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Märchenbasar

Der goldene Kamm

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Es war einmal ein armer Bauerssohn, der hieß Hans und hatte nichts als sein schlichtes Hemd auf dem Leibe und einen alten Stab in der Hand. Als seine Eltern gestorben waren, zog er in die weite Welt hinaus, um sein Glück zu suchen.

Da kam er in einen finsteren Wald, wo die Bäume so dicht standen, dass kaum ein Sonnenstrahl den Boden erreichte. Drei Tage irrte er darin umher, und am dritten Tage sank er matt zu Boden und sprach: „Nun ist es aus mit mir.“ Doch siehe da, ein kleines Reh trat hervor, schob ihm Moos und Beeren hin und leckte seine Hand, als wollte es sagen: „Hab Mut, Hans.“

Hans folgte dem Reh und gelangte zu einer alten Hütte, die aussah, als wolle sie jeden Augenblick zusammenfallen. Drinnen saß eine runzlige Frau mit grauem Haar und roten Augen. Sie war eine Hexe, und doch sprach sie sanft: „Wenn du mir dienst, soll dir wohl geschehen.“

Dreimal musste Hans schwere Arbeit tun:

Am ersten Tag sollte er den dürren Boden bestellen, und siehe, wo er mit dem Pfluge fuhr, wuchs sogleich grünes Korn.

Am zweiten Tag sollte er das Haus mit Wasser füllen, doch kein Tropfen durfte herauslaufen; da half ihm das Reh und brachte ihm ein Zauberkrüglein, das nie versiegte.

Am dritten Tag musste er einen goldenen Kamm aus dem tiefsten Brunnen holen, und das war das Schwerste.

Hans ließ sich nicht schrecken. Er band sich einen Stein an die Brust und sprang hinab in die schwarze Tiefe. Dort unten wohnte ein Drache mit drei Köpfen, der den goldenen Kamm hütete. Schon fauchte er, da kam das Reh wieder, diesmal als glänzendes Himmelsross. Es schlug mit den Hufen, dass die Funken sprühten, und der Drache sank nieder. Hans griff den Kamm, und das Ross trug ihn empor.

Die Hexe wollte den Kamm an sich reißen, aber er glühte in Hans’ Händen, und als er ihn durchs Haar strich, verwandelte sich die Hütte in ein prächtiges Schloss. Die Hexe verschwand, und an ihrer Statt trat eine schöne Prinzessin hervor, die durch den Zauber gebannt gewesen war.

Hans führte sie heim, und bald ward Hochzeit gehalten. Das Reh aber blieb bei ihnen und weidete friedlich im Schlossgarten. Und wer damals das Schloss sah, der sprach: „Da wohnt der Glückliche mit der goldenen Braut.“

© 2025 Mario Eberlein

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