In einem fernen Königreiche lebte ein armer Holzhacker mit seiner Frau. Sie hatten drei Töchter, die eine schöner als die andere, doch arm waren sie alle drei. Eines Tages sprach der Vater:
„Meine Kinder, ich muss tief in den Wald gehen und Holz schlagen; vielleicht finde ich auch etwas, das uns Glück bringt.“
Da wanderte er in den finsteren Forst. Dreimal schlug er die Axt in einen alten Stamm, und siehe da, der Baum tat sich auf, und darin lag ein goldener Kamm, der glänzte wie die Sonne. Verwundert nahm der Holzhacker ihn heim zu seinen Töchtern.
Die älteste Tochter strich sich mit dem Kamm durch ihr Haar, da sprang ein Funke auf, und ein reicher Kaufmann hielt um ihre Hand an. Die zweite Tochter kämmete sich, und ihr Haar ward so glänzend, dass der Sohn eines Ritters sie heimführte.
Die jüngste aber, die bescheidenste, wollte den Kamm gar nicht anrühren. Da erschien in der Nacht ein graues Vöglein an ihrem Fenster und sprach:
„Wenn du morgen früh in den Wald gehst und den Kamm in die Erde steckst, soll dir Gutes widerfahren.“
Sie tat, wie das Vöglein geheißen. Und siehe da, aus der Erde wuchs ein Brunnen hervor, dessen Wasser klar wie Kristall war. Wer daraus trank, dem erfüllte sich das Herz mit Freude. Bald hörte der junge König davon, kam selbst zum Brunnen und trank. Als er die schöne Maid erblickte, wusste er, dass er sie zur Frau nehmen wolle.
Doch eine böse Hexe, die den Brunnen verderben wollte, kam dreimal in der Nacht und flüsterte Zauberworte. Beim dritten Mal stellte sich das graue Vöglein ihr in den Weg, und es verwandelte sich in einen Engel mit silbernen Flügeln. Mit einem Schwert aus Licht schlug er die Hexe in die Flucht.
So blieb der Brunnen rein und der König nahm die jüngste Tochter zur Königin. Sie lebten in Glück und Eintracht, und der goldene Kamm wurde im Schloss verwahrt, dass er kein Unheil mehr stifte.
Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.
© 2025 Mario Eberlein