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Märchenbasar

Der Königssohn und die Bauerntochter

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Auf den Wunsch seines alten Vaters zieht ein Königssohn mit einem Diener aus, sich eine Braut zu suchen. Vergebens erinnert jenen sein Begleiter doch auf die schönen Fräulein in der Stadt und auf dem Lande zu achten. Der Königssohn will Nichts von ihnen wissen. Abends kommen Beide in einen Wald, in welchem sie bald eine Hütte bemerken. In dieser kehren sie des schlechten Wetters wegen ein. Der Bauer empfängt sie freundlich und lässt bald von seiner Frau das Essen anrichten. Da der Tisch für fünf gedeckt wird, erkundigt sich der Königssohn nach dem fünften Tischgenossen, den er nirgends sieht. Dies sollte die Tochter des Bauern sein, wird ihm geantwortet. Doch will sie aus Furcht vor den Herren nicht erscheinen. Indessen in dieser Beziehung beruhigt, kommt sie und sogleich bezeichnet sie der Königssohn seinem Begleiter als seine künftige Braut. Bei Tische zerlegt mit Erlaubniss des Bauern der Königssohn die Hühner und gibt dem Vater den Kopf, der Mutter den Bauch (corpo), der Tochter die Beine und die Flügel, während er selbst mit seinem Begleiter das Fleisch isst. Am folgenden Morgen verlangt dann der Königssohn die Tochter des Bauern zur Frau, erhält des Letzteren Einwilligung und kehrt dann zu seinem Vater zurück, von dem er sich einen schönen Wagen geben lässt, um seine Braut abzuholen.
Die alte Königin ist jedoch über die Bauernheirath aufgebracht. Sie weiss durch eine Intrigue einen Krieg mit Spanien zu entzünden, in den sich dann der König mit seinem Sohne begeben muss. Der Letztere gibt beim Abschiede von seiner Frau dieser noch den Auftrag, im Fall der Geburt eines Kindes in seiner Abwesenheit dasselbe mit einem Zeichen zu versehen.
Wirklich gebiert Flavia zwei Kinder, denen sie sogleich ein Erkennungszeichen aufdrückt. Bald nachher kommt die Königin, nimmt die Kinder fort und legt an deren Stelle Hunde. Bei der Rückkehr des Sohnes redet die Mutter diesem vor, seine Frau habe jene Hunde zur Welt gebracht; worauf sie sogleich von dem erzürnten Vater getödtet werden, während ihm das Schwert entfällt, als er auch seine Frau umbringen will. Diese wird von der Königin zwei Dienern übergeben, um getödtet zu werden. Doch haben die Diener Mitleid und bringen Flavia ebensowenig um als früher deren Kinder, wie die alte Königin seiner Zeit befohlen; sie begnügen sich vielmehr damit, dass sie die ihnen Uebergebene in den Wald bringen. Dort irrt sie nun umher, wird jedoch bald von einem Bauer gastlich aufgenommen, in dessen Hause sie auch ihre Kinder, die der Bauer im Walde gefunden, entdeckt.
Nachdem der Königssohn lange getrauert und zu Nichts Lust gezeigt, gelingt es endlich dem Vater ihn zu bereden, einmal auf die Jagd zu gehen. Auf dieser überrascht ihn die Nacht. Er kommt in jenes Bauernhaus und findet so Frau und Kinder wieder. Aufgeklärt über den gespielten Betrug, kehrt er in den Palast zurück, lässt einen Wagen anspannen und bringt Frau und Kinder wieder heim. Beschämt gesteht die Königin ihr Verbrechen, das sie mit dem Tode büssen muss.

[Italien: Georg Widter/Adam Wolf: Volksmärchen aus Venetien]

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