Es war einmal ein Bauernbursch, dem träumte, er werde eine Prinzessin bekommen, weit, weit fort, und sie wäre so weiß wie Milch und so rot wie Blut und so reich, dass ihr Reichtum kein Ende hätte. Beim Aufwachen vermeinte er noch, sie stünde leibhaftig vor ihm, und sie war so schön und lieblich, dass er nicht weiterleben konnte ohne sie. Da verkaufte er alles, was er hatte, und zog aus und suchte sie. Er wanderte weit umher und kam schließlich zur Winterszeit in ein Land, wo alle Straßen geradeaus gingen und keinerlei Biegung machten. Als er ein viertel Jahr lang geradeaus gewandert war, kam er in eine Stadt. Da lag außen vor der Kirchentür ein großer Eisklumpen, und mitten darin war eine Leiche, und die ganze Gemeinde spuckte im Vorbeigehen darauf. Der Bursche verwunderte sich darüber, und als der Pfarrer aus der Kirche kam, fragte er ihn, was das bedeuten solle. „Das ist ein arger Missetäter gewesen“, sagte der Pfarrer, „man hat ihn um seiner Sünden willen hingerichtet und hier zu Spott und Schande aufgestellt.“ Was hat er denn getan?“ fragte der Bursche. In diesem irdischen Leben war er ein Weinhändler“, sagte der Pfarrer, und er hat Wasser in den Wein geschüttet.“ So erschrecklich kam das dem Burschen nicht vor. „Wenn man ihn doch mit dem Leben hat dafür bezahlen lassen“, sagte er, „könnte man ihm jetzt doch ein christliches Begräbnis verstatten und den Toten ruhen lassen!“ Aber darauf sagte der Pfarrer, das sei auf keine Weise zu machen, denn um ihn aus dem Eis heraus zu brechen, brauche man Leute; und man brauche Geld, um von der Kirche das Grab zu kaufen, und der Totengräber wolle Geld für seine Mühe, der Küster für die Glocken, der Kantor für den Gesang und der Pfarrer für die Leichenpredigt. „Glaubst du, dass es einen Menschen gibt, der all das viele Geld für einen solchen argen Sünder zahlen will?“ fragte der Pfarrer. „Ja“, sagte der Bursche, wenn er ihm nur ein Begräbnis verschaffen könne, so wolle er schon den Leichenschmaus zahlen aus seinem schmalen Beutel. Der Pfarrer wollte erst nichts davon wissen, aber als der Bursche mit zwei Männern wiederkam und ihn vor ihren Ohren fragte, ob er das christliche Begräbnis verweigere, wagte er keinen Widerspruch mehr. Also befreiten sie den Weinhändler aus dem Eisklotz und legten ihn in geweihte Erde. Die Glocken läuteten, und es wurde gesungen, und der Pfarrer warf Erde auf den Sarg, und sie hielten einen Leichenschmaus, und es gab abwechselnd Tränen und Gelächter. Als aber der Bursche den Leichenschmaus bezahlt hatte, hatte er nicht mehr viel Groschen in der Tasche.
Darauf machte er sich wieder auf den Weg; aber er war noch nicht weit gegangen, als ein Mann hinter ihm herkam und ihn fragte, ob er es nicht langweilig finde, so allein vor sich hinzugehen? „Nein“, sagte der Bursche, er habe immer etwas, woran er denken müsse. Der Mann fragte, ob er nicht einen Diener brauchen könne. „Nein“, sagte der Bursche“, „ich bin gewöhnt, mein eigener Diener zu sein, deshalb brauche ich keinen, und wenn ich auch noch so gern einen haben wollte, so könnte ich doch nicht, denn ich habe kein Geld für Kost und Lohn.“ „Du hast aber doch einen Diener nötig, das weiß ich besser als du,“ sagte der Mann, „und zwar brauchst du einen, auf den du dich im Leben und Tod verlassen kannst. Wenn du mich aber nicht als Diener haben willst, so nimm mich als Kameraden; ich verspreche dir, es soll dein Schade nicht sein, und ich werde dich keinen Schilling kosten. Ich reise auf eigene Kosten, und um Essen und Kleider brauchst du dich auch nicht zu bemühen.“
Unter diesen Umständen wollte er ihn gern als Kameraden annehmen, und so setzten sie die Reise zusammen fort, und der Mann ging gewöhnlich voraus und zeigte den Weg.
Als sie lang durch die Lande gezogen waren, über Berge und Heiden, standen sie plötzlich vor einer Felswand. Der Kamerad klopfte an und bat um Einlass. Da tat sich der Fels vor ihnen auf, und als sie ein gut Stück in den Berg hineingegangen waren, kam ihnen eine Hexe entgegen und bot ihnen einen Stuhl an: „Seid so gut und setzt euch, ihr werdet müde sein!“ sagte sie.
„Setz dich selbst!“ sagte der Mann. Da musste sie sich setzen und da sitzen bleiben, denn der Stuhl hatte die Eigenschaft, dass er alles festhielt, was ihm nahe kam. Inzwischen wanderten sie im Berg herum, und der Kamerad sah sich um, bis er ein Schwert erblickte, das über der Tür hing, das wollte er haben und versprach der Hexe, er wolle sie von dem Stuhl befreien, wenn sie ihm das Schwert überlasse.
„Nein“, schrie sie, „bitte mich, um was du willst! Alles andere kannst du haben, nur das nicht, denn das ist mein Dreischwesternschwert!“ (Es waren nämlich drei Schwestern, denen das Schwert zusammen gehörte.) „Dann kannst du hier sitzen bleiben bis an der Welt Ende!“ sagte der Mann. Als sie das hörte, versprach sie ihm doch das Schwert, wenn er sie befreien wolle. Er nahm das Schwert und ging damit davon und ließ sie doch sitzen. Als sie weit gewandert waren, über nackte Felsen und öde Heiden, kamen sie wieder an eine Felswand. Da pochte der Kamerad wieder und bat um Einlass. Es ging wie das letzte Mal, der Fels tat sich auf, und als sie tief drinnen im Berg waren, kam ihnen eine Hexe mit einem Stuhl entgegen und hieß sie niedersitzen, sie seien wohl müde,“ sagte sie.
„Setz dich selbst!“ sagte der Kamerad. Und es ging ihr wie ihrer Schwester, sie musste sich setzen und konnte nicht mehr loskommen. Indessen gingen der Bursche und sein Kamerad im Berge umher, und er machte alle Schränke und Schubladen auf, bis er fand, was er suchte, nämlich ein Knäuel Goldfaden. Das wollte er haben und versprach der Hexe, sie von dem Stuhl loszulassen, wenn sie ihm das Knäuel geben wolle. Sie sagte, er könne all ihr Hab und Gut nehmen, aber das Knäuel könne sie nicht hergeben, das sei ihr Dreischwestern-Knäuel. Aber als sie hörte, dass sie bis zum Jüngsten Tag hier sitzen bleiben sollte, wenn sie das Knäuel nicht hergebe, so ging sie doch darauf ein. Da nahm der Kamerad das Knäuel und ließ sie trotzdem sitzen, wo sie saß.
Darauf gingen sie manchen Tag durch Wald und Heide, bis sie wieder an eine Felswand kamen. Es ging gerade wie die beiden vorigen Male, der Kamerad klopfte an, der Berg tat sich auf, und drinnen kam ihnen eine Hexe mit einem Stuhl entgegen und hieß sie sitzen, sie seien wohl müde. Aber der Kamerad befahl: „Setz dich selber!“ und da musste sie sich setzen. Die beiden waren noch nicht durch viele Gemächer gegangen, da erblickte der Kamerad einen alten Hut an einem Haken hinter der Tür. Den wollte er haben; aber die Alte wollte sich nicht davon trennen, denn es sei ihr Dreischwestern-Hut, wenn sie den hergebe, werde sie grundunglücklich. Als sie jedoch hörte, dass sie hier bis an den Jüngsten Tag sitzen bleiben sollte, wenn sie den Hut nicht hergebe, so willigte sie endlich ein. Der Kamerad nahm den Hut und hieß sie dann ebenfalls sitzen bleiben, wo sie saß.
Schließlich kamen sie an einen Fluss. Da nahm der Kamerad das Knäuel und warf es so kräftig an den Berg auf der anderen Seite des Flusses, dass es wieder zurückflog, und als es mehrmals hin und wider geflogen war, stand eine Brücke da. Darauf überschritten sie den Fluss, und als sie auf der anderen Seite ankamen, sagte der Mann zu dem Burschen, er solle so rasch wie möglich den Goldfaden wieder aufwickeln, „denn wenn wir ihn nicht schnell wegschaffen, so kommen die drei Hexen herüber und reißen uns in Stücke.“ Der Bursche wickelte, so rasch er konnte, und wie er gerade am letzten Faden war, kamen die Hexen angefaucht; sie stürzten sich ins Wasser, dass der Schaum hoch aufspritzte, und haschten nach dem Ende des Fadens. Aber sie konnten es nicht passen und ertranken in dem Fluss.
Als sie wieder einige Tage gegangen waren, sagte der Kamerad: „Nun kommen wir bald an das Schloss, in dem sie wohnt, die Prinzessin, von der du geträumt hast, und wenn wir hinkommen, so musst du ins Schloss hineingehen und dem König sagen, was du geträumt hast und was dein Reiseziel ist.“ Als sie hinkamen, tat er das und wurde sehr gut aufgenommen; er bekam ein Zimmer für sich und eins für seinen Diener, und als es Essenszeit war, wurde er an des Königs eigenen Tisch entboten. Als er die Prinzessin erblickte, erkannte er sie sogleich wieder nach dem Traumgesicht. Er sagte ihr auch, weshalb er gekommen sei, und sie antwortete, sie könne ihn gut leiden und wolle ihn gern nehmen, aber zuerst müsse er drei Proben bestehen. Als sie gespeist hatten, gab sie ihm eine goldene Schere und sagte: „Die erste Probe ist, dass du diese Schere nimmst und aufhebst und sie mir morgen Mittag wiedergibst. Das ist keine sehr schwere Probe,“ sagte sie und lächelte, aber wenn du sie nicht bestehst, so musst du sterben, so will es das Gesetz, und dein Körper wird aufs Rad geflochten und dein Kopf auf einen Spieß gesteckt, und es geht dir wie den Freiern, deren Schädel und Gerippe du draußen vor dem Schloss sehen kannst.“
„Das ist doch keine Kunst“, dachte sich der Bursche. Aber die Prinzessin war so lustig und munter und trieb solche Possen mit ihm, dass er die Schere und sich selbst darüber vergaß, und während sie lachten und schäkerten, stibitzte sie ihm heimlich die Schere weg, ohne dass er es merkte. Als er am Abend in die Kammer kam und erzählte, wie es ihm gegangen war und was sie zu ihm gesagt hätte, und von der Schere, die sie ihm zum Aufheben gegeben hätte, fragte der Kamerad: „Hast du die Schere auch noch?“
Der Bursche suchte in allen seinen Taschen, aber es war keine Schere darin, und er war mehr als unglücklich, als er merkte, dass er sie verloren hatte.
„Nun, nun, sei nur ruhig, ich will sehen, ob ich sie dir wieder verschaffen kann, “ sagte der Kamerad und ging hinunter in den Stall. Da stand ein mächtiger Bock, der gehörte der Prinzessin und konnte viel schneller durch die Luft fliegen als auf ebener Erde gehen. Der Kamerad nahm das Dreischwestern-Schwert und gab ihm damit einen Hieb zwischen die Hörner und fragte: „Wann reitet die Prinzessin heut Nacht zu ihrem Liebsten?“ Der Bock meckerte und sagte, das traue er sich nicht zu sagen, aber als der Kamerad ihm noch einen Hieb gab, sagte er doch, die Prinzessin werde Punkt elf Uhr kommen. Der Kamerad setzte den Dreischwestern-Hut auf, da war er unsichtbar, und wartete auf die Prinzessin. Als sie kam, schmierte sie den Bock mit einer Salbe ein; die sie in einem großen Horn mitbrachte, und dann rief sie: „Auf! Auf! Über Giebel und Turm, über Land, über See, über Berg und Tal, zum Liebsten, der mich im Berg erwartet!“
Wie der Bock aufflog, schwang sich der Kamerad hinten auf, und nun ging es wie der Wind durch die Wolken; der Weg war nicht lang. Auf einmal waren sie vor einer Felswand, sie klopfte an, und dann ging die Fahrt in den Berg hinein zu dem Troll, der ihr Liebster war. „Jetzt ist ein neuer Freier gekommen, der mich haben will, Schätzchen, “ sagte sie, „er ist jung und hübsch; aber ich will keinen haben als dich,“ sagte sie und tat dem Troll schön. „Ich habe ihm eine Probe auferlegt, und hier ist die Schere, die er aufheben und verwahren sollte; verwahre du sie jetzt!“ Da lachten die beiden, als wäre der Bursche schon aufs Rad geflochten. „Ja, ich will sie aufheben und gut verwahren, und ich will schlafen in Liebchens Arm, wenn den Burschen umkrächzt der Krähenschwarm!“ sagte der Troll und legte die Schere in einen eisernen Schrein mit drei Schlössern davor. Aber in dem Augenblick, wo sie die Schere in den Schrein fallen ließen, nahm der Kamerad sie weg. Keiner konnte es sehen, denn er hatte den Dreischwestern-Hut auf. Also schloss der Troll den leeren Schrein sorgfältig zu, und die Schlüssel steckte er in einen hohlen Backenzahn, wo er noch andere Zauberdinge aufhob. Da würde ihn der Freier gewiss nicht finden, meinte er.
Nach Mitternacht machte sie sich auf den Heimweg. Der Kamerad schwang sich wieder hinten auf, und der Heimweg war nicht lange.
Am nächsten Mittag wurde der Bursche zur königlichen Tafel geladen. Aber da hatte die Prinzessin ein so hochnäsiges Benehmen und war so stolz und schnippisch, dass sie fast gar nicht nach der Seite hinsah, wo der Bursche saß. Aber nachdem man gespeist hatte, machte sie ein recht feierliches Gesicht und fragte zuckersüß: „Du hast wohl die Schere noch, die ich dir gestern zum Aufheben gegeben habe?“
„Ja, hier ist sie“, sagte der Bursche, zog die Schere heraus und schleuderte sie auf den Tisch, dass es nur so klirrte. Die Prinzessin hätte nicht mehr erschrecken können, wenn er ihr die Schere ins Gesicht geworfen hätte. Aber sie machte gute Miene zum bösen Spiel und sagte mit süßer Stimme: „Da du die Schere so gut verwahrt hast, wird es dir nicht so schwer fallen, mein Knäuel Goldfaden aufzuheben. Morgen Mittag möchte ich es wiederhaben, aber wenn du es da nicht hast, so musst du von Rechts wegen sterben“, sagte sie; der Bursche meinte, das sei ja nicht so schwer, und steckte das Knäuel Goldfaden in die Tasche. Aber da fing die Prinzessin wieder an, mit ihm zu scherzen und Spaß zu treiben, so dass er sich selbst und das goldene Knäuel dazu vergaß, und während sie mitten im lustigsten Spaß darin waren, stibitzte sie ihm das Knäuel weg und hieß ihn dann gehen.
Als er hinauf in die Kammer kam und erzählte, was sie gesagt und getan hatte, fragte sein Kamerad: „Du hast doch das Knäuel noch?“
„Ja freilich“, sagte der Bursche und griff in die Tasche, in die er es gesteckt hatte. Aber da war kein Knäuel, und da kam er so in Verzweiflung, dass er nicht wusste, was anfangen.
„Sei nur ruhig, “ sagte der Kamerad, „ich will sehen, ob ich es nicht wiederbekommen kann.“ Er nahm sein Schwert und seinen Hut und ging zu einem Schmied und ließ an sein Schwert noch zwölf Pfund Eisen anschmelzen; als er dann in den Stall kam, gab er dem Bock damit einen Schlag zwischen die Hörner, dass er taumelte, und fragte ihn: „Wann reitet die Prinzessin heut Nacht zu Ihrem Liebsten?“
„Punkt zwölf Uhr“, sagte der Bock.
Da setzte er wieder seinen Dreischwestern-Hut auf und wartete, bis die Prinzessin mit dem Salbenhorn kam und den Bock einrieb: Dann sagte sie wieder wie das erste Mal: „Auf! Auf über Giebel und Turm, über Land, über See, über Berg und Tal; zum Liebsten, der mich im Berg erwartet“, Wie nun der Bock auffuhr, schwang sich der Kamerad hinten auf, und nun ging’s wie der Blitz durch die Luft. Bald waren sie am Trollberg; und als sie drei Schläge getan hatte, ging es durch den Berg hindurch bis zu dem Troll; der ihr Liebster war.
„Wie hast du denn die goldene Schere verwahrt, die ich dir gestern gab, mein Freund?“ fragte die Prinzessin. „Der Freier hatte sie und gab sie mir wieder“
Das sie ganz unmöglich, sagte der Troll, denn er habe sie in einem Schrein mit drei Schlössern eingeschlossen und die Schlüssel in seinen hohlen Zahn gesteckt. Aber als sie den Schrein aufschlossen, war keine Schere darin: Da erzählte die Prinzessin, dass sie ihm nun ihr goldenes Knäuel gegeben hätte.
„Hier ist es“, sagte sie, „ich hab es ihm wieder abgenommen, ohne dass er es merkte, aber was sollen wir nun anfangen, wenn er sich auf solche Künste versteht?“
Der Troll wusste auch keinen Rat; aber als sie eine Weile nachgedacht hatten, kamen sie auf den Gedanken, ein großes Feuer anzuzünden und das Knäuel zu verbrennen, dann könne der Freier es gewiss nicht wiederbekommen. Aber wie sie es ins Feuer warf, stand der Kamerad auf. dem Sprung und fing es auf, ohne dass es jemand sah, denn er hatte den Dreischwestern-Hut auf. Als die Prinzessin eine Weile bei dem Troll gewesen war und es gegen Morgen ging, fuhr sie wieder heim; der Kamerad saß wieder hinten auf, und die Heimreise ging rasch und gut. Als der Bursche zur Tafel geladen wurde, gab der Kamerad ihm das Knäuel. Die Prinzessin war noch spitzer und spöttischer als das erste Mal, und nachdem man gegessen hatte, kniff sie den Mund ganz schmal und sagte: „Könnte ich nicht vielleicht mein goldenes Knäuel wiederbekommen, das ich dir gestern gab?“
“ Ja, “ sagte der Bursche, „das kannst du haben; hier!“, und er warf es auf den Tisch, dass er dröhnte und der König vor Schrecken hoch in die Höhe fuhr.
Die Prinzessin wurde weiß wie eine Leiche, aber sie machte gute Miene zum bösen Spiel und sagte, er habe seine Sache gut gemacht. Nun habe er nur noch eine kleine Probe zu bestehen: „Wenn du mir das, an was ich denke, bis morgen Mittag beschaffen kannst, so sollst du mich haben und behalten.“
Der Bursche kam sich vor wie ein zum Tode Verurteilter, denn es schien ihm ganz unmöglich, zu wissen, an was die Prinzessin denke, und noch unmöglicher, den Gegenstand zu beschaffen. Und als er in seine Kammer kam, konnte ihn der Kamerad kaum beruhigen. Er sagte, er wolle die Sache schon in die Hand nehmen wie die beiden ersten Male, und schließlich beruhigte sich der Bursche und legte sich schlafen. Inzwischen ging der Kamerad wieder zu dem Schmied und ließ sich noch vierundzwanzig Pfund Eisen an sein Schwert anschmieden, und als das geschehen war, ging er in den Stall und hieb den Bock zwischen die Hörner, das er an die andere Wand flog.
„Wann reitet die Prinzessin heut Nacht zu ihrem Liebsten?“ sagte er. „Punkt ein Uhr“, meckerte der Bock.
Als es Zeit war, stand der Kamerad mit seinem Dreischwestern-Hut im Stall, und nachdem sie den Bock eingerieben und ihren Spruch gesagt hatte wie sonst, ging es wieder durch die Luft davon, und der Kamerad saß hinten auf. Aber diesmal war er gar nicht sanft, sondern gab der Prinzessin bald hier einen Puff, bald dort einen Puff und zerbleute sie fürchterlich Als sie an die Felswand kamen, klopfte sie dreimal an, und der Berg öffnete sich, und sie fuhren hindurch bis zu ihrem Liebsten. Da beklagte sie sich sehr bei ihm und jammerte und sagte, sie hätte nicht gedacht, dass einen das Wetter so mitnehmen könne; es sei ihr vorgekommen, als fliege jemand mit, der auf sie und den Bock losschlüge, und sie sei gewiss am ganzen Leibe braun und blau, so bös sei er mit ihr umgegangen. Und dann erzählte sie, dass der Freier auch das Knäuel wieder gehabt habe; wie das zugegangen war, konnte sich weder sie noch der Troll denken.
„Aber weißt du, was ich mir ausgedacht habe?“ sagte sie. Das konnte der Troll nicht wissen. „Ja“, sagte sie, „ich habe ihm gesagt, er solle mir das, an was ich denke, bis morgen Mittag schaffen, und das war dein Kopf. Glaubst du, lieber Freund, dass er das schaffen kann?“ sagte die Prinzessin und tat dem Troll recht schön. „Das glaube ich nicht“, sagte der Troll, und er war seiner Sache ganz sicher und lachte und gluckste vor Vergnügen ganz bösartig, und er und die Prinzessin glaubten steif und fest, eher werde der Bursche aufs Rad geflochten und Futter für die Raben, als dass er den Kopf des Troll beischaffen könne. Als es gegen Morgen ging, wollte die Prinzessin wieder nach Hause, aber sie hatte Angst, denn sie glaubte, es sei jemand hinter ihr her, und sie traute sich nicht allein zu reiten; der Troll solle sie begleiten. Er war auch bereit dazu und zog seinen Bock aus dem Stall – er hatte den gleichen wie die Prinzessin – und rieb ihn ein und salbte ihn auch zwischen den Hörnern. Als der Troll aufgestiegen war, saß der Kamerad bei ihm hinten auf, und dann ging es durch die Luft dem Königsschloss zu. Aber unterwegs schlug der Kamerad wacker auf den Troll und auf den Bock los und gab ihnen Hieb auf Hieb und Schlag auf Schlag mit dem Schwert, dass sie tiefer und tiefer hinunter gerieten und schließlich fast ins Meer gesunken wären, über das sie die Reise führte. Als der Troll merkte, wie bös es draußen zuging, begleitete er die Prinzessin bis zum Schloss und machte außen halt, um zu sehen, dass sie wirklich wohlbehalten heimkam. Aber in dem Augenblick, wo sie die Tür hinter sich zumachte, schlug der Kamerad dem Troll das Haupt ab und ging damit hinauf in die Kammer zu dem Burschen. „Hier ist das Ding, an das die Prinzessin gedacht hat“, sagte er.
Da war denn alles in schönster Ordnung, und als der Bursche zur Tafel geladen wurde und sie gegessen hatten, wurde die Prinzessin munter wie eine Lerche. „Hast du vielleicht das, woran ich gedacht habe?“ fragte sie. „Ja, freilich“, sagte der Bursche und zog das Haupt unter seinen Rockschößen hervor und schleuderte es hin, dass der Tisch mit allem, was darauf war, umfiel.
Die Prinzessin sah aus, als käme sie aus dem Grab; aber sie konnte nicht leugnen, dass das das Ding war, woran sie gedacht hatte, und nun musste sie den Burschen nehmen, wie sie versprochen hatte. Also wurde die Hochzeit gefeiert, und es war große Freude im ganzen Königreich. Aber der Kamerad nahm den Burschen beiseite und sagte, in der Hochzeitsnacht dürfe er wohl die Augen zumachen und tun, als ob er schliefe, aber wenn er sein Leben lieb habe und ihm folgen wolle, so dürfe er auch keinen Augenblick schlafen, bevor er nicht die Prinzessin von ihrer Trollhaut befreit hätte. Er müsse sie ihr mit neun neuen Birkenruten lospeitschen und dann noch in drei Milchbädern abstreifen; erst solle er sie in einem Kübel voll jähriger Molken abschruppen, dann in einem Kübel voll saurer Milch abreiben und schließlich in einem Kübel voll süßer Milch abschwemmen. Die Birkenruten habe er unters Bett gelegt und die drei Kübel mit Milch in die Ecke gestellt; es sei alles bereit. Der Bursche versprach, er wolle ihm folgen und tun, was er ihm gesagt hatte. Als sie sich abends ins Bett gelegt hatten, tat er, als ob er schliefe; die Prinzessin richtete sich auf dem Ellenbogen auf, um zu sehen, ob er wirklich schlafe, und kitzelte ihn unter der Nase; aber er schlief ganz fest. Da zupfte sie ihn am Haar und am Bart. Aber er schlief wie ein Sack, meinte sie wenigstens. Da zog sie unter ihrem Kopfkissen ein großes Schlächtermesser hervor und wollte ihm den Kopf abhacken. Aber da fuhr der Bursche auf, schlug ihr das Messer aus der Hand, packte sie an den Haaren und peitschte sie mit den Ruten und hörte nicht auf, bis keine einzige mehr ganz war. Darauf warf er sie in den Molkenkübel, und da sah er, was für ein Tier sie war, denn sie war rabenschwarz am ganzen Körper. Aber als er sie in den Molken abgeschrubbt hatte und in der Sauermilch abgerieben und in der süßen Milch abgeschwemmt, da war die Trollhaut ganz weg, und sie war so wunderschön, wie sie zuvor noch nie gewesen war. Am folgenden Tag sagte der Kamerad, nun sollten sie reisen. Der Bursche war reisefertig und die Prinzessin auch, denn ihre Mitgift war schon lang bereit. In der Nacht brachte der Kamerad alles Gold und Silber und alle Kostbarkeiten, die der Troll im Berg hinterlassen hatte, ins Schloss, und als sie am Morgen fortreisen wollten, war der ganze Hof so voll, dass sie kaum durchkommen konnten. Diese Mitgift war mehr wert als das ganze Land des Königs, und sie wussten gar nicht, wie sie sie Heim schaffen sollten. Aber der Kamerad wusste einen Ausweg aus der Verlegenheit. Der Troll hatte auch sechs Böcke hinterlassen, die durch die Luft fliegen konnten. Die belud er so reichlich mit Gold und Silber, dass sie auf der Erde gehen mussten und nicht stark genug waren, um sich in die Luft zu heben; was die Böcke nicht mehr tragen konnten, musste im Schloss zurückbleiben. So reisten sie eine lange Zeit, aber schließlich wurden die Böcke so müde und elend, dass sie nicht mehr weitergehen konnten. Der Bursche und die Prinzessin wussten sich nicht zu helfen; aber als der Kamerad sah, dass sie nicht mehr von der Stelle kamen, nahm er die ganze Mitgift auf den Rücken, legte die Böcke obendrauf und trug das alles, bis man nur noch eine halbe Meile von der Heimat des Burschen entfernt war. Dann sagte der Kamerad: „Nun muss ich mich von dir trennen; ich kann nicht weiter bei dir bleiben.“ Aber der Bursche wollte von einer Trennung nichts wissen und wollte ihn um keinen Preis scheiden lassen.
Also ging er noch eine halbe Meile mit, aber weiter konnte er nicht mehr, und als der Bursche in ihn drang und ihn nötigen wollte, mit ihm nach Hause zu kommen und da zu bleiben oder doch wenigstens die Heimkehr mitzufeiern, da sagte er immer nur, nein, er könne nicht. Da fragte ihn der Bursche, was er denn haben wolle als Lohn für seine Begleitung und Hilfe. „Wenn ich mir etwas wünschen soll, so möchte ich die Hälfte haben von allem, was du in den nächsten fünf Jahren gewinnst«, sagte der Kamerad. Das wurde ihm auch zugesagt. Als der Kamerad fort war, versteckte der Bursche seinen ganzen Reichtum und zog spornstreichs nach Hause. Da feierten sie ein Heimkehrfest, dass man in sieben Königreichen davon sprach, und als das vorbei war, mussten sie den ganzen Winter lang mit den Böcken und mit den zwölf Pferden, die der Vater hatte, hin und her fahren, um alles das Gold und Silber nach Hause zu schaffen.
Nach fünf Jahren kam der Kamerad wieder und wollte sein Teil haben. Da schied der Mann seine ganze Habe in zwei gleiche Teile.
„Aber ein Ding hast du nicht geteilt“, sagte der Kamerad. „Was wäre das?“ fragte der Mann.“ Ich glaubte, ich hätte alles geteilt.“
„Du hast doch ein Kind bekommen“, sagte der Kamerad;“ das musst du auch in zwei Teile teilen.“ Ja, so war es wirklich. Er nahm also das Schwert, aber als er es aufhob und das Kind teilen wollte, packte der Kamerad die Schwertspitze, so dass er nicht zuschlagen konnte.
„Freust du dich nicht, dass du nicht zuschlagen musstest?“ sagte er.
„Ja; so froh war ich noch nie“, sagte der Mann. „So froh war auch ich, als du mich aus dem Eisklumpen befreitest“, sagte der Kamerad. „Behalte alles, was du hast; ich brauch nichts, denn ich bin ein schwebender Geist.“ Und er erzählte, er sei der Weinhändler, der in dem Eisklotz vor der Kirchentür lag und den alle anspieen; und er sei sein Kamerad geworden und habe ihm geholfen, weil der Bursche seine Habe drangegeben habe, um ihm Frieden und ein christliches Begräbnis zu verschaffen. Er habe ihn ein Jahr lang begleiten dürfen, und das sei bei ihrem ersten Abschied abgelaufen gewesen. Nun habe er ihn nochmals besuchen dürfen, aber jetzt müssten sie für alle Zeiten scheiden, denn nun riefen ihn die Himmelsglocken.
Quelle:
(Unbekannt-Norwegen)