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Ein Hase, ein Löwe und eine Hyäne hatten sich einen Garten angelegt. Eines Tages berieten sie miteinander, daß sie hingehen wollten, um zu sehen, wie alles in dem Garten gediehen wäre; denn es war die Jahreszeit, von der sie reiche Ernte erhofften. Da der Weg, den sie zurückzulegen hatten, weit war, so schlug der Hase vor, man solle unterwegs nicht stehen bleiben, sondern rüstig vorwärts wandern.
»Wer stehen bleibt,« fügte er hinzu, »den sollen die anderen auffressen.«
»Gut,« sagte der Löwe und die Hyäne, »wir stimmen dir bei.«
So schritten sie voran und hatten bereits eine gute Strecke hinter sich, als der Hase plötzlich stehen blieb.
Da rief die Hyäne:
»Seht, seht! Der Hase bleibt stehen! Er hat sein Leben verwirkt.«
»Ich denke nach!« sagte der Hase.
»Worüber?« fragten seine Kameraden.
»Ich denke nach über jene beiden Steine. Der eine ist groß, der andere klein; warum wächst der kleine nicht, daß er ebenso groß wird, wie sein Nachbar?«
»Er tut gut daran, darüber nachzudenken,« sagte der Löwe, und die Hyäne stimmte bei.
Dann schritten sie weiter.
Wieder blieb der Hase stehen.
»Seht, seht,« sagte der Löwe, »der Hase ist stehen geblieben! Er hat sein Leben verwirkt!«
»Ich denke nach,« sagte der Hase.
»Worüber?« fragten seine Kameraden.
»Wenn die Menschen sich neue Kleider antun, was wird aus den alten?« sagte der Hase.
»Er tut gut daran, darüber nachzudenken,« sagte die Hyäne, und der Löwe gab ihr recht.
Wieder gingen sie weiter.
Da blieb die Hyäne stehen.
»Sie ist stehen geblieben! Sie darf nicht weiterleben!« rief der Hase.
»Ich denke nach!« sagte die Hyäne.
»Worüber?« fragten ihre Genossen.
»Über nichts!« antwortete sie.
Da fraßen der Löwe und der Hase die Hyäne auf. Der Löwe und der Hase wanderten weiter. Da blieb abermals der Hase stehen.
»Du mußt sterben!« sagte der Löwe.
»Ich denke nach!« entgegnete der Hase.
»Worüber?« fragte der Löwe.
Der Hase wies auf eine Felsenspalte und sagte: »Siehst du jene Spalte? Unsere Vorfahren pflegten dort ein- und auszugehen; denn das Innere des Felsens ist eine geräumige Halle. Ich werde hineingehen, und wenn ich wiederkomme, sage ich dir, ob es ratsam ist für dich, und ob die Halle groß genug ist, daß du auch hineingehen kannst.«
Der Hase ging hinein, und als er wiederkam, sprach er zum Löwen: »Gehe du auch hinein.«
Da ging der Löwe; aber die Spalte war so eng, daß er stecken blieb und weder vor- noch rückwärts gehen konnte.
»Du bist stehen geblieben, Löwe!« rief der Hase. »Du hast dein Leben verwirkt; aber ich schenke es dir!«
Damit verließ er den Löwen und ging weiter bis zu dem Garten, der ihm nun allein gehörte.
»Wer stehen bleibt,« fügte er hinzu, »den sollen die anderen auffressen.«
»Gut,« sagte der Löwe und die Hyäne, »wir stimmen dir bei.«
So schritten sie voran und hatten bereits eine gute Strecke hinter sich, als der Hase plötzlich stehen blieb.
Da rief die Hyäne:
»Seht, seht! Der Hase bleibt stehen! Er hat sein Leben verwirkt.«
»Ich denke nach!« sagte der Hase.
»Worüber?« fragten seine Kameraden.
»Ich denke nach über jene beiden Steine. Der eine ist groß, der andere klein; warum wächst der kleine nicht, daß er ebenso groß wird, wie sein Nachbar?«
»Er tut gut daran, darüber nachzudenken,« sagte der Löwe, und die Hyäne stimmte bei.
Dann schritten sie weiter.
Wieder blieb der Hase stehen.
»Seht, seht,« sagte der Löwe, »der Hase ist stehen geblieben! Er hat sein Leben verwirkt!«
»Ich denke nach,« sagte der Hase.
»Worüber?« fragten seine Kameraden.
»Wenn die Menschen sich neue Kleider antun, was wird aus den alten?« sagte der Hase.
»Er tut gut daran, darüber nachzudenken,« sagte die Hyäne, und der Löwe gab ihr recht.
Wieder gingen sie weiter.
Da blieb die Hyäne stehen.
»Sie ist stehen geblieben! Sie darf nicht weiterleben!« rief der Hase.
»Ich denke nach!« sagte die Hyäne.
»Worüber?« fragten ihre Genossen.
»Über nichts!« antwortete sie.
Da fraßen der Löwe und der Hase die Hyäne auf. Der Löwe und der Hase wanderten weiter. Da blieb abermals der Hase stehen.
»Du mußt sterben!« sagte der Löwe.
»Ich denke nach!« entgegnete der Hase.
»Worüber?« fragte der Löwe.
Der Hase wies auf eine Felsenspalte und sagte: »Siehst du jene Spalte? Unsere Vorfahren pflegten dort ein- und auszugehen; denn das Innere des Felsens ist eine geräumige Halle. Ich werde hineingehen, und wenn ich wiederkomme, sage ich dir, ob es ratsam ist für dich, und ob die Halle groß genug ist, daß du auch hineingehen kannst.«
Der Hase ging hinein, und als er wiederkam, sprach er zum Löwen: »Gehe du auch hinein.«
Da ging der Löwe; aber die Spalte war so eng, daß er stecken blieb und weder vor- noch rückwärts gehen konnte.
»Du bist stehen geblieben, Löwe!« rief der Hase. »Du hast dein Leben verwirkt; aber ich schenke es dir!«
Damit verließ er den Löwen und ging weiter bis zu dem Garten, der ihm nun allein gehörte.
[T. von Held, Märchen und Sagen der afrikanischen Neger, Märchen aus Mombassa]