sachsenlande in Siebenbürgen]