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Im oberen Inntal, der Ort ist heute vergessen,lebte vor langer Zeit ein Graf,der trug ein steinernes Herz in seinerBrust. Wär’s anders gewesen,
hätte er einmal aufgehört,seine Untertanen so hart und unerbittlich zu regieren, wie es kein anderer Herr in ganz Tirol übte.
Sieben Dörfer mussten ihm dienen.Wenn er von seinem Schloss herab übers Land ritt, dann lief schon ein heimlicher Melder voraus: „Der steinerne Graf ist auf dem Weg! Hütet euch,hütet euch!
Er war am schärfsten gegen Bettelleute, die sich durch seine Landschaft von Haus zu Haus bettelten um eine Schnitte Brot oder um paar Löffel Suppe.So schickte er einen Befehl an alle Häuser: „Wer einem Bettler etwas schenkt,der wird von Haus und Hof gejagt!“
Der steinerne Graf abertraute seinen Untertanen nicht.
Er wollte selber sehen, ob die Bauern seinen Befehl befolgen und stieg als Bettler in das Bauernland hinab.
Er hinkte von Haus zu Haus, von Dorf zu Dorf und kopfte
an jedes Fenster: „Ein armer, hungriger Mann tät‘ um ein Bröcklein Brot bitten!“, sprach er mit verstellter Stimme zu
jedem Fenster hinein. Und was er selber nicht geglaubt hätte, das musste er jetzt erkennen:
Kein einziger Bauersmann wagte es, gegen seinen Befehl zu handeln! Die Furcht vor dem harten Grafen lag wie eine bleierne Last auf seiner Landschaft.
Hungrig und doch zufrieden hinkteder falsche Bettler aus dem letzten Dorf hinaus.Sein ganzer Reichtum,den er aus den Bauern erpresste, blieb ihm ganz allein erhalten.
Da sah er am kleinen Waldrand noch eine kleine Hütte stehen. Der steinerne Graf ging hinein und flehte die Frau an: „Erbarm dich doch über einen Hungrigen,der bald keinen Schritt mehr weit gehen kann vor lauter müd und matt!“ Die Frau konnte das Elend, das sie vor ihr auf den Knien vermeinte, nicht ansehen. Sie steckte ihm eine Brotschnitte zu und flüsterte: „Schnell, geh fort und lass dir’s gesegnet sein!“ Der Bauer sah es und war voll Sorge.
Ein Tag war nur vergangen, dann brachte man ihn aufs Schloss vor den Grafen.Der fuhr ihn an: „Ist nicht gestern ein Bettler zu dir gekommen, der dich um eine Brotschnitte anging?“
Der Bauer wollte es nicht leugnen. „Das ist wohl geschehehen,aber ich habe mich an deinen
Befehl gehalten,Herr!“
“ Jetzt lügst du , Bauer!“, schrie der Graf, “ Warte,der Bettler selbst soll das beweisen!“
Er ging in eine andere Kammer und kehrte bald daruf als der verkleidete Bettler zurück. Dem Bauern fuhr der Schrecken in die Beine.Jetzt bin ich verloren, ging es ihm durch den Kopf. Der Graf warf ihm auch die Brotschnitte vor die Füße. „Willst du es leugnen, dass dieses Brot aus deinem Haus kommt?“, fragte er höhnisch.
“ Gnade, Herr Graf!“
Er faltete die Hände vor ihm. Was soll denn jetzt mit meinen Kindern geschehen?Wirf uns nicht auf die Straße!“
Der steinerne Graf dachte: Ich will ihm etwas auftragen,dass er doch nicht erfüllen kann! Dann kann ich ihn immer noch auf die Bettlerstaße hinaustreiben!
Geh in meinen Wald und suche die dickste Eiche.Die sollst du fällen und bis zum Mittag Schlag zwölf aufs Schloss bringen.Dann will ich dir die Vertreibung erlassen!“
Der Bauer ging von dem Schloss hinab mit dem Gedanken,dass er schon verloren war.Denn allein den dicksten Eichenbaum fällen und ihn auch noch schaffen, das brachte er doch niemals zuwege.
Mutlos nahm er die große Axt und ging in den Wald des Grafen hinaus.Da trat ein Jäger aus dem Gebüsch.
„Du blickst traurig drein! Was ist dir denn geschehen?“,frahte er freundlich.
Der Bauer erzählte,was ihm Kummer machte.Der Jäger
zeichnete drei Kreuze auf dem Boden-da lag eine breite Axt vor ihm, und der Jäger lachte:“ Das wäre das richtige Äxtlein!“ Wie der Bauer hinschlug auf den Stamm, hackte er ihn mit drei Hieben..Mit Krachen und Bersten sank der mächtige Baum um.
Wieder klopfte der Jäger mit dem langen Hackenstiel dreimal auf den Waldboden.Da war von der Straße her ein Rumpeln und Rasseln zu hören.Bald tauchten sechs prächtige Rappen vor einem schweren Wagen auf, die wendeten herein zu der gefällten Eiche.
“ Drei Paar Rosse sind stark genug!“, nickte der Bauer!“,
„Jetzt müssen wir nur bald genug aufs Schloss kommen!“
Doch sie rumpelten so schnell den Schlossberg empor, dass der Wagen zum Tor hineinfuhr, als gerade die Mittagsglocke anfing zu schlagen.
“ Und du hast doch verloren, Bauer!“, schrie der Graf zornig. „Ich hab’keinem Menschen aus meiner Landschaft erlaubt, dir zu helfen!“
Der Jäger hob nur ein bissel die Hand.
“ Herr Graf, kennst du mich nicht mehr?“,fragte er und schaute ihn mit funkelnden Augen an.Davon erschrak der Burgherr und musste schweigen.Der Bauer schaute von einem zum andern.Ihm ging es auf einmal auf, dass der Jäger noch mächtiger war als der Graf.
„Aus welchem Land kommst du her?“, fragte er ängstlich.
Das deutete der Jäger nur ungewisss am Himmel entlang.
“ Von drüben – von drüben -aber das ist gar nicht weit aus der Welt!“, sagte er wie hinter einer Wand aus Nebel und Glas.
Der Graf wollte zurückweichen, aber er schwankte auf einmal hin und her.Zuletzt sank er auf dem Boden nieder, und die Augen gingen ihm vor Schrecken weit auf.
Da lief der Bauer hin und beugte sich über ihn:
„Herr Graf……“, sagte er noch – da war der Herr mit dem steinernen Herzen tot.
Langsam ließ ihn der Bauer niedersinken auf die Steine.
Wie er sich umdrehte, gab es keine sechs Rappen und keinen Jäger mehr zu sehen.Nur die Eiche lag noch da,und füllte mit ihren Ästen den ganzen Burghof aus.
hätte er einmal aufgehört,seine Untertanen so hart und unerbittlich zu regieren, wie es kein anderer Herr in ganz Tirol übte.
Sieben Dörfer mussten ihm dienen.Wenn er von seinem Schloss herab übers Land ritt, dann lief schon ein heimlicher Melder voraus: „Der steinerne Graf ist auf dem Weg! Hütet euch,hütet euch!
Er war am schärfsten gegen Bettelleute, die sich durch seine Landschaft von Haus zu Haus bettelten um eine Schnitte Brot oder um paar Löffel Suppe.So schickte er einen Befehl an alle Häuser: „Wer einem Bettler etwas schenkt,der wird von Haus und Hof gejagt!“
Der steinerne Graf abertraute seinen Untertanen nicht.
Er wollte selber sehen, ob die Bauern seinen Befehl befolgen und stieg als Bettler in das Bauernland hinab.
Er hinkte von Haus zu Haus, von Dorf zu Dorf und kopfte
an jedes Fenster: „Ein armer, hungriger Mann tät‘ um ein Bröcklein Brot bitten!“, sprach er mit verstellter Stimme zu
jedem Fenster hinein. Und was er selber nicht geglaubt hätte, das musste er jetzt erkennen:
Kein einziger Bauersmann wagte es, gegen seinen Befehl zu handeln! Die Furcht vor dem harten Grafen lag wie eine bleierne Last auf seiner Landschaft.
Hungrig und doch zufrieden hinkteder falsche Bettler aus dem letzten Dorf hinaus.Sein ganzer Reichtum,den er aus den Bauern erpresste, blieb ihm ganz allein erhalten.
Da sah er am kleinen Waldrand noch eine kleine Hütte stehen. Der steinerne Graf ging hinein und flehte die Frau an: „Erbarm dich doch über einen Hungrigen,der bald keinen Schritt mehr weit gehen kann vor lauter müd und matt!“ Die Frau konnte das Elend, das sie vor ihr auf den Knien vermeinte, nicht ansehen. Sie steckte ihm eine Brotschnitte zu und flüsterte: „Schnell, geh fort und lass dir’s gesegnet sein!“ Der Bauer sah es und war voll Sorge.
Ein Tag war nur vergangen, dann brachte man ihn aufs Schloss vor den Grafen.Der fuhr ihn an: „Ist nicht gestern ein Bettler zu dir gekommen, der dich um eine Brotschnitte anging?“
Der Bauer wollte es nicht leugnen. „Das ist wohl geschehehen,aber ich habe mich an deinen
Befehl gehalten,Herr!“
“ Jetzt lügst du , Bauer!“, schrie der Graf, “ Warte,der Bettler selbst soll das beweisen!“
Er ging in eine andere Kammer und kehrte bald daruf als der verkleidete Bettler zurück. Dem Bauern fuhr der Schrecken in die Beine.Jetzt bin ich verloren, ging es ihm durch den Kopf. Der Graf warf ihm auch die Brotschnitte vor die Füße. „Willst du es leugnen, dass dieses Brot aus deinem Haus kommt?“, fragte er höhnisch.
“ Gnade, Herr Graf!“
Er faltete die Hände vor ihm. Was soll denn jetzt mit meinen Kindern geschehen?Wirf uns nicht auf die Straße!“
Der steinerne Graf dachte: Ich will ihm etwas auftragen,dass er doch nicht erfüllen kann! Dann kann ich ihn immer noch auf die Bettlerstaße hinaustreiben!
Geh in meinen Wald und suche die dickste Eiche.Die sollst du fällen und bis zum Mittag Schlag zwölf aufs Schloss bringen.Dann will ich dir die Vertreibung erlassen!“
Der Bauer ging von dem Schloss hinab mit dem Gedanken,dass er schon verloren war.Denn allein den dicksten Eichenbaum fällen und ihn auch noch schaffen, das brachte er doch niemals zuwege.
Mutlos nahm er die große Axt und ging in den Wald des Grafen hinaus.Da trat ein Jäger aus dem Gebüsch.
„Du blickst traurig drein! Was ist dir denn geschehen?“,frahte er freundlich.
Der Bauer erzählte,was ihm Kummer machte.Der Jäger
zeichnete drei Kreuze auf dem Boden-da lag eine breite Axt vor ihm, und der Jäger lachte:“ Das wäre das richtige Äxtlein!“ Wie der Bauer hinschlug auf den Stamm, hackte er ihn mit drei Hieben..Mit Krachen und Bersten sank der mächtige Baum um.
Wieder klopfte der Jäger mit dem langen Hackenstiel dreimal auf den Waldboden.Da war von der Straße her ein Rumpeln und Rasseln zu hören.Bald tauchten sechs prächtige Rappen vor einem schweren Wagen auf, die wendeten herein zu der gefällten Eiche.
“ Drei Paar Rosse sind stark genug!“, nickte der Bauer!“,
„Jetzt müssen wir nur bald genug aufs Schloss kommen!“
Doch sie rumpelten so schnell den Schlossberg empor, dass der Wagen zum Tor hineinfuhr, als gerade die Mittagsglocke anfing zu schlagen.
“ Und du hast doch verloren, Bauer!“, schrie der Graf zornig. „Ich hab’keinem Menschen aus meiner Landschaft erlaubt, dir zu helfen!“
Der Jäger hob nur ein bissel die Hand.
“ Herr Graf, kennst du mich nicht mehr?“,fragte er und schaute ihn mit funkelnden Augen an.Davon erschrak der Burgherr und musste schweigen.Der Bauer schaute von einem zum andern.Ihm ging es auf einmal auf, dass der Jäger noch mächtiger war als der Graf.
„Aus welchem Land kommst du her?“, fragte er ängstlich.
Das deutete der Jäger nur ungewisss am Himmel entlang.
“ Von drüben – von drüben -aber das ist gar nicht weit aus der Welt!“, sagte er wie hinter einer Wand aus Nebel und Glas.
Der Graf wollte zurückweichen, aber er schwankte auf einmal hin und her.Zuletzt sank er auf dem Boden nieder, und die Augen gingen ihm vor Schrecken weit auf.
Da lief der Bauer hin und beugte sich über ihn:
„Herr Graf……“, sagte er noch – da war der Herr mit dem steinernen Herzen tot.
Langsam ließ ihn der Bauer niedersinken auf die Steine.
Wie er sich umdrehte, gab es keine sechs Rappen und keinen Jäger mehr zu sehen.Nur die Eiche lag noch da,und füllte mit ihren Ästen den ganzen Burghof aus.
[Tirol]